THTR-Rundbrief

Newsletter XVII 2025

20. April bis ...

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Aktuelles+ Hintergrundwissen

Radioaktivität kumuliert; das bedeutet, radioaktive Partikel reichern sich im lebenden Organismus immer weiter an und mit der Zeit können ähnliche Schäden auftreten, wie bei einer kurzzeitig einwirkenden, massiven Strahlenbelastung ...

Die PDF-Datei "Nuclear Power Accidents" enthält eine Reihe weiterer Vorfälle aus verschiedenen Bereichen der Atomindustrie. Einige der Ereignisse wurden nie über offizielle Kanäle veröffentlicht, so dass diese Informationen der Öffentlichkeit nur auf Umwegen zugänglich gemacht werden konnten. Die Liste der Zwischenfälle in der PDF-Datei ist daher nicht zu 100% identisch mit "INES und die Störungen in kerntechnischen Anlagen", sondern stellt eine Ergänzung dar.

 

1. April 1960 (Gerboise blanche, Frankreichs 2. Atombombentest) Reggane, DZA

3. April 1960 (INES 4) Akw WTR-2, Waltz Mill, Madison, PA, USA

6. April 1993 (INES 4 NAMS 4,8) Atomfabrik Tomsk 7 Sewersk, RUS

7. April 1989 (Broken Arrow) U-Boot-Unglücke, K-278 Komsomolez sank südwestlich der Bäreninsel

10. April 2003 (INES 3 NAMS 3,9) Akw Paks, HUN

10. April bis 15. Mai 1967 (INES Klass.?) Atomfabrik Majak, UdSSR

10. April 1963 (Atom-U-Boot) U-Boot-Unglücke, SSN-593 Thresher sank 350 km vor Cape Cod, USA

11. April 1970 (Broken Arrow) U-Boot-Unglücke, K-8 sank im Golf von Biskaya

19. April 2005 (INES 3) Atomfabrik Windscale/Sellafield, GBR

21. April 1957 (INES 4) Atomfabrik Majak, UdSSR

25. April 1961 (Gerboise verte, Frankreichs 4. Atombombentest) Reggane, DZA

26. April 1986 (INES 7 NAMS 8) Akw Tschernobyl, UdSSR

28. April 2011 (INES Klass.?) Akw Ascó, ESP

 

Wir sind immer auf der Suche nach aktuellen Informationen. Wer helfen kann, sende bitte eine Nachricht an:
nukleare-welt@reaktorpleite.de

 


20. April


 

PFAS | PestizideNaturschutzgebiete

Pestizide verbreiten sich bis auf Berggipfel

Der Wind trägt Spritzgifte auf Spielplätze, in Naturschutzgebiete und bis auf Berggipfel, weist eine Untersuchung nach.

Synthetisch-chemische Pestizide breiten sich über erstaunlich weite Strecken aus. Forschende der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) wiesen dies in einer umfangreichen Studie einmal mehr nach. Die Chemikalien finden sich selbst weg von Äckern, wo niemand mit ihnen rechnet.

In ihrer im Fachmagazin «Communications Earth & Environment» veröffentlichten Arbeit untersuchten die Forschenden aus der Pfalz verschiedene Standorte am Oberrheingraben. Dabei fanden sie Pestizide kilometerweit weg von Stellen, an denen sie angewendet werden.

[...] Von den 93 verschiedenen Wirkstoffen, auf die die Forschenden ihre Proben prüften, fanden sich ausserhalb landwirtschaftlicher Flächen noch immer 63. Das sind mehr als doppelt so viele Wirkstoffe wie im Vinschgau, einem bekannten Apfelanbaugebiet in Südtirol. Der Vinschgau ist für seinen intensiven Pestizideinsatz bekannt.

Die Vielfalt der landwirtschaftlichen Kulturen im Oberrheingraben sei aber auch grösser, kommentieren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Bereits im Vinschgau hatte sich herausgestellt, dass Pestizidwirkstoffe weit über die Apfelplantagen hinaus bis in die hohen Alpenregionen gelangen (Infosperber berichtete).

PFAS-Ewigkeitschemikalie am weitesten verbreitet

Die Studie belegt erneut, dass selbst abgelegene Gebiete nicht pestizidfrei sind. Sogar auf dem Feldberg wurden drei verschiedene Wirkstoffe nachgewiesen. Am weitaus häufigsten fand sich das Fungizid Fluopyram, das zu den PFAS gehört. Fluopyram zerfällt zu Trifluoracetat (TFA) – ein PFAS, das im Verdacht steht, gesundheitsschädlich zu sein, und zunehmend das Wasser verschmutzt (Infosperber berichtete).

[...] Unterschätzter Cocktail-Effekt

Die Forschenden aus Landau haben in fast allen Proben Gemische aus mehreren Stoffen entdeckt. Dieser Cocktail-Effekt ist womöglich besonders schädlich. «Pestizidcocktails sind besonders problematisch, da Wechselwirkungen auftreten und sich Effekte verstärken können», sagt der Ökotoxikologe Carsten Brühl, einer der Co-Autoren. Bei der Zulassung werde aber nach wie vor jede Chemikalie einzeln bewertet.

Die Studienautorinnen und -autoren fordern, den Pestizideinsatz dringend zu reduzieren, um die Gebiete rund um Äcker, Weinberge und Obstplantagen und damit die Gesundheit der Menschen und die Umwelt zu schützen.

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KlimaschutzFossil | Lobby

Lauer Klimaschutz, fluchterzwingende Hitze und die Freiheit der Wissenschaft

Beschränkt die US-Regierung die Freiheit der Wissenschaft, läutet sie den Niedergang des Landes ein, sagt Hartmut Graßl, Physiker und Meteorologe und Mitglied des Herausgeberrats von Klimareporter°. Als Europäer freue ihn das nicht, weil die USA so viel neues Wissen geschaffen haben wie alle Länder Europas zusammen.

Klimareporter°: Herr Graßl, der schwarz-rote Koalitionsvertrag bringt für Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit zu wenig, kritisieren Umwelt- und Sozialverbände. Beim Auto gebe es sogar klimapolitische Rückschritte. Können Sie sich an eine Bundesregierung erinnern, die jemals genügend für den Klimaschutz getan hat?

Hartmut Graßl: Alle Koalitionsparteien haben in ihren Reihen noch immer viele Lobbyisten für fossile Brennstoffe – für Kohle überwiegend in der SPD, für Erdöl stärker in CDU und CSU. Da überrascht es mich überhaupt nicht, dass der Koalitionsvertrag beim Thema Klimaschutz – im Vergleich zur Ampelkoalition – lau daherkommt.

Glücklicherweise stimmt noch wenigstens die Grundrichtung hin zu den erneuerbaren Energien. Auch fehlt, anders als im Wahlkampf, das Wort Kernenergie. Würde beispielsweise die AfD mitreden dürfen, wäre Klimaschutz in Deutschland, wie durch die Trumpisten in den USA, beendet.

Hilfreich für den Klimaschutz in den kommenden vier Jahren wird die von den Grünen noch im alten Bundestag in letzter Minute erreichte Umschichtung im Bundeshaushalt sein. In der Opposition kann die Partei daher eine überdurchschnittlich starke Rolle spielen.

Ein Grundproblem bei Investitionen den Klimaschutz bleibt aber unabhängig von jeder Koalition: Heute erzielte Emissionsminderungen bei Treibhausgasen bremsen die globale Erwärmung erst in Jahrzehnten, wegen der Verzögerung durch die langsam reagierenden Ozeane und Eisschilde. Deshalb hat bisher keine Regierung genügend für den Klimaschutz getan.

Deshalb werden die Kinder oder Enkel der heutigen Politiker auf ihre Ahnen schimpfen, weil deren Klimaschutz zu lau war. Allein schon die unerträglichen Hitzewellen zwingen dann so viele Menschen zur Flucht, dass die Migration ein bisher nicht gekanntes Ausmaß erreicht. Fehlender oder zögerlicher Klimaschutz durch die heutige zu lasche Politik tötet dann noch viel mehr Menschen.

Der Klimawandel trifft Europa besonders stark. Daten des Copernicus-Klimadienstes der EU zeigen schon länger, dass kein Kontinent sich schneller erwärmt. Das vergangene Jahr bestätigte nun den Trend. 2024 war in Europa das heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Überraschen Sie diese Daten noch – und sollten wir das Pariser 1,5-Grad-Ziel nicht endlich als gescheitert ansehen?

Europa ist ein besonders weit vom Äquator entfernt liegender Kontinent, sodass er sich bei mittlerer globaler Erwärmung etwas stärker als die anderen bewohnten Kontinente erwärmt. Denn Gebiete hoher geografischer Breiten erwärmten sich auch in der Klimageschichte immer schon stärker als alle anderen Regionen.

Zusätzlich ist die früher über Europa wegen der hohen Industrialisierung besonders starke Lufttrübung inzwischen geringer als zum Beispiel über großen Teilen Asiens. Dadurch hat die erfolgreiche europäische Luftreinhaltepolitik seit etwa 40 Jahren auch zu dieser jetzt beklagten Situation beigetragen. Wir hätten schon früher auch die Treibhausgase und nicht nur die Sonnenlicht zurückstreuenden und die Luft trübenden Aerosolteilchen reduzieren müssen ,,,

 


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Aktuelles+

20. April 2025

PhilippinenRechtsstaatJournalismusIStGHJustitiaAutokrat und Horrorclown Rodrigo Duterte

"Du weißt nicht, wer du wirklich bist, bis du dich verteidigen musst"

Die Friedensnobelpreisträgerin Maria Ressa hat erlebt, wie ein autoritärer Herrscher eine Demokratie demontierte. Und sie weiß, wie man ihn zur Rechenschaft ziehen kann.

Sie ist Journalistin, Tech-Unternehmerin und eine zähe Optimistin. Maria Ressa erhielt den Nobelpreis für ihren kritischen Journalismus in der Zeit der autoritären Herrschaft von Rodrigo Duterte auf den Philippinen. Auch nach dem Ende seiner Präsidentschaft schien Duterte unantastbar. Bis er im März überraschend nach Den Haag ausgeliefert wurde und nun im Gefängnis auf seinen Prozess vor dem Internationalen Strafgerichtshof wartet – wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das ist Anlass genug, mit Maria Ressa über ihr Werk und die Weltlage zu diskutieren. Das Gespräch ist hier in Ausschnitten wiedergegeben.

ZEIT ONLINE: Maria Ressa, wie lebt es sich nun auf den Philippinen?

Maria Ressa: Manila ist meine Heimat, aber ich verbringe viel Zeit in den USA, seit ich Journalismus an der Columbia-Universität lehre. Ich muss den Obersten Gerichtshof auf den Philippinen allerdings jedes Mal um Erlaubnis bitten, bevor ich in die USA reise.

Im Hintergrund ist durch ein Fenster die Skyline von Manhattan zu sehen.

ZEIT ONLINE: Warum?

Ressa: Zwei von den Prozessen, die der frühere Präsident Rodrigo Duterte und seine Vertrauten gegen mich angestrengt haben, werden bis heute weitergeführt, einer inzwischen in der letzten Instanz.

ZEIT ONLINE: Was droht Ihnen schlimmstenfalls?

Ressa: In einem Fall könnten es bis zu sieben Jahre Haft sein. Da geht es um eine angebliche Verletzung eines Gesetzes gegen Cyberverbrechen.

Duterte hat von 2016 bis 2022 als Präsident über die Philippinen geherrscht. In dieser Zeit haben Polizei und nicht staatliche Schwadronen mehrere Zehntausend Menschen getötet, viele davon, weil sie tatsächlich oder angeblich mit Drogenhandel zu tun hatten. Maria Ressa hatte damals schon ein Onlinemedium namens "Rappler" aufgebaut. Die Reporterinnen und Reporter von "Rappler" recherchierten die Umstände, unter denen Menschen zu Tode kamen, ließen deren Familien zu Wort kommen – und sie fanden Whistleblower, die ihnen offenbarten, wie systematisch und bewusst die Grundrechte der Philippiner verletzt wurden.

ZEIT ONLINE: Der Internationale Strafgerichtshof hat seinen Haftbefehl auf mindestens 43 Morde gegründet, für die Rodrigo Duterte verantwortlich sein soll. Haben die Recherchen von Rappler die Grundlage dafür geliefert?

Ressa: Das weiß ich nicht. Die Anklageschrift ist noch nicht öffentlich. Aber die Beweise liegen seit Jahren offen zutage. Wir haben bei Rappler ganze Artikelserien über die Ereignisse veröffentlicht.

ZEIT ONLINE: Wie hoch war das persönliche Risiko für Sie damals?

Ressa: Es gab Zeiten, in denen ich nicht wusste, ob ich überleben werde.

ZEIT ONLINE: Was würden Sie im Rückblick sagen: Welchen Einfluss hat diese Zeit auf Sie als Mensch gehabt?

Ressa: Ich sage immer wieder: Du weißt nicht, wer du wirklich bist, bis du dich verteidigen musst. Letztlich hat mir Rodrigo Duterte einen klaren Blick darauf ermöglicht, wer ich als Mensch bin und wie weit ich als Journalistin zu gehen bereit bin.

Seit dem Jahr 2015 sah sich Maria Ressa mit einer wachsenden Zahl von Verfahren und Prozessen konfrontiert. Sie richteten sich gegen ihr Unternehmen und sie selbst. Mal waren es Vorwürfe der Steuerhinterziehung, mal ging es um die Behauptung, "Rappler" sei im Besitz eines ausländischen Eigentümers. Diese Vorwürfe sind inzwischen fallen gelassen worden. Aber die Klage wegen angeblicher Cyberkriminalität ist noch anhängig, obwohl die Recherche von "Rappler", auf die sich die Staatsanwaltschaft bezieht, veröffentlicht wurde, bevor das angeblich dadurch verletzte Gesetz in Kraft war.

ZEIT ONLINE: Sie sind gerade in New York. Wenn Sie mit Ihren Erfahrungen auf die USA blicken: Was ist der erste Gedanke, der Ihnen kommt?

Ressa: Ich denke, dass viele US-Amerikaner ihre Freiheit bisher nie verteidigen mussten – und nun nicht wissen, wie.

ZEIT ONLINE: Ist das nicht ein zu harsches Urteil?

Ressa: Ich fürchte, wir sehen tatsächlich eine Philippinisierung der USA. Es ist, als würde ich ein zweites Mal durchleben, was auf den Philippinen unter Duterte geschehen ist.

ZEIT ONLINE: Aber Moment mal. Was genau meinen Sie? Auf den Philippinen wurden in dieser Zeit mehrere Zehntausend Menschen getötet. Das kann man doch nicht mit den USA vergleichen!

Ressa: Nein, natürlich nicht. Ich meine etwas anderes.

ZEIT ONLINE: Was genau?

Ressa: Präsident Duterte hat unsere Institutionen zerstört. Der philippinische Staat und unsere Verfassung, unsere Bill of Rights, sind nach dem Vorbild der USA aufgebaut. Wir haben drei gleichberechtigte staatliche Gewalten: Regierung, Parlament und Justiz. Und Duterte hat diese Balance zerstört. Innerhalb von sechs Monaten wurde er zum mächtigsten Herrscher, den unser Land je hatte. Einen ähnlichen Prozess sehe ich nun in den USA. Schauen Sie sich die Drohungen und die sich häufenden Fälle an, in denen Anwälte, Medien, Nichtregierungsorganisationen und die Wissenschaft finanziell unter Druck gesetzt werden. An wen sollen sich die Bürger denn wenden, wenn sie Gerechtigkeit wollen? Was ich also sehe? Der Rechtsstaat wird beschädigt.

"Im Hier und Jetzt haben Menschen ihre Rechte und Freiheit eingebüßt"

ZEIT ONLINE: Nicht alle Medien lassen sich knebeln. Beim sogenannten Signalgate hat der Atlantic darüber berichtet, wie enge Trump-Vertraute über den Einsatz der US-Armee gegen die Huthi-Rebellen chatteten. Und ob die US-Gerichte klein beigeben oder die Regierung von Donald Trump ein Urteil dauerhaft ignorieren wird, das ihr nicht passt, ist nicht entschieden. Letzteres wissen wir erst in Wochen oder Monaten.

Ressa: Ich hoffe wirklich, dass ich unrecht habe. Aber denken Sie an Kilmar Ábrego García aus Maryland, der immer noch in einem Gefängnis in El Salvador sitzt, weil er zu Unrecht für ein Mitglied einer Drogenbande gehalten wurde. Oder kennen Sie den Fall der türkischen Studentin, die ein gültiges Visum hatte und plötzlich von maskierten Männern festgenommen und in ein Gefängnis in Louisiana gebracht wurde? Lassen Sie es mich so sagen: Die drei staatlichen Gewalten arbeiten in unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Die Exekutivgewalt des Präsidenten wirkt sofort, und kurzfristig könnte ihn nur das Parlament aufhalten. Aber was, wenn das Parlament ihn gewähren lässt? Dann bleibt nur die Justiz, und sie ist bekanntlich die langsamste staatliche Gewalt. Und das bedeutet: Im Hier und Jetzt haben Menschen ihre Rechte und ihre Freiheit eingebüßt.

ZEIT ONLINE: Wenn Sie mit Ihren amerikanischen Freunden sprechen oder mit Kollegen, was raten Sie ihnen?

Ressa: Sie können es sich nicht leisten, geschockt zu sein und zu schweigen. Schweigen bedeutet Zustimmung. Und an jedem Tag, an dem sie ihre Rechte nicht verteidigen, verlieren sie dieselben. Meine Erfahrung ist: Es kostet wahnsinnig viel Energie, sich ein Recht zurückzuerobern, das man einmal verloren hat.

ZEIT ONLINE: Inzwischen hat der Supreme Court geurteilt, dass ein Bundesrichter die Deportation von vermeintlichen und tatsächlichen Gangmitgliedern nach El Salvador nicht blockieren darf, die Beschuldigten aber ein ordentliches Verfahren in dem Bundesstaat hätten bekommen müssen, in dem sie sich aufgehalten haben.

Ressa: Ich würde das Urteil so interpretieren, dass sich der Oberste Gerichtshof auf die Seite von Trump geschlagen hat.

ZEIT ONLINE: Aber die liberale Bürgerrechtsorganisation ACLU hat das Urteil zumindest als Teilerfolg gewertet.

Ressa: Letztlich sitzt der unschuldige Mann aus Maryland immer noch im Gefängnis in El Salvador …

Inzwischen behauptet US-Präsident Donald Trump, er könne ihn nicht zurückholen, das läge in den Händen des Präsidenten von El Salvador.

… und das erinnert mich eben an die Philippinen. Die Rechte von Einzelnen werden verletzt, und das Unrecht dauerte an, aus Sekunden wurden Minuten, aus Minuten wurden Stunden, dann Tage. Auf den Philippinen hat die Senatorin Leila de Lima sieben Jahre lang zu Unrecht im Gefängnis gesessen, weil sie sich mit Duterte angelegt hatte. Wir dürfen uns mit so etwas nicht abfinden, und ich habe insgesamt den Eindruck, dass in vielen Ländern dieser Welt der Rechtsstaat gerade infrage gestellt und beschädigt wird.

ZEIT ONLINE: Zugleich haben die Philippinen vor wenigen Wochen auf einen internationalen Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs reagiert und den früheren Präsidenten Rodrigo Duterte festgesetzt und nach Den Haag ausgeliefert.

Ressa: Die Frage ist in vielen Ländern der Welt, ob das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit gilt, und die Philippinen haben dazu jetzt Ja gesagt. Es kann einem dabei der seltsame Gedanke kommen, dass die Philippinen in dieser Frage im Moment verlässlicher wirken als die USA.

Der Verhaftung von Rodrigo Duterte ging ein politischer Machtkampf zwischen der Familie von Duterte und der des aktuellen Präsidenten Ferdinand Marcos Jr. voraus. Die Tochter von Rodrigo Duterte, Sara Duterte, ist aktuelle Vizepräsidentin und war mit Marcos gemeinsam zur Wahl angetreten. Dies galt als Arrangement, welches die Macht der Familie Duterte sichern, aber zugleich die Verfassung wahren sollte, der zufolge ein Präsident nur zwei Wahlperioden lang regieren kann. Doch dann drohte Sara Duterte im vergangenen November damit, den aktuellen Präsidenten, dessen Frau und einen Cousin töten zu lassen. Vier Monate später wurde ihr Vater nach einer Auslandsreise festgesetzt und unmittelbar nach Den Haag ausgeliefert.

ZEIT ONLINE: Was bedeutet es für die Philippinen, für die Weltöffentlichkeit, wenn Duterte sich nun vor Gericht verantworten muss, als erster autoritärer Herrscher aus Asien überhaupt?

Ressa: Es wird dazu beitragen, das Vertrauen der Angehörigen der Opfer in den Rechtsstaat zu erneuern. Und die Verhaftung sendet eine Botschaft über die Philippinen hinaus: Niemand kann sicher sein, straflos davonzukommen, auch ein autoritärer Herrscher nicht.

"Man braucht weite Teile der Bevölkerung, um etwas zu erreichen"

ZEIT ONLINE: Nach Ihrem letzten Buch, dem Weltbestseller How to Stand Up to a Dictator, könnten Sie nun als Nächstes vielleicht "How to Jail a Dictator" schreiben. Anders gefragt: Was braucht es, um einen autoritären Herrscher zur Rechenschaft zu ziehen?

Ressa: In einem Zeitalter exponentiell zunehmender Lügen stellt sich die Frage für jeden Einzelnen, was sie oder er bereit ist, für die Wahrheit zu opfern. Und Opfer sind erforderlich, so viele Opfer, um die Beweise zu sichern, die Fakten zu dokumentieren, um an den Punkt zu kommen, an dem wir jetzt auf den Philippinen sind. Insofern habe ich auch gelernt, dass man weite Teile der Bevölkerung braucht, um etwas zu erreichen.

Der frühere Präsident Rodrigo Duterte verteidigt sich in Den Haag damit, dass er seinen "Krieg gegen Drogen" zum Wohl des philippinischen Volkes geführt habe, dass sein brutales Vorgehen ein Dienst an der Allgemeinheit gewesen sei. In einer ersten Anhörung bezeichnete sein Anwalt die Auslieferung als "Kidnapping". Der Internationale Strafgerichtshof mache sich zum Gehilfen einer innerphilippinischen Auseinandersetzung. Der Prozess gegen Duterte soll im September beginnen.

ZEIT ONLINE: Sie sind weiterhin Chefin des Onlinemediums und Tech-Unternehmens Rappler. Worauf konzentrieren Sie sich dort gerade?

Ressa: Wir haben eine eigene sichere App für unseren Journalismus und unsere Leser auf Grundlage des Matrix-Protokolls entwickelt.

Das sogenannte Matrix-Protokoll ist ein Programmierstandard für eine sichere Kommunikation übers Internet, das von einer gemeinnützigen Organisation in Großbritannien entwickelt wurde. Die Technik baut auf einer dezentralen Infrastruktur auf, das heißt, Matrix-Anwendungen fallen nicht aus, wenn ein Knotenpunkt ausfällt (oder abgeschaltet wird). Es macht die Technik besonders robust. Sie wird inzwischen unter anderem von der französischen Regierung eingesetzt, von der Bundeswehr und auch im deutschen Gesundheitswesen von der Gematik, dem Unternehmen, das die Einführung der elektronischen Patientenakte übernehmen soll.

ZEIT ONLINE: Warum sollte ein Medienunternehmen eine solche Technologie benutzen?

Ressa: Wir mussten erkennen, dass wir den großen Plattformen nicht trauen können. Sie kümmern sich nicht mehr um die Integrität von Informationen, die Glaubwürdigkeit von Journalismus. Politische Öffentlichkeit, die auf den Plattformen aufbaut und stattfindet, ist korrumpiert. Sie ist kaputt, weil die Tech-Unternehmer sie aus Profitgründen manipulieren. Ich erinnere nur daran, dass Meta kürzlich den Faktencheck in den USA abgeschafft hat. Von X, früher Twitter, müssen wir gar nicht reden. Deshalb müssen wir uns als Medium technisch unabhängig machen von den Konzernen.

ZEIT ONLINE: Deshalb bauen Sie nun Ihre eigene Infrastruktur?

Ressa: Das ist unser Ziel.

ZEIT ONLINE: Um Rappler zu zitieren: Sie versprechen Ihren Leserinnen und Lesern, dass sie sich in der App äußern, Fragen stellen und auch Hinweise geben können, ohne dass US-amerikanische Tech-Konzerne die Regeln vorgeben – und ohne von Desinformationen überhäuft zu werden. Sie schrieben beim Start vor einem Jahr, es ginge darum, eine "gemeinsame Wirklichkeit" zu erzeugen, gemeinsam mit Ihrem Publikum.

Ressa: Und wir hoffen, dass andere Medien es uns gleichtun und über die Zeit ein internationales Netzwerk von Onlinemedien auf der technischen Basis des Matrix-Protokolls entsteht, das unabhängig von den großen Plattformen ist. Ihre Redaktion könnte auch einmal darüber nachdenken.

 


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Hintergrundwissen

Die Karte der nuklearen Welt

Gewinner werden sein ... Menschen, die bereit sind für die Demokratie zu kämpfen!

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Die "Interne Suche"

PhilippinenRechtsstaat | IStGH

12. April 2025 - Internationale Strafverfolgung - Ein Schlag gegen das Völkerrecht

28. März 2025 - Reporter ohne Grenzen kritisiert Israels Angriffe auf Journalist:innen

9. Februar 2025 - Absage an Gewaltenteilung? Trump-Vize Vance attackiert Gerichte in den USA

26. November 2024 - G7 will bei Haftbefehl gegen Netanjahu Verpflichtungen einhalten

22. September 2024 - Bürokratieentlastungsgesetz: Steuerhinterziehung erleichtert?

1. Juli 2024 - Investoren-Klagen - Geheimtribunale greifen immer häufiger Klimapolitik an

29. Juni 2024 - Der CIA-Mordplan gegen Assange, Mike Pompeo und das Recht der Mächtigen

15. Mai 2024 - Die Freiheit schwindet und die Repression nimmt weltweit zu
 

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Die Suchmaschine Ecosia pflanzt Bäume!

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https://www.ecosia.org/search?q=Rechtsstaat

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Bundeszentrale für politische Bildung

Internationaler Strafgerichtshof (IStGH)

Warum gibt es diesen Gerichtshof?

Wer ein Verbrechen begeht, wird vor Gericht gestellt und verurteilt. Sehr viel schwieriger aber ist es, ein Verbrechen zu bestrafen, das im Auftrag eines Staates begangen wurde. Oft schon wurden große Grausamkeiten in einem Krieg verübt und die Täter kamen davon. Die UNO entschied deshalb 1998, den Internationalen Strafgerichtshof, abgekürzt IStGH, einzurichten. Seit 2002 arbeitet er im holländischen Den Haag. Der Strafgerichtshof arbeitet zwar mit der UNO zusammen, er ist aber eine unabhängige internationale Organisation.

Aufgaben

Hauptaufgabe des IStGH ist die Verfolgung und Bestrafung schwerster Verbrechen von internationaler Bedeutung. Dazu gehören Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen. Wenn ein Land ein anderes Land grundlos angreift, also einen Angriffskrieg führt, dann wird der Gerichtshof tätig. Angeklagt werden können nur Personen, die aus einem Land kommen, das die Arbeit des IStGH unterstützt. Das sind derzeit 124 Staaten der Welt, die EU-Länder gehören dazu. Die USA haben erklärt, dass sie mit dem IStGH nicht zusammenarbeiten wollen. Auch China, Indien, Israel, Kuba, Russland, Pakistan und andere Staaten haben ihn noch nicht anerkannt. Die erste Verhandlung vor dem IStGH fand im Januar 2009 gegen den kongolesischen Milizenführer Thomas Lubanga statt. Er soll unter anderem Kindersoldaten zum Kriegseinsatz gezwungen haben.

Unterschied zum Internationalen Gerichtshof

Vor dem Internationalen Gerichtshof werden Konflikte zwischen verschiedenen Staaten verhandelt. Vor dem Internationalen Strafgerichtshof wird gegen einzelne Verantwortliche dieser schweren Verbrechen verhandelt und geurteilt.
 

Rechtsstaat

Der Staat muss die Gesetze beachten

"Rechtsstaat" ist die Bezeichnung für einen Staat, in dem alles, was der Staat tut, nach den Regeln der Verfassung und nach den geltenden Gesetzen erfolgen muss. Alle Einrichtungen des Staates, alle die Ämter im Staat innehaben, zum Beispiel die Polizei oder Richterinnen und Richter, müssen sich an diese Regeln halten. In Deutschland ist das Grundgesetz unsere Verfassung. Es ist das wichtigste Regelbuch. Darin steht am Anfang, dass der Staat die Würde jedes Menschen achten und schützen muss. In einem Rechtsstaat sollen sich die Bürgerinnen und Bürger darauf verlassen können, dass ihre Rechte vom Staat geschützt werden. Das Handeln des Staates muss das Ziel haben, dass es im Staat gerecht zugeht.

Gewaltenteilung

Die Macht im Staat ist geteilt. Die Gesetze werden von den Parlamenten gemacht. Die "vollziehende Gewalt" (man sagt in der Fachsprache auch "Exekutive") wendet die Gesetze an. Die Link hat Vorschau-PopupInterner Link: Gerichte
kontrollieren, ob dabei die Gesetze eingehalten werden. Die Gerichte sind unabhängig. Niemand darf ihnen vorschreiben, welche Entscheidung sie treffen müssen.

Der Gegensatz zum Rechtsstaat

Der Gegensatz zum Rechtsstaat ist ein Polizeistaat oder eine Diktatur. Dort schützt der Staat nicht die Freiheit und Gleichheit der Menschen. In einem Polizeistaat oder einer Diktatur bestimmen die Machthaber die Regeln, die im Staat gelten. Es gibt keine unabhängigen Gerichte, vor denen die Menschen für ihre Rechte kämpfen können, und keine freien Wahlen. In Diktaturen herrschen Willkür und Rechtlosigkeit.
 

Wikipedia de

Philippinen#Politik

Am 11. Februar 1987 trat eine neue Verfassung in Kraft und seit 1987 sind die Philippinen wieder eine Präsidialrepublik. Der Präsident hat weitreichende exekutive Befugnisse. Er beruft das Kabinett ein. Der Kongress besteht aus Repräsentantenhaus und Senat. Es besteht de jure Wahlpflicht.

Die philippinische Politik ist sehr personenbezogen, so dass Parteien keine so große Rolle spielen. Viele philippinische Politiker gehören einer politischen Dynastie an: So ist zum Beispiel Macapagal-Arroyo die Tochter des ehemaligen Präsidenten Diosdado Macapagal oder der Sohn von Ferdinand Marcos, Ferdinand Marcos Jr., auch Bong-Bong genannt, Gouverneur der Heimatprovinz seines Vaters, Ilocos Norte, und der Sohn des ehemaligen Präsidenten Ramon Magsaysay, Ramon Magsaysay jr., ist Senator. Popularität und regionale Zugehörigkeitsgefühle zählen oft viel mehr als Sachthemen. In den letzten Jahren sind viele Schauspieler, ehemalige Basketballstars und ähnliche Medienpersönlichkeiten in die Politik gegangen.
 

Rodrigo Duterte

Von Juni 2016 bis Juni 2022 war er Präsident der Philippinen. Von 1988 bis 1998, von 2001 bis 2010 und erneut ab 2013 war er Bürgermeister der Millionenstadt Davao City auf Mindanao. Er gewann als Kandidat der Demokratischen Partei der Philippinen – Macht des Volkes (Partido Demokratiko Pilipino – Lakas ng Bayan, PDP-Laban) die Präsidentschaftswahl im Mai 2016. Seit 2018 laufen gegen ihn Ermittlungen am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Im März 2025 wurde Duterte in Manila aufgrund eines internationalen Haftbefehls von den philippinischen Behörden festgenommen und nach Den Haag gebracht ...
 

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YouTube

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Wird in einem neuen Fenster geöffnet! - YouTube-Kanal "Reaktorpleite" Playlist - Radioaktivität weltweit ... - https://www.youtube.com/playlist?list=PLJI6AtdHGth3FZbWsyyMMoIw-mT1Psuc5Playlist - Radioaktivität weltweit ...

In dieser Playlist finden sich über 150 Videos zum Thema Atom*

 


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Newsletter XVI 2025 - 13. bis 19. April

Zeitungsartikel 2025

 


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