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Die THTR-Rundbriefe aus 2006

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THTR Rundbrief Nr. 104, Januar 2006


Hochtemperaturreaktor in Jülich: Reaktor am Haken

Radioaktive Brennelemente wurden nach China verscherbelt

Wer eine Vorstellung davon bekommen will, welche Dimensionen die Probleme bei einem Rückbau des THTR Hamm annehmen können, der sehe nach Jülich! Dort wird der Allgemeine Versuchsreaktor (AVR) zurückgebaut.

Dieser HTR arbeitete bis 1988 mit 15 MW Leistung und steht seitdem still. Zum Vergleich: Der THTR erbrachte die zwanzigfache elektronische Leistung, wenn ausnahmsweise kein Störfall dies verhinderte.

Beim AVR wurde die Genehmigung für den Sicheren Einschluss 1994 erteilt. Diese musste anschließend noch vier Mal geändert werden. Nach ausgiebigen Inspektionsbohrungen im Reaktorbehälter traten durch "unvorhergesehene Ereignisse" weitere Verzögerungen bei den Rückbauversuchen auf. Im März 1999 meldete das NRW-Ministerium für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr: "Im Betonkammersystem des stillgelegten Versuchsreaktors AVR in Jülich ist radioaktiv verunreinigtes Wasser festgestellt worden. (...) Die gemessene spezifische Aktivität im Betonkammerwasser, maßgeblich verursacht durch das Radionuklid Strontium 90, beträgt 80 Becquerel pro Liter bei einer Gesamtwassermenge von rund 800 Kubikmetern. (...) Der Wasserstand in den Kammern ist nach dem Prinzip der kommunizierenden Röhren abhängig vom Wasserstand im umgebenen Erdreich. Durch diesen Mechanismus könnten radioaktive Stoffe auf dafür nicht vorgesehenen Wegen entweichen. (...) In dessen Folge ist das Erdreich in unmittelbarer Nähe des Reaktorgebäudes kontaminiert und kontaminiertes Betonkammerwasser in den Regenwasserkanal auf dem Betriebsgelände des AVR und des FZJ gelangt."

Die 15 Energieversorgungsunternehmen (EVUs) waren als Gesellschafter der AVR mit dem Projekt überfordert, übertrugen den Energiewerken Nord (EWN) GmbH die weitere Verantwortung und waren auf diese elegante Weise ein großes Problem los. Das ursprünglich ostdeutsche Unternehmen EWN baute bereits Zwischenlager für Atom-U-Boote in Murmansk und das AKW Greifswald zurück. Als stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrates assistiert übrigens der "Gewerkschaftler" Jobst Weißenborn vom IG BCE-Haupt-vorstand.

Die ursprüngliche Absicht, den Reaktor im bestehenden Gebäude zu zerlegen und in ein Lager zu verbringen, wurde aufgegeben. Das neue Abbaukonzept sieht vor, dass der komplette Reaktorbehälter als Ganzes an großen Haken aus der Anlage herausgehoben wird. Zu diesem Zweck wurde um den Reaktor herum zusätzlich ein riesiges Tragegerüst aus Stahlträgern- und Stützen gebaut. Allein diese wuchtige "Materialschleuse" ist 2.400 Tonnen schwer und kostet 5,5 Millionen Euro. Sie erhöht das Reaktorgebäude von 48 m auf 58 m. Zusätzlich müssen noch Lüftungsanlagen eingebaut werden. Die neu entstandene Dachfläche beträgt 1.500 qm. Der Rohbau der Materialschleuse erfolgte innerhalb eines Dreivierteljahres durch die Firma "Stahlbau Queck Düren". Am 16. 9. 2005 war das Richtfest für dieses Bauvorhaben. Mit viel Politprominenz wurde es peinlicherweise auch noch groß gefeiert.

Erst in weiteren drei Jahren wird die gesamte Konstruktion ("eine äußerst schwierige Aufgabe" laut Stahlbau Queck) fertiggestellt sein. Erst dann kann der Reaktor an den Haken genommen und mit dem Rückbau begonnen werden.

Inzwischen wurde auf dem AVR-Gelände ein Brennelemente-Zwischenlager errichtet. Etwa 5.400 radioaktive Kugelbrennelemente wurden dem Reaktor entnommen und zum benachbarten Forschungszentrum Jülich (FZJ) zurückgeführt. Über den weiteren Verbleib dieser Kugeln meldet die FZJ-Homepage: "Weitergabe von 5.400 AVR-Brennelementen für ein internationales Projekt an die VR-China (abgeschlossen)." Dort werden sie als Treibstoff für die neue HTR-Generation dringend benötigt, denn in Peking ist bereits ein HTR-Forschungsreaktor in Betrieb und im nächsten Jahr wird mit dem Bau eines großen HTR-Leistungsreaktors begonnen.

In der BRD allerdings sorgt das nukleare HTR-Desaster für eine Endlos-Spirale an Kosten. Von 1988 bis 2003 wurden allein für die AVR-Stilllegung nach offiziellen Angaben 189,7 Millionen Euro ausgegeben. Und es werden noch 200 Millionen Euro hinzukommen. Bis 2003 bezahlten 90 % der Bund und 10 % das Land NRW. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBH) sprach 2002 von einem "desolaten Projektverlauf" (TAZ vom 15. 7. 2002).

Die TAZ führte weiter aus: "Der Bundesrechnungshof hat sich jetzt des Falls angenommen. Seine Bewertung fiel vernichtend aus. ‚Bei Beibehaltung der bisherigen Situation und des Arbeitstempos wird das Projekt statt der ursprünglich geplanten 4 Jahre voraussichtlich mindestens 18 Jahre in Anspruch nehmen‘, warnte er den Haushaltsausschuss des Bundestages. Die Kosten würden sich dabei von ursprünglich 39 Millionen auf 215 Millionen Euro mehr als verfünffachen. (...) Rechtlich sei der Bund weder verpflichtet, den Reaktorrückbau durchzuführen noch ihn zu finanzieren, heißt es. Das Grundstück gehört dem Land NRW, der Reaktor selbst der AVR, an der 15 kommunale Versorgungsbetriebe beteiligt sind. Die AVR und das Land müssten deshalb auch für den Rückbau der Anlage verantwortlich sein, meint der Bundesrechnungshof." Die Folge: Seit 2003 zahlt das Land NRW 30 % der seitdem veranschlagten 215 Millionen Euro. Das wären 64,5 Millionen für den AVR-HTR. Hinzu kommen noch 5,6 Millionen Euro jährlich für den Stilllegungsbetrieb des THTR in Hamm. Diese Kosten werden von der Atomindustrie gerne unter den Teppich gekehrt.

Das jahrzehntelange HTR-Desaster in NRW wird die Atomindustrie nicht daran hindern, weiterhin diese Pleite-Technik offensiv zu propagieren. Gleich nebenan in Jülichs Uni-Partnerstadt Aachen werden sie vom 16. bis 18. Mai 2006 auf der "Jahrestagung Kerntechnik" neue Pläne für die Zukunft schmieden und dreist von den angeblichen Segnungen der Hochtemperaturreaktoren reden. Bezahlen dürfen diesen groben Unfug wir alle.

Derweil bereitet RWE auf internationaler Ebene den weiteren Ausbau der HTR´s konkret vor, indem es das "Detail Design" für den Pebble Bed Modular Reactor (PBMR) in Südafrika herstellt. In der Zeitung "Atomwirtschaft" (atw, Nov. 2005) befindet sich eine ganzseitige Stellenanzeige der RWE, in der eine Führungskraft für ein "herausforderndes Aufgabengebiet im Spannungsfeld zwischen Brennelementemechanik, Neutronik, Thermohydraulik" gesucht wird. Insbesondere geht es hier um "Vorgaben zu und Bewertung von neuen Kern- und Brennelementauslegungen". Es ist schon klar, wenn die Aufgaben so formuliert sind:: "Kontakt zu nationalen und internationalen Ingenieurfirmen, Gutachterorganisationen und Behörden sowie Forschungsinstitutionen". Es ist eine Demonstration des nuklearen Expansionswillens.

Horst Blume

Weitere Artikel zum AVR in Jülich sind im THTR-Rundbrief Nr. 80 und Nr. 81 zu finden.

THTR-Castoren in Ahaus: "Einzelfehler"

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Wenige Tage vor Weihnachten geschehen noch Zeichen und Wunder. Das NRW-Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Energie hat am 20. 12. 2005 unsere Anfrage vom 18. 3. 2005 zu den THTR-Brennelementen im BEZ Ahaus beantwortet, nachdem wir ein zweites Mal im Juli 2005 auf eine vollständige Anwort gedrängt hatten. Hier der Wortlaut der Antwort des Ministeriums:

"Bezüglich Ihrer Frage nach den Untersuchungen eines Druckschalters von CASTOR-Behältern kann ich Ihnen heute mitteilen, dass das durch das MWME initiierte entsprechende Untersuchungsprogramm zwischenzeitlich durchgeführt und abgeschlossen werden konnte. An den Untersuchungen und der Ergebnisauswertung waren neben der Gesellschaft für Nuklear-Service mbH (GNS) auch die Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung (BAM) sowie die TÜV Nord EnSys Hannover GmbH & Co. KG beteiligt.

Die Untersuchungen haben als Ursache für das Ansprechen des Betriebsüberwachungssystems (BÜS) eine Fehlfunktion des Referenzschalters des angesprochenen Druckschalters eindeutig bestätigt.

Die durchgeführte integrale Dichtigkeitsprüfung über die gesamte Druckschaltereinheit (Haupt- plus Referenzschalter) sowie die Einzeldichtigkeitsprüfungen zeigten keinerlei Beanstandungen. Eine Leckage wurde nicht festgestellt. Ebenso lagen der Sperrraumdruck und der Schaltpunkt des Hauptschalters im Sollwertbereich.

Die Funktion des untersuchten Druckschalters war insoweit spezifikationsgerecht, da die Überwachung der Dichtheit und des Sperrraumdruckes des zu überwachenden CASTOR-Behälters zu jedem Zeitpunkt, d. h. auch nach Eintreten des Fehlverhaltens des Referenzschalters, noch gegeben war.

Die Gutachter haben weiterhin ausgeführt, dass ein entsprechender Funktionsausfall eines Hauptschalters – analog zu dem des Referenzschalters – ebenfalls zu einem Ansprechen des BÜS geführt hätte. Die Selbstüberwachung des Druckschalters ist durch den o. g. Ausfall somit nicht beeinträchtigt gewesen sondern hat bestimmungsgemäß funktioniert.

Die aufgetretene Fehlfunktion des Referenzschalters wurde von den hinzugezogenen Sachverständigen als Einzelfehler bewertet.

Im Auftrag P. G. Ceyrowsky"

Wo Khadir Khan die Bombe lieben lernte

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In Pakistan gilt Abdul Khadir Khan als Nationalheld - trotz der Weitergabe geheimer Nukleartechnologie an den Iran, Libyen und Nordkorea. Sein Wissen erworben hat Khan in den siebziger Jahren - beim niederländischen Teil der Urenco.

Im August schockierte Ruud Lubbers, der ehemalige niederländische Ministerpräsident, seine Landsleute: Auf Bitte des US-amerikanischen Geheimdienstes CIA hätten die Niederlande den pakistanischen Atomspion Abdul Khadir Khan Mitte der siebziger Jahre laufen gelassen, verkündete Lubbers im Rundfunk. "Geben Sie uns Informationen, und nehmen Sie ihn nicht fest", habe seinerzeit die Forderung der CIA gelautet - im kalten Krieg sei das einem Befehl gleichgekommen: "Das letzte Wort hatte nicht Den Haag, sondern Washington", sagt Lubbers. "Es gab keine Zweifel, dass die alles wussten und hörten." Als zuständiger Wirtschaftsminister war Lubbers schon damals skeptisch: "Ich hatte Zweifel, dass das der richtige Weg war".

Lubbers' Zweifel waren berechtigt: Mittlerweile gilt Khan als größter Atomschmuggler aller Zeiten. Im Februar 2004 räumte der Maschinenbauingenieur, der von 1976 bis 2001 das pakistanische Atomprogramm leitete, öffentlich ein, Atomtechnologie und Know-How an Iran, Libyen und Nordkorea weitergegeben zu haben. Für die CIA-Zentrale in Langley eine Blamage: Alle drei Länder zählen zu den von Präsident George W. Bush als "Achse des Bösen" bezeichneten unkalkulierbaren "Schurkenstaaten".

Khan selbst wurde nie bestraft: Der Atomwissenschaftler gilt in Pakistan als Nationalheld - schließlich verfügt auch Indien, mit dem der muslimische Staat nach Ende der britischen Kolonialherrschaft 1947 drei Kriege führte, über die Massenvernichtungswaffe. Trotz seines Geständnisses wurde Khan von Pakistans Regierungschef Pervez Musharraf wegen seiner Verdienste um das Atomprogramm des Landes begnadigt, steht aber in der Hauptstadt Islamabad praktisch unter Hausarrest.

Ähnlich zögerlich ging die niederländische Regierung Mitte der Siebziger gegen Khan vor. Nach seinem Studium an der Technischen Universität Delft interessierte sich Khan auffällig für die Zentrifugentechnik zur Urananreicherung, betrieben vom niederländischen Teil der Urenco in Almelo. Verborgen blieb dem niederländischen Geheimdienst das nicht. Schon 1974 sollte er festgenommen werden Die CIA aber hielt ihre schützende Hand über ihn. Stattdessen wurde der Ingenieur versetzt - und war gewarnt: Ein Jahr später kehrte er von einer Reise nach Pakistan nicht mehr zurück.

Den Prozess machten ihm die Niederlande erst 1983 in Abwesenheit. Dennoch gilt Khan an Rhein und Maas nicht als vorbestraft: 1985 wurde er im zweiten Anlauf wegen formaler Fehler freigesprochen, reiste danach sogar noch zwei Mal persönlich nach Holland. Dort habe er fehlende Technik für das pakistanische Atomprogramm eingekauft, prahlt Khan noch heute: "In dieser Zeit hat man uns überschüttet mit Angeboten."

In der Logik des kalten Krieges war das nur folgerichtig. Ausgerüstet mit der Urananreicherungs-Zentrifugentechnik der Urenco sollte Khan helfen, die junge Atommacht Indien zu neutralisieren - und wurde zum Geist aus der Flasche: Wohl im Austausch gegen modernste Raketentechnik stellte der Atomphysiker sein Wissen dem Iran, Libyen und Nordkorea zur Verfügung. Welche Rolle die pakistanische Armee in dem Aufrüstungsprogramm spielte, wurde nie geklärt - dabei war Pakistans Regierungschef Musharraf General der Truppe.

Noch heute beschäftigt Khan die internationale Diplomatie: Die Vereinigten Staaten verdächtigen den Iran, in dem unterirdischen Werk von Natans die Urananreicherung voranzutreiben. Je nach Anreicherungsgrad kann das Atommaterial zur friedlichen Stromerzeugung, aber auch zum Bau von Atombomben dienen. Israels Ex-Ministerpräsident Benjamin Netanjahu forderte gestern einen Präventivschlag gegen das iranische Atomprogramm: Wie schon 1981 müsse die israelische Luftwaffe die Atomanlage bombardieren - und so Abdul Khadir Khans Technologietransfer vorerst in Schutt und Asche legen."


Andreas Wyputta, aus: TAZ-NRW vom 06.12.2005

Weitere Berichte zum Thema UAA und Khan sind in den Ausgaben des THTR-Rundbriefes Nr. 95, Nr. 98 und Nr.99 zu finden.

Rein-ge-Winn-Einfahren

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Geknickte Masten, tagelange Stromausfälle – das Wetter hat eine Branche in Erklärungesnot gebracht, die für Preistreiberei und Supergewinne steht.

(...) Heute läuft ohne Elektroenergie fast nichts mehr. Das lassen sich die Stromkonzerne fürstlich honorieren, und mit ihren monopolartigen Strukturen sorgen sie dafür, daß munter an der Preisschraube gedreht wird. Da müssen sie sich nicht wundern, wenn sie nach den Ereignissen im Münsterland an den Pranger gestellt werden.

Das Leitungsnetz ist neben den Kraftwerken das wichtigste Sachkapital der Energiekonzerne. Sie lassen sich das mit hohen Durchleitungsentgelten durch ihre Kunden refinanzieren. Dafür haben die vier regionalen Monopolisten E.on, RWE, EnBW und Vattenfall jedoch zumindest die Verpflichtung, daß dieses Netz funktioniert. Bei RWE war das im Münsterland offensichtlich nicht der Fall, und nun fragen Verbraucherschützer, Kunden und Politiker, wie das sein könne, und es werden Forderungen nach Schadensersatz laut. Zugleich wird gerätselt, wie sicher überhaupt das Leitungsnetz in Deutschland ist.

RWE versuchte zunächst, sich auf »Force Majeure« herauszureden und wies Ansprüche Geschädigter weit von sich. Inzwischen hat man beim Essener Strommulti einen millionenschweren Fonds eingerichtet, um bei vermeintlichen Härtefällen zu »helfen«. Gleichzeitig brachte man die Legende vom alten Stahl in Umlauf, der zur Versprödung neige.

Viele der RWE-Hochspannungsmasten seien noch aus diesem Material gefertigt, und der Konzern habe ein Programm aufgelegt, diese Masten bis zum Jahr 2015 auszuwechseln. 550 Millionen Euro wollen man darauf verwenden, und zu beschleunigen sei der Vorgang auch nicht. Punkt.
Doch gegen diese Argumentation regte sich Widerspruch. »Das ist eine faule Ausrede. Man hat die Instandhaltung sträflich vernachlässigt«, sagte Akos Paulinyi, Spezialist für Eisenhüttentechnik, der Financial Times Deutschland (Dienstagausgabe). Ins Gerede gekommen war nach dem sogenannten Thomasverfahren hergestellter Stahl. »Es gibt massenhaft Konstruktionen aus Thomasstahl, die über 100 Jahre alt und einwandfrei in Ordnung sind. Man muß sie allerdings vernünftig pflegen«, sagte Walter Suttrop, industrienaher Stahlbauberater in Düsseldorf.

RWE wies den Vorwurf schludriger Wartung vehement zurück. Dagegen spreche das konzerneigene Sanierungsprogramm. 70 Prozent der 2 900 Problemmasten seien bereits ausgetauscht. »Leitungen werden jährlich überprüft, auch per Hubschrauber«, sagte ein Sprecher.
Paulinyi ließ das nicht gelten. RWE scheue die Personalkosten: »Instandhaltung kann man nicht automatisieren. Man muß von Mast zu Mast gehen, hochklettern und nachschauen. Das geht nicht per Flugaufsicht«, sagte der emeritierte Professor. RWE hatte die Wartung 2003 in eine Servicegesellschaft ausgegliedert. Am Geld kann es jedenfalls nicht liegen, wenn RWE hier knausert, allenfalls an notorischer Profitgier. 1,7 Milliarden Euro Gewinn wies das im Dax notierte frühere kommunale Unternehmen allein in den ersten drei Quartalen dieses Jahres aus. Da dürfte es viel mit den anderen Quasimonopolisten der Branche gemein haben.

(...) Aus: JungeWelt vom 7.12.2005

RWE: Leitungen als Renditeobjekt

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Thames Water: Warum RWE die Londoner Wasser- und Abwasseranlagen kaufte und nun schnell wieder verkaufen will"

Die Rheinischen Elektrizitätswerke AG (RWE) kauften 1999 Thames Water, das Wasser- und Abwasserunternehmen Londons. Hier lockten die zunächst hohen Profite, die in den privatisierten englischen Unternehmen lange Zeit möglich waren. Die Profite bei Thames Water flossen auf Kosten eines maroden Leitungssystems. Weil jetzt die Regulierungsbehörde Investitionen fordert und die Rendite auf sechs Prozent im Jahr begrenzt, tritt RWE die Flucht an: Bei Gas und Strom ist mehr zu verdienen.

Durch den Kauf von Thames Water im Jahre 1999 übernahm RWE die umsatzstärksten Wasser- und Abwasseranlagen der Welt, die von einem Privatunternehmen betrieben werden: Im Großraum London hat Thames Water acht Millionen Kunden beim Trinkwasser, 15 Millionen beim Abwasser. Damit wollte RWE den Grundstein legen, um im globalen Wassergeschäft die Nummer eins zu werden. Denn Wasser erscheint bzw. erschien den Investmentbanken und Versorgungskonzernen seit den 90er Jahren als das »blaue Gold«: Angesichts der zunehmenden Knappheit könne es zu einem globalen lukrativen Jahrhundertgeschäft ausgebaut werden. Die französischen Weltmarktkonkurrenten Vivendi/Veolia und Suez/Ondeo hatten sich bereits in die Wasser- und Abwasserwerke von Metropolen zwischen Rio de Janeiro, Paris und Jakartaeingekauft.

1989 wurde unter der Regie der Privatisierungsfundamentalistin Maggie Thatcher die Thames Water Utilities Limited als Aktiengesellschaft gegründet. US-amerikanische Pensionsfonds und Investoren aus dem Londoner Bankenviertel kauften die Aktien. Als Geburtstagsgeschenk befreite die »konservative« Regierung die privatisierten Staatsunternehmen von allen Gewinnsteuern. So konnten sich im Jahrzehnt nach der Gründung alle Versprechen der new economy erfüllen: Die Gehälter der Manager stiegen, die Wasserpreise stiegen und die Gewinne stiegen.

RWE hat viel, sehr viel Geld: Seit Jahrzehnten nutzt der Konzern seine Stellung als regionaler Strommonopolist von Nordrhein-Westfalen, um überhöhte Strompreise zu kassieren. Da helfen das Landeskartellamt ebenso mit wie Hunderte Politiker, die von RWE in Aufsichts- und Beiräten und auf Lohnlisten alimentiert werden. Auch bei RWE, wo immer noch das überholte Image herrscht, daß hier die Kommunen über ihre paar Vorzugsaktien das Sagen haben, sind längst neben den bekannten Aktionären Allianz AG und Münchner Rück inzwischen die namenlosen, internationalen Investoren eingezogen. Sie haben mit 41 Prozent die Mehrheit. Sie drängen auf lukrative Investitionen.
RWE kaufte Thames Water 1999 zum überhöhten Preis von elf Milliarden Euro. Die bisherigen Aktionäre verkauften trotz eines Jahrzehnts mit hohen Renditen gerne, weil RWE ihnen den Ausstieg mit einem ungewöhnlich hohen Aufschlag auf den Aktienwert versüßte: Er betrug 43 Prozent. RWE hatte zwei Ziele: Man wollte die sicher scheinende zweistellige »Traumrendite« im größten städtischen Wasserbereich der Welt fortsetzen. Zugleich erschien Thames Water als der Schlüssel für die globale Markteroberung: Das privatisierte Wasserunternehmen hatte, begünstigt durch die historische Stellung der englischen Metropole, bereits in mehreren Staaten des britischen Commonwealth durch Zukäufe und Beteiligungen expandiert.

In den ersten Jahren erfüllten sich die Erwartungen. RWE investierte möglichst wenig, erhöhte die Preise und »erwirtschaftete« hohe Gewinne. Mit ihnen bezahlte RWE/Thames Water die weitere globale Expansion in Asien, Australien, Afrika, in den USA, in Kanada und in Südamerika. Der teuerste Brocken war mit acht Milliarden Euro das größte US-Wasserunternehmen, American Water Works, das Wasserwerke und Kanalisationen in 29 US-Bundesstaaten und in vier kanadischen Provinzen mit 18 Millionen Kunden betreibt. Mit den Beteiligungen etwa an den Wasserwerken von Jakarta, Conception/Chile, Mallorca und Budapest hat RWE/Thames Water gegenwärtig etwa 70 Millionen Kunden. Die Gewinne des Gesamtkonzerns stiegen, nicht zuletzt durch den Beitrag aus dem Wassergeschäft von 2000 bis 2004 von 3,9 auf 5,9 Milliarden Euro. Thames Water setzte unter der RWE-Regie nicht nur die hohen Renditen fort. Auch die wesentliche Voraussetzung für diese Gewinne blieb bestehen: Das riesige Leitungssystem mit 32000 Kilometer Trinkwasserleitungen und 64000 Kilometer Abwasserkanälen wurde auf dem technisch niedrigstmöglichen Level gefahren. Viele Leitungen und Kanäle sind über 100 Jahre alt und hätten längst modernisiert werden müssen."

Hiermit ist der Artikel von Werner Rügemer in "Junge Welt" vom 19. 12. 2005 noch lange nicht zuende. Er ist vollständig auf unserer Homepage nachzulesen. Folgende Aspekte werden noch ausführlich dargestellt:

Gigantische Mengen von Trink- und Abwasser versickern in London und haben zu massiven Umweltschäden geführt. Die RWE ist das Unternehmen, welches in England am häufigsten wegen Umweltdelikten angeklagt wird. Aufgrund dieser Skandale kam Premierminister Blair nicht umhin, eine Regulierungsbehörde einzusetzen, die eine Gesamtinvestition von 1.184 Millionen Euro bis 2010 für die Instandsetzung der maroden Leitungssysteme von den RWE einforderte. Und sie begrenzte die Traumprofite auf maximal 6 Prozent. Die bisherige Abzocke mit maroden Leitungssystemen und erhöhten Wasserpreisen ist nun für die RWE unmöglich geworden. Höchste Zeit für den Essener Konzern, die Wassersparte zu verkaufen!

Horst Blume

Der Die Das Letzte

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Hamms Störfall-Verharmloser sind immer noch unermüdlich aktiv. Der THTR-Sicherheitsverantwortliche aus dem Jahre 1986, Ivar Kalinowski, wechselte 1991 bezeichnenderweise in eben jenes Bundesamt für Strahlenschutz, das die THTR-Castorlagerung in Ahaus so großzügig genehmigte. Wie die Zeitung "atw" in der Novemberausgabe 2005 meldete, arbeitete Kalinowski auf der Jahrestagung Kerntechnik in der Fachsitzung "Aktuelle Entwicklungen zur Sicherung von Know-how und Kompetenz in der Kerntechnik" mit. Hier hielt er seinen Vortrag "Gremienarbeit – ein Beitrag zum Know-how-Erhalt". Die möglichst innige Durchdringung und Verzahnung der Interessen von Herstellern und Betreibern nuklearer Anlagen sowie Behörden und Kontrollorganen könnte sicherlich von niemand Anderem so kompetent dargestellt werden als von ihm selbst.

Horst Blume

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