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Die THTR-Rundbriefe aus 2004

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THTR Rundbrief Nr. 95 Dez. 2004


Das FZ Jülich ist immer mit dabei!

Das atomare Dreieck: Deutschland, Südafrika und Pakistan

"Die Bundesrepublik Deutschland leistete von Anfang an energischsten Widerstand gegen intensive Inspektionsmaßnahmen, wie sie vor allem Washington durchsetzen wollte."

schrieb Robert Jungk 1977 in seinem Buch "Der Atomstaat" über die Haltung der Bundesrepublik zum ab 1965 angestrebten Atomsperrvertrag.

Nein, ich werde jetzt nicht damit anfangen, mich langatmig über jene Wissenschaftler auszulassen, die bereits zur Zeit des Faschismus an führender Stelle an der Atomenergie forschten, um in den 50er und 60er Jahren unter dem Atomminister Franz Josef Strauß weiterzumachen. Ich werde nicht näher auf den, in Leiden (Holland), rechtskräftig verurteilten SS-Obersturmbannführer Alfred Boettcher eingehen, der 1960 bis 1966 Direktor des Kernforschungszentrums Jülich wurde und für die Verbindungen nach Südafrika und Brasilien zuständig war. Auch nicht auf den NSDAP-Leiter Wilhelm Groth, der vor 1945 unter den Nazis an der Atombombe forschte, um nach dem Krieg in Jülich weiterzumachen.

Leukämie in Geesthacht

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Und letztendlich werde ich nur kurz bei Erich Bagge und Erich Diebner innehalten, die ebenfalls für das Dritte Reich Atomwaffenforschung betrieben, um 1954 das Atomforschungszentrum Geesthacht zu gründen und an der deutschen Atom- und Wasserstoffbombe weiterforschten. Die jahrzehntelange zivil-militärische Forschung dieser "Gesellschaft zur Kernenergieverwertung in Schiffbau und Schiffahrt" (GKSS) direkt neben dem Atomkraftwerk Krümmel hat allerdings Auswirkungen bis heute. Durch geheim gehaltene "kerntechnische Sonderexperimente" auf dem GKSS-Gelände ist es im September 1986 zu einem vertuschten Störfall gekommen, was nach vierjähriger Latenzzeit zu der weltweit einmaligen Häufung von Blutkrebs in dieser Region führte. Die Behörden und Forscher leugnen den Atomunfall und die Forschung an den Mini-Atomwaffen. Die seit 1992 bestehende Untersuchungskommission hat sich zerstritten, sechs der acht Wissenschaftler sind nach einem Eklat aus Protest gegen die Vertuschungsversuche der Landesregierung Schleswig-Holstein und der beteiligten Forschungszentren Jülich und Karlsruhe zurückgetreten. Prof. Wassermann, Vorsitzender der Kommission, richtete in diesem Zusammenhang heftige Vorwürfe an die Adresse der Grünen: "In Kiel haben sich vor allem die Staatssekretäre der Grünen, Wilfried Voigt und Heriette Berg, seit Jahren dafür stark gemacht, die lästige Leukämie-Kommission loszuwerden" (Junge Welt - 04.11.2004).   In der Umgebung von Geesthacht hatte man in Bodenproben mit dem Auge kaum sichtbare radioaktive PAC-Kleinstkügelchen gefunden. Genau jene, die in dem 1989 stillgelegten Thorium Hochtemperaturreaktor (THTR) Hamm-Uentrop für die Brennelemente benutzt und in den berüchtigten Hanauer Atombetrieben hergestellt wurden. Auch dort fanden Forscher nur wenige hundert Meter entfernt diese PAC-Kügelchen in der Gartenerde. Das faschistische Atombombenprojekt sorgt – weitergeführt im demokratischen Deutschland – auch heute noch für jede Menge Zündstoff und was viel schlimmer ist, für Strahlentote! 

Weitere Informationen befinden sich in den THTR-Rundbriefen Nr. 82 und 83.

Urangate bei Urenco und Jülich

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Ebenfalls zur Zeit des Faschismus wurde in Deutschland mit der Entwicklung von Gaszentrifugen zur Urananreicherung begonnen. Durch die Hintereinanderschaltung mehrerer Zentrifugen sollte das Uran so stark angereichert werden, dass der Bau einer Atombombe möglich würde. Die Nazis kamen nicht mehr dazu, diese Bombe einzusetzen. Aber ihre Wissenschaftler arbeiteten in Deutschland und den Niederlanden nach dem Krieg weiter daran. Um die deutschen Ambitionen eine eigene Atombombe zu bauen unter Kontrolle zu halten und gleichzeitig die wirtschaftliche Kooperation weiterzuentwickeln, wurde in dem "Vertrag von Almelo" 1970 die deutsch-niederländisch-britische Zusammenarbeit für den Einsatz von Zentrifugeverfahren zur Urananreicherung beschlossen. Die Konzerne BNFL, UCN und Uranit gründeten hierzu den Konzern Urenco, der 1975 zunächst eine Gemeinschaftsanlage im niederländischen Almelo in Betrieb nahm. Hiergegen protestierten 1978 vierzigtausend Menschen. 1985 ging der Schwesterbetrieb im 40 km entfernten Gronau in Betrieb. An der Entwicklung der Gaszentrifuge war der bereits genannte ehemalige Nazi-Wissenschaftler Böttger beteiligt, der zum Leiter der Kernforschungsanlage Jülich aufstieg. Hier findet in Jülich bis heute die wissenschaftliche Grundlagenarbeit für Urenco im Uranit-Zweigwerk statt!

Der Khan schlägt zu!

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Die Entwicklung von Geräten zur Herstellung des Grundstoffes zum Atombombenbau zog mehrere ausländische Interessenten an, die auch sogleich bedient wurden. 1972 schloss Pakistan mit der Bundesrepublik das Abkommen über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit ab. Nicht nur das Kernforschungszentrum Karlsruhe bildete pakistanische Atomforscher aus, sondern in der deutsch-niederländisch-britischen Gemeinschaftsanlage Urenco konnten sie sich einen umfassenden Einblick in Baupläne und Listen der Lieferfirmen verschaffen. Der spätere "Vater der pakistanischen Atombombe" und gefeierte nationalistische "Volksheld" Abdul Quadeer Khan besorgte sich hier zwischen 1972 und 1975 alle Informationen für die Herstellung nuklearen Materials, das in Zukunft die Welt unsicher machen sollte. Noch in den 80er Jahren arbeiteten in den Kernforschungsanlagen in Jülich und Karlsruhe 55 pakistanische Wissenschaftler, fand Gerhard Piper von BITS heraus (sein Artikel über Pakistans Nukleararsenal aus ami 11/2001 kann auf unserer Homepage (aktuelles) eingesehen werden). Khan selbst studierte in den sechziger Jahren in Berlin und im niederländischen Delft Metallurgie, bevor er dann bei Urenco einstieg. Aus dieser Zeit resultiert seine intime Kenntnis der ca. siebzig deutschen Rüstungsfirmen, die später UAA-Komponenten nach Pakistan lieferten. Die Gaszentrifugen der Urenco konnten auf diese Weise nachgebaut werden und legten damit den Grundstein für die pakistanische Atombombe.

Zwei Jahre nach dem Beginn der deutsch-pakistanischen Kooperation schlossen 1974 die Kernforschungszentren Jülich und Karlsruhe Kooperationsabkommen mit Indien ab. Die gleichzeitige Belieferung zweier rivalisierender, extrem verfeindeter Regionalmächte mit Atom-know how und Atomtechnologie heizte die Spannungen zusätzlich an.

Der Urenco-Zögling Khan stieg in Pakistan zum Chef der Atomlaboratorien auf. Das dortige Atomzentrum wurde nach ihm benannt. In den 80er und 90er Jahren betrieb Khan einen "nuklearen Supermarkt", der die Akten der westlichen Untersuchungskommissionen sprunghaft anschwellen ließ.

Khan selbst räumte ein, Iran, Nordkorea und Libyen mit Zeichnungen und Anlagen für den Atombombenbau versorgt zu haben. Irak und Südafrika wurden in diesem Zusammenhang ebenfalls genannt. Als gesichert gilt, dass Saudi-Arabien das Atomprogramm in Pakistan zu einem erheblichen Teil finanziert hat.

UAA-Gefahren – schwer zu begreifen?

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Urenco als nukleare Keimzelle für die weltweite Atomwaffenproduktion will demnächst die Kapazitäten in Gronau von bisher 1.800 t auf 4.500 t Urantrennarbeit ausweiten. Dann könnten über Deutschland hinaus insgesamt etwa 35 Atomkraftwerke versorgt werden und es kommt zu Hunderten von Transporten mit hochangereichertem Uran jährlich – noch mehr als bisher schon! Während das nur 17 Kilometer von Gronau entfernte Brennelemente-Zwischenlager (BEZ) Ahaus zu einem der wichtigsten Kristallisationspunkte des Atom-Widerstandes wurde, wird die UAA im Bewusstsein vieler Umweltschützer kaum wahrgenommen. In Zusammenhängen zu denken, fällt offensichtlich großen Teilen der Umweltbewegung sehr schwer. Vielleicht wird sich das erst dann ändern, wenn ein Urenco-Zentrifugenabkömmling als Atombombe tatsächlich zum Einsatz kommt. Erstaunt wird dann die öffentliche Meinung feststellen, dass der Ausgangspunkt der Katastrophe im holländisch-westfälischen Grenzgebiet liegt und dass der Bösewicht Bin Laden jetzt Abdul Qadeer Khan heißt. Denn die Geschichte ist noch nicht zu Ende.

Das atomare Dreieck

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Nach der Wandlung Ghaddafis vom Paria zum Freund des Westens gab Libyen den Kontrolleuren der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) teilweise sein Wissen preis, woher es in der Vergangenheit das Atombomben-know how erhalten hatte. Die Spur führte nicht nur zum unvermeidlichen Abdul Qadeer Khan, sondern auch diesmal wieder nach Deutschland und Südafrika. Nach dem Ende des Apartheidregimes 1993 sahen sich die am südafrikanischen Atomprogramm beteiligten Wissenschaftler und Firmeninhaber nach neuen Wirkungsmöglichkeiten um und arbeiteten mit Khan zusammen, der mit einer Südafrikanerin verheiratet ist. Diese Mitglieder des Atomschmuggelringes haben größtenteils die deutsche und schweizerische Staatsbürgerschaft und arbeiten mit Hunderten von Firmen in mehr als 20 Staaten zusammen.

Die seit Monaten ermittelnden Staatsanwälte in Deutschland, der Schweiz und in Südafrika sind vom Ausmaß des Skandals überrascht und haben bereits einige Ingenieure und Firmenmitarbeiter verhaften lassen. Ein Schlüsselprojekt ist die südafrikanische Urananreicherungsanlage Pelindaba, die nach deutschem Vorbild gebaut wurde. Die IAEO ist alarmiert. Sie spricht von einem "veritablen Supermarkt" für alle Arten von Nuklearwaffen und hält inzwischen Terroranschläge mit Atomwaffen für eine "echte und unmittelbare Bedrohung"!

Nicht nur die Beziehungen Khans und des pakistanischen Militärs zu islamistischen Kreisen werden seit dem 11. 9. 2001 kritisch gesehen, auch die 200.000 südafrikanischen Muslime gerieten mittlerweile unter Generalverdacht. Nachdem zwei von ihnen Anschlagpläne auf südafrikanische Einrichtungen und Beziehungen zu Al Quaida zur Last gelegt wurden, überschlugen sich die Medien mit Berichten hierüber. Al Quaida-Aussteiger Jamal Ahmed al-Fadl gab vor US-Behörden zu, dass er beauftragt wurde, nukleares Material in Südafrika zu kaufen. Zur Zeit läuft in Kapstadt das Genehmigungsverfahren für den geplanten, mit Jülicher Hilfe entwickelten Hochtemperaturreaktor, der hier Pebble Bed Modular Reactor (PBMR)

genannt wird. Diesen Prototyp will Südafrika speziell so entwickeln, dass er sich trotz hohem Proliferationsrisiko zum Export in Schwellenländer eignet. Da bisher in der Nachapartheidsära die Kontrollmechanismen im nuklearen Bereich völlig versagt haben, ist auch bei dem geplanten Bau eines neuen Hochtemperaturreaktors (HTR) das Schlimmste zu befürchten.

Joschka Fischer, der sich bei jeder Gelegenheit in den Medien mit Äußerungen zum Atomprogramm des Bösewichts Iran profiliert, schweigt zur deutschen Beteiligung an dem internationalen Atomschmuggel. Die rotgrüne NRW-Landesregierung unternimmt nicht das Allergeringste gegen die UAA in Gronau und damit nichts gegen die Fortsetzung einer verhängnisvollen Entwicklung, die vor vielen Jahrzehnten in Deutschland ihren Ausgangspunkt nahm. Im NRW-Landtagswahlkampf sollten wir in den nächsten Monaten darauf aufmerksam machen. Und auch darauf, dass die radioaktiven PAC-Kügelchen inzwischen im Forschungszentrum Karlsruhe und in Frankreich wieder hergestellt werden. Und zwar in Zusammenarbeit mit dem Konzern AREVA, der den HTR nach Südafrika liefern soll. Das alles ist das Gegenteil von Ausstieg.

Horst Blume

Die englischsprachige, 67seitige und sehr informative Broschüre "Uranium Road. Questioning South Africa´s Nuclear Direktion" von David Fig ist einsehbar auf der Homepage www.boell.org.za

Der Nuklear-Supermarkt des Dr. Khan

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Am 22.10.2004 recherchierte der Journalist Johannes Dietrich in Johannisburg in der "Frankfurter Rundschau" weitere Einzelheiten:

"Dass deutsche Unternehmen dem Apartheidregime bei seinem Atomprogramm geholfen haben, ist schon länger bekannt. Und dass die Firma Leybold Heraeus über Gerhard W. (Wisser; THTR-Rundbrief) zum Beispiel Vakuumpumpen ans Kap der Guten Hoffnung lieferte, daraus macht selbst der sonst so verschwiegene ehemalige Pelindaba-Chef Waldo Stumpf kein Geheimnis. In dem in den Hügeln außerhalb Pretorias versteckten Pelindaba (Zulu für: Schweig) betrieb das Apartheidregime einst eine Urananreicherungsanlage nach deutschem Vorbild, die den strahlenden Rohstoff für sieben Atombomben lieferte.

Als sich Anfang der 90er Jahre der Bankrott der weißen Minderheitenherrschaft abzeichnete, mottete die südafrikanische Regierung ihr Atomprogramm ein und ließ die Bomben zerlegen. Nicht aus dem Verkehr gezogen werden konnten Pretorias Helfershelfer, die an dem Programm beteiligt waren: Sie sind heute ein Problem, das in den Geheimdienstzentralen der westlichen Welt Alarmglocken schrillen lässt.

`Plötzlich werden diese Leute mit ihren einschlägigen Verbindungen arbeitslos`, weiß der südafrikanische Militärexperte Helmoed-Römer Heitmann:’Es war nur eine Frage der Zeit, bis jemand auf diese Expertise zurückgreifen würde.’ Dieser Jemand hieß Abdul Qadeer Khan und wurde weltweit als ‘Vater der pakistanischen Atombombe’ bekannt. Nachdem der unter anderem in Deutschland ausgebildete Wissenschaftler Pakistan zum Bau der Atombombe verholfen hatte, machte er sich selbstständig und flocht ein internationales Netzwerk, das zahlungswilligen Kunden zur Nukleartechnologie verhalf – egal, ob die Anfragen nun aus Teheran, Pjöngjang oder Tripolis kamen. Der Chef der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO), Mohammed el Baradei, nennt Khans Netzwerk einen ‘veritablen Supermarkt’ für alle Arten von Nuklearwaffen; und ein US-Regierungsbeamter verglich Khans Einfluss auf die Weltsicherheit des 21. Jahrhunderts mit dem Stalins oder Hitlers auf das vorige Jahrhundert.

Die gegen ihren Mandanten erhobenen Vorwürfe seien ‘äußerst gravierend’, räumt die Johannisburger Anwältin von Gerhard W., Claudia Privato, ein. Und der Deutsch-Südafrikaner ist nicht allein: Die Karlsruher Bundesanwaltschaft geht von einem regelrechten atomaren Dreieck zwischen Deutschland, der Schweiz und Südafrika aus. Mit dem Krisch-Direktor wurde Anfang September dessen langjähriger Mitarbeiter verhaftet, der Schweizer Daniel G. (Geiges; THTR-Rundbrief). Gleichzeitig untersuchten Schweizer Polizeibeamte die Wohnung von Ex Leybold-Manager Gotthard L. (Lerch; THTR-Rundbrief). Der Deutsche war bereits von einem Diplomaten als ‘entscheidender Spieler’ im internationalen Atomschmuggel bezeichnet worden. In Südafrika nahm die Polizei auch den Ingenieur und Unternehmer Johan M. (Meyer; THTR-Rundbrief) fest, und schließlich arrestierten BKA-Beamte jüngst in Hessen den Schweizer Urs T.. Alle Festgenommenen sollen alte Verbindungen zu Atomprogrammen, vor allem dem südafrikanischen, unterhalten haben und im Dunstkreis von Khans Supermarkt wirken.

Konkret wird Gerhard W. und Daniel G. vorgeworfen, sie hätten in Südafrika Teile einer für Libyen bestimmten Urananreicherungsanlage fertigen lassen. Zu diesem Zweck hatte sich die Firma Trade Fin in Vanderbijlpark bei Johannisburg eine computergesteuerte Drehbank aus den USA kommen lassen, die Zylinder für Gaszentrifugen und hochpräzise Rohrleitungen herstellen kann – beides wesentliche Bestandteile einer aus Hunderten von hintereinander geschalteten Gaszentrifugen bestehenden Urananreicherungsanlage.

(...) Weil der sanktionsgebeutelte Revolutionsführer ohnehin einen Ausweg aus internationaler Isolation suchte, entschied er sich vor knapp einem Jahr überraschend, die Existenz eines lybischen Atomprogramms zuzugeben und IAEO-Kontrolleure zur Abwicklung desselben nach Tripolis einzuladen. Zuvor hatte der Oberst dem US-Auslandsgeheimdienst CIA schon seine Hintermänner verraten: Auf diese Weise konnte das unter deutscher Flagge fahrende und mit Gaszentrifugen für eine Urananreicherungsanlage beladene Containerschiff ‘BBC China’ auf dem Weg nach Libyen gestoppt werden.

Damit nicht genug. Im Verlauf seiner Metamorphose vom Paria zum Freund des Westens, die zuletzt im Libyen-Besuch von Bundeskanzler Gerhard Schröder gipfelte, ließ Ghaddafi den IAEO-Kontrolleuren auch aus Pakistan erworbene Dokumente zukommen, darunter Pläne für den Bau eines Nuklear-Sprengkopfes, der eine Metropole in Schutt und Asche legen konnte. Ghaddafi war es auch, der die westlichen Geheimdienste auf die Spur von Supermarkt-Manager Khan brachte: Als Folge wurde in Malaysia der srilankische Geschäftsmann Buhary Seyed Abu Tahir, eine Schlüsselfigur im Khanschen Netzwerk, festgenommen. Tahir packte offenbar aus und stieß die Ermittler auf das deutsch-schweizerisch-südafrikanische Atomdreieck. Gerhard W., der ansonsten leugnet, mit dem Khan-Netzwerk in Beziehung zu stehen, gab zu, dass er Tahir bei einem Dinner kennen lernte. Es habe sich allerdings um eine sehr flüchtige Bekanntschaft gehandelt, erklärt W.´s Anwältin Privato. Kein Geheimnis macht die Juristin daraus, dass sowohl Gerhard W. als auch Daniel G. und Johan M. einst für das Atomprogramm in Pelindaba arbeiteten: ‘Das war wie eine Familie, die in rechtmäßige Geschäfte verwickelt war, die man nicht verstecken muss.’ Wie viele bislang unbekannte Familienmitglieder noch im Khan-Netzwerk beteiligt sein sollen, darüber hüllen sich die Strafverfolgungsbehörden in Deutschland wie in Südafrika in Schweigen. ‘Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren’, heißt es in Karlsruhe. Geheimdienstmitarbeiter gehen davon aus, dass deutsche Technologie ihren Weg nicht nur nach Tripolis, sondern auch nach Pjöngjang und Teheran gefunden hat. ‘Eine gruselige Vorstellung’, seufzt ein Diplomat."

Internationale HTR-Konferenzen im Monatsrhytmus!

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Nachdem im September 2004 eine große HTR-Tagung in Peking stattgefunden hat (siehe THTR-RB Nr. 93) finden internationale Tagungen mittlerweile im Monatsrhytmus statt, wie die internationale Atomenergiebehörde mitteilte. Dies unterstreicht, wie wichtig für die Atomindustrie diese Reaktorlinie geworden ist. Hier die Termine im Einzelnen:

  • 18. bis 22. Oktober: Zweites Forschungskoordinationstreffen "Fortschritte in der HTGR (High-Temperature Gas-Cooled Reactor) -Brennstofftechnologie". Wien, Österreich
  • 6. bis 10. Dezember: Fünftes Forschungskoordinationstreffen "Berechnung der HTGR-Leistungsfähigkeit". Kapstadt, Südafrika
  • 17. bis 19. Januar 2005: 19. HTRG-Treffen. Manchester, Großbritannien

"Wir leben noch"

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... sagten die beiden Ingenieure dem Hofberichterstatter des WA am 06.11.2004 bei seinem Besuch im stillgelegten THTR in Hamm-Uentrop. Und noch etwas: "Im Spannbetonbehälter, dem eigentlichen Kern des Atomreaktors, befindet sich noch radioaktiver Staub, Gries und Abrieb, den wir bei der Stilllegung nicht ohne weiteres entfernen konnten." Für die Sicherheit wird hier alles getan: "22 Systeme sind im ‚Sicheren Einschluss‘ noch in Betrieb, die ausschließlich der Kontrolle dienen. 180 Werte werden ständig überwacht, Zustandsmeldungen protokolliert: Strahlung, Feuchtigkeit, Lüftung. 150 zusätzliche Prüfungen müssen Reisch und Thomas jährlich durchführen, viele nur in Begleitung des TÜV. ‚Alle sechs Jahre müssen wir beispielsweise den fünf Meter dicken Beton, der den Reaktor umgibt und ihn vor Anschlägen schützt, überprüfen‘, sagt Reisch." Autobahnbrücken werden seltener kontrolliert, ist er beleidigt. Die strahlen aber nicht so stark wie ein Atomkraftwerk. Auf die Idee, sich bei Umweltschützern zu informieren ist der "Journalist" nicht gekommen. Und darüber, wie teuer die ganze Stilllegung ist, schreibt er kein Wort.

THTR-Kosten: Eine unendliche Geschichte!

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Die Kosten des THTR's sind ein weites Feld. In der NRW-Landtagsdebatte vom 11.11.1993 gingen die Parlamentarier von 6 Milliarden DM Baukosten aus. Die Fernsehsendung WISO am 16.08.1994 gab die Kosten bis zum Jahre 1994 mit 6,7 Milliarden DM an.

Die HKG (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) gibt auf ihrer Homepage die THTR-Projektkosten bis zum Juni 1987 mit 2.045 Millionen Euro an und die Kosten für Stillegung und sicheren Einschluss bis Dezember 2009 mit zusätzlich 425 Millionen Euro an. An dem Bau hat sich die HKG nach ihren eigenen Angaben nur mit ganzen 167 Millionen Euro beteiligt, das sind weniger als neun Prozent vom Gesamtvolumen. Den Rest durfte der Steuerzahler bezahlen.

Nun haben sich Gerd Jäger (VGB und RWE) und Michael Weis (VGB) in der Zeitung Atomwirtschaft (atw 1, 2004) darangemacht, die Forschungsförderung für die Atomenergieförderung von 1956 bis 2002 klein zurechnen. Denn: "Über die Forschungsförderung der öffentlichen Hand für die Entwicklung der Kernenergie zur Stromerzeugung sind in der Vergangenheit unterschiedliche, zum Teil extrem hohe Zahlen verbreitet worden, die zudem als ‘Subventionen’ interpretiert wurden." – Wie abwegig! In der Tabelle 1 wird die "Forschungsförderung Kernenergie und Kernfusion 1956 bis 2002 differenziert nach Einzelthemen":

"Arbeiten zu Energieerzeugungsarten, mit denen heute in Deutschland (noch) kein Strom erzeugt wird. Schneller Brüter 3.57 Mrd. Euro, Hochtemperatur-Reaktor 2.39 Mrd. Euro, Kernfusion 2.46 Mrd. Euro." Hierbei handelt es sich wohlgemerkt lediglich um Aufwendungen des deutschen Staates für Forschung und Entwicklung (F+E-Mittel). Die Stilllegungskosten sind also nicht mit drin. Zur HTR-Förderung gehören neben dem THTR auch die Kosten für den AVR der Kernforschungsanlage Jülich. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass selbst die Atomfreunde in dieser Untersuchung zu dem Ergebnis kommen, dass in der Zeit seit 1974 insgesamt lächerliche 3,8 Milliarden Euro für die Erforschung und Entwicklung regenerativer Energieträger aufgebracht wurden, für die Atomkraft insgesamt 15,85 Milliarden Euro.

Die HTR-Förderung beschränkte sich nicht allein auf den deutschen Staat. Bekanntlich forschte der schwedisch-schweizerische Konzern Asea Brown Boveri (ABB) mit seiner Tochter "HTR-GmbH" (Mannheim) an dem HTR 500 und später an dem Projekt "HTR-Modul und nukleare Prozesswärme" bis mindestens 1992.

Und was lag da nicht näher, als auch beim Schweizer Steuerzahler die Hand aufzuhalten? Die Berner Zeitung (BZ) berichtete am 12.06.1986: "Von 1973 bis 1982 steckte der Bund 79,5 Millionen Franken in das deutsch-schweizerische HTR-Programm, weitere 15 Millionen Franken direkte Bundesgelder sollen bis 1988 für die Planung einer HTR-Demonstrationsanlage mit 500 MW elektrischer Leistung eingebracht werden." Diesen Einsatz für die HTR-Linie konnte dann nur noch die schweizerische Spezialfirma Colenco toppen, die sich 1990 standhaft weigerte, den THTR in Hamm abzubauen, da dieser so "umweltfreundlich" und "sicherheitstechnisch unbedenklich" sei (Bonner Energiereport, 18.06.1990).

Das Thema Kosten des THTR wird uns sicherlich nicht zum letzten Mal beschäftigen. Bis 2009 sind jährlich über 3 Millionen Euro Stilllegungskosten im NRW-Haushalt eingeplant. Und dann??

Renaissance des Wunschdenkens

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"Vor allem in der EU sind praktisch keine neuen AKW geplant" zitierte das "Neue Deutschland" am 08.12.2004 eine Studie, die von den EU-Grünen in Auftrag gegeben wurde. Eine groteske Fehleinschätzung, wenn sie denn eine wäre. Wahrscheinlich soll hiermit eher die rotgrüne Atompolitik schöngeredet werden. In einem am 15. 12. abgedruckten Leserbrief machte Horst Blume deutlich, dass die Antwort der EU-Kommission auf die von ihm mitinitiierte grüne Anfrage vom 01.10. zur Förderung der HTR-Technologie genau das Gegenteil aussagt. Lesen die grünen Gutachter noch nicht einmal den hochoffiziellen Schriftverkehr ihrer eigenen Fraktion?

Laurenz Meyer; Teil 17

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"Gegenüber dem Stadtanzeiger reagierte Laurenz Meyer genervt" schrieb dasselbige am 12.12.2004. Laurenz, der Lohntüten-König, wie ihn die TAZ nannte, ist mit 23.243,67 Euro monatlich (!) offensichtlich so bedürftig, dass ihm sein ehemaliger Arbeitgeber RWE Power AG mit billigem Strom unter die Arme greift. Ein "geldwerter Vorteil von rund 1400 Euro" und außerdem ein Darlehen für den Hausbau, denn schließlich muss er ja irgendwo wohnen. Laurenz´ Sprachrohr, der WA (Westfälischer Anzeiger), entschuldigt ihn eilfertig: "Er hat seine Verbundenheit zum RWE-Konzern nie verschwiegen." Ab 2006 muss Meyer im Falle eines CDU-Wahlsieges der Atomindustrie in politischer Münze alles zurückzahlen: Dann wird der HTR noch stärker gefördert, als unter Rotgrün schon!

Weitere Episoden dieser beliebten Serie in älteren Ausgaben: THTR-Rundbrief Nr. 87


Kleine Presseschau: In der "Graswurzelrevolution" vom November (Nr. 293) erschien der Artikel "EU will HTR´s bauen" und auf der Homepage www.graswurzel.net steht der Artikel aus dem RB Nr. 94 "’Kompetenzverbund Kerntechnik’ forscht weiter an HTR´s". Der Rücktritt der Expertenkommission zu den Leukämiefällen bei Geesthacht hat zu einer unüberschaubaren Menge von Artikeln geführt, in denen immer wieder auch auf den THTR hingewiesen wurde. Einige sind auf unserer Homepage nachzulesen (aktuelles).

Quellen:

  • *Detlef zum Winkel: Geesthacht, Hanau, Leukämie, "Konkret", 12/ 2004
  • *Sebastian Pflugbeil (Interview): Da wurde wohl an einer A-Bombe gebaut, Junge Welt, 3. 11. 2004
  • *Reimar Paul: Ein mysteriöser Brand, Junge Welt 3. 11. 2004
  • Steffen Schmidt: Leukämie durch Atomunfall?, Neues Deutschland, 2. 11. 2004
  • Christopher Schrader und Martin Urban: Labor bestreitet verbotene Atom-Experimente, Süddeutsche Zeitung 3. 11. 2004
  • Wor (Kommentar): Mutmaßungen über Geesthacht, Süddeutsche Zeitung 3. 11. 2004
  • *Otmar Wassermann (Interview): Vor allem die Grünen wollten die Leukämie-Diskussion loswerden, Junge Welt, 4. 11. 2004
  • Reinhard/aaa: GKSS-Forschungszentrum, anti atom aktuell, Dez. 2002, Nr. 136
  • Süddeutsche Zeitung: Der Atom-Schwarzmarkt, SZ, 2. 1. 2004
  • Timm Krägenow: Nachschub für Kernspalter (Urenco...), Greenpeace Magazin, 4/1999
  • Bernard Imhasly: Umtriebiger "Vater der islamischen Bombe", TAZ, 24. 12. 2003
  • Belanna Bashir: Atommacht in Wartestellung (Pakistan/Deutschland), Jungle World, 3. 6. 1998
  • Chistina Hacker: Der Atom-Schwarzmarkt floriert, Umweltnachrichten, April 2004,
  • Thomas Klein: Atomwaffenprogramme waren "made in Germany", Friedens-Forum, Febr. 2002,
  • Thomas Klein: Atomtechnik aus Germany (Indien, Pakistan), Junge Welt, 2. 1. 2002
  • *Gerhard Piper/BITS: Pakistans Nuklearpotential: Umfang und Sicherheitsprobleme (umfassende Darstellung, 10 Seiten), antimilitarismus-Information, ami 11/2001,
  • Urenco Deutschland: Unternehmensgeschichte,
  • *Wolfgang Kötter: Das Fenster der Verwundbarkeit ist weit aufgestoßen (Nuklear-Terrorismus), "Freitag", 3. 12. 2004
  • AFP/ND: IAEA warnt vor nuklearem Terror, Neues Deutschland, 9. 11. 2004
  • AFP/ND: Al Quaida mit schmutziger Atombombe? Neues Deutschland, 25. 11. 2004
  • Nbu/FAZ: Iran will 24 Zentrifugen in Betrieb halten (Khan...), FAZ, 25. 11. 2004
  • Ulrich Ladurner: Die Mullahs und die Bombe, Die Zeit, 11. 11. 2004
  • Job/FAZ: Ein Atomkraftwerk für Pakistan, FAZ, 5. 12. 2003
  • Joachim Krause (Interview): Pakistans Atombombe nach deutscher Bauart? Junge Welt, 13. 2. 2004
  • Rainer Rupp: Musharraf an der Leine Washingtons, Vorgehen gegen Nuklearphysiker Khan stößt in Bevölkerung auf breite Proteste, Junge Welt, 4. 2. 2004
  • René Heilig: Kopfgeldabzug für Terror-Oberhaupt, Pakistan: Mutmaßlicher Top-Al-Qaida-Mann verhaftet, Neues Deutschland, 31. 7. 2004
  • *Johannes Dieterich: Das atomare Dreieck (Deutsche, Schweizer und Südafrikaner sollen mit dem Nukleartechnologie-Makler Khan in Verbindung stehen, Frankfurter Rundschau, 22. 10. 2004
  • *Roswitha Reich: Die Spuren führen nach Johannesburg (BRD, Südafrika...), Junge Welt, 20. 10. 2004
  • * Hanna Ndlovu (Pretoria): Al Qaida in Kapstadt, Angeblich Anschläge in Südafrika geplant, Neues Deutschland, 7. 8. 2004
  • *Hanna Ndlovu: Atomsyndikat in Südafrika aufgedeckt, Festnahmen auch in Deutschland und USA, Neues Deutschland, 7. 9. 2004
  • *Hanna Ndlovu: Deutsche Spur im Atomskandal, Neue Festnahmen in Südafrika, Neues Deutschland, 11. 9. 2004
  • Hans Leyendecker: Verhaftung wegen Atomgeschäfts (BRD, Khan, Libyen...), FAZ, 17. 11. 2004
  • Udo Buchholz: Wurzeln der Atomtechnik (UAA/Urenco...), aaa, Dez. 1999, Nr. 107
  • aaa: Urenco auf dem Weltmarkt, aaa, März 2003, Nr. 139
  • Markus Pettrup: Uran: Der Stoff aus dem die Machtträume sind, aaa, Nov. 2000, Nr. 115
  • Xanthe Hall, IPPNW: Atomkraft und die Bombe sind eins, aaa, Dez. 2001, Nr. 126
  • "Urangate. Verschiebe- und Bestechungsskandal in der Atomindustrie", 80 Seiten, Verlag Die Werkstatt Göttingen, ca. 1991 (auch ausführlich zu Pakistan, Khan usw....)
  • Atom (Atomexpress & Atommüllzeitung): Urananreicherung, ein Weg zur Bombe (zu Jülich, Pakistan, Khan usw...), Mai/Juni 1985 (!)
  • Holger Strohm: Friedlich in die Katastrophe, Verlag Zweitausendeins, 1981
  • Robert Jungk: Der Atomstaat, Kindler, 1977
  • Bernd Moldenhauer: Die Atomindustrie in der BRD, Blätter für deutsche und internationale Politik, 10/1975

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