Newsletter XLIV 2025

26. Oktober bis 1. November

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Aktuelles+ Hintergrundwissen

Radioaktivität kumuliert; das bedeutet, radioaktive Partikel reichern sich im lebenden Organismus immer weiter an und mit der Zeit können ähnliche Schäden auftreten, wie bei einer kurzzeitig einwirkenden, massiven Strahlenbelastung ...

Die PDF-Datei "Nuclear Power Accidents" enthält eine Reihe weiterer Vorfälle aus verschiedenen Bereichen der Atomindustrie. Einige der Ereignisse wurden nie über offizielle Kanäle veröffentlicht, so dass diese Informationen der Öffentlichkeit nur auf Umwegen zugänglich gemacht werden konnten. Die Liste der Zwischenfälle in der PDF-Datei ist daher nicht zu 100% identisch mit "INES und die Störungen in kerntechnischen Anlagen", sondern stellt eine Ergänzung dar.

 

1. Oktober 1981 (INES 3 NAMS 1,3) Atomfabrik Windscale/Sellafield, GBR

3. Oktober 1986 (Broken Arrow) U-Boot-Unglücke, K-219 sank östl. Bermuda

3. Oktober 1952 ("Hurricane" 1. Britischer Atomtest) Trimouille Island, AUS

5. Oktober 1966 (INES 4) Experimenteller Brutreaktor Enrico-Fermi-1, Mi, USA

7. Oktober 1957 (INES 5 NAMS 4,6) Atomfabrik Windscale/Sellafield, GBR

9. Oktober 2006 (Nordkoreas 1. Atombombentest) Punggye-ri, PRK

12. Oktober 1969 (INES 4) Atomfabrik Windscale/Sellafield, GBR

15. Oktober 1958 (INES 4) Forschungsreaktor am Boris Kidrič Institut, Vinca, SRB

16. Oktober 1964 (Chinas 1. Nukleartest) Lop Nor, Xinjiang, CHN

17. Oktober 1969 (INES 4) Akw Saint-Laurent, FRA

18. Oktober 2011 (INES Klass.?) Akw Karachi, PAK

19. Oktober 1989 (INES 1) Akw Vandellòs, ESP

30. Oktober 1961 ("Zar-Bombe" H-Bombe mit 50-57 MT) Nowaja Semlja, UdSSR

31. Oktober 1952 ("Ivy Mike" H-Bombe mit 10,4 MT) Eniwetok, MHL

 

Wir sind immer auf der Suche nach aktuellen Informationen. Wer helfen kann, sende bitte eine Nachricht an:
nukleare-welt@reaktorpleite.de

 


1. November


 

Vereinigte Staaten | Don Trumpl | Westinghouse | Reaktorbau

Atomkraft: USA schließen 80-Milliarden-Abkommen mit Westinghouse für Reaktorbau

Don Trumpl sagt heute dies und morgen das Gegenteil, und er tut alles, um die Situation für alle anderen zu verschlimmern ...Die Trump-Regierung will massiv in neue Atomreaktoren investieren. Doch Kritiker befürchten Sicherheitsrisiken durch finanzielle Anreize.

US-Präsident Donald Trump gilt als ein Fan der Atomenergie. Jetzt hat seine Regierung ein Abkommen über mindestens 80 Milliarden US-Dollar mit Westinghouse Electric geschlossen, um den Bau neuer Kernreaktoren zu finanzieren.

Die Vereinbarung soll die heimische Atomindustrie wiederbeleben und den stark gestiegenen Strombedarf durch Rechenzentren für künstliche Intelligenz decken. Doch Sicherheitsexperten warnen vor möglichen Risiken, berichtet Reuters.

Regierung als Erstabnehmer und Gewinnbeteiligte

Westinghouse Electric gehört zu 49 Prozent dem kanadischen Unternehmen Cameco und zu 51 Prozent Brookfield Asset Management und Brookfield Renewable Partners.

Die US-Regierung arrangiert die Finanzierung für den Bau, unterstützt bei Genehmigungen und fungiert als Erstabnehmer für mehrere Reaktoren, erklärte Simon Maine, Sprecher von Brookfield, gegenüber Bloomberg. Damit, so die Hoffnung, sollen die Projekte kräftig angeschoben und ein schneller Start möglich werden.

Im Gegenzug erhält die Regierung 20 Prozent der Dividenden, die das Unternehmen oberhalb eines Schwellenwertes von 17,5 Milliarden US-Dollar ausschüttet. Sollte Westinghouse in den kommenden drei Jahren mindestens 30 Milliarden US-Dollar wert sein, könnte die Regierung einen Börsengang verlangen und über Optionsscheine eine Beteiligung von etwa acht Prozent erhalten, so Maine. Reuters spricht sogar von einer potenziellen Beteiligung am Unternehmen von 20 Prozent.

[...] Lehren aus gescheiterten Projekten

Das letzte Kernkraftprojekt von Westinghouse, zwei Reaktoren im Kraftwerk Vogtle in Georgia, zwang das Unternehmen 2017 zum Insolvenzschutz.

Die Reaktoren lagen etwa sieben Jahre hinter dem Zeitplan zurück und kosteten etwa 35 Milliarden US-Dollar – mehr als doppelt so viel wie ursprünglich geschätzt. Ein ähnliches Projekt in South Carolina wurde 2017 aufgegeben, nachdem die Kosten auf über 20 Milliarden US-Dollar gestiegen waren ...

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Recycling | Kreislaufwirtschaft | Duroplast

Polyurethan-Recycling: KI-Tool findet Enzym, das Müll in Rohstoff verwandelt

Der bisherige Recycling-Albtraum PU ist in Matratzen, Dämmstoffen und Schuhen vorhanden. Ein neues KI-Verfahren könnte die Wiederverwertung dieses Stoffes nun grundlegend verbessern.

Es ist ein Durchbruch mit erheblichem Potenzial für die Kreislaufwirtschaft. Ein Team von Forscher:innen aus China hat mittels künstlicher Intelligenz ein Enzym identifiziert, das die extrem stabilen Bindungen von Polyurethan (PU) aufspalten kann.

Dieser Kunststoff ist ein globales Problem. Im Jahr 2024 wurden rund 22 Millionen Tonnen davon produziert. Es steckt in fast allen Schaumstoffen, von Polstermöbeln über Dämmplatten bis zu Schuhsohlen. Weil es ein Duroplast ist – ein Kunststoff, der beim Erhitzen nicht schmilzt, sondern sich zersetzt – gilt es als extrem schwer recycelbar. Bisher wird der Abfall meist verbrannt oder landet auf Deponien.

KI findet 450-fach schnelleren Biokatalysator

Die Forscher:innen stellen ihre Ergebnisse im renommierten Fachmagazin Science vor. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einem sogenannten chemo-enzymatischen Prozess. Dabei wird ein bestehendes industrielles Verfahren, die Glykolyse, mit einem hocheffizienten Biokatalysator kombiniert.

Für diese Glykolyse wird üblicherweise die Chemikalie Diethylenglykol benötigt, allerdings bei hohen Temperaturen. Das neue Enzym, AbPURase genannt, funktioniert in dieser Mischung bereits bei moderaten 50 Grad Celsius. Unter diesen Bedingungen ist es über 450-mal aktiver als jedes zuvor bekannte natürliche Enzym.

In den Tests konnte dieser Mix über 95 Prozent eines PU-Schaumstoffs innerhalb von acht bis zwölf Stunden abbauen.

Das entscheidende Ergebnis ist jedoch das „Was“: Der Schaumstoff wird nicht einfach zersetzt, sondern in seine ursprünglichen chemischen Bausteine, die Monomere, zerlegt. Diese Monomere können direkt für die Herstellung von neuem, hochwertigem Polyurethan wiederverwendet werden. Das Enzym selbst bleibt dabei stabil genug, um mehrfach eingesetzt zu werden ...

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Treibhausgasemissionen | Energieeffizienz | Einsparpotenzial

STUDIE: Deutsche Industrie kann 40 Prozent Energie und 29 Milliarden Euro pro Jahr einsparen

Neue Studie zeigt Potenzial von Effizienzmaßnahmen

  • Erheblicher Teil der betrachteten Maßnahmen ist "marktnah" und rechnet sich bereits nach weniger als drei Jahren
  • Energieeffizienz nicht nur Thema für große Industrien, sondern birgt auch erhebliche Potenziale für Ernährungsindustrie

Eine neue Kurzstudie der Hochschule Niederrhein im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH), des Umweltinstituts München und Bellona Deutschland zeigt: Die deutsche Industrie kann 40 Prozent ihres Energiebedarfs einsparen - mit enormen Vorteilen für Wirtschaft, Staat und Klima.

Ein großer Teil der Potenziale liegt in der Prozesswärme. Elektrifizierungsmaßnahmen tragen rund 20 % zu den gesamten Wärmeeinsparungen bei. In der Ernährungsindustrie entfallen rund 20 % des wirtschaftlichen Einsparpotenzials auf Wärmepumpen. Zudem rechnen sich Maßnahmen zur Energieeffizienz innerhalb kürzester Zeit finanziell: Für Investitionen von 104 Milliarden Euro sind 29 Milliarden Euro jährliche Einsparungen möglich. Über 20 Jahre summiert sich das auf 280 Milliarden Euro - also fast das Dreifache der Kosten. Die Studie verdeutlicht darüber hinaus: Energieeffizienz ist nicht nur ein Thema für große Industrien wie Chemie oder Stahl. Auch in der Ernährungsindustrie bestehen erhebliche Potenziale, mehr als 10 Prozent des in der Studie berechneten Gesamteinsparpotenzials ...

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Klimapolitik | Hitzewelle | 1,5 Grad

Globale Hitzewelle schockt 2025 mit Rekordwerten – Klimasystem droht in neue Phase zu kippen

Nach kurzem Durchatmen zeigen Daten Rekordhitze im Herbst 2025. Experten sprechen von einer gefährlichen Klimabeschleunigung. Eine Wetter-Kolumne von Dominik Jung.

Frankfurt – Die Welt erlebt erneut Tage, die in den Temperatur-Archiven wie ein Alarmzeichen wirken. Nach einer kurzen Verschnaufpause im Jahresverlauf schnellen die globalen Temperaturen wieder auf Rekordniveau – und das mitten im Herbst. Messdaten zeigen: Oktober 2025 reiht sich als drittwärmster Monat der Geschichte ein, nur geschlagen von 2023 und 2024.

Besonders beunruhigend ist, dass diese Hitze nicht durch ein extremes El-Niño-Ereignis erklärt werden kann. Stattdessen scheint das Klimasystem einen Punkt erreicht zu haben, an dem die Erwärmung selbst in „kühlere“ Jahreszeiten durchschlägt. Die globale Anomalie kratzt erneut an der Marke von 1,75 Grad über vorindustriellen Werten. Was früher Ausreißer waren, wirkt nun wie die neue Normalität. Klimaforscher sprechen von einem System im Beschleunigungsmodus.

Hitzestau im Norden, Ozeane geben Energie zurück: Klima-Teufelskreislauf verschärft sich

Besonders der Norden kühlt nicht mehr richtig ab. Modelle zeigen, dass die Wärme im November weiter anhält – ungewöhnlich hohe Werte über Land, rekordwarme Meere, kaum Schneebildung im hohen Norden. Ein riesiger Wärmespeicher beginnt seine Energie freizusetzen: die Ozeane. Jahrzehntelang haben sie über 90 Prozent der überschüssigen Wärme aufgenommen, nun strömt ein Teil davon zurück in die Atmosphäre ...

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Sudan | Kriegsverbrechen | Vereinigte Arabische Emirate (VAE)

Golfkapital am Nil

Sudan: Kriegsverbrechen von RSF-Miliz durch Vereinigte Arabische Emirate ermöglicht

Die Lage ist dramatisch: Mehr als 2.000 Zivilisten sollen in den vergangenen Tagen allein in der norddarfurischen Hauptstadt Al-Fascher massakriert worden sein. Mit Blick auf den gesamten Sudan sprechen die Vereinten Nationen derzeit von der »größten humanitären Krise der Welt«. Im brutalen Machtkampf stehen sich seit 2023 die sudanesischen Streitkräfte SAF unter der Führung des Putschisten und jetzigen Militärmachthabers General Abdel Fattah Al-Burhan und die paramilitärischen Kräfte RSF unter General Mohammed Hamdan Daglo gegenüber.

Der frühere Vize Al-Burhans versucht nun, angesichts der Greueltaten seiner Milizionäre seit der vollständigen Übernahme der rund 300.000 Einwohner zählenden Stadt im Westen des Landes Aktionismus vorzutäuschen. Am Donnerstag ließ er unter anderem den als Abolulu bekannten Feldkommandeur festnehmen, der sich allzu öffentlich seiner Verbrechen gerühmt hatte. In einer Liveübertragung auf Tik Tok gab »Abolulu« zu, Hunderte von Menschen getötet zu haben, und erklärte seine Absicht, diese Zahl auf 2.000 zu erhöhen, wie die Sudan Tribune berichtete.

Hinter den Parteien in diesem »Bürgerkrieg« stehen internationale Financiers und deren jeweilige imperialistische Interessen: Während Al-Burhan umfassend durch die Regionalmacht Ägypten unterstützt wird – erst kürzlich vereinbarten er und Ägyptens Präsident Abdel Fattah Al-Sisi, die Zusammenarbeit zu intensivieren –, stehen hinter den RSF die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Beide Seiten pumpen ihre Protegés mit Waffen und Ausrüstung voll. Und auch wenn die VAE jede Unterstützung der Paramilitärs dementieren, sah schon im Januar 2024 ein UN-Expertengremium zum Sudan die Glaubwürdigkeit der Vorwürfe bestätigt. Diese neuen Arten schwerer und hochentwickelter Waffen der RSF hätten »massive Auswirkungen auf das Kräfteverhältnis im Land«, urteilte das vom Sicherheitsrat eingesetzte Gremium. Die VAE wiederum werden als »wichtiger Verteidigungspartner« von Washington hofiert

[...] Das verstärkte Eingreifen im Sudan ergibt sich auch aus regionalen Einflussverlusten: So zogen sich die VAE am Ende des Jemen-Kriegs 2021 von der Militärbasis Assab zurück, die sie für 30 Jahre von Eritrea gepachtet hatten, 2018 hatten sie bereits die Konzession zum Betrieb des Doraleh-Terminals, eines bedeutenden Hafens in Dschibuti, verloren. Nur durch umfassende Investitionen konnte der Hafen von Berbera, der sich im abtrünnigen Somaliland befindet, als zentraler Logistikhub am Horn von Afrika erhalten werden. Dies belastete wiederum die Beziehungen zu Mogadischu. Die Wirtschafts- und Militärpolitik der Emirate gehen in der Region zum Zweck des Kapitalexports Hand in Hand und dienen einer langfristig expansiven Strategie – so breiten sich Einfluss wie Akkumulationsregime hinter den Kriegsverbrechen der RSF aus.

 


31. Oktober


 

Indien | Erneuerbare | Photovoltaik

Erneuerbaren-Boom

Indien als neues Solarmekka

Die erneuerbaren Energien wachsen rasant, aber noch nicht schnell genug. Zwei neue Berichte vor dem UN-Klimagipfel in Brasilien zeigen, wie stark sich der Schwerpunkt schon nach Asien verschoben hat.

Die Welt erlebt derzeit einen beeindruckenden Boom beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Das Tempo bleibt allerdings hinter dem zurück, was erforderlich wäre, um das 1,5-Grad-Limit bei der Erderwärmung noch zu halten, wie es 2015 im Pariser Weltklimavertrag verabredet wurde.

Das zeigen zwei aktuelle Berichte, vorgelegt von der Internationalen Energieagentur IEA und der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien Irena wenige Wochen vor dem UN-Klimagipfel COP 30 im brasilianischen Bélem. Unterdessen wird deutlich, dass das bevölkerungsreichste Land der Erde, Indien, bei Solarstrom und Co zum neuen Hoffnungsträger wird.

Die IEA sagt in ihrem kürzlich erschienenen Erneuerbaren-Report voraus, dass die installierte Kapazität erneuerbarer Stromerzeugung weltweit bis 2030 voraussichtlich auf rund 8,9 Millionen Megawatt steigen wird, was ungefähr einer Verdopplung gegenüber heute entspricht. Dabei dürfte die Photovoltaik etwa 80 Prozent dieses Zuwachses ausmachen.

Nach Szenarien der Irena, die ihren Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) hat, müsste die installierte erneuerbare Leistung bis 2030 allerdings auf über elf Millionen Megawatt wachsen, um die Pariser Klimaziele zu erreichen.

Immerhin: Im Jahr 2024 wurden global 582.000 Megawatt an erneuerbarer Energiekapazität neu installiert. Das war so viel wie noch nie zuvor, vor allem ausgelöst von der starken Verbilligung der Solarstrom-Anlagen. Absoluter Spitzenreiter bei den Neuinstallationen war wieder China.

[...] In den ersten neun Monaten dieses Jahres installierte Indien nach Angaben des Internationalen Wirtschaftsforums Erneuerbare Energien (IWR) in Münster über 34.000 Megawatt neue Solar- und Windleistung – ein Wachstum von über 70 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dabei entfielen sechs von sieben Megawatt auf Solaranlagen und der Rest auf Wind ...

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Sudan | Völkerrecht | Massenmord

Viele Tote in Faschir

Uno verurteilt die Tötungen im Sudan als Völkerrechtsverstöße

Viele Hundert Menschen sollen bei Massakern im Sudan getötet worden sein. Internationale Organisationen wie die WHO und das Rote Kreuz reagieren entsetzt. Die Uno spricht von Massenhinrichtungen und Vergewaltigungen.

Die Tötungen im Sudan lösen weltweit Entsetzen aus: Die Vereinten Nationen, die Weltgesundheitsorganisation WHO und das Rote Kreuz reagieren bestürzt auf die Lage der Zivilisten in der sudanesischen Stadt Faschir. Die RSF-Miliz hat diese zuvor eingenommen.

»Wir haben schreckliche Berichte über Massenhinrichtungen, Massenmorde, Vergewaltigungen, Angriffe auf humanitäre Helfer, Plünderungen, Entführungen und Zwangsumsiedlungen erhalten«, sagte der Sprecher des Uno-Menschenrechtsbüros Seif Magango. Er rechne damit, dass Hunderte Zivilisten getötet worden seien.

Uno: »Schwere Verstöße gegen das Völkerrecht«

Das Uno-Menschenrechtsbüro habe »schockierende« Videos und Bilder erhalten, die »schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht und grobe Verletzungen der Menschenrechte zeigen«, sagte Magango.

Die RSF-Miliz teilte derweil mit, dass einige ihrer Kämpfer, denen Misshandlungen während der Einnahme der Stadt vorgeworfen wurden, festgenommen worden seien.

[...] Bei dem im April 2023 entbrannten Konflikt im Sudan stehen sich die Armee des Militärherrschers al-Burhan und die RSF-Miliz seines früheren Stellvertreters Mohamed Hamdan Daglo gegenüber. Seither wurden bei den Kämpfen Zehntausende Menschen getötet, rund zwölf Millionen Menschen mussten aus ihren Heimatregionen fliehen. In dem nordostafrikanischen Land herrscht nach Einschätzung der Uno die schwerste humanitäre Krise der Welt.

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Klimawandel | Erderwärmung | Extremwetter

Hurrikan „Melissa“

Nur nicht hingucken

Die Folgen der Erderwärmung werden weltweit immer stärker spürbar. Wir wissen, was zu tun ist, um die Katastrophe abzuwenden, und tun doch nichts.

Früher wussten die Menschen ganz genau, was sie glauben: Die Welt wurde von Gott erschaffen, die Sonne umkreist die Erde, die Mutter von Jesus ist trotzdem noch Jungfrau. Heute wissen wir, dass sich die Dinge im Auge der Wissenschaft etwas anders darstellen. Nicht zuletzt mit Blick auf den Hurrikan „Melissa“ kommt diese Einsicht viel zu spät. Seit Jahrzehnten warnt die Wissenschaft, dass die Klimaerhitzung Wetterphänomene extremer macht.

Physikalische Grundlage ist etwa die Gleichung von Clausius-Clapeyron, die besagt, dass wärmere Luft mehr Wasserdampf aufnehmen kann. Und mehr Wasserdampf bedeutet eben mehr Energie, also Zerstörungskraft. Beim Elbehochwasser prasselten 2002 auf dem Erzgebirgskamm binnen 24 Stunden 312 Liter Regen auf jeden Quadratmeter. In der vietnamesischen Stadt Hue wurden in dieser Woche 1.700 Liter je Quadratmeter gemessen.

Das Überraschende diesmal ist: Wir wissen, dass der Klimawandel die Welt verheert, wir können es nachmessen, wir sehen die Bilder aus Kuba, die Bilder der Überschwemmungen in Spanien oder dem Ahrtal. Aber wir glauben nicht daran. Es ist jetzt 35 Jahre her, dass der Weltklimarat IPCC seinen ersten Sachstandsbericht vorgelegt hat. Damals prognostizierten die Wissenschaftler bis 2020 einen Anstieg der Ozeanpegel um 8 Zentimeter. Jetzt nachgemessen sind es tatsächlich 9 geworden ...

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Klimapolitik | Emissionshandel | Merzthutjanix

Europäischer Emissionshandel:

So sabotiert man sich selbst

In der EU wächst der Widerstand gegen das Herzstück der europäischen Klimapolitik. Dabei haben die Konservativen allen Grund, an den Emissionshandel zu glauben.

Bundeskanzler Friedrich Merz sagte vor Kurzem in Brüssel etwas, was kaum Beachtung fand, aber folgenschwer ist: Man wolle in die nächste Stufe des Klimaschutzes "weich" einsteigen. Klingt nett, heißt aber: Der Europäische Emissionshandel soll aufgeweicht werden. Sollte das tatsächlich kommen, dann kann die EU das Klima künftig nicht mehr so schützen, wie sie es ursprünglich vorhatte.

Merz ist nicht der Erste, der so etwas fordert – er klingt nur etwas zaghafter als die Regierungschefs im Osten der EU, allen voran der polnische Premierminister Donald Tusk. Die wollen die Ausweitung des Emissionshandels, kurz ETS 2, für Anfang 2027 gleich ganz verhindern. Ab dann soll ein europaweiter CO₂-Preis dafür sorgen, dass Heizen und Fahren von Verbrennern teurer wird. Ginge es nach ihnen, sollte das frühestens 2030 kommen. Sonst, so warnen sie, könnten soziale, politische und ökonomische Verwerfungen die Folge sein.

Auch in Teilen der deutschen Wirtschaft wird die Kritik an dem Vorhaben immer heftiger. Christian Kullmann, Chef des Chemieunternehmens Evonik nannte den ETS in der Süddeutschen Zeitung volkswirtschaftlichen "Irrsinn". Und Michael Vassiliadis, Chef der Chemiegewerkschaft IGBCE, forderte "einen Realitätscheck".

Wenn Friedrich Merz nun in den Chor einstimmt, dann platzt damit der große Deal, den er und seine CDU vor Jahren geschlossen haben: Die Christdemokraten haben sich, wie viele andere konservative Parteien, stets gegen Verbote und Subventionen zugunsten des Klimaschutzes gewehrt; der Emissionshandel, so ihr Argument, werde die Sache schon regeln. Da herrsche schließlich der Markt, und der werde die nötigen Innovationen triggern. Bleibt jedoch vom Emissionshandel bald nicht mehr viel übrig, verschwindet damit auch die konservative Klimapolitik.

[...] Schon am kommenden Dienstag wird sich zeigen, wie stark die Klimaschützer in Brüssel noch sind: Dann nämlich werden die Umweltminister entscheiden, mit welchen Zusagen über CO₂-Reduzierung sie zur UN-Klimakonferenz nach Brasilien reisen wollen. Bisher gehörten die Europäer dort zu den Vorreitern, die ihre Klimaziele regelmäßig verschärften und andere davon überzeugen konnten, mitzuziehen. Auch deswegen steuert die Welt heute auf drei Grad zu – und nicht auf sechs Grad. Zweimal allerdings haben die Umweltminister ihre Entscheidung schon vertagt.

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IPPNW | Rüstungskontrolle | Atomteststoppvertrag (CTBTO)

Rüstungskontrolle statt nuklearer Macho-Rhetorik

IPPNW verurteilt Ankündigung neuer US-Atomwaffentests

Die Friedensorganisation IPPNW (Internationale Ärzt*innen zur Verhütung des Atomkriegs) verurteilt die Ankündigung von Atomwaffentests durch US-Präsident Trump.

“Die Vernichtungsdrohung durch die Atomwaffenarsenale verbietet eine nukleare Macho-Rhetorik. Der gesunde Menschenverstand verlangt nicht weitere Eskalation, sondern den Wiedereinstieg in Rüstungskontroll- und Abrüstungsverhandlungen, um die Menschheitsbedrohung durch Atombomben zu begrenzen", erklärt Dr. Lars Pohlmeier, Vorsitzender der deutschen IPPNW. “Das inzwischen seit Jahrzehnten bestehende Atomtestmoratorium aller großen Atomwaffenstaaten ist eine zivilisatorische Errungenschaft, die unbedingt verteidigt werden muss.“

Die Wiederaufnahme von Atomwaffenexplosionen zu Testzwecken ist ein klarer Tabubruch und könnte unter den anderen Atomwaffenstaaten Nachahmer provozieren. Die IPPNW fordert deshalb von der deutschen Bundesregierung, bereits die Ankündigung scharf zu kritisieren. 

[...] Weltweite Proteste von zivilgesellschaftlichen Organisationen trugen 1996 zum Zustandekommen des umfassenden Atomteststoppvertrags (CTBT) bei, der jegliche Atomtests verbietet. Auch wenn er nie in Kraft trat, wurden mit Ausnahme Nordkoreas seitdem keine Atomtests mehr durchgeführt. Zurecht, denn IPPNW-Studien zeigen, dass es allein etwa 2,4 Millionen zusätzliche Krebstote weltweit infolge der bisherigen über 2000 Atomwaffentests gab. Die vielen Betroffenen in den Testgebieten, die bis heute unter den humanitären Folgen leiden, werden noch immer nicht ausreichend unterstützt.

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Der Atompilz steht für Atom- oder Wasserstoffbomben, auch im Rahmen von TestsNuklearwaffen-Testgelände31. Oktober 1952 ("Ivy Mike" H-Bombe mit 10,4 MT) Eniwetok, MHL

Seit 1945 wurden weltweit über 2050 Atomwaffentests durchgeführt, was eine mögliche Erklärung für die stetig steigende Zahl von Krebserkrankungen sein könnte.
 

IPPNW Report - Atomwaffentests - August 2023 (PDF-Datei)

... Oberirdische Tests wurden in Semipalatinsk, Kasachstan, auf traditionellem Land der Westlichen Shoshone in Nevada, USA, auf dem Land der Aborigines im australischen Outback, auf dem Land der indigenen Nenetz in der russischen Arktis, auf dem Gebiet von Nomaden in der algerischen Sahara, in der Region der Uiguren in China und anderswo durchgeführt. Die Bewohner*innen wurden oft verspätet oder gar nicht evakuiert und nicht über die Auswirkungen der Tests informiert.
Radioaktiver Niederschlag fiel als Staub und Regen herab und verseuchte das Trinkwasser und lokal erzeugte Lebensmittel ...
 

Wikipedia de

Ivy Mike

Ivy Mike ist die Kurzbezeichnung für den US-amerikanischen Kernwaffentest mit dem Codenamen Mike, der am 1. November 1952 im Rahmen der Operation Ivy durchgeführt wurde. Diese erste große Wasserstoffbombe setzte eine Energie („Sprengkraft“) von 10,4 Megatonnen TNT-Äquivalent frei, ein Wert, der in allen späteren oberirdischen Tests der USA nur dreimal überschritten worden ist. Ort des Versuchs war die Insel Elugelab im Eniwetok-Atoll im damaligen Treuhandgebiet Pazifische Inseln. Die Insel wurde vollständig zerstört und ist nicht mehr vorhanden ...
 

Liste von Kernwaffentests#USA

Die USA führten zwischen 1945 und 1992 1.039 Nukleartests durch, 210 atmosphärische Tests, 815 unterirdische Tests und 5 Unterwassertests ...

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30. Oktober


 

Vereinigte Staaten | Schadensersatz | Monsanto | PCB

Wegen Giftstoff PCB

Bayer muss US-Schule 185 Millionen Dollar Schadensersatz zahlen

Eine Schule im US-Bundesstaat Washington verwendete Leuchtmittel, die giftige Chemie enthielten. Schüler und Personal erkrankten und verklagten den Produzenten, der heute zum Bayer-Konzern gehört. Mit Erfolg.

Ein Gericht in den USA hat den Leverkusener Chemiekonzern Bayer zu einer Millionenzahlung verurteilt. Das Unternehmen muss nach einer Entscheidung des Obersten Gerichts im US-Bundesstaat Washington Schadensersatz wegen des Giftstoffs PCB in einer Schule zahlen – in Höhe von 185 Millionen Dollar, also rund 160 Millionen Euro.

Der Washington Supreme Court hob eine anderslautende Entscheidung der Vorinstanz auf. Bayer erklärte, der Konzern sei mit der jüngsten Entscheidung nicht einverstanden.

In dem Fall geht es um eine Verseuchung am Sky Valley Education Center in Monroe. Aus den Leuchten der Schule soll polychlorierte Biphenyle (PCB) entwichen sein. Mehr als 200 Schülerinnen und Schüler, Angestellte und Eltern führen nach eigenen Angaben Krebserkrankungen, Schilddrüsenleiden, neurologische Schäden und andere Gesundheitsprobleme darauf zurück.

[...] Monsanto stellte PCB von 1935 bis 1977 her. Mit der Übernahme des Chemiekonzerns Monsanto hatte sich Bayer umfangreiche Klagen wegen PCB und insbesondere wegen des im Verdacht stehenden krebserregenden Unkrautvernichtungsmittels Roundup eingehandelt.

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Sudan | Massaker

Augenzeugen berichten aus Darfur

„Sie zeigten keine Gnade“

Vor den Massakern der RSF-Miliz der Stadt El Fasher in Sudan suchen Menschen Zuflucht in der Stadt Tawila. Die taz sammelte Berichte von Überlebenden.

Die Massaker reichten bis in die Krankenhäuser. „Wir konnten kein medizinisches Personal in den Kliniken von El Fasher erreichen. Die RSF-Kämpfer drangen in die Einrichtungen ein und erschossen die Patienten“, berichtet der Sprecher des Widerstandskomitees von El Fasher der taz. Die „Resistance Committees“ sind die Basisstrukturen von Sudans Demokratiebewegung.

„Im El Saudi Krankenhaus, im Universitätskrankenhaus und sogar in den medizinischen Einheiten, die wir eingerichtet hatten, um die Krankenhäuser zu entlasten, töteten die RSF alle, von denen wir wussten, dass sie sich dort befanden“, so der Sprecher weiter. „Wir wissen nicht, wer tot ist, wir können nur die Überlebenden zählen, die es geschafft haben, zu uns zu kommen. Einige Mitarbeiter sind vielleicht geflohen, aber wir haben keine Möglichkeit, sie zu kontaktieren.“

Die Milizen der Rapid Support Forces (RSF) nahmen am 26. und 27. Oktober El Fasher ein, die letzte Hochburg der sudanesischen Regierungsarmee in Darfur. Hervorgegangen aus den Janjaweed-Milizen, die einst Darfur terrorisierten, hat sich die RSF zu einer mächtigen paramilitärischen Gruppe mit großem politischen und wirtschaftlichen Einfluss entwickelt. Unter der Führung von Mohamed Hamdan Daglo, bekannt als Hametti, kämpft sie seit April 2023 gegen Sudans Militärregierung. Der brutale Krieg hat Millionen Menschen vertrieben und das Land an den Rand des Zusammenbruchs gebracht.

Über 460 Patienten soll die RSF allein im El Saudi Krankenhaus getötet haben ...

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An Halloween sind sich die Horrorclowns einig: Wlad PutIn und Don Trumpl machen MiK noch größer

Russland droht Trump mit Wiederaufnahme eigener Atomtests

Die USA wollen wieder Atomtests durchführen – und das laut Trump "unverzüglich". Russland kündigte nun an, in diesem Fall eigene Tests ebenfalls wieder aufzunehmen.

Russland hat den USA damit gedroht, seine Atomwaffentests ebenfalls wieder aufzunehmen, falls US-Präsident Trump seine angekündigten Tests durchsetzt. Das teilte Dmitri Peskow, der Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin, russischen Nachrichtenagenturen zufolge mit. Erst am Morgen hatte Trump den sofortigen Beginn neuer Atomwaffentests angekündigt, allerdings ohne konkrete Waffen zu nennen. Er begründete die Maßnahme auf seiner Plattform Truth Social mit den Testprogrammen anderer Länder.

In Russland hoffe man, dass US-Präsident Donald Trump korrekt über die jüngsten russischen Waffentests der Rakete Burewestnik und der Unterwasserdrohne Poseidon informiert worden sei, sagte Peskow. "Bis jetzt war uns nicht bekannt, dass jemand Tests durchführt", hieß es weiter.

Putins Sprecher wies außerdem die Einschätzung zurück, dass es sich bei den jüngsten russischen Tests um Atomwaffen gehandelt habe. Der russische Präsident hatte von nuklear betriebenen Waffen mit großer Schlagkraft gesprochen, ohne dafür Belege vorzulegen. Die getesteten Raketen können mit Atomsprengköpfen bestückt werden, die bei der Erprobung aber nicht eingesetzt werden. Deshalb ist nicht die Rede von Atomwaffentests.

[...] Per Gesetz hatte Putin 2023 die russische Ratifizierung für das Verbot von Atomwaffentests zurückgezogen, der Staat ist seither jedoch weiter an der globalen Überwachung des Vertrags beteiligt. Auf die grundsätzlich mögliche Wiederaufnahme eigener Atomtests hat Russland dennoch immer wieder verwiesen.

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Don Trumpl, der klügste, großartigste und in jeder Hinsicht herausragende Massenvernichter, befiehlt Atomwaffentests

Letzter Test vor 33 Jahren

Trump kündigt sofortigen Beginn von Atomwaffentests an

Don Trumpl sagt heute dies und morgen das Gegenteil, und er tut alles, um die Situation für alle anderen zu verschlimmern ...Ein Experte spricht von einem "Geschenk für Russland": Die USA werden nach mehr als 30 Jahren wieder Atomwaffen testen, wie Präsident Trump verkündet. Er begründet die Maßnahme mit den Testprogrammen rivalisierender Staaten.

US-Präsident Donald Trump hat das US-Verteidigungsministerium angewiesen, unverzüglich wieder Atomwaffentests aufzunehmen. "Wegen der Testprogramme anderer Länder habe ich das Kriegsministerium angewiesen, auf gleicher Basis mit dem Testen unserer Atomwaffen zu beginnen. Dieser Prozess wird unverzüglich beginnen", schrieb Trump auf seiner Plattform Truth Social. Welche Waffen getestet werden sollen, sagte er nicht.

Die Äußerung erfolgte kurz vor dem Treffen mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping in Südkorea. China ist auch eine etablierte Atommacht, genauso wie Russland, Großbritannien und Frankreich. Insgesamt gibt es aktuell nach einem Bericht des Friedensforschungsinstituts Sipri neun Staaten, die über Atomwaffen verfügen. Neben den bereits genannten Ländern zählen dazu auch Indien, Pakistan, Nordkorea und Israel.

Tests liefern technische Daten darüber, wie sich neue Atomwaffen verhalten und ob ältere Waffen noch funktionstüchtig sind. Ein solcher Test würde in Russland und China zudem als eine bewusste Demonstration der strategischen Macht der USA gewertet werden.

[...] Die USA hatten das Atomzeitalter im Juli 1945 mit dem Test einer 20-Kilotonnen-Atombombe in Alamogordo im US-Bundesstaat New Mexico eingeläutet. Im August 1945 warfen sie dann Atombomben auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki ab, um den Zweiten Weltkrieg zu beenden. Schätzungsweise mehr als 70.000 Menschen starben auf einen Schlag in Hiroshima, bis Ende 1945 waren es schon 140.000. In Nagasaki starben bis Jahresende etwa 70.000 Einwohner. Die genaue Opferzahl wird sich nie ermitteln lassen, weil viele erst an den Spätfolgen durch die Strahlung starben.

Nach Einschätzung der UN-Beauftragten für Abrüstungsfragen, Izumi Nakamitsu, ist das Risiko eines Atomwaffeneinsatzes so hoch wie seit dem Kalten Krieg nicht mehr. "Es ist bemerkenswert, wie schnell wir die Lehren des Kalten Krieges vergessen haben", sagte sie im April. "Zu keiner Zeit seit der Hochphase des Kalten Krieges war das Risiko eines Einsatzes von Atomwaffen so hoch – und die Mechanismen, die ihren Einsatz verhindern sollen, so fragil".

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Vereinigte Staaten | Ölkonzern vs. Greenpeace | SLAPP-Klage

Protest gegen Ölpipeline:

Richter senkt Millionenstrafe für Greenpeace im Streit mit Ölkonzern

Ein US-Ölkonzern hatte die Umweltorganisation nach Protesten gegen eine Ölleitung neben Indigenen-Gebieten auf Schadensersatz verklagt. Ein Gericht halbierte die Strafe.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat im Streit mit einem US-Ölkonzern wegen des Baus einer Ölpipeline am Rande von Indigenen-Gebieten einen Teilerfolg erzielt. Ein Bezirksrichter senkte die Höhe des von Greenpeace zu zahlenden Schadensersatzes um die Hälfte – auf nunmehr 345 Millionen US-Dollar (rund 298 Millionen Euro).

Der Richter folgte damit dem Antrag der Umweltorganisation, in mehreren Punkten zu ihren Gunsten zu entscheiden, bevor die Schadenssumme neu berechnet wurde.

Ein Geschworenengericht im US-Bundesstaat North Dakota war im März zu dem Schluss gekommen, dass Greenpeace sich der Verleumdung und anderer Vergehen schuldig gemacht habe. Die neun Geschworenen sprachen der Betreiberfirma der Pipeline, Energy Transfer, und deren Tochterunternehmen Dakota Access damals Schadensersatz in Höhe von mehr als 650 Millionen Dollar zu.

[...] Der Stamm der Sioux im Reservat Standing Rock hatte sich jahrelang gegen die Pipeline mit der Begründung gewehrt, dass diese die Wasserversorgung des Reservats gefährden könnte. Seit Mitte 2017 fließt trotz aller Proteste Öl durch die Pipeline.

Energy Transfer warf Greenpeace vor, eine gezielte Kampagne zur Verhinderung des Pipelinebaus betrieben zu haben. Greenpeace-Anwälte wiesen den Vorwurf zurück. Der Fall dürfte als Nächstes vor dem Obersten Gerichtshof von North Dakota verhandelt werden.

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Der Atompilz steht für Atom- oder Wasserstoffbomben, auch im Rahmen von TestsNuklearwaffen-Testgelände30. Oktober 1961 ("Zar-Bombe" H-Bombe mit 50-57 MT) Nowaja Semlja, UdSSR

Seit 1945 wurden weltweit über 2050 Atomwaffentests durchgeführt, was eine mögliche Erklärung für die stetig steigende Zahl von Krebserkrankungen sein könnte.
 

IPPNW Report - Atomwaffentests - August 2023 (PDF-Datei)

... Oberirdische Tests wurden in Semipalatinsk, Kasachstan, auf traditionellem Land der Westlichen Shoshone in Nevada, USA, auf dem Land der Aborigines im australischen Outback, auf dem Land der indigenen Nenetz in der russischen Arktis, auf dem Gebiet von Nomaden in der algerischen Sahara, in der Region der Uiguren in China und anderswo durchgeführt. Die Bewohner*innen wurden oft verspätet oder gar nicht evakuiert und nicht über die Auswirkungen der Tests informiert.
Radioaktiver Niederschlag fiel als Staub und Regen herab und verseuchte das Trinkwasser und lokal erzeugte Lebensmittel ...
 

Atomwaffen A - Z

Die Zündung der Zar-Bombe (oder Zarenbombe)

[...] Der Test wurde zu einem Zeitpunkt der erhöhten Spannung durchgeführt. Am 1. September 1961 ging ein dreijähriges Testmoratorium zu Ende. In den folgenden 16 Monaten führten die USA und Russland mehr oberirdische Tests durch als in den vorherigen 16 Jahren.

Militärisch war diese Bombe unter anderem aufgrund ihres hohen Gewichts jedoch unbrauchbar und als reine Machtdemonstration im Zuge des Kalten Krieges konzipiert ...
 

Wikipedia de

AN602

Die AN602 war eine Wasserstoffbombe, die am 30. Oktober 1961 im Norden der Sowjetunion gezündet wurde. Sie erzeugte die größte jemals von Menschen verursachte Explosion ...

Weiterlesen ...

 


29. Oktober


 

Wiederinbetriebnahme der alten Akws Duane ArnoldThree Mile Island und Palisades

Alte Atomkraftwerke für KI:

Microsoft hat schon, nun will auch Google

Microsoft hat bereits vor längerer Zeit eine Partnerschaft mit einem Stromanbieter geschlossen, in deren Rahmen ein stillgelegtes Atom­kraftwerk wieder ans Netz gebracht werden soll. Jetzt zieht Google nach und will ebenfalls ein AKW wieder in Betrieb nehmen lassen.

Google will 1975 eröffnetes AKW wieder nutzen

Wie Google und die junge Firma NextEra bekannt gegeben haben, soll das sogenannte Duane Arnold Energy Center im US-Bundesstaat Iowa in den kommenden Jahren wieder Strom erzeugen. Dabei handelt es sich um ein 2020 abgeschaltetes Nuklearkraftwerk, das damals nach einem wetterbedingten Störfall stillgelegt wurde. Ein starker Sturm hatte Teile eines sekundären Schutzsystems beschädigt, die den Austritt radioaktiver Gase verhindern sollen.

Im Rahmen der jetzt zwischen Google und NextEra geschlossenen Kooperation soll das AKW mit einer Gesamtleistung von 615 Megawatt wieder ans Netz gebracht werden. Die Inbetriebnahme ist aktuell für das Jahr 2029 geplant, wobei Google den Großteil der dort erzeugten Energie über einen Zeitraum von 25 Jahren abnehmen will. Was an Leistung übrig bleibt, soll an den örtlichen Stromnetzbetreiber verkauft werden, heißt es.

[...] Microsoft hatte bereits im Jahr 2024 eine ähnliche Partnerschaft mit der Firma Constellation Energy verkündet, in deren Rahmen man das 2019 abgeschaltete Atomkraftwerk "Three Mile Island" ab dem Jahr 2028 wieder ans Netz bringen will. Der Reaktor soll dann 835 Megawatt liefern, um damit die Datenzentren hinter der Azure Cloud, OpenAIs ChatGPT und Microsoft Copilot zu betreiben.

Für die US-Technologiekonzerne geht es bei der Wiederinbetriebnahme alter Atommeiler darum, sich langfristig möglichst kostengünstige Energiequellen zu sichern. Mit der steigenden Zahl von Rechenzentren, die vor allem KI-Dienste möglich machen sollen, steigen schon jetzt auch die Strompreise, was auch die Firmen und private Kunden in vielen Gebieten der USA massiv betrifft.

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Klimaschutz | Weltklimakonferenz (COP30) | Superreiche und ihr CO₂

Bill Gates sieht Klimawandel nicht mehr als das größte Problem

Der amerikanische Tech-Milliardär und Großspender stuft den Klimaschutz im Ranking der Top-Prioritäten der Menschheit herunter

Microsoft-Gründer und Milliardär Bill Gates legte am Dienstag seine neue Sichtweise auf das Problem des menschengemachten Klimawandels dar. Der Klimawandel werde zwar schwerwiegende Folgen haben, "insbesondere für die Menschen in den ärmsten Ländern", schreibt Gates in seinem offiziellen Blog Gatesnotes. Die Vorstellung, dass nichts wichtiger sei, als den Temperaturanstieg zu begrenzen, halte er aber für falsch.

Armut und Krankheiten

Der Klimawandel werde nicht zum Untergang der Menschheit führen, prophezeit der Unternehmer. Die Emissionsprognosen seien gesunken und mit den richtigen politischen Maßnahmen und Investitionen "werden wir die Emissionen noch viel weiter senken können", meint Gates. Seine Forderungen an die Weltklimakonferenz (COP30), die im kommenden November in Brasilien stattfindet, laut daher, den Fokus von "den Kennzahlen der Emissionen und des Temperaturanstiegs" auf "die Verbesserung des Lebens" zu verschieben. Die größten Probleme der Menschheit sind für Gates "nach wie vor Armut und Krankheiten".

"Bedauerlicherweise" führe die "Weltuntergangsvorstellung" dazu, dass sich ein Großteil der Klimaschutzgemeinschaft "zu sehr auf kurzfristige Emissionsziele fokussiert und Ressourcen von den effektivsten Maßnahmen abgezogen werden, die wir setzen sollten, um das Leben in einer sich erwärmenden Welt zu verbessern".

Klimawandel "ernstes Problem"

Gates, der am Dienstag 70 Jahre alt geworden ist, hat über seine Stiftung zig Milliarden US-Dollar in die Bekämpfung extremer Armut und von Krankheiten wie Malaria und Kinderlähmung gesteckt, aber auch in Maßnahmen gegen den menschengemachten Klimawandel. 2021 veröffentlichte er das Buch "Wie wir die Klimakatastrophe verhindern", in dem sich der Microsoft-Gründer vor allem für technologische Lösungen und mehr staatliche Subventionen zur Erforschung ebendieser ausspricht. Er sieht etwa Atomenergie als wichtigen Bestandteil der Energiewende und gründete bereits 2006 das Kernkraft-Unternehmen Terrapower.

[...] Kritik

Einige Klimaforscherinnen und Klimaforscher reagierten in den sozialen Medien mit Verwunderung und Unverständnis auf Gates‘ Ausführungen. Gates unterliege beim Thema Klimawandel "Missverständnissen", schrieb etwa der US-Klimaforscher Michael E. Mann.

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Klimawandel | Alles steigt: TemperaturenEmissionen, Aktienkurse ...

Report zu Vitalzeichen des Planeten

Forscherteam sieht Erde auf dem Weg ins Klima-Chaos

Emissionen, Waldverlust, Meerestemperaturen – nichts davon weist in die richtige Richtung. Ein Report zeigt, wo Gegenstrategien beginnen könnten.

dpa | Wäre die Erde ein Patient, läge sie wohl mittlerweile auf der Intensivstation: Einer aktuellen Studie zufolge haben rund zwei Drittel (22 von 34) Lebenszeichen des Planeten ein Rekordniveau erreicht – und das ist in den meisten Fällen nicht positiv. „Ohne wirksame Strategien werden wir schnell mit eskalierenden Risiken konfrontiert sein, die Frieden, Regierungssysteme sowie öffentliche Gesundheit und Stabilität der Ökosysteme zu überwältigen drohen“, sagt Studienautor William Ripple von der Oregon State University, der mit einem internationalen Team im Fachblatt BioScience über die Vitalzeichen der Erde berichtet.

Bei den betrachteten Lebenszeichen geht es um Aspekte wie CO₂-Emissionen, Verbrauch von Kohle, Öl und Gas, Waldverlust durch Brände, Meerestemperaturen und viele mehr – alle genannten Indikatoren gehören zu jenen 22, die neue Rekordstände erreicht haben.

Das internationale Team, an dem auch der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Johan Rockström, beteiligt ist, sieht in seiner Bestandsaufnahme einen Beleg dafür, dass sich unser Planet dem „Klima-Chaos“ annähert. Etliche Lebenszeichen entwickelten sich rapide in die falsche Richtung.

2024 sei bereits das heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen gewesen – und das aktuelle Jahr sehe nicht besser aus: „Bislang hat das Kohlendioxid in der Atmosphäre 2025 einen Rekordwert erreicht, der wahrscheinlich durch einen plötzlichen Rückgang der Kohlenstoffaufnahme durch Landflächen, teilweise aufgrund von El Niño und intensiven Waldbränden, noch verschlimmert wurde“, erklären die Autoren. Eine gefährliche Entwicklung durch eine beschleunigte Erwärmung, Rückkopplungseffekte und mögliche Kipppunkte könne wahrscheinlicher geworden sein.

[...] „Die Kosten für die Eindämmung des Klimawandels dürften weitaus geringer sein als die globalen wirtschaftlichen Schäden, die klimabedingte Auswirkungen verursachen könnten“, betonen die Forschenden.

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Ausbau | Förderung | Strompreis | Photovoltaik

Solarstrom senkt Strompreise um 15 Prozent – doch Merz-Regierung plant Förder-Stopp

Solar-Energie hat für niedrigere Strompreise gesorgt. Das zeigt eine Studie. Doch Ministerin Reiche verfolgt Pläne, die diese Entwicklung stören könnten.

Berlin – Erst Jubelstimmung wegen Solar-Ausbau, dann die kalte Dusche. Nur ein paar Monate, nachdem die Merz-Regierung verkündet hat, wie gut Deutschland dabei sei, seine Solar-Ausbau-Ziele zu erreichen, kam ein Vorstoß aus dem Wirtschaftsministerium, der für eine Streichung der Solar-Förderung sorgen könnte. Die Einspeisevergütung für kleine, neue Photovoltaik-Anlagen soll fallen. Eine neue Studie zeigt, dass dies negative Effekte für die Preisgestaltung haben soll.

Solarstrom sorgt für massive Preissenkung – und könnte trotzdem die Förderung verlieren

Die Strompreise sinken und Solarstrom ist schuld. Einer aktuellen Studie zufolge soll der Börsenpreis für Strom im Jahr 2024 nur dank des Solar-Ausbaus um 15 Prozent niedriger gewesen sein als ohne. Solaranlagen verringern die Stromrechnungen von Verbrauchern, Gewerbe und Industrie jedes Jahr um mehrere Milliarden Euro – Tendenz steigend. Durchgeführt wurde die Studie vom Beratungsunternehmen Enervis im Auftrag des Bundesverbands Solarwirtschaft.

Die Solarwirtschaft sieht dabei jedoch ein größeres Problem: Die Nachfrage nach Solaranlagen könnte mittel- bis langfristig sinken, sollte die Regierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) die Förderung beschneiden. Genau das ist aktuell der Plan: Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) hatte vorgeschlagen, kleine Solaranlagen künftig nicht mehr nach dem Kauf staatlich zu fördern, weil sie sich für die Nutzer rechnen sollen. Einen festen Beschluss dazu gibt es aber noch nicht. Aktuell erhält jeder, der Solarstrom auf seinem Dach erzeugt und ins Netz einspeist, 20 Jahre lang pro Kilowattstunde einen festen Betrag.

Solar-Wirtschaft fordert niedrige Marktbarrieren – ansonsten könnte der Preiseffekt umdrehen

Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) sprach dazu eine deutliche Warnung aus. Die Förderung von Solarstrom dürfe nicht verknappt werden – im Gegenteil. Damit die Solaranlagen ihre preissenkende Wirkung auf den Strompreis beibehalten, müsse der Zubau von Photovoltaik auch in den nächsten Jahren auf dem „gesetzlich verankerten Zielpfad“ verlaufen ...

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Europa | Lobbyismus | Big Tech | Rekordniveau

Macht der Digitalkonzerne

EU-Lobbyausgaben der Digitalindustrie auf Rekordniveau

Die Lobbyausgaben der Digitalindustrie in der EU erreichen mit 151 Millionen pro Jahr Rekordniveau. Die jahrelangen Fortschritte bei der Regulierung des Internets und der Eindämmung der Monopolmacht von Big Tech stehen auf dem Spiel.

Zusammenfassung

Unsere neue Analyse zeigt: Die Digitalindustrie hat ihre EU-Lobbyausgaben auf ein Rekordniveau gesteigert. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

  • Die Digitalindustrie gibt inzwischen jährlich 151 Millionen Euro für Lobbyarbeit in der EU aus – ein Anstieg um 33,6 % seit 2023 und um 55,6 % seit 2021. Das ist der höchste jemals verzeichnete Lobbyetat des Technologiesektors in Brüssel.
  • Die zehn Unternehmen mit den höchsten Lobbyausgaben sind für 49 Millionen Euro verantwortlich – das ist ein Drittel der gesamten Lobbyausgaben der Digitalbranche. Spitzenreiter ist Meta mit zehn Millionen Euro.
  • Die Zahl der Digital-Lobbyistinnen ist von 699 auf 890 Vollzeitäquivalente (FTE) gestiegen. Damit gibt es inzwischen mehr Tech-Lobbyistinnen als Abgeordnete im Europäischen Parlament. 437 von ihnen verfügen über einen Lobbyausweis – das verschafft ihnen nahezu uneingeschränkten Zugang zum Parlament.
  • Big Tech führte in der ersten Hälfte des Jahres 2025 durchschnittlich drei Lobbytreffen pro Tag – ein deutliches Zeichen für ihren privilegierten Zugang zu EU-Entscheidungsträgerinnen. In diesem Zeitraum fanden 378 Treffen mit leitenden Kommissionsvertreterinnen und Europaabgeordneten statt. Das entspricht im Schnitt mehr als einem Treffen pro Arbeitstag mit der Kommission (1,17) und fast zwei mit Abgeordneten (1,87).
  • Big Tech hat sein ohnehin weit verzweigtes Lobby-Netzwerk weiter ausgebaut. Mittlerweile fließen über 9 Millionen Euro pro Jahr an Beratungsfirmen – ein kräftiger Aufschwung für Lobbyagenturen, Wirtschaftsgutachter*innen und PR-Büros. Zudem haben die großen Tech-Konzerne ihre Finanzierung von Thinktanks weiter erhöht.

Der massive Druck der US-Regierung unter Donald Trump, die Deregulierungswelle in Europa und der explosionsartige Anstieg der Lobbyausgaben der Tech-Industrie ergeben zusammen eine gefährliche Mischung. Sie bedroht jahrelange Fortschritte bei der Regulierung des Internets und der Eindämmung der Monopolmacht von Big Tech.

Die Lobbyausgaben der Digitalindustrie in Brüssel sind von 113 Millionen Euro im Jahr 2023 auf heute jährlich 151 Millionen Euro gestiegen. Das ist ein Zuwachs von 33,6 Prozent innerhalb von nur zwei Jahren. Verglichen mit dem Jahr 2021, als LobbyControl und Corporate Europe Observatory erstmals die Lobbymacht der Techbranche ausgewertet haben, fällt der Anstieg mit 55,6 Prozent in vier Jahren noch deutlicher aus ...

 


28. Oktober


 

Vereinigte Staaten | Don Trumpl | Künstliche Intelligenz | Rechenzentren

"Eine echte Macht"

Für KI: USA investieren 80 Milliarden Dollar in neue Atomkraftwerke

Don Trumpl sagt heute dies und morgen das Gegenteil, und er tut alles, um die Situation für alle anderen zu verschlimmern ...Die USA wollen mindestens 80 Milliarden Dollar (rund 69 Milliarden Euro) in den Bau neuer Atomkraftwerke investieren. Die US-Regierung vereinbarte dafür am Dienstag eine strategische Partnerschaft mit zwei US-Energieunternehmen und einer Investmentgesellschaft. Die neuen Reaktoren sollen Strom für die energiehungrigen Rechenzentren Künstlicher Intelligenz (KI) liefern. Google setzt zum selben Zweck auf das Wiederhochfahren eines stillgelegten Meilers im Bundesstaat Iowa.

Die US-Regierung unterzeichnete die Vereinbarung am Dienstag am Rande des Besuchs von Präsident Donald Trump in Japan. Das Atomenergieunternehmen Westinghouse soll laut einer gemeinsamen Erklärung die Technologie liefern, der Cameco-Konzern die Uran-Brennstäbe. Die neuen Reaktoren würden "die industrielle Basis der Kernenergie wiederbeleben", hieß es. Zur Zahl der geplanten neuen Meiler gab es vorerst keine Angaben.

Trump hatte Ende Mai vier Dekrete für den Bau neuer Atomkraftwerke unterzeichnet. Die Vereinigten Staaten wollten wieder "eine echte Macht" in der Nuklearbranche werden, sagte Trump. Ziel ist, die Atomstrom-Produktion durch beschleunigte Genehmigungen und weniger strenge Auflagen in den kommenden 25 Jahren zu vervierfachen.

Die USA haben derzeit 94 Kernreaktoren in Betrieb, das ist die größte Zahl weltweit. Die Meiler gelten allerdings als veraltet, ihr Durchschnittsalter liegt bei über 40 Jahren. Sicherheitsbedenken wies Trump zurück ...

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Israel | Angriffe | Gaza | BenJaNimm Netanjahu

Israels Krieg im Gazastreifen

Netanjahu ordnet „intensive Angriffe“ an

Ist die Waffenruhe schon wieder Geschichte? Nach Bericht über ein Feuergefecht ordnet Israels Premier neue Angriffe im zerstörten Küstenstreifen an.

dpa | Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat die Armee angewiesen, sofort „intensive Angriffe“ im Gazastreifen auszuführen. Dies teilte das Büro Netanjahus am frühen Dienstagabend nach einer Sicherheitsberatung des Regierungschefs mit.

Im südlichen Gazastreifen war es zuvor nach einem Medienbericht ungeachtet der Waffenruhe zu einem Feuergefecht gekommen. Der israelische Armeesender meldete, bewaffnete Mitglieder der Hamas hätten auf israelische Soldaten geschossen. Nach Angaben palästinensischer Augenzeugen kam es anschließend zu Artilleriebeschuss mehrerer Gebiete im Bereich von Rafah. Alle Angaben können derzeit nicht unabhängig überprüft werden.

Trotz "Waffenruhe" mehr als 90 Palästinenser getötet

Seit Beginn einer Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas am 10. Oktober im Rahmen des "Friedensplans" von US-Präsident Donald Trump gab es immer wieder tödliche Zwischenfälle. Dabei wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde bereits mehr als 90 Palästinenser getötet. Vor gut einer Woche wurden zwei israelische Soldaten getötet - nach israelischen Angaben durch einen Angriff mit einer Panzerfaust ...

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Argentinien | Javier „no mercy“ Milei | Wahlsieg

Trump & JP Morgan lassen die Argentinier für Milei abstimmen

Die „Märkte“ sind zufrieden, noch in der Nacht stiegen die Kurse der argentinischen Aktien in Wall Street: Javier Milei und seine LLA (die Freiheit schreitet voran) fuhren am Sonntag einen überwältigenden Wahlsieg ein – überwältigend, weil sie erst vor sechs Wochen bei den Provinzwahlen in Buenos Aires kräftig abgewatscht worden waren und sämtliche Meinungsumfragen erneute Verluste prophezeiten. Sie waren in den letzten Wochen nicht aus den Schlagzeilen gekommen, wegen zahlreicher Korruptionsfälle, wegen Finanzierung ihrer Spitzenpolitiker durch die Rauschgiftmafia, wegen der am Boden liegenden Industrie und einer drohenden Zahlungsunfähigkeit. Doch es kam anders, das Wahlbündnis aus LLA und der rechten PRO sackte landesweit über 40 Prozent der Stimmen ein, die Peronisten kamen auf knapp 35%, die Linke auf 3,9 % und die konservative Provincias Unidas, die die Brandmauer gegen die Ultrarechten aufrechterhält, nur auf 7,4%.

[...] Die Jahresversammlung von JP Morgan fand kurz vor dem Urnengang in Buenos Aires statt, und Milei sonnte sich in der Gesellschaft der Mächtigsten, die ihm auf die Schulter klopften und ihn lobten. Donald Trump gratulierte noch in derselben Nacht: „Er hat einen wunderbaren Job gemacht. Unser Vertrauen in ihn wurde vom argentinischen Volk bestätigt“.

Zwei Milliarden Dollar hatte das US-Schatzamt vor den Wahlen zur Stabilisierung des Peso ausgegeben, und Trump hatte mehrfach öffentlich erklärt, dass er seine Unterstützung abbrechen würde, wenn die argentinischen Wähler nicht für Milei stimmen würden. Für den normalen Bürger bedeutet das: Wenn es keine frischen Dollars mehr aus Washington gibt, fällt die Währung, steigen die Preise, sinkt die Kaufkraft. Das war zwar eine schiere Erpressung, funktionierte aber am Sonntag

[...] Milei hatte von Anfang an die Dollarisierung propagiert. Aber auch dafür braucht er frisches Geld, und außerdem steht in der Verfassung, dass die nationale Währung der Peso ist. Und für eine Verfassungsänderung fehlen ihm die Stimmen; trotz der letzten Abstimmung besitzt er in beiden Kammern des Kongresses nach wie vor keine eigene Mehrheit, um seine Gesetze durchzubringen und schon gar nicht eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Er wird also weiterhin Deals mit anderen Parteien aushandeln müssen.

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Ausbau | Erneuerbare | Energieerzeugung

Prognose zum Ausbau von erneuerbaren Energien deutlich übertroffen

Der Ausbau erneuerbarer Energien ist seit dem Pariser Klimaabkommen von 2015 deutlich schneller erfolgt als erwartet. Dies hat eine britische Studie festgestellt.

Der Anteil erneuerbarer Energien ist laut einer Studie einer britischen NGO in den vergangenen zehn Jahren deutlich schneller gewachsen als von zahlreichen Beobachtern prognostiziert. So sei seit Unterzeichnung des Pariser Klimaabkommens im Dezember 2015 der Anteil nicht fossiler Energieträger an der globalen Energieerzeugung bis Ende 2024 um 41 Prozent gestiegen, teilte die in London ansässige Organisation Energy & Climate Intelligence Unit (ECIU) zur Veröffentlichung des Papiers mit.

Die Entwicklung habe somit die Voraussagen im 2015 veröffentlichten Energy Outlook des britischen Mineralölkonzerns BP deutlich übertroffen. Darin sei bis 2024 ein lediglich 32-prozentiger Anstieg des Anteils nicht fossiler Energieträger vorhergesagt worden. Demnach sollte bis 2035 sogar nur ein Anstieg um 38 Prozent erreicht werden.

Die ECIU schrieb weiter, im Jahrzehnt seit 2015 sei der globale Energiebedarf so stark gestiegen wie nie zuvor. Laut ihrer Studie hätten erneuerbare Energien rund 67 Prozent dieses zusätzlichen Energiebedarfs gedeckt. Allein im Jahr 2025 würden weltweit umgerechnet rund 1,9 Billionen Euro in "saubere Energie" investiert. In diese Form der Energieerzeugung werde somit 2,6-mal so viel investiert wie in fossile Energie.

Große Auswirkungen des Pariser Abkommens

ECIU-Studienautor John Lang betonte die erhebliche Auswirkung, die das Pariser Klimaabkommen auf den Ausbau erneuerbarer Energien gehabt habe. ECIU-Studienautor John Lang betonte die erhebliche Auswirkung, die das Pariser Klimaabkommen auf den Ausbau erneuerbarer Energien gehabt habe. Gemeinsam mit den bei der Klimakonferenz 2021 in Glasgow vereinbarten Verpflichtungen zur Klimaneutralität habe dieses eine "beispiellose Dynamik für den Übergang zu sauberen Energiesystemen ausgelöst", sagte Lang ...

 


27. Oktober


 

Faschismus | Rechtsextremismus 

Philipp Ruch: „Das Szenario: AfD wird stärkste Partei – und Jens Spahn macht ein Angebot“

Philipp Ruch war ein Kopf hinter der „Sommerinterview“-Störaktion gegen Alice Weidel. Jetzt warnt er: Wir müssen verstehen, wieso Rechtsextremismus so eine Anziehung ausübt. Doch wie beenden wir sie? Ein Gespräch mit Jakob Augstein

Aus den Lautsprechern des Busses tönte „Scheiß AfD“. Das Zentrum für Politische Schönheit hatte das Fahrzeug im Juli am Spreeufer so platziert, dass die aus ihm schallende Chormusik das „Sommerinterview“ mit AfD-Chefin Alice Weidel störte – ein Gespräch war unter diesen Umständen kaum noch möglich. Einer der strategischen Köpfe hinter der Aktion: Philipp Ruch. War das der richtige Umgang mit der AfD? Oder müssen wir uns sogar mit Gewalt gegen sie wehren? Ein Gespräch mit Jakob Augstein.

Jakob Augstein: Philipp, warum haben wir alle so lange gebraucht, um den Aufstieg der AfD aktiv wahrzunehmen?

Philipp Ruch: Ich glaube, dass das, was vor sich geht, nicht mit unseren Grundannahmen zusammengeht. Wir haben in der Schule gelernt: Faschismus ist etwas total Widerliches, etwas Abstoßendes … das ist das Schlimmste der Welt! Dabei ist Faschismus pure Energie. Schauen wir in unsere Gegenwart: Es ist pure politische Schwerkraft. Faschismus ist sexy! Wir werden dem Phänomen nicht gerecht, wenn wir nicht sehen, welche Anziehungskräfte es in unserer Gesellschaft entfesselt. Es sind gerade nicht nur die Abgehängten und Deklassierten, die den Faschismus wählen. Es sind die Begeisterten. Die mit den glühenden Augen, die in die Kameras schauen und für ihre Partei kämpfen ...

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Sicherheit | Atomanlagen | Flugverbotszone

Flugverbot über Atommülllager

Nach jahrzehntelangem Drängen von Bürgerinitiativen werden Schutzzonen eingerichtet

Nach jahrzehntelangem Drängen von Umweltschützern werden über den drei zentralen deutschen Atommüllzwischenlagern in Gorleben (Niedersachsen), Ahaus (Nordrhein-Westfalen) und Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern) demnächst Flugverbotszonen eingerichtet. Die Beschränkungen für Flugzeuge und Drohnen treten am 19. März 2026 in Kraft, wie die Deutsche Flugsicherung mitteilte.

Das Flugverbot gilt dann auch für weitere Atomanlagen an den genannten Standorten. Nahe Lubmin befinden sich mehrere Blöcke des einstigen DDR-Atomkraftwerks »Bruno Leuschner« und mehrere kleinere nukleare Einrichtungen im Rückbau. Im Gorlebener Wald stehen neben der mit 113 Castorbehältern befüllten Lagerhalle für hoch radioaktiven Müll ein weiteres Zwischenlager für schwach und mittelradioaktive Abfälle und eine einstmals zur Reparatur defekter Castoren gedachte Pilotkonditionierungsanlage, die den »heißen« Betrieb allerdings nie aufgenommen hat. Für viele andere AKW-Standorte mit Castor-Zwischenlagern wurden Flugverbotszonen bereits vor längerer Zeit eingerichtet.

Die Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg begrüßt die Einrichtung der Flugverbotszonen, fordert aber gleichzeitig weitergehende Maßnahmen. »Jahrelang haben wir darauf hingearbeitet, dass es in Gorleben zu einer Flugverbotszone wie an allen anderen kerntechnischen Einrichtungen kommt, um ein Mehr an Sicherheit zu schaffen«, sagte BI-Sprecher Wolfgang Ehmke. »Unsere Beharrlichkeit hat sich gelohnt, zumal die niedersächsische Landesregierung den Ernst der Lage begriffen und unsere Forderungen aufgegriffen hat.« ,,,

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Brasilien | Klimaschutz | Klimagipfel | COP 30

Weltklimakonferenz COP 30

Lulas Herzstück droht der Infarkt

Nach seiner Wiederwahl versprach Lula da Silva, Klimaschutz zum Herzstück der brasilianischen Politik zu machen. Drei Jahre später und wenige Wochen vor dem 30. Klimagipfel hat sein Image als Klimavorreiter deutlich gelitten.

"Brazil is back." Die Menge jubelte, als Luiz Inácio Lula da Silva vor knapp drei Jahren die Rückkehr seines Landes zur internationalen Klimadiplomatie ankündigte. Offiziell war Brasilien nie aus der UN-Klimarahmenkonvention oder dem Pariser Klimaabkommen ausgestiegen, aber Lulas Vorgänger, der rechtsextreme Präsident Jair Bolsonaro, hatte keinen Hehl aus seiner Abneigung gemacht.

Bolsonaro leugnete den menschengemachten Klimawandel, drohte etliche Male, aus dem Paris-Abkommen auszutreten, und in seiner vierjährigen Amtszeit nahm die Abholzung des Amazonas-Regenwaldes um 60 Prozent zu.

Nur wenige Tage vor seiner Rede auf dem 27. Weltklimagipfel in Ägypten hatte Lula die Wahl gegen Bolsonaro gewonnen. Der Sozialdemokrat hatte im November 2022 das Amt also noch nicht einmal offiziell übernommen und versprach bereits vor den Augen der Weltöffentlichkeit, den Kampf gegen den Klimawandel wieder zur obersten Priorität in Brasilien zu machen.

Und mehr noch: Der heute 80-Jährige, der Brasilien bereits von 2003 bis 2011 regiert hatte, schlug sein Land, genauer den brasilianischen Amazonas-Regenwald, als Austragungsort für COP 30, die diesjährige UN-Klimakonferenz, vor.

[...] Die Chronologie des Imageverlusts geht so: Schon in Lulas erstem Amtsjahr versteigerte die brasilianische Regierung über 600 Blöcke – abgegrenzte Flächen auf See oder an Land – für Explorationsbohrungen nach Öl und Gas an Unternehmen wie Chevron, Exxon Mobil oder Petrobras ...

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Die Atomindustrie und Kini Jödler lieben die Fusionsenergie; Es winken Verträge in Milliardenhöhe ohne jeglichen Erfolgsdruck ...

Deutsche Fusionsenergie in 15 Jahren? Bayern prescht schon mal vor

Im Zuge des Aktionsplans "Fusion 2040" plant die Bundesregierung das erste Fusionskraftwerk der Welt in Deutschland. Wird der Bau schneller fertig als Stuttgart 21?

Kernfusion verspricht saubere Energie: Man erhitzt ein Plasma auf ein paar hundert Millionen Grad, so dass Atomkerne verschmelzen und ein Vielfaches der investierten Energie abgeben. »Wenn die Sonne das hinkriegt, schaffen wir das bestimmt auch«, meinten Physiker schon früh im letzten Jahrhundert, als dieses Konzept erstmals erforscht wurde.

Die grundlegenden technischen Schwierigkeiten beim Erreichen der nötigen Temperaturen und der Eindämmung des Plasmas, damit es an Ort und Stelle bleibt, werde man früher oder später schon in den Griff bekommen.

Der Aktionsplan der Bundesregierung "Fusion 2040" umfasst neben einer unter Finanzierungsvorbehalt stehenden Förderung von 1,7 Milliarden Euro für die Fusionsforschung auch einen ungefähren Zeitplan: Der Bau eines Prototyps, der nicht nur ein für Experimente nutzbares Plasma liefert, sondern netto Energie erzeugt, ist für “die erste Hälfte der 30er bis Anfang der 40er Jahre“ geplant.

Experten wie Frank Fleschner, Pressesprecher des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik in Garching, gehen davon aus, dass es etwa 20 Jahre dauern wird, bis das erste Fusionskraftwerk stehen kann, jedoch nur “wenn wir jetzt richtig Gas geben“. Das ist ein wesentlicher Unterschied bezüglich der Zeitabgaben, der zu genauerem Hinschauen einlädt.

Bayern legt schon mal los

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder ist bekennender Fusions-Fan. Für 100 Millionen wurden bereits neue Lehrstühle und Studiengänge in Augsburg, Erlangen und München in Angriff genommen. Herr Söder wünscht sich, dass das erste funktionierende Fusionskraftwerk der Welt in Bayern entsteht.

Sein Interesse an Endlagern für radioaktive Abfälle aus Kernkraftwerken ist hingegen deutlich geringer – und da auch Fusionsreaktoren nach heutigem Kenntnisstand (schwach) strahlende Abfälle erzeugen könnten, kann der Rest der Bundesrepublik ja schon mal nach geeigneten Entsorgungsmöglichkeiten Ausschau halten ...

 


26. Oktober


 

Brasilien | Regenwald | Aufforstung

Aufforstung in Brasilien:

Kann Geld den Amazonas retten?

Die brasilianische Regierung will Milliarden in reichen Ländern einsammeln, um ehemaligen Regenwald wieder aufzuforsten. Zu Besuch auf einer neuen Pflanzung – und beim Volk der Fledermäuse.

[...] Knapp 20 Prozent des ursprünglichen Amazonaswalds sind bereits den Kettensägen und der Brandrodung zum Opfer gefallen, eine Gesamtfläche von 1,2 Millionen Quadratkilometern, mehr als dreimal so groß wie Deutschland. So ist es auch rings um das Örtchen Americano passiert. Früher stand in der Gegend undurchdringlicher Regenwald. Auf der Projektfläche, die Belterra jetzt wieder herstellen will, haben zuletzt 150 Büffel geweidet.

"Ein Landwirt nutzt so ein Gebiet zehn, zwanzig Jahre lang, dann zieht er einfach weiter", sagt Natan João Tavares de Araujo, Agrarökonom, 25 Jahre alt, der hier als Angestellter von Belterra die Wiederaufforstung beaufsichtigt. Statt das Land wieder fruchtbar zu machen, werde einfach die nächste Fläche Regenwald abgeholzt. Zurück bleibe karger Boden unter praller Sonne, vom tropischen Regen ausgespült und von Rindern festgetrampelt. Unfähig, sich von selbst zu regenerieren.

Belterra versucht schon seit einigen Jahren, aus solchen Flächen wieder Wald zu machen, und offenbar ist das ein erstaunlich lohnenswertes Geschäft. Eine der Geldquellen: Große Konzerne zahlen dafür als Ausgleichsmaßnahme, wenn sie irgendwo anders Umweltschäden verursacht oder viel CO₂ in die Luft geblasen haben. Der Bergbaukonzern Vale etwa, der in Brasilien ganze Naturräume in Wüstenlandschaften verwandelt hat, gehört zu den Belterra-Finanziers. Auch westliche Konzerne interessieren sich für diese Projekte, derzeit ein großer Lebensmittelhersteller.

[...] Bei der Waldpflanzung in der Nähe von Americano dauert es nicht lange, bis einem auffällt: Hier stimmt doch was nicht! Tavares de Araujo erklärt, welche Pflanzenarten hier so hoffnungsfroh in die Höhe streben, aber sie heißen nicht Mahagoni, Paranuss oder Sumaúma. Der Agrarökonom klingt eher so, als laufe er durch die Gemüseabteilung im Supermarkt: Bananen, Kakao, Maniok. "Am Ende wird es kein natürlicher Wald sein", gibt er zu. "Es wird ein Wald, der für den kommerziellen Anbau gepflanzt ist." Er nennt den Fachbegriff dafür: Agroforst.

Belterra plant hier nicht etwa einen Schwindel. Die Firma verheimlicht nicht, dass sie vor allem auf Nutzpflanzen setzt – und argumentiert, dass das die Dauerhaftigkeit der neuen Wälder garantiere. Agroforst soll nach ihren Vorstellungen nicht ein Teil der Wildnis, sondern der Landwirtschaft sein. Er soll Rendite abwerfen, und zwar mehr als es Rinderhaltung oder Holzhandel könnte. Was hätte die ganze Aufforsterei sonst für einen Sinn? Außerdem wären die Bananenstauden schon nach einem Jahr ausgewachsen, die überall dazwischen gepflanzten, urtümlichen Amazonasbäume aber erst in zehn Jahren.

[...] Wenn Lula da Silva Mitte November die Klimakonferenz in Belém eröffnet, wird er wohl wiederholen, was er seit Monaten über dieses Ereignis sagt. Im September zum Beispiel kündigte er vor der UN-Generalversammlung in New York an, dass es eine "Weltklimakonferenz der Wahrheit" werde. Die Rettung des Amazonaswalds könne nur gelingen, "wenn wir sicherstellen, dass die Millionen Menschen im Amazonasgebiet in Würde leben können" ...

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Atommüll | Zwischenlager | Akw Gundremmingen

AKW Gundremmingen: Kühltürme gesprengt - Atommüllprobleme bleiben

Rückbau der AKW geht voran / Atommülllager nicht ausreichend sicher / Zwischenlagerung von Atommüll noch mindestens 100 Jahre notwendig.

Nach rund 45 Sekunden waren die 160 Meter hohen Kühltürme des ehemaligen Kernkraftwerks Gundremmingen Geschichte. Am Samstag, 25. Oktober 2025 wurden sie von Spezialisten eines renommierten deutschen Sprengunternehmens kontrolliert und erfolgreich hintereinander sprengtechnisch niedergelegt. In den Wochen vor der Sprengung wurden bereits sogenannte Fall- und Vertikalschlitze in die Kühlturmhülle eingebracht.

Rund 600 Kilogramm Sprengstoff in insgesamt 1.800 Bohrlöchern waren erforderlich, um die beiden Kühltürme – die in der Betriebsphase glücklicherweise nicht mit Radioaktivität in Berührung gekommen sind – niederzulegen. Die rund 56.000 Tonnen Material sollen zu Recycling-Schotter aufbereitet werden. Rund 30.000 Zuschauer verfolgten die Sprengung aus sicherer Entfernung.

Zur Sprengung im Rahmen des Rückbaus der Anlage am 25. Oktober erklärt Helge Bauer von der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt:

„Die Sprengung der beiden Kühltürme des ehemaligen Atomkraftwerks Gundremmingen hat vor allem einen symbolischen Wert. Sie steht für den endgültigen Rückbau der AKW in Deutschland. Hoffentlich lässt sie auch die gefährlichen Hirngespinste von Jens Spahn und anderen in sich zusammenfallen, diese Uralt-Atommeiler wieder in Betrieb nehmen zu wollen. Doch auch wenn die Kühltürme als sichtbare Mahnmale einer über Jahrzehnte verfehlten Energiepolitik nun Geschichte sind, darf das nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele Atommüllprobleme auch in Gundremmingen noch bis ins nächste Jahrhundert auf ihren Abtransport warten. Ein sogenanntes Endlager ist bis dahin nicht in Sicht. Aktuell lagert der Atommüll auf dem Gelände des ehemaligen AKW in Zwischenlagern, die keinen angemessenen Schutz vor ihrem gefährlichen Inhalt bieten. Es fehlen auch ausreichende Reparaturmöglichkeiten für beschädigte Lagerbehälter (Castoren). Ein Angriff mit Drohnen auf die Gebäude hätte verheerende Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Dringend benötigt wird ein umfassendes Lagerkonzept von Betreiber und Atomaufsicht, welches den kompletten Zeitraum der noch anfallenden Zwischenlagerung von 100 Jahren betrachtet. Dieses muss den maximalen Schutz vor aktuellen Bedrohungslagen sowie ein angemessenes Alterungsmanagement für Gebäude und Lagerbehälter gewährleisten.“

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China | Offshore | Rechenzentren

Weltpremiere in Shanghai: Windräder versorgen KI-Rechenzentrum auf dem Meeresgrund

Die Idee, Rechenzentren im Meer zu versenken, ist nicht neu. Doch ein neues Projekt in China hebt das Konzept nun auf eine neue Stufe der Nachhaltigkeit und koppelt es direkt an die Offshore-Windkraft.

China hat die Fertigstellung des nach eigenen Angaben weltweit ersten windbetriebenen Unterwasser-Rechenzentrums (UWR) bekannt gegeben. Die Anlage befindet sich vor der Küste der Lin-gang Special Area, einer Freihandelszone in Shanghai. Hinter dem Projekt steht das Unternehmen Shanghai Hailanyun Technology, auch bekannt als HiCloud.

Der entscheidende Vorteil dieser Bauweise ist seine Effizienz. Das UWR nutzt das kalte Meerwasser als natürliche Kühlquelle. Dadurch soll der Energieaufwand für die Kühlung, der bei landgestützten Rechenzentren oft 40 bis 50 Prozent des Gesamtverbrauchs ausmacht, auf unter zehn Prozent sinken.

Die Energieversorgung des neuen Rechenzentrums wird zu über 95 Prozent direkt von einem nahegelegenen Offshore-Windpark gedeckt. Diese Kombination aus erneuerbarer Energiequelle und passiver Kühlung ist der eigentliche Fortschritt des Projekts.

[...] Die Anlage dient nicht nur der reinen Datenspeicherung. Laut offiziellen Angaben soll das UWR als „grünes, hochleistungsfähiges Unterwasser-Rechencluster“ fungieren. Es ist für KI-Workloads, das Training von High-End-Modellen sowie als Infrastruktur für 5G und das industrielle Internet der Dinge (IIoT) ausgelegt.

[...] Zu den größten ungelösten Herausforderungen gehören die langfristigen Wartungskosten unter Wasser, die Korrosion durch das Salzwasser und die potenziellen Auswirkungen auf die Meeresumwelt. Offen bleibt die Frage, welche ökologischen Folgen die Einleitung der Abwärme in das lokale Ökosystem des Meeresbodens hat.

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Vereinigte Staaten | Strompreise | Don Trumpl | Rechenzentren

Stromfresser Rechenzentrum: Das Ende des billigen Stroms in den USA

Don Trumpl sagt heute dies und morgen das Gegenteil, und er tut alles, um die Situation für alle anderen zu verschlimmern ...Private Haushalte sollen mit höheren Stromrechnungen die KI-Rechenzentren subventionieren. In Ohio droht sogar der Stromausfall.

Die USA sind bekannt als the land of plenty, das Land der Spritschlucker und Klimaanlagen. Benzin und Strom sind für deutsche Verhältnisse unfassbar günstig. Energiesparen war da nie ein brennendes Thema. Das ändert sich unter Präsident Trump gerade, weil er den Bau von Rechenzentren für Künstliche Intelligenz wünscht.

Weil die USA bei der Entwicklung und beim Einsatz von KI sich seit geraumer Zeit im ungezügelten Wettbewerb mit dem Reich der Mitte befinden, steigt der Stromverbrauch der dafür benötigten Rechenzentren ins Unermessliche. Private Haushalte sollen dafür jetzt bezahlen und schauen immer häufiger fassungslos auf ihre Stromrechnung. Anders als von US-Präsident Donald Trump versprochen, steigen die Energiekosten.

[...] Im Bundesstaat Missouri waren die Strompreise im ersten Halbjahr gut 38 Prozent höher als im Vorjahr. In North Dakota waren es fast 34 Prozent und in New Jersey beinahe 29 Prozent. Zwar waren die Preissteigerungen während Covid durchaus noch höher, aber inzwischen wächst die Sorge, dass die aktuelle Preis-Rally erst der Anfang ist und das Schlimmste erst noch bevorstehen könnte.

Trumps Politik dürfte einerseits die Inflation befeuern, nicht zuletzt durch steigende Strompreise. Zudem dürfte der Versuch der Trump-Regierung, den Ausbau erneuerbarer Energien zu bremsen, die Stromversorgung genau zu einem Zeitpunkt verknappen, an dem Solarenergie die am schnellsten wachsende Energiequelle des Landes ist. Und Zölle auf importierte Metalle dürften die Kosten für die Strominfrastruktur weiter in die Höhe treiben.

Zusätzlich müssen die Stromnetze aufwendig repariert werden, da beispielsweise in Kalifornien in den vergangenen Jahren viele Stromleitungen bei Waldbränden zerstört wurden und jetzt unterirdisch verlegt werden, um sie vor weiteren Katastrophen zu schützen. Ähnlich ist die Lage nach schweren Stürmen und Fluten an der Golfküste. Bundesstaaten wie Florida und Texas müssen ihre Energie-Infrastruktur ebenfalls fit für die Zukunft machen. Das treibt die Stromkosten für die Endverbraucher ungebremst nach oben.

[...] Die Privathaushalte sollen mit ihren steigenden Strompreisen die profitabelsten Unternehmen der USA quersubventionieren. Die Rechenzentren sind gigantische Stromfresser, die rund um die Uhr laufen und daher ununterbrochen mit Energie versorgt werden. Die Folgen spüren vor allem die Regionen, in denen diese Rechenzentren entstehen. Der Strombedarf übersteigt inzwischen das Angebot deutlich. Energieunternehmen kommen mit dem Bau neuer Stromquellen nicht mehr hinterher.

Als Lösung für dieses Problem wollen Bundesstaaten wie Ohio den Privathaushalten den Strom notfalls abdrehen. Rechenzentren sollen Vorrang bekommen, wenn die Lage angespannt ist. Da wundert es kaum, dass die Bevölkerung sauer wird auf die Netzbetreiber, die Energieunternehmen, die Tech- und KI-Konzerne, aber zunehmend auch auf die Politik. Die Technik- und Innovationsfreundlichkeit der USA könnte dabei unter die Räder kommen und China den Vortritt bei der technischen Entwicklung überlassen müssen.

 


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Aktuelles+

26. Oktober 2025 

Zerstörung der DemokratieFaschismus und die Freude an Gewalt und Grausamkeit

"Zerstörungslust": Wo geht’s hier zur Krise?

Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey wollen den rechtsautoritären Aufstieg mit Zerstörungslust erklären. Sie kommen dabei etwas durcheinander.

Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein; wo jetzt noch Städte stehen, wird eine Wiese sein – so jedenfalls der Barockdichter Andreas Gryphius, dessen Pessimismus Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey, Meister des politischen Oxymorons, in ihrem neuen Buch Zerstörungslust. Elemente des demokratischen Faschismus wenigstens ein bisschen zu teilen scheinen. Schon in ihrem 2022er-Querdenker-Takedown Gekränkte Freiheit. Aspekte des libertären Autoritarismus wurde jene Kunst des verblüffenden Ideologieparadoxons erfolgreich praktiziert: libertärer ... Autoritarismus?, rieb man sich die Augen, denn das schien begrifflich so gar nicht zusammenzupassen. Und jetzt "demokratischer Faschismus"? Kann es so etwas überhaupt geben?

Offenbar, und Zerstörungslust rekonstruiert gekonnt die majoritär abgesegnete Regression in den Rechtsautoritarismus mit Daten und Elan; Ende November bekommt das Autorenduo dafür in München den Geschwister-Scholl-Preis. Demokratischer Faschismus, das ist die "Verflechtung von faschistischen Neigungen und demokratischen Bekenntnissen", so definieren es der Soziologe Nachtwey und die Literaturwissenschaftlerin Amlinger, die beide an der Universität Basel arbeiten. Der titelgebende Begriff bleibt deshalb auch etwas konturlos, denn als die wahren Vertreter des – gegebenenfalls erst noch ethnisch zu bereinigenden – Volkes verstanden sich Faschisten schließlich immer schon.

Dass es jene Zerstörungslust gibt, ist freilich schwer zu bestreiten. Aber woher kommt sie? Manche Menschen, sagt schon Butler Alfred im Batman-Abenteuer The Dark Knight, wollen die Welt einfach brennen sehen. Amlinger und Nachtwey unterscheiden hier Erneuerer, Zerstörer und libertär-autoritäre Typen. Und auch deren destruktive Tendenzen lassen sich noch mal in drei Varianten unterscheiden: die ostentativ antiökologische, von der Politikwissenschaftlerin Cara Daggett so bezeichnete "Petromaskulinität", dann der "Akzelerationismus", der den angeblich unvermeidlichen sozialen Verfall gern noch beschleunigt sehen möchte, und der – immerhin – Destruktionismus à la Joseph Schumpeter; der österreichische Nationalökonom hatte einst den Begriff der "schöpferischen Zerstörung" geprägt.

Gemeinsam ist diesen Typen der Wunsch, sogar die Sehnsucht, soziale Institutionen radikal umzuformen und/oder abzuschaffen. Das lässt sich auch empirisch bestätigen, wie die von Amlinger und Nachtwey zitierte "need for chaos"-Theorie des dänischen Politikwissenschaftlers Michael Bang Petersen zeigt. Gleich mitserviert werden viele originelle Begriffsprägungen wie "soziale Klaustrophobie" oder "transversale Allianzen der Verlustabwehr", auch wenn nicht alles zündet: "Austeritätspolitik ist eine Form symbolischer Gewalt", das ist so was von 2017.

Wer sind also jene Zerstörer und Erneuerer? "Kränkungsanfällige, rachsüchtige Männer, die den Egalitätsschub in der Gesellschaft nicht verkraften"? Das wäre bequem, kann aber ja irgendwie nicht die ganze Wahrheit sein, denn die Zerstörungslust findet sich auch bei Frauen. "Statusangst" der Mittelklasse? Vielleicht, ist aber nicht neu. Eine verfallende Infrastruktur? "Die Bahn kommt chronisch zu spät", Brücken müssen gesprengt werden oder stürzen ein. Andererseits: Wi-Fi zu langsam? Bordbistro im ICE mal wieder geschlossen? Das ist nervig, klar, aber waren Internet und ICE in meiner Kindheit besser? Ach ja, richtig, es gab sie gar nicht!

Oder ist der Neoliberalismus schuld? Dessen zentrales Anliegen bestehe darin, "den Markt rechtlich und institutionell zu ummanteln, um ihn gegen demokratische Ansprüche zu schützen". Dies soll vermutlich etwas Schlechtes sein, aber es ist nicht ganz klar, inwiefern: Denn die Kernthese von Amlinger und Nachtwey ist ja gerade, dass demokratische Kräfte oft höchst problematisch sind. Ich persönlich möchte den Markt eigentlich ganz gerne – wenigstens manchmal – von demokratischen Ansprüchen isolieren, denn "demokratisch", das klingt zwar immer gut, aber Brexit und Trump sind ja demokratischen Ursprungs und nicht von amazon.com installiert.

Was sonst könnten die Quellen jener um sich greifenden sozialen Frustration sein? Bürokratie führt zu Bevormundung: Das ist eine weitere Konsequenz des Neoliberalismus, denn die Entfesselung von Marktdynamiken steigert in Wahrheit den Regulierungsbedarf, wie Amlinger und Nachtwey angenehm kontraintuitiv argumentieren. Gleichzeitig wird diese Bürokratie von Personen bevölkert, die anderen Menschen gerne ins Leben reinreden und moralistische Überlegenheit verspüren. Und: Meritokratie und Wettbewerb führen zu einem Gefühl des Bedrängtseins und der Prekarität. Weiter: Das von den Autoren korrekt als irreführend beschriebene "Nullsummendenken" lässt uns die gesamte Gesellschaft als Wettbewerb sehen, in dem es immer Gewinner und Verlierer gibt, aber keine Verbesserung für alle.

Und so weiter: Es werden viele verschiedene Erklärungsansätze für die destruktiven Energien der Gegenwart diskutiert, und man kann hier viel von Amlinger und Nachtwey lernen. Ein systematisches Gesamtbild mag sich trotzdem nicht ergeben. Wahrscheinlich gibt es auch einfach keins.

Primär eine gefühlte Krise

Das Duo stellt immer und immer wieder fest, dass sich jener "nostalgische [...] Blick in die Vergangenheit" zu einem erheblichen Teil aus "sentimentalen Fantasien" speist: ehemals tödliche Krankheiten wie HIV/Aids, bemerken die Autoren, sind inzwischen beherrschbar, Armut und Kindersterblichkeit nehmen ab, ebenso die Wochenarbeitszeit. Umgekehrt ist die "Polykrise", die heutzutage um sich greift und aus Kriegen und Klimawandel besteht, zwar real, aber wie sehr sind die Menschen in Deutschland und den USA, auf die sich die Autoren konzentrieren, bisher wirklich in ihrem Alltag davon betroffen?

"Nach dem Fortschritt" lebten wir heute, behaupten Amlinger und Nachtwey. Die Sorgen und Ängste der Bürger in spät- und ganzspätmodernen Gesellschaften ließen sich nicht mehr durch wachsende Produktivität wegsedieren. Aber wenn man genau hinsieht, ist auch diese Diagnose etwas merkwürdig. Denn die Wirtschaft schrumpft ja nicht, sie wächst nur langsamer, nämlich inzwischen nur noch mit 1,9 und nicht mehr, wie in den Siebzigern, mit über drei Prozent. Ein echter Rückschritt sähe anders aus. Und selbst wenn: Wie genau funktioniert der kausale Mechanismus, der mich das verlangsamte Wirtschaftswachstum im Vergleich zur Zeit vor 50 Jahren, als ich noch nicht geboren war, spüren ließe, was mich dann aggressiv-zerstörerisch werden lassen kann? Wie überträgt sich diese Wahrnehmung?

"Viele Menschen gehen zumindest unbewusst davon aus, dass die Zukunft schlechter sein wird, dass es ihre Kinder in ökologischer Hinsicht nicht mehr besser haben werden": Das mag sein, aber hier vermisse ich linksliberale Selbstkritik. Denn auch wenn das rechtskonservative Lager von xenophoben Schauermärchen faselt, dadurch politisch opportune Ängste mobilisiert und den Klimawandel gleich ganz leugnet, ist die Vorstellung vom ökologischen Kollaps, der unsere Kinder und Kindeskinder erwartet, eine liberal-progressive Form der Desinformation. Man kann es nicht oft genug sagen, aber die These, dass der Lebensstandard der Zukunft durch die Klimakrise unter das Niveau des heutigen Lebensstandards sinke, ist nicht wahr, egal wie oft das behauptet wird. Und an alldem ist natürlich laut Amlinger/Nachtwey der Kapitalismus schuld, so als sei Umweltzerstörung nicht schon seit Jahrtausenden ein präsentes Problem.

Das ständige Feindbild dieses Buches ist die AfD, deren oft von Schicksalsschlägen gepeinigte Unglücksrabenklientel in plastisch-unterhaltsamen Kurzporträts vorgestellt wird, wie etwa der 57-jährige Manfred Gruber, der die Unaussprechlichen wählt, weil er das Gefühl hat, dass alles den Bach runtergeht; oder Rainer Kunz, der seit Covid "Elon-Fan" ist. Zugegeben, ich kann sie auch nicht ausstehen, diese parteigewordene Halitosis, aber ich finde es immer etwas unschicklich, wenn Wissenschaftler sich allzu klar parteipolitisch positionieren. Das ist jedoch Geschmacksache.

Zerstörungslust ist ein empfehlenswertes Buch, denn dass es gegenwärtig eine starke Verlustwahrnehmung gibt, ist klar. Nicht zuletzt sind die eigenen empirischen Umfragen der Autoren interessant. Aber was zeigen ihre Daten wirklich? Da sticht vor allem ins Auge, dass soziale Destruktivität gerade nicht sehr weit verbreitet ist, weil sie sich hauptsächlich bei sehr jungen Menschen findet – was, offen gestanden, nicht sehr überraschend ist. Etwas zweifelhaft finde ich, wie Amlinger und Nachtwey die Zerstörungslust von ihren Studienteilnehmern anhand von drei Aussagen erfragen wollen, von denen eine lautet: "Wenn man gute Gründe hat, ist auch gewalttätiges Verhalten gerechtfertigt" – eine Aussage, der in Wirklichkeit jeder vernünftige Mensch zustimmt (man denke an Selbstverteidigung und andere Notfälle).

Eines der zentralen Probleme von Krisendiagnosen wie der von Amlinger und Nachtwey besteht in dem Versuch, einerseits eine reale Krise herauszuarbeiten, also etwas, das messbar und objektiv im Argen liegt und von den Menschen gespürt oder gesehen wird. Andererseits müssen die Diagnostiker auch immer wieder zurückrudern, weil es jene objektive Krise gar nicht so richtig zu geben scheint. Es wird deshalb nie ganz klar, ob die Krise primär in einem Krisengefühl auf der Suche nach einer Krise besteht oder ob ebendieses Krisengefühl eher eine Reaktion auf objektive Missstände ist. Selbstverständlich ist unsere moderne Gesellschaft sehr, sehr weit davon entfernt, perfekt zu sein. Doch das Duo muss immer wieder einräumen, dass es sich am Ende primär um eine gefühlte Krise handelt, eine "subjektive Wahrnehmung", die freilich politisch "ausschlaggebend" ist. Amlinger und Nachtwey wollen sagen, dass "zentrale Versprechen spätmoderner Gesellschaften sich für viele Menschen als leer herausstellen". Aber welche Versprechen waren das? Welche genau? Mehr Gleichheit? Längeres Leben? Flugreisen und Flachbildschirme? Und welche davon sind für die Menschen im Westen wirklich unerfüllt geblieben?

Die Neofaschisten der Gegenwart wollen mit "wohltemperierter" und pädagogisch eingesetzter Grausamkeit die angeblich korrupten Elemente der Gesellschaft entmachten oder zum Schweigen bringen. Dies war immer schon eine der Hauptattraktionen des fascismo: die Lizenz zum Töten, die sich gegen Eliten, Minderheiten und Migranten wendet. Was tun? Eine Ironie des Buches besteht darin, dass Amlingers und Nachtweys zeitgemäßer Antifaschismus den Liberalismus, genau wie sein Antipode, ebenfalls abschaffen will: Einen postliberalen Antifaschismus brauche es, denn der alte Liberalismus sei irgendwie nicht sexy genug. Dem affektiven Magnetismus faschistischer Mythen müsse man die "Vision einer Gesellschaft gegenüberstellen, die das Leben bejaht und Lust auf Teilhabe macht" und dabei marginalisierte Individuelle und unkonventionelle Lebensformen nicht ausschließt. Finde ich gut, aber das klingt doch sehr nach genau den Idealen, die wir aktuell schon haben. Das ist übrigens kein Vorwurf an Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey, denn "Soziolog:innen sind [...] Expert:innen für Probleme, nicht für konkrete Lösungen", um dem Aufstieg der neuen Faschist:innen etwas entgegenzusetzen.

 


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Hintergrundwissen

Die Karte der nuklearen Welt

 
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Die "Interne Suche"

Zerstörung der DemokratieFaschismus und die Freude an Gewalt und Grausamkeit

27. September 2025 - Wer Kommunalpolitiker angreift, attackiert die Demokratie

12. September 2025 - US-Armee - Avantgarde des Faschismus

1. August 2025 - Biden warnt USA vor »dunklem Zeitalter«

1. Juni 2025 - „Mein ‚Kosmopolitismus‘ ist in meiner Eigenschaft als Jude begründet“

30. Mai 2025 - AfD und Junge Neonazis - Distanzierung Fehlanzeige

24. Mai 2025 - Deutschland muss Israel mit Sanktionen drohen

23. Februar 2025 - Hatten wir denn eine Wahl?

16. Februar 2025 - Alexej Nawalny war mutig genug, Putins absurde Tyrannei zu verspotten

3. Januar 2025 - »Rechte Propaganda will Gefühle vom Verstand abspalten«

27. August 2024 - Islamismus – eine rechtsextreme Ideologie, die selten so genannt wird
 

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Die Suchmaschine Ecosia pflanzt Bäume!

https://www.ecosia.org/search?q=Zerstörung%20der%20Demokratie

https://www.ecosia.org/search?q=Faschismus%20Grausamkeit
 

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Wikipedia de

Faschismus

Faschismus (von italienisch fascio „Bund“) war zunächst die Eigenbezeichnung einer politischen Bewegung in Italien, die unter Führung von Benito Mussolini von 1922 bis 1943/45 die beherrschende politische Macht war und ein diktatorisches Regierungssystem errichtete, den Italienischen Faschismus.

Ab den 1920er Jahren wurde der Begriff für alle ultranationalistischen, nach dem Führerprinzip organisierten antiliberalen und antimarxistischen Bewegungen, Ideologien oder Herrschaftssysteme verwendet, die seit dem Ersten Weltkrieg die parlamentarischen Demokratien abzulösen suchten. Die Verallgemeinerung des Faschismus-Begriffs von einer zeitlich und national begrenzten Eigenbezeichnung zur Gattungsbezeichnung einer bestimmten Herrschaftsart ist umstritten, besonders für den deutschen NS-Staat. Mit der Beschreibung und Erklärung des Faschismus beschäftigt sich die Faschismustheorie.

Als Neofaschismus bezeichnet man im engeren Sinne die von Anhängern des Faschismus getragene politische Bewegung in Italien nach Mussolinis Sturz (Movimento Sociale Italiano 1946–1995 sowie neuere Bewegungen). Im weiteren Sinne werden auch in anderen Ländern bestehende Bewegungen und Parteien der extremen Neuen Rechten so bezeichnet, die sich zum Führerprinzip und zu völkisch beziehungsweise rassisch begründetem Elitedenken bekennen und einen übersteigerten Nationalismus und militanten Antikommunismus beziehungsweise eine latente Gewaltbereitschaft pflegen. In Deutschland trifft dies auf die Neonazis zu ...
 

Frankfurter Schule: Theorie des autoritären Charakters

Die Theorie des autoritären Charakters der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule von Horkheimer und Adorno beschäftigt sich mit der Frage, warum Teile der Gesellschaft „für faschistische Propaganda oder, allgemeiner, für autoritäre Meinungen“ empfänglich sind. „Sie geht davon aus, dass die Empfänglichkeit für solche Meinungen stärker vom Charakter als von bewussten politischen Überzeugungen oder Überlegungen abhängig sind. Diese Einsicht half verstehen, wie es historisch möglich war, dass die Unterstützerfront des Faschismus keineswegs vor der Arbeiterklasse haltmachte. Die Gesellschaftstheorie war daher, wenn sie sich der Erklärung des Autoritarismus nicht verschließen wollte, auf Psychologie verwiesen.“ Unterschieden wird hierbei zwischen einem schwachen Ich und einem starken Ich. Danach ist bei dem schwachen Ich die Fähigkeit zur Selbstreflexion nur gering ausgeprägt. Es nimmt „gesellschaftliche Verhältnisse projektiv“ (Weyand) wahr und neigt somit zu Vorurteilen. Diese Theorie baut auf der Freud’schen Theorie auf: „Sie unterstellt ein spezifisch Historisches, nämlich die Existenz einer patriarchalen familiären Konstellation, in der sich aus dem Konflikt zwischen dem Kind und einem starken, übermächtigen Vater eine sadomasochistische Triebstruktur ausbildet und verfestigt.“ (Weyand) Das gilt ebenso für die freudsche Massenpsychologie, so wie sie von Adorno rezipiert wird. Nach Adorno hat „[d]ie faschistische Agitation ihr Zentrum in der Vorstellung des Führers (…), weil nur dies psychologische Bild die Idee des allmächtigen und drohenden Urvaters wiedererwecken kann.“

Das schwache Ich bildet den widersprüchlichen Wunsch, sowohl Teil der Autorität und des dominanten Kollektivs zu sein, als auch sich dieser Autorität zu unterwerfen. Das „führt gemäß der damaligen Auffassung weiterhin dazu, dass das schwache Ich seine Aggressionen gegen Fremdgruppen richten muss, weil es nicht in der Lage ist, sie gegen Autoritäten der eigenen Gruppe zu richten. Indem das schwache Ich sich zum Mitglied eines geschichtsmächtigen Kollektivs phantasiert, setzt es sich zugleich ins Einverständnis mit der Autorität der eigenen Gruppe. Dieser Mechanismus erklärt, warum das schwache Ich als autoritäres nur auftritt, wenn es sich des heimlichen oder ausgesprochenen Einverständnisses der Autorität der Eigengruppe gewiss sein kann. Es rebelliert, aber es rebelliert konformistisch.“ (Jan Weyand) Mit der konformistischen Rebellion ist eine außerordentliche narzisstische Befriedigung verbunden (Narzissmus der kleinen Differenzen nach Freud). Vor diesem Hintergrund schreibt Horkheimer, sei „das Vorurteil des Hasses unverrückbar, weil es dem Subjekt gestattet, schlecht zu sein und sich dabei für gut zu halten.“ ...
 

Bundeszentrale für politische Bildung

Zerstörung der Demokratie 1930-1933

Die Weltwirtschaftskrise beendet die wirtschaftliche Stabilisierung. Nach dem Sturz der letzten, auf eine parlamentarische Mehrheit gestützten Regierungskoalition beginnt mit dem Amtsantritt Heinrich Brünings die Zeit der Präsidialkabinette. Seine Nachfolger entmachten die Sozialdemokratie. In Verkennung des Risikos binden sie die radikalen Systemveränderer der NSDAP in die Ausübung der politischen Macht ein und geben so das Gesetz des Handelns aus der Hand.

Die Ära Brüning

Übergang zur Präsidialregierung

Die Weltwirtschaftskrise setzte der in den Jahren zuvor erreichten Stabilisierung ein Ende. Amerikanische Auslandsinvestitionen und Kreditmittel blieben aus, weil die Gelder nun in den USA selbst gebraucht wurden. Das traf das von diesen Mitteln abhängige deutsche Wirtschaftsleben hart. Produktionsrückgänge und Massenentlassungen waren die Folge.

Die Zahl der Arbeitslosen, die in Deutschland 1927 mit 1,5 Millionen ihren tiefsten Stand erreicht hatte und auch im Folgejahr kaum höher war, betrug nach einem Konjunktureinbruch im November 1928 bereits zwei Millionen und nur zwei Monate später schon mehr als drei Millionen. Im Januar 1932 erreichte die Arbeitslosenzahl mit etwas mehr als 6 Millionen ihren Höhepunkt. Das Bruttoinlandsprodukt ging nach dem Zusammenbruch der Weltbörsen um 6,7 Prozent zurück, die Steuereinnahmen brachen weg ...
 

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YouTube

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Wird in einem neuen Fenster geöffnet! - YouTube-Kanal "Reaktorpleite" Playlist - Radioaktivität weltweit ... - https://www.youtube.com/playlist?list=PLJI6AtdHGth3FZbWsyyMMoIw-mT1Psuc5Playlist - Radioaktivität weltweit ...

In dieser Playlist finden sich über 150 Videos zum Thema Atom*

 


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Newsletter XLIII 2025 - 19. bis 25. Oktober

Zeitungsartikel 2025

 


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