Newsletter XXXII 2025
3. bis 9. August
***
| Aktuelles+ | Hintergrundwissen |
Radioaktivität kumuliert; das bedeutet, radioaktive Partikel reichern sich im lebenden Organismus immer weiter an und mit der Zeit können ähnliche Schäden auftreten, wie bei einer kurzzeitig einwirkenden, massiven Strahlenbelastung ...
Die PDF-Datei "Nuclear Power Accidents" enthält eine Reihe weiterer Vorfälle aus verschiedenen Bereichen der Atomindustrie. Einige der Ereignisse wurden nie über offizielle Kanäle veröffentlicht, so dass diese Informationen der Öffentlichkeit nur auf Umwegen zugänglich gemacht werden konnten. Die Liste der Zwischenfälle in der PDF-Datei ist daher nicht zu 100% identisch mit "INES und die Störungen in kerntechnischen Anlagen", sondern stellt eine Ergänzung dar.
1. August 1983 (INES Klass.?) Akw Pickering, CAN
2. August 1992 (INES Klass.?) Akw Pickering, CAN
4. August 2005 (INES Klass.?) Akw Indian Point, USA
6. August 1945 (1. Atombombenabwurf der USA) Hiroshima, JPN
9. August 2009 (INES 1 Klass.?) Akw Gravelines, FRA
9. August 2004 (INES 1 Klass.?) Akw Mihama, JPN
9. August 1945 (2. Atombombenabwurf der USA) Nagasaki, JPN
10. August 1985 (INES 5) U-Boot-Unglücke, K-431, UdSSR
12. August 2001 (INES 2 Klass.?) Akw Phillipsburg, DEU
12. August 2000 (Broken Arrow) U-Boot-Unglücke, K-141_Kursk, RUS
18. August 2015 (INES 2) Akw Blayais, FRA
19. August 2008 (INES 1) Akw Santa Maria de Garoña, ESP
21. August 2007 (INES 2) Akw Beznau, CHE
21. August 1945 (INES 4) Atomfabrik Los Alamos, USA
23. August 2011 (INES 1 Klass.?) Akw North Anna, VA, USA
25. August 2008 (INES 3) Nuklearmedizin IRE Fleurus, BEL
29. August 1949 ("RDS-1" 1. Atombombentest UdSSR) Semipalatinsk, KAZ
30. August 2003 (Atom-U-Boot) U-Boot-Unglücke, K-159, RUS
Wir sind immer auf der Suche nach aktuellen Informationen. Wer helfen kann, sende bitte eine Nachricht an:
nukleare-welt@reaktorpleite.de
9. August
Sein Kampf gegen Wissenschaft und Bildung! Wer stoppt Don Trumpl?
UCLA:
Trumps Regierung verklagt kalifornische Universität
Die Universität UCLA in Los Angeles sei unzureichend gegen Antisemitismus vorgegangen, behauptet Donald Trump. Seine Regierung verklagt die Uni auf eine Milliarde Dollar.
US-Präsident Donald Trump hat eine Milliardenklage gegen die Universität von Kalifornien, Los Angeles (UCLA) wegen Vorwürfen des unzureichenden Vorgehens gegen Antisemitismus eingereicht. UCLA-Präsident James Milliken sagte, die Klage in Höhe von einer Milliarde US-Dollar (860 Millionen Euro) sei am Freitag bei der Hochschulleitung eingegangen und werde geprüft. Er warnte, eine Zahlung in dieser Höhe würde die UCLA "komplett vernichten".
Einem Bericht der New York Times zufolge verlangt die US-Regierung von der UCLA überdies die Zahlung von 172 Millionen Dollar an einen Entschädigungsfonds für jüdische Studierende und weitere von Diskriminierung Betroffene.
Bereits jetzt haben die öffentlichen Universitäten im Bundesstaat Kalifornien mit massiven Einschnitten zu kämpfen. Zuletzt hatte die US-Regierung mehr als eine halbe Milliarde Dollar an medizinischen und wissenschaftlichen Fördermitteln allein für die UCLA eingefroren.
[...] Die in der Klage von der UCLA geforderte Summe ist weitaus höher als die Zahlung von 221 Millionen US-Dollar, zu der sich im Juli die Columbia University wegen ähnlicher Antisemitismusvorwürfe der US-Regierung bereit erklärt hatte.
*
Israel | BenJaNimm Netanjahu | Völkerrecht
Internationale Kritik an den israelischen Gaza-Plänen – Netanjahu versucht zu beruhigen
Nach der Ankündigung der israelischen Regierung, auch die Stadt Gaza einzunehmen, mehrt sich Kritik. Auch befreundete Staaten wie Deutschland kritisieren Israel.
Gaza – Die neuen Pläne der israelischen Regierung, Gaza-Stadt zu erobern, stößt auch international auf Kritik. Damit würden zum einen die israelischen Geiseln in Gefahr gebracht werden und sich die humanitäre Lage verschlechtern. Am Sonntag will sich der UN-Sicherheitsrat in einer Dringlichkeitssitzung mit der Angelegenheit befassen.
„Ich bin zutiefst beunruhigt über die Entscheidung der israelischen Regierung, die Kontrolle über Gaza-Stadt zu übernehmen. Dies stellt eine gefährliche Eskalation dar und birgt die Gefahr, die bereits jetzt katastrophalen Folgen für Millionen Palästinenser noch zu verschärfen“, ließ UN-Generalsekretär António Guterres über X mitteilen. „Ich wiederhole meinen dringenden Appell für einen dauerhaften Waffenstillstand, ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe im gesamten Gazastreifen und die sofortige und bedingungslose Freilassung aller Geiseln.“
Befreundete Staaten warnen Israel wegen Gaza vor Bruch humanitären Völkerrechts
Auch die befreundeten Staaten Deutschland, Großbritannien, Italien, Neuseeland und Australien kritisieren die neuen Pläne von Israel im Krieg. Die Offensive würde die humanitäre Lage verschärfen, das Leben der Geiseln in Gefahr bringen und könnte zur massiven Vertreibung von Zivilisten führen, hieß es in einer gemeinsamen Stellungnahme der Außenministerien der fünf Länder. Auch birgt das die Gefahr zum Bruch des humanitären Völkerrechts.
Der einzige Weg zu einem dauerhaften Frieden zwischen Israelis und Palästinensern sei eine Zweistaatenlösung, hieß es in der gemeinsamen Stellungnahme. Dafür müsse die Hamas allerdings vollständig entwaffnet und von jeder Art von Regierungsverantwortung ausgeschlossen werden. Stattdessen sollte die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) eine zentrale Rolle in einer künftigen Regierung im Gazastreifen spielen. Israel lehnt das allerdings ab ...
*
Ukraine | Gaza | Völkerrecht
Völkerrecht in Kriegszeiten
"Der IGH wird nicht die Welt retten – aber es ist gut, dass er beansprucht wird"
Von Gaza bis Kyiv beherrschen Völkerrechtsbrüche die Schlagzeilen. Je erschütternder die Bilder, desto schwerer fällt der Glaube ans Völkerrecht. IGH-Richterkandidat Dapo Akande warnt vor Verdruss, ist aber weiter hoffnungsvoll.
Professor Akande, wenn man sich den jüngsten Anstieg von Drohnenangriffen Russlands auf die Ukraine oder das Aushungern von Gazas Zivilbevölkerung durch Israel anschaut, haben viele Menschen das Gefühl, dass das Völkerrecht kaum noch Bedeutung hat. Sie kandidieren für einen Richterposten am Internationalen Gerichtshof (IGH). Für diese Rolle muss man etwas optimistischer sein, oder?
Akande: Ja – und das bin ich auch. In dem Sinne, dass das Völkerrecht heute beliebter ist denn je. Es ist viel stärker im öffentlichen Bewusstsein – nicht nur das Völkerrecht selbst, sondern auch der IGH. Wenn ich früher jemandem – einem Taxifahrer oder meinem Nachbarn – erzählt habe, dass ich Völkerrechtler bin, haben sie gelächelt und gefragt: "Was bedeutet das eigentlich? Was machen Sie da?"
Und heute weiß der Taxifahrer, der Sie zum Flughafen fährt, was Sie machen?
Wenn man heute sagt, man ist Völkerrechtler, haben die meisten eine recht konkrete Vorstellung davon. Vielleicht nicht jeder Taxifahrer oder Nachbar, aber die Öffentlichkeit hat heute ein viel stärkeres Bewusstsein für das Völkerrecht und seine Institutionen.
Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite sprechen viele von einer Krise des Völkerrechts, weil sie sagen, das Recht wird ständig verletzt. Das stimmt auch – man muss nur den Fernseher einschalten.
Also steckt das Völkerrecht tatsächlich in einer Krise?
Ja, allerdings ist für mich nicht so eindeutig, ob es heute wirklich mehr Völkerrechtsverletzungen gibt als früher – oder ob wir einfach stärker dazu übergegangen sind, staatliches Verhalten an völkerrechtlichen Maßstäben zu messen ...
*
Nuklearwaffen | Hiroshima | Nagasaki
«Taktische Atombomben» – und ihre grausamen Folgen
Wer jetzt über den Einsatz «taktischer Atomwaffen» diskutiert, sollte wissen, was solche Bomben anrichten.
[...] Am Anfang des ICAN-Berichts steht eine Warnung: «Dieser Bericht enthält anschauliche Geschichten, Illustrationen und Fotos von extremer Gewalt gegen Kinder; detaillierte Beschreibungen von Verletzungen, Leiden und Tod von Kindern; Verweise auf psychische Erkrankungen, Selbstmord und Vernachlässigung von Kindern sowie Geschichten von Schäden, die schwangeren Frauen zugefügt wurden und zu Fehl- und Totgeburten führten.»
«Eine Mutter wiegte ihr Baby ohne Kopf und weinte … Kleine, barfüssige Kinder hockten in den Ruinen oder liefen an Leichen vorbei, nach ihren Müttern und Vätern rufend.»
Susan Southard, Autorin von «Nagasaki: Life After Nuclear War»«Ich fand meine ältere Schwester kaum wiedererkennbar unter den Sterbenden und Toten. Ihr Gesicht war geschwollen und verbrannt.»
Ein Mädchen in Nagasaki«Seine ganze Haut hatte sich abgelöst, da stand ein roter, nackter Körper. Wenn ich keine Intuition gehabt hätte, hätte ich wahrscheinlich geleugnet, dass dies mein Kind war.»
Yasuo Yamamoto über den Anblick seines Sohnes, der am nächsten Tag starb«Ein junges Paar, der Frau war die Kleidung vom Körper gerissen, beide waren blutüberströmt, hielt ein blutendes Baby und flehte um Hilfe, um ein zweites Kind zu finden, das unter den Trümmern verloren gegangen war.»
James N Yamazaki, Autor von «Children of the Atomic Bomb»«Alles, was ich sehen konnte, war zerstört. Kinder schrien nach ihren Müttern. Verkohlte Körper waren überall in der Stadt verstreut. Viele Menschen verloren ihre Arme oder Beine.»
Lee Su-yong, zum Zeitpunkt der Atombombenexplosion 15 Jahre
Diese Zitate stammen aus dem letztes Jahr erschienenen Bericht «Die Wirkung von Nuklearwaffen auf Kinder» der «Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen» (ICAN). Die ICAN erhielt 2017 den Friedensnobelpreis.
Schätzungsweise über 38’000 Kinder starben laut ICAN in Hiroshima und Nagasaki als direkte Folge der Atombombenabwürfe. Dazu kamen ungezählte Kinder, die Jahre später einer strahlenbedingten Leukämie oder anderen Strahlenkrankheiten erlagen ...
*
Tschechien | Akw Dukovany | Akw Temelin
Erste Arbeiten für Neubau von AKW Dukovany
Unbemerkt von der österreichischen Medienöffentlichkeit beginnen im grenznahen Dukovany die physischen Arbeiten für AKW-Blöcke neben den vier störungsanfälligen Reaktoren.
Auch in Temelin wurden - vorbereitend für die Errichtung des geplanten SMR-Parks - diese Woche geologische Untersuchungsbohrungen abgeschlossen.
Wie tschechische Medien verlauteten, wird heute mit geologischen Studien für den Bau der 2 geplanten AKW-Blöcke in Dukovany begonnen. Das Projekt, direkt neben vier störungsanfälligen Reaktorblöcken, die wie in Tschernobyl über kein Containment verfügen, zwei weitere Reaktoren zu bauen, verlässt damit die Phase des Papierkrieges - genau genommen schon zum zweiten Mal: Da in Tschechien schon ab 2012 Planungen für weitere AKW-Blöcke in Dukovany liefen, machte man schon 2016 geologische Untersuchungen.
Im Fall von Temelin wurden bereits vor 3 Jahren erste Probebohrungen gemacht, weitere sollen folgen. Man bekommt jedoch den Eindruck, die Untersuchungen wären reine Formsache, deren Ergebnisse bereits feststehen würden. Ein Sprecher von CEZ erwähnt, dass nach Untersuchungen in den 1980ern für die Reaktoren 1+2 und späteren Untersuchungen für die geplanten Reaktoren 3+4, der Standort Temelin ohnehin sehr gut für den Bau von AKWs geeignet wäre.
[...] "Defizitäre AKWs können nur gebaut werden, wenn sie von der öffentlichen Hand vielfach subventioniert werden. Diese Subventionen hat die EU für den zweiten geplanten Block in Dukovany noch nicht genehmigt. Das Genehmigungsverfahren für die SMR-Neubauten in Temelin soll 2026 starten. Das muss die österreichische Politik als Chance nützen und alle Hebel in Bewegung setzen, um diese Projekte an der Grenze zu verhindern!", fordert Stoiber die österreichische Bundesregierung zu entschiedenem Vorgehen in Brüssel auf.
*
9. August 2009 (INES 1 Klass.?) Akw Gravelines, FRA
Das Brennelementesystem hat die abgebrannten Brennstäbe nicht ordnungsgemäß aus dem Akw Gravelines ausgeworfen, was zu einer Verklemmung der Brennstäbe und zur Abschaltung des Reaktors führte.
(Kosten ca. 2 Millionen US$)
Nuclear Power Accidents
Langsam aber sicher werden relevante Infos zu Störungen in der Atomindustrie aus Wikipedia entfernt!
Wikipedia de
Kernkraftwerk Gravelines
Das Kernkraftwerk Gravelines besteht aus sechs Druckwasserreaktoren gleichen Typs, mit einer Nettoleistung von jeweils 910 MW. Betreiber ist das französische Unternehmen Électricité de France (EDF). Zur Kühlung wird Wasser aus dem Ärmelkanal genutzt, an dessen Küste das Kernkraftwerk liegt ...
Wikipedia en
Übersetzung https://www.DeepL.com/Translator
Gravelines Nuclear Power Station
Im August 2009 blieb während des jährlichen Brennelementewechsels in Reaktor 1 ein Brennelement an der oberen Handhabungsstruktur hängen, was den Betrieb stoppte und die Evakuierung und Isolierung des Reaktorgebäudes zur Folge hatte ...
*
9. August 2004 (INES 1 Klass.?)
Akw Mihama, JPN
Bei einer Dampfexplosion im Block 3 des Akw Mihama kamen 5 Arbeiter ums Leben, 6 weitere wurden verletzt.
(Kosten ca. 11 Millionen US$)
Nuclear Power Accidents
Wikipedia de
Kernkraftwerk Mihama#Störfälle
Nach zwei kleineren Vorfällen in Block 2 in den Jahren 1991 und 2003 kam es am 9. August 2004 um 15:30 Uhr Ortszeit zu einem tödlichen Unfall mit vier Opfern unter den Mitarbeitern. Nach Polizeiangaben wurden die Arbeiter von einem 270 Grad Celsius heißen Dampfstrahl erfasst. Weitere sieben Personen wurden verletzt. Der Unfall entstand durch ein Leck in der Turbinenhalle ...
AtomkraftwerkePlag
Mihama (Japan))#Leitungsbruch 2004 und andere Störfälle
Im August 2004 brach in Mihama-3 eine Kondensatleitung im nichtnuklearen Sekundärkreislauf in Längs- und Umfangrichtung. Das austretende Heißwasser verwandelte sich in Dampf und verbrühte Arbeiter; fünf starben, und sechs weitere wurden verletzt. Ursache war Korrosion und Schlamperei: Die Wandstärke der Leitung hatte sich von anfangs 10 mm auf bis ca. 1,5 mm verdünnt, und die Leitung soll seit der Inbetriebnahme des Reaktors nicht mehr überprüft worden sein. Die Schwachstelle war bereits ein Jahr zuvor bekannt gewesen ...
*
9. August 1945 (2. Atombombenabwurf der USA) Nagasaki, JPN
Wikipedia de
Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki
Die US-amerikanischen Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki am 6. August und 9. August 1945 waren die bislang einzigen Einsätze von Atomwaffen in einem Krieg.
Die Atombombenexplosionen töteten insgesamt ca. 100.000 Menschen sofort – fast ausschließlich Zivilisten und von der japanischen Armee verschleppte Zwangsarbeiter. An Folgeschäden starben bis Ende 1945 weitere 130.000 Menschen. In den nächsten Jahren kamen etliche hinzu. Japan gibt die Gesamtzahl der Gestorbenen, einschließlich der Toten durch Strahlenkrankheiten und -verletzungen, bisher mit 344.306 für Hiroshima und mit 198.785 für Nagasaki an (Stand: August 2024) ...
9. August 1945 - Fat Man
Eine Plutonium-Bombe wurde am 9. August 1945 von einem US-amerikanischen B-29-Bomber der 509. Composite Group abgeworfen und explodierte um 11:02 Uhr über der japanischen Stadt Nagasaki, die weitgehend zerstört wurde. Die Bombe explodierte rund 550 Meter über dicht bewohntem Gebiet ...
8. August
Israel | BenJaNimm Netanjahu | Waffenlieferungen | Merzthutjanix
Stopp der Rüstungsexporte an Israel:
Ein Bruch, der längst überfällig war
Deutschland liefert keine Waffen mehr an Israel, die in Gaza eingesetzt werden könnten. Doch die Entscheidung von Bundeskanzler Friedrich Merz reicht nicht aus.
Jetzt ging es wirklich nicht mehr anders. Benjamin Netanjahu hat das Kunststück fertiggebracht, die Bundesregierung zu etwas zu zwingen, was sie unbedingt vermeiden wollte: ihrer verhaltenen verbalen Kritik an der israelischen Kriegsführung in Gaza endlich Taten folgen zu lassen.
Nachdem das israelische Kabinett angekündigt hatte, den Krieg auszuweiten und Gaza-Stadt einzunehmen, entschied die schwarz-rote Regierungskoalition unter Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), "bis auf Weiteres" keine Rüstungsgüter an Israel zu liefern, die in Gaza eingesetzt werden könnten. Manche mögen das als historischen Einschnitt im deutsch-israelischen Verhältnis sehen. In Wahrheit war es die einzige Möglichkeit, sich international nicht noch weiter ins Abseits zu manövrieren.
Nicht, dass der Beschluss der Bundesregierung etwas an der Hölle für die Palästinenser in der fast völlig zerstörten Enklave ändern oder Benjamin Netanjahu zum Einlenken zwingen würde. Aber am Ende wollte man in Berlin doch lieber an der Seite derer stehen, die Netanjahus Plan für wahnsinnig halten. Dazu zählen nicht nur fast alle europäischen Regierungen. Dazu zählen auch Tausende Israelis, die dagegen auf die Straße gehen. Dazu zählen der israelische Generalstabschef Ejal Samir sowie sämtliche ehemaligen Geheimdienstchefs, die ein Ende des Krieges fordern. Sie alle sind zu dem Schluss gekommen, dass die Hamas keine militärische Bedrohung für Israel mehr darstellt, dass die Geiseln nur durch ein Abkommen, nicht aber durch eine neue Offensive gerettet werden können. Und alle laufen sie gegen die Wand einer von Rechtsextremen beherrschten Regierung und eines Premierministers, der für sein politisches Überleben inzwischen auch die Zukunft seines Landes aufs Spiel setzt. Und der dafür, so paradox es klingt, die Hamas genauso braucht, wie die Hamas ihn braucht. Die Hamas muss nach einem Kriegsende ihre politische Bedeutungslosigkeit fürchten, Netanjahu den Gerichtssaal.
Kritik wird in die Sorge verpackt, Israel schade sich mit seiner Kriegsführung selbst
Nun hatte sich die deutsche Tonart zu Israels Kriegsführung bereits in den vergangenen Wochen etwas, nun ja, verschärft. Sie sei "nicht mehr nachzuvollziehen", sagte Friedrich Merz im Mai. Man müsse Israel davor bewahren, sich international zu isolieren, sagte Außenminister Johann Wadephul (CDU). Beide beklagten eher pflichtschuldig auch das "Leid der Palästinenser" ...
*
Frankreich | Pestizide | Neonikotinoide
Nach Protesten in Frankreich
Wiedereinführung von Pestizid gekippt
Der französische Verfassungsrat hat die Wiedereinführung eines Pestizids gekippt. Mehr als zwei Millionen Menschen hatten eine Petition unterschrieben.
Paris taz | Die in Frankreich verbotenen Pestizide der Neonikotinoid-Familie dürfen nun doch nicht erneut verkauft und in der Landwirtschaft eingesetzt werden. Das haben am Donnerstagabend die neun Richter des Verfassungsgerichts entschieden. Ihr Argument lautete, dass die Wiedereinführung dieser Insektizide in Widerspruch zur Umweltcharta stehe, die 2005 der französischen Verfassung beigefügt wurde. Ebenfalls bemängelten die Verfassungsrichter, die befristete Wiederverwendung der verbotenen Chemikalien nur durch bestimmte Agrarsektoren, und damit der Geltungsbereich, sei unklar definiert.
Dass das höchste Verfassungsgericht damit die grundrechtlichen Umweltschutzprinzipien über die unmittelbaren wirtschaftlichen Interessen gewisser Landwirtschaftssektoren stellt, ist über Frankreich hinaus von Bedeutung. Ein Sieg ist das auch für die mehr als 2,1 Millionen französischen Bürger und Bürgerinnen, die in einer Petition zu Händen der Nationalversammlung verlangt hatten, aus Rücksicht auf die Gesundheit und die Umwelt auf die Wiedereinführung der Neonikotinoide zu verzichten.
Die Petition war Anfang Juli von einer parteilosen Studentin lanciert worden und hatte in kürzester Zeit einen Riesenerfolg, der die Berufspolitiker und die Medien völlig überrascht hat. Denn das Petitionsrecht war bisher eher als demokratisches Alibi betrachtet worden. Der Publikumserfolg der Petition gegen die Neonikotinoide wird nun bestimmt in anderen Fragen und Forderungen als Beispiel Schule machen.
Das Verfassungsgericht nahm indes nicht Stellung zu dieser Petition.
[...] Nur teilweise kritisiert im Übrigen das Verfassungsgericht in seinem Urteil die in der Loi Duplomb ebenfalls vorgesehenen administrativen Erleichterungen bei der Schaffung immenser künstlicher „Mega“-Wasserreserven. Staatspräsident Emmanuel Macron hat bereits erklärt, er werde das Gesetz nun in der von den Verfassungsrichtern korrigierten Form umgehend in Kraft setzen. Einen Bedarf für eine erneute Parlamentsdebatte, wie sie die Gegner und die Petition gegen die Loi Duplom gefordert hatten, sieht er dagegen nicht.
*
Israel | BenJaNimm Netanjahu | Gazakrieg
Krieg in Nahost
Netanyahu will Gaza-Stadt einnehmen
Das israelische Sicherheitskabinett will ab Oktober den Kampf gegen die Hamas massiv ausweiten. Das Sicherheitskabinett hat sich darauf verständigt, Gaza-Stadt einzunehmen – obwohl selbst die Armeeführung davor warnt.
Rund 22 Monate nach Beginn des Gazakriegs hat sich Israels Führung für eine weitere Verschärfung der Kämpfe in dem Küstenstreifen entschieden. Das israelische Sicherheitskabinett stimmte einem Plan zur Einnahme der Stadt Gaza zu, wie das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu am frühen Morgen mitteilte. Das Gremium billigte nach stundenlangen Beratungen einen entsprechenden Militäreinsatz; dieser soll israelischen Medienberichten zufolge aber erst ab dem 7. Oktober dieses Jahres vollumfänglich starten.
Das Sicherheitskabinett beschloss nach Angaben des Büros des Ministerpräsidenten zudem fünf Prinzipien, um den Krieg im Gazastreifen zu beenden. Dazu gehörten unter anderem die militärische Kontrolle des Küstengebiets durch Israel und die komplette Entwaffnung der islamistischen Hamas sowie die Entmilitarisierung des Gazastreifens. Anschließend solle dort außerdem eine alternative Zivilregierung aufgebaut werden.
Israel kontrolliert gegenwärtig nach Medienberichten rund drei Viertel des weitgehend zerstörten Küstenstreifens, in dem insgesamt etwa zwei Millionen Palästinenser leben. Seit Anfang der Woche war über eine komplette Einnahme des Gazastreifens durch Israel spekuliert worden. Tausende Menschen in Jerusalem und Tel Aviv hatten gegen die Ausweitung der Kämpfe demonstriert. Die nun angekündigten Pläne gehen der offiziellen Mitteilung zufolge vorerst nicht so weit.
[...] Die Vereinten Nationen hatten eine weitere Verschärfung der Kämpfe als »zutiefst alarmierend« bezeichnet. Ein solcher Schritt könne »katastrophale Folgen für Millionen Palästinenser« haben, warnte Uno-Diplomat Miroslav Jenča vor wenigen Tagen. Nach Uno-Angaben anhand von Satellitenaufnahmen sind im Gazastreifen rund 70 Prozent der Häuser zerstört oder stark beschädigt. In Chan Junis und Teilen von Rafah sollen es 80 bis 90 Prozent sein.
Die Uno und internationale Hilfsorganisationen warnen bereits eindringlich vor einer Hungersnot im umkämpften Gazastreifen, in dem rund zwei Millionen Menschen unter katastrophalen Bedingungen leben. Zwar erlaubt Israel wieder die Einfuhr größerer Mengen an Hilfsgütern in das blockierte Gebiet. Viele dieser Lieferungen erreichen jedoch nicht die Bedürftigsten, da sie bereits vor ihrer Verteilung geplündert werden – von Zivilisten und bewaffneten Gruppen.
*
Koalition | CDU/CSU | Merzthutjanix | Don ZündSpahn
"Rechter Mob feiert Triumph"
In der SPD brodelt es nach Brosius-Gersdorfs Rückzug
Frauke Brosius-Gersdorf zieht sich als Richterkandidatin zurück. Problem also gelöst? Das können in der SPD viele nicht so sehen. Die Wut fokussiert sich dabei auf Fraktionschef Spahn. Aus Sicht des Parteilinken Stegner hat dieser der extremen Rechten zu einem Sieg verholfen und muss gehen.
Der SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner hat den Rückzug der Richterkandidaten Frauke Brosius-Gersdorf als Niederlage für demokratische Parteien bezeichnet und von Bundeskanzler und CDU-Chef Friedrich Merz ein deutliches Bekenntnis gegen Rechts gefordert. "Der Tag wird in die Geschichte eingehen als der Tag, an dem der rechte Mob erstmals einen Triumph gefeiert hat", sagte Stegner dem Redaktionsnetzwerk Deutschland mit Blick auf Brosius-Gersdorfs Rückzug. "Die demokratischen Parteien haben sich demgegenüber als wehrlos erwiesen. Der politische Skalp hängt am Gürtel von Björn Höcke". Es sei zu hoffen, dass dies als "Warnschuss" begriffen werde, sagte er.
Stegner forderte Merz auf, die Mehrheitsfähigkeit der Koalition sicherzustellen oder Fraktionschef Jens Spahn auszuwechseln. "Wenn die Union keine demokratische Mehrheit garantieren kann, stellt sich die Führungsfrage." Die Union müsse verstehen, "welchen Dammbruch sie ermöglicht hat", sagte Stegner. "Eine Wiederholung eines solchen Vorgangs muss ausgeschlossen werden." Als Zeichen gegen Rechts könne etwa ein Ausschluss der wegen ihrer Nähe zur AfD in die Kritik geratenen Brandenburger CDU-Abgeordneten Saskia Ludwig aus der Bundestagsfraktion gehören, schlug Stegner vor.
[...] Miersch forderte, CDU/CSU müssten sich nun zu klaren Spielregeln des Regierens bekennen. "Nur wenn Zusagen Bestand haben, sind tragfähige Kompromisse möglich. Nur dann können wir Vertrauen zurückgewinnen und politische Handlungsfähigkeit sichern."
Die von der SPD vorgeschlagene Bewerberin für das Bundesverfassungsgericht, Brosius-Gersdorf, zog ihre Kandidatur am Donnerstag zurück. Sie stehe "für die Wahl als Richterin des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr zur Verfügung", schreibt sie in einer Erklärung. Die Unionsfraktion habe ihr "in den letzten Wochen und Tagen sehr deutlich signalisiert, dass meine Wahl ausgeschlossen ist". Die SPD bedauerte den Schritt und kündigte einen neuen Vorschlag an.
Die Besetzung von drei Richterstellen am Bundesverfassungsgericht war am 11. Juli im Bundestag gescheitert, weil die Unionsfraktion die zuvor in der Koalition vereinbarte Zustimmung zur Wahl von Brosius-Gersdorf verweigerte. Die Union begründete ihre Kritik unter anderem mit Plagiatsvorwürfen gegen Brosius-Gersdorf und deren Haltung zu den Themen Abtreibung und Kopftuchverbot. Die Abstimmungen wurden daraufhin abgesetzt. Der Vorgang belastete die Stimmung in der Koalition aus Union und SPD.
Nein, Jens Spahn ist weder dumm noch inkompetent. Dieser Brandstifter ist clever und verschlagen und er wusste genau, was er tat. Eine fortschrittliche Richterin im Bundesverfassungsgericht verhindern und den rechten Affen Zucker geben, denn Jens Spahn träumt von einer rechten Bundesregierung aus CDU/CSU und AfD mit ihm, Don ZündSpahn, als Kanzler.
7. August
Atombomben | Abschreckung | Atomwaffenverbotsvertrag (AVV)
Atombewaffnet
Die Wiederkehr der nuklearen Abschreckung
Der Abwurf US-amerikanischer Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki ist nun 80 Jahre her – und atomare Abschreckung als Grundlage von Verteidigungspolitik wird wieder beliebter. Gründe dafür sind vor allem der Krieg in der Ukraine und die Konflikte im Nahen Osten. Zugleich aber lehnen mehr UN-Mitgliedstaaten denn je das Konzept der nuklearen Abschreckung ab.
Mit der Zerstörung Hiroshimas durch eine Atombombe am 6. August 1945 trat die Menschheit in „ein neues Zeitalter der Weltgeschichte“ ein, wie der österreichische Philosoph Günther Anders im Jahr 1982 schrieb. Was ihn beunruhigte, war weniger das Wettrüsten zwischen den USA und der Sowjetunion, sondern ein radikaler Kipppunkt der Weltgeschichte: Erstmals verfügte die Menschheit über die technische Möglichkeit, sich selbst auszulöschen.
80 Jahre später ist die Gefahr einer Apokalypse nicht gebannt, denn ein kleiner Kreis von neun Staaten – die USA, Russland, Großbritannien, Frankreich, China, Indien, Pakistan, Nordkorea und Israel (das seine nukleare Bewaffnung nie offiziell zugegeben hat) – verfügt zusammen über mehr als 12 000 Atomsprengköpfe. Dazu kommen weitere rund 40 Länder, die an dieser Verteidigungsoption teilhaben, weil sie Nato-Mitglied sind oder sich durch Abkommen mit einem Kernwaffenstaat verbündet haben (wie zum Beispiel Belarus mit Russland).
[...] Die Erfahrung lehrt, dass Verbote von Waffensystemen ihrer Abschaffung vorausgehen – und nicht umgekehrt. So wurden biologische und chemische Waffen 1972 und 1993 durch entsprechende Konventionen verboten. Das Verbot hatte eine internationale Ächtung zur Folge, die Russland und die USA dazu brachten, solche Waffen aus ihren Arsenalen zu entfernen.
Die gleiche Logik sollte auch bei Atomwaffen angewandt werden, die sogar von politischen Falken wie dem früheren US-Außenminister Robert McNamara als „unmoralisch, illegal und militärisch nutzlos“ bezeichnet wurden. Der Atomwaffenverbotsvertrag, den mittlerweile fast einhundert Staaten unterzeichnet haben, verbietet zudem „alle expliziten und impliziten Drohungen mit Atomwaffen“.
Auf ihrer ersten Konferenz im Juni 2022 erklärten die AVV-Vertragsstaaten, man werde „nicht ruhen, bis der letzte Staat dem Vertrag beigetreten ist, der letzte Sprengkopf abgebaut und zerstört wurde und Atomwaffen vollständig von der Erde verbannt worden sind“. Die Konferenzen im Rahmen des AVV haben eine intensive Diskussion ausgelöst. Es geht darin um die Frage der von den verschiedenen Staaten angemeldeten „Sicherheitsbedenken“ und ihre jeweiligen verteidigungspolitischen Konzepte.
Nach Auffassung der AVV-Vertragsstaaten ist die Abschreckungstheorie mit erheblichen Unsicherheiten und dem Risiko „katastrophaler Ereignisse“ verbunden. In der Vergangenheit sei ein drohender Atomkrieg oft „durch Zufall und nicht durch entsprechende Verfahren verhindert“ worden. Konkret verweisen sie etwa auf den Fehlalarm, den der sowjetische Oberstleutnant Stanislaw Petrow im September 1983 erst in letzter Minute erkannte. Nur seine Besonnenheit verhinderte einen Atomschlag der UdSSR gegen die USA.
Der AVV eröffnet zudem neue Möglichkeiten, die Kernwaffenstaaten im Rahmen der Vollversammlung der Vereinten Nationen stärker unter Druck zu setzen. So wurde 2024 eine Resolution über „das schwere Erbe der Kernwaffen“ verabschiedet, in der die Notwendigkeit betont wird, die von Kernwaffeneinsätzen (auch Tests) betroffene Umwelt zu sanieren und die Opfer zu entschädigen. Nur vier Staaten (Frankreich, Nordkorea, Russland und Großbritannien) stimmten gegen die Resolution; sechs enthielten sich (die USA, Israel, China, Indien, Pakistan, Polen) und 174 votierten dafür ...
*
Wissenschaft | Don Trumpl | Nasa
Kritik aus Wissenschaft
Trump will Nasa-Missionen zur Beobachtung von CO₂-Ausstoß beenden
Zwei Nasa-Missionen beobachten, wie und wo auf der Erde Kohlendioxid ausgestoßen und absorbiert wird. Die Beobachtungen liefern wichtige Daten zur Klimakrise. US-Präsident Trump will die Forschung nun torpedieren.
US-Präsident Donald Trump will zwei Nasa-Missionen zur Überwachung von Treibhausgasen und zur Beobachtung von Pflanzengesundheit einstellen. Das geht aus Trumps Haushaltsantrag für das Geschäftsjahr 2026 hervor.
Der Antrag sieht keine neuen Mittel für die Orbiting Carbon Observatories vor. Die US-Raumfahrtbehörde Nasa teilt in einer Stellungnahme mit, die Missionen gingen »über ihre Hauptaufgabe hinaus« und würden nun »im Einklang mit der Agenda und den Haushaltsprioritäten des Präsidenten« eingestellt. Was das genau bedeutet, ist unklar. Möglicherweise könnte der Satellit sogar zerstört werden.
Bei den Missionen handelt es sich um einen frei fliegenden Satelliten und ein Instrument an der Internationalen Raumstation ISS. Die Missionen beobachten aus dem All, wo auf der Erde Kohlendioxid ausgestoßen und absorbiert wird und wie gut Pflanzen wachsen.
Experten kritisieren das mögliche Missions-Aus, weil Wissenschaftlern, Politikern und Landwirten eine wichtige Datenquelle verloren gehen könnte. Aus ihrer Sicht könnte dieser Schritt eine weitere Maßnahme der US-Regierung sein, die Mittel für die Forschung zur Klimakrise zu kürzen. »Das Prinzip scheint zu sein, dass der Klimawandel aus dem amerikanischen Bewusstsein verschwindet, wenn wir aufhören, ihn zu messen«, sagte der Klimaforscher Michael Mann von der University of Pennsylvania. Kürzlich erst war bekannt geworden, dass die US-Regierung die Einschätzung zu Gefahren von Treibhausgasen streichen will.
[...] Jonathan Overpeck, Klimawissenschaftler an der University of Michigan, kritisierte das mögliche Missions-Aus als »äußerst kurzsichtig«. Die Beobachtungen seien »entscheidend für die Bewältigung der zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels auf dem gesamten Planeten, einschließlich der USA«, sagte er.
Die Experten hoffen nun, dass der Kongress die Finanzierung der Missionen doch fortsetzen wird. Ein Gesetzentwurf im Repräsentantenhaus entspricht weitgehend der Forderung von US-Präsident Trump und würde die Missionen abschaffen. Ein Entwurf des Senats sieht derweil die weitere Finanzierung der Missionen vor ...
*
Atommülltransporte | Jülich | Zwischenlager Ahaus
SPD rechnet in Kürze mit Erlaubnis für Atommülltransporte
Die Genehmigung für die Atommülltransporte von Jülich nach Ahaus steht offenbar kurz bevor. Die SPD-Opposition rechnet mit jahrelangen Castor-Transporten quer durch NRW.
Düsseldorf (dpa/lnw) - Die offizielle Genehmigung der umstrittenen Atommülltransporte von Jülich ins Zwischenlager Ahaus im Münsterland steht nach Einschätzung der SPD-Opposition kurz bevor. Die SPD gehe davon aus, dass das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) in Berlin die Genehmigung bis Mitte August erteilen werde, sagte der stellvertretende Landtagsfraktionschef Alexander Vogt in Düsseldorf. Die Vorbereitung der Transporte dürfte dann noch sechs bis acht Wochen dauern.
Die Castortransporte würden nicht nur in den nächsten Wochen und Monaten, sondern möglicherweise die nächsten vier bis acht Jahre mitten durch NRW rollen, sagte Vogt. Denn in Jülich lagern aus einem früheren Versuchsreaktor rund 300.000 Brennelemente-Kugeln in 152-Castor-Behältern. Die Einzeltransporte können auch gebündelt werden.
Das BASE hatte bereits vor wenigen Wochen mitgeteilt, dass die Atommülltransporte ab dem vierten Quartal des laufenden Jahres möglich sein könnten. Das müssten aber die jeweiligen Länderbehörden entscheiden, wenn die Genehmigungen erteilt seien. Geplant seien Schwertransporte auf der Straße.
Kein neues Zwischenlager in Jülich
„Die Atommülltransporte tragen ein schwarz-grünes Kennzeichen“, sagte Vogt. Er warf der Landesregierung vor, über zwei Jahre bei den Bemühungen um den Bau eines neuen Zwischenlagers in Jülich untätig geblieben zu sein.
CDU und Grüne hatten in ihrem Koalitionsvertrag geschrieben: „Wir setzen uns für eine Minimierung von Atomtransporten ein.“ Im Fall der in Jülich lagernden Brennelemente wolle die schwarz-grüne Koalition die Option eines Neubaus eines Zwischenlagers dort vorantreiben.
Allerdings hatte die Ampel aus SPD, Grünen und FDP im Bund 2022 die Priorisierung des Transports der Castoren nach Ahaus beschlossen, sofern NRW nicht die über den Transport hinausgehenden Mehrkosten für den Neubau eines Zwischenlagers trage.
Die Mehrkosten wurden auf rund 400 Millionen Euro geschätzt.
[...] Klage gegen Lagerung in Ahaus scheiterte
Der geplante Transport des Atommülls nach Ahaus ruft seit langem Proteste von Anwohnern und Aktivisten hervor. Ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) in Münster Ende 2024 hatte die Rechtmäßigkeit der Lagerung in Ahaus bestätigt. Die Stadt Ahaus und ein Anwohner waren mit einer Klage vor dem OVG gescheitert ...
*
Nuklearwaffen | Hiroshima | Nagasaki
Vor 80 Jahren fielen die US-Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki
Unter der Wolke von Hiroshima
Auf die Abwürfe der US-amerikanischen Atombomben in Japan folgte eine jahrzehntelange Archivsperre und Zensur. Das Bildmaterial war so schrecklich, dass die US-Regierung zu Recht großen Widerstand gegen zukünftige Atomprojekte befürchtete.
Nach den Atombombenabwürfen der USA auf die japanischen Städte Hiroshima am 6. August und Nagasaki am 9. August 1945, die die Kapitulation Japans im Zweiten Weltkrieg zur Folge hatten, war das US-Militär sehr daran interessiert, die zerstörerische Kraft der neuen Waffen zu analysieren. Daher entsandte die US-Regierung unmittelbar nach Kriegsende Biologen, Physiker, Mediziner sowie Foto- und Filmtrupps in die Trümmerlandschaften, die von den beiden Städten noch übrig waren. Hiroshima und Nagasaki wurden zum Gegenstand einer großangelegten militärwissenschaftlichen Untersuchung.
Deren Ergebnisse und besonders die Bilddokumente wurden als geheim eingestuft und 30 Jahre lang unter Verschluss gehalten. Daniel McGovern, der als Kriegsfotograf der U.S. Air Force Filmaufnahmen in den atomar zerstörten Gebieten machte, erklärte rückblickend: »Sie wollten das Material nicht veröffentlichen, weil sie an neuen Atomwaffen arbeiteten.« Vermutlich waren die Bilder so schrecklich, dass die US-Regierung befürchten musste, nach ihrer Veröffentlichung an weiteren Atomwaffenprojekten gehindert zu werden.
»Die Verletzten waren still, niemand weinte oder schrie vor Schmerz, niemand klagte; die Menschen starben lautlos.«
John Hersey, US-Journalist, über die Opfer der Atombomben
Auch das japanische Militär wollte wissen, was in Hiroshima und Nagasaki geschehen war. Allerdings war es in Japan während des Zweiten Weltkriegs verboten, Fotos aufzunehmen, die sich negativ auf die öffentliche Moral auswirken könnten. Trotzdem reisten japanische Journalisten, insbesondere von der Wochenschau-Produktionsfirma Nippon Eigasha, in das Gebiet und nahmen umfangreiches Material auf, ohne es jedoch veröffentlichen zu können.
[...] Anfang der neunziger Jahre lief eines Nachts im deutschen Fernsehen über eine Stunde ungeschnittenen, unkommentierten Filmmaterials mit Szenen aus Hiroshima oder Nagasaki, von dem es bisher keine weitere Spur gibt. Die Aufnahmen müssen während des Feuersturms gemacht worden sein. Zu erkennen waren Menschen, deren Haut in großen Stücken vom Rücken herunterhing, andere lagen schwer verbrannt, aber zum Teil noch lebend am Straßenrand, viele taumelten ziellos zwischen Feuerwänden oder stürzten sich in das siedend heiße Wasser des Ota, wo sie sofort zugrunde gingen. All das war in schwarzweiß und schlechter Qualität festgehalten, durch den Staub verdunkelt, der das Tageslicht verschluckte, oder durch die radioaktive Strahlung, die das Filmmaterial angegriffen hatte.
Auch der Medienhistoriker Rolf Sachsse erinnert sich an jene Aufnahmen. Wer sie gesehen hat, sollte vom nuklearen Wahn ein für alle Mal geheilt sein, könnte man meinen. Doch das gilt nicht für eine besondere Spezies empathieloser Menschen, die die kapitalistische Moderne hervorgebracht hat. Besonders seit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine befürworten einige führende Politiker und Wissenschaftler sogar eine – direkte oder indirekte – atomare Aufrüstung Deutschlands.
*
Gorleben | Waldbrand | Zwischenlager
Großfeuer macht Platz für Atomanlagen
Vor 50 Jahren verbrannte ein riesiges Waldstück bei Gorleben. Das Feuer wurde gelegt. Einige Umweltschützer verdächtigen bis heute die Atomindustrie
Im August 1975 – vor 50 Jahren – wütete ein riesiger Waldbrand zwischen den niedersächsischen Orten Gorleben und Trebel. Bei der bis dahin größten Brandkatastrophe in der Bundesrepublik kamen sieben Menschen ums Leben.
Umweltschützer verdächtigen die Atomindustrie, den Brand gelegt zu haben, denn die 16 Quadratkilometer große Brachfläche, die das Feuer hinterließ, kam dieser nicht ungelegen. Nur zwei Jahre später beschloss die damalige Landesregierung von Ministerpräsident Ernst Albrecht (CDU), auf zwölf Quadratkilometern ein gigantisches Nukleares Entsorgungszentrum (NEZ) zu errichteten: mit Wiederaufarbeitungsanlage, Brennelementefabrik sowie ober- und unterirdischen Lagern für den Atommüll.
[...] Zumindest für den Brand bei Gorleben konnte Brandstiftung als Ursache festgestellt werden. Die Polizei suchte vergeblich nach dem mutmaßlichen Brandstifter – einem Mann, der am 12. August auf der Straße zwischen Gorleben und Gedelitz mit einem orangefarbenen Mofa unterwegs war.
Als Gorleben dann 1977 als Atomstandort benannt wurde, keimte bei Atomkraftgegner:innen der Verdacht auf, dass die Atomindustrie hinter dem Feuer steckte. Ein Beweis dafür konnte indes nicht erbracht werden. Doch für die Baupläne in Gorleben war es äußerst günstig, dass die fraglichen Waldflächen verbrannt waren. So konnten die Waldeigentümer leichter zum Verkauf ihrer Grundstücke bewegt werden.
„Den Waldbesitzern wurden seinerzeit vier Mark pro Quadratmeter angeboten“, weiß Wolfgang Ehmke von der Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, „mit der Androhung, wer nicht verkaufe, würde ohnehin enteignet – für 50 Pfennige pro Quadratmeter.“
Das inspirierte den Liedermacher Walter Moßmann 1978 zu seinem Lied vom Lebensvogel: „Ein Giftmüll soll versteckt werden im Salz der Erde unter dem Land, und für die Giftfabrik braucht es ein leeres Land am Rand. Die Mafia hat gebetet für ein’ Boden ohne Wert, der liebe Gott hat das Gebet der Mafia erhört, sein Feuer hat paar Wälder hinter Gorleben zerstört. Mein Gott, kam der gelegen, dieser Brand …“
[...] Auf den damals von der Atomindustrie im verbrannten Gorlebener Wald gekauften Flächen stehen aber zwei Zwischenlager für radioaktive Abfälle und eine sogenannte Pilotkonditionierungsanlage. Insbesondere mit Blick auf das Castorlager mit Atommüll warnt Wolfgang Ehmke vor Gefahren durch mögliche künftige Feuer: „Bei der Waldbrandbekämpfung und dem vorbeugenden Waldbrandschutz muss unbedingt berücksichtigt werden, dass im Gorlebener Tann heute 113 Behälter mit hoch radioaktiven Abfällen gelagert werden“, fordert er.
6. August
Don Trumpl | Brasilien | Handelskrieg | BRICS
US-Zollpolitik:
Brasilien schaltet Welthandelsorganisation wegen US-Zöllen ein
US-Präsident Donald Trump will das Verfahren gegen Brasiliens Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro mit hohen Zöllen stoppen. Nun beantragte das Land ein Konsultationsverfahren.
Die brasilianische Regierung hat aufgrund der von US-Präsident Donald Trump verhängten Importzölle in Höhe von 50 Prozent die Welthandelsorganisation (WTO) eingeschaltet. "Mit den genannten Maßnahmen verstoßen die Vereinigten Staaten in eklatanter Weise gegen zentrale Verpflichtungen, die sie in der WTO eingegangen sind", teilte das Außenministerium mit.
Der sogenannte Konsultationsantrag bei der WTO ist der erste Schritt in einem möglichen Streitbeilegungsverfahren. Dabei sind zunächst bilaterale Gespräche vorgesehen, um eine Lösung ohne formelle juristische Schritte zu finden.
Präsident Luiz Inácio Lula da Silva sagte in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters, er wolle in der BRICS-Staatengruppe Überlegungen anstoßen, wie man Trumps Zölle gemeinsam angehen könne. Er wolle deswegen am Donnerstag unter anderem den indischen Ministerpräsidenten Narendra Modi und Chinas Präsident Xi Jinping anrufen. Er verwies auf das internationale Gewicht der BRICS-Gruppe: "Es ist wichtig, daran zu denken, dass die BRICS zehn Länder in der G20 haben."
Lula: "Werde mich nicht demütigen lassen"
Die G20 ist die Gruppe der 20 größten Volkswirtschaften der Welt. Zur von Brasilien mitgegründeten BRICS-Gruppe gehören zehn Staaten, neben Indien und China auch Russland und Südafrika. BRICS versteht sich als internationales Gegengewicht zu westlichen Staaten, die unter anderem in der Gruppe G7 organisiert sind.
Lula warf Trump vor, stillschweigend kollektive internationale Mechanismen zum Vorteil der USA aussetzen zu wollen. "Er will den Multilateralismus abbauen, bei dem Vereinbarungen kollektiv innerhalb von Institutionen getroffen werden, und ihn durch Unilateralismus ersetzen, bei dem er mit anderen Ländern einzeln verhandelt", sagte Lula. Das aber schwäche die Verhandlungspartner: "Welche Verhandlungsmacht hat ein kleines lateinamerikanisches Land gegenüber den Vereinigten Staaten? Keine." Direkte Verhandlungen mit Trump lehnte Lula ab. Seine Intuition sage ihm, dass Trump nicht reden wolle. "Und ich werde mich nicht demütigen lassen", sagte er ...
*
Klimawandel | Treibhausgas | Grenzwert
Putin erhöht Obergrenze für Treibhausgas-Emissionen in Russland
Per Dekret hat Russlands Präsident Wladimir Putin die Treibhausgas-Obergrenze ab 2035 erhöht. Bereits jetzt ist das Land der viertgrößte Emittent weltweit.
Russlands Präsident Wladimir Putin hat eine Erhöhung der Obergrenze für Treibhausgas-Emissionen veranlasst. Die Obergrenze für den Ausstoß der klimaschädlichen Stoffe solle im Jahr 2035 etwa ein Fünftel über dem Wert liegen, den das Land im Jahr 2021 verursacht hatte, heißt es in dem Dekret. Russland stößt weltweit die viertgrößte Menge Kohlendioxid (CO₂) aus.
Putin weist seine Regierung mit dem Dekret zugleich an, "bis 2035 eine Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen auf 65 bis 67 Prozent im Vergleich zum Niveau des Jahres 1990" umzusetzen. Dabei soll der Effekt der weitläufigen russischen Wälder eingerechnet werden, die Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufnehmen. Nach dieser Logik dürfte Russland im Jahr 2035 rund zwei Milliarden Tonnen Treibhausgase in CO₂-Äquivalenten ausstoßen.
[...] Das Land heizt sich nach Angaben des staatlichen meteorologischen Dienstes 2,5 Mal so schnell auf wie der Rest der Welt im Durchschnitt. Das liegt daran, dass weite Teile Nordrusslands in der arktischen Polarregion liegen, wo die Temperaturen schneller ansteigen.
*
Energiewende | Windenergie | Offshore
Offshore-Auktion für Windpark-Flächen erstmals ohne Gebot beendet
Der Ausbau der Offshore-Windparks spielt für die Energiewende eine Schlüsselrolle. Die Bundesnetzagentur versteigert die dafür vorgesehenen Flächen. Nun ging eine Auktion ohne Gebot zu Ende - Verbänden zufolge ein Novum.
Konkret ging es um zwei Windpark-Flächen in der Nordsee, für die bis Anfang August niemand ein Gebot abgegeben hatte. Das teilte die Bundesnetzagentur mit. Investoren scheuen aktuell offenbar das Risiko, ihr Geld in neue Windparkflächen und damit auch in den Bau neuer Windparks zu stecken. So sieht es auch Stefan Thimm vom "Bundesverband Windenergie Offshore". Der Verband vertritt viele Unternehmen der Offshore-Wirtschaft. Dass sich bei der Auktion kein einziges Unternehmen beteiligt habe, sei "ein Scheitern mit Ansage", so Thimm. Die Branche warne seit Jahren, Unternehmen zu viele Risiken aufzubürden.
Entwickler von Windparks seien mit zunehmenden Risiken konfrontiert
Auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sprach davon, dass erstmals ein Gebot ausgeblieben sei. Entwickler von Windparks seien mit zunehmenden Risiken konfrontiert, sagt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. Es gebe gestiegene Kosten, der Strommarkt sei schwer prognostizierbar und die geplante hohe Bebauungsdichte im Meer reduziere die mögliche Stromerzeugung.
Das "laute Schweigen des Marktes" ein Zeichen
Die beiden Flächen sollen laut Bundesnetzagentur im Juni 2026 erneut ausgeschrieben werden. Das ist gesetzlich geregelt. Für Karina Würtz von der Stiftung Offshore Windenergie aus Varel (Landkreis Friesland) macht eine neue Auktion aber nur Sinn, wenn die Flächen nach neuen Kriterien vergeben werden. Das "laute Schweigen des Marktes" sei ein klares Zeichen gegen das aktuelle Vergabe-Verfahren. Aktuell ist dabei vor allem der höchste Preis entscheidend. In Zukunft sollte beispielsweise auch berücksichtigt werden, ob Investoren Aufträge an deutsche oder zumindest europäische Unternehmen vergeben, damit heimische Unternehmen gestärkt werden, findet Würtz ...
*
Don Trumpl | Medikamente | Aktienkurse
Kritischer Wissenschaftler bei der FDA gefeuert
Der Medizinprofessor Vinay Prasad setzte sich dafür ein, bei neuen Medikamenten genauer hinzuschauen. Er scheiterte krachend.
Er kam am 6. Mai und ging Ende Juli. Die Karriere des US-Medizinprofessors Vinay Prasad bei der Arzneimittelbehörde FDA dauerte keine drei Monate. Prasad hatte die Leitung des Bereichs für Biologika übernommen, zu denen Impfstoffe, Zell- und Gentherapien gehören.
Aktienkurse von Biotechfirmen gesunken
Als bekannt wurde, dass Prasad von der University of California in San Francisco zur FDA wechseln würde, sanken die Aktienkurse von über einem Dutzend Biotechfirmen, die Zell- oder Gentherapien auf den Markt bringen wollen. Der «Nasdaq Biotechnologie Index» verlor sieben Prozent.
Letzten Monat wurde Prasad zudem als Leiter für Medizin und für Wissenschaft in der FDA ernannt (chief medical and science officer). Er gewann damit an Einfluss in der mächtigsten Arzneimittelbehörde der Welt. Sein Abgang zeigt, welche Kämpfe um die FDA toben.
[...] Am 18. Juli traf Prasad den Entscheid, der wohl sein Karriereende bei der FDA besiegelte: Die FDA verlangte von der Biotechfirma Sarepta Therapeutics, laufende Studien zu stoppen, nachdem drei Studienteilnehmer – zwei Teenager und ein 51-jähriger Patient – an der Gentherapie gestorben waren. Sarepta hat sich auf Gentherapien für Menschen mit erblichen, unheilbaren Formen von Muskelschwäche spezialisiert.
Da die Firma die gleiche Technologie auch bei einer Gentherapie namens Elevidys anwendet (Infosperber berichtete), verlangte die FDA, dass die Auslieferung von Elevidys sofort zu stoppen sei. «Die Sicherheit der Patienten hat für uns höchste Priorität», sagte Prasad. Sareptas Aktienwert fiel von rund 22 auf 14 Dollar.
[...] Der Nutzen von Elevidys ist unter dem Strich klein, die Beweislage dünn.
Trotzdem verlangt Sarepta für die Behandlung eines Patienten mit Elevidys 3,2 Millionen Dollar – «ein enormer Preis» für eine Behandlung, die in zwei Studien ihr Hauptziel nicht erreicht habe und eindeutig keine Heilung herbeiführe, kritisierte ein führendes Mitglied des Non-Profit Instituts für Klinische und Ökonomische Begutachtung (ICER) in der US-Ärztezeitung «Jama».
Allein im ersten Quartal 2025 spülte Elevidys rund 612 Millionen Dollar in die Kasse von Sarepta. Das war 70 Prozent mehr als im Vorjahresvergleich ...
*
Don Trumpl | Aufrüstung | Zensursula von der Leyen | Handelskrieg
Den Niedergang schönreden
Von der Leyen beging in Schottland Selbstmord aus Angst vor dem Tod. Die Führungen im politischen Westen sind verfangen in ihrem Freund-Feind-Denken. Europas Feinde sind Russland und China, der Freund ist Amerika. Doch braucht überhaupt Feinde, wer solche Freunde hat?
Trump führt die Verbündeten im politischen Westen auf die Schlachtbank. Er erhöht ihnen die Zölle, während er im Gegenzug Zollsenkungen für amerikanische Produkte durchsetzt. Er droht ihnen mit dem Entzug des atomaren Schutzschirms, wenn sie nicht ihre Zahlungen für die NATO erhöhen und damit das amerikanische Militärbudget entlasten. Und schon weiten die Europäer ihre Rüstungshaushalte aus und treiben die eigene Verschuldung in die Höhe. Darüber hinaus sollen 600 Milliarden investiert werden, wobei es sich in erster Linie um Waffenkäufe bei der amerikanischen Rüstungsindustrie handelt.
Der Blutzoll der Europäer
Die Rahmenvereinbarung, auf die sich Kommissionspräsidentin von der Leyen am Wochenende in Schottland eingelassen hat, beinhaltet einen allgemeinen Zoll von 15 Prozent auf fast alle Waren, die von der Europäischen Union (EU) in die USA exportiert werden. Dagegen werden die europäischen Zölle auf die meisten US-Waren auf Null gestellt werden. Wenn es schlecht läuft, wandern unter diesen Bedingungen einheimische Unternehmen in die USA ab und verringern damit die europäischen Steuereinnahmen. Gleichzeitig haben sich die Europäer verpflichtet, Energieträger von den USA in Höhe von 750 Milliarden Euro zu beziehen. Trump lässt die Freunde im politischen Westen ausbluten zugunsten des eigenen Landes.
Mit den Waffenkäufen wandert ein großer Teil der Milliarden, mit denen sich die EU und ihre Einzelstaaten zusätzlich verschuldet haben, um die europäische Aufrüstung zu finanzieren, in den Kassen der US-Konzerne. Dafür zahlen die europäischen Steuerzahler. Diese Waffenkäufe werden nicht zu Unrecht von den Franzosen und der europäischen Waffenlobby kritisiert. Frankreich als größter Waffenproduzent in Europa drängt schon seit längerem auf Ausbau und Integration der europäischen Waffenindustrie, um längerfristig von amerikanischen Konzernen unabhängig zu werden. Die nun getroffene Vereinbarung arbeitet diesem Ziel der Stärkung der eigenen europäischen Rüstungsindustrie entgegen.
[...] Nun sind die Europäer Opfer ihrer eigenen Überheblichkeit und Hirngespinste geworden, in denen die USA auf immer und ewig der Freund, Chinesen und Russen dagegen natürliche Feinde sind. Aber die Brüsseler Bürokraten sind halt eben keine Chinesen, die ihre Interessen auch gegenüber den USA und ihrem irrlichternden Präsidenten zu wahren wissen. Nun geben sich die Meinungsmacher alle Mühe, den für die eigenen Interessen verheerenden Deal gesund zu beten und ihm gute Seiten abzugewinnen. Man stellt es als Erfolg dar, einen Handelskrieg verhindert und der Wirtschaft nun Planungssicherheit verschafft zu haben.
Teilweise ist sogar die Einschätzung zu hören, die höheren Zölle könnten „als Produktivitätspeitsche wirken, so wie früher die Aufwertung der D-Mark“ (6). Die polnische Tageszeitung „Rzeczpospolita“ versucht ihren Lesern das Abkommen schmackhaft zu machen: „In dieser Situation müssen die wirtschaftlichen Interessen in den Hintergrund treten. Die Sicherheit ist wichtiger“(7). Und Manfred Weber, der Chef der Europäischen Volkspartei im Europäischen Parlament, will den Bürgern sogar einreden, mit diesem Ergebnis sei auch „die Souveränität Europas verteidigt worden“(8). Mehr Selbsttäuschung geht wohl kaum noch.
*
6. August 1945 - Die Uranbombe 'Little Boy' explodiert über Hiroshima
Die Nukleare Kette
Hiroshima, Japan
Atomwaffenangriff
Am 6. August 1945 warfen die USA die Atombombe „Little Boy“ über dem Zentrum der japanischen Stadt Hiroshima ab. Von den 350.000 Einwohnern starben etwa 140.000 bis Ende des Jahres. Die Überlebenden „Hibakusha“ erlitten Spätfolgen der radioaktiven Strahlung, wie z. B. signifikant erhöhte Krebsraten.
Hintergrund
Während des Zweiten Weltkriegs stellten die USA drei Atombomben her. Nach dem ersten erfolgreichen Test einer Atomwaffe, dem Trinity-Test vom 16. Juli 1945, sollten die verbleibenden zwei Bomben über japanischen Städten abgeworfen werden. Am 6. August 1945 wurde die Uranbombe „Little Boy“ über Hiroshima detoniert, am 9. August 1945 folgte die Plutoniumbombe „Fat Man“ über Nagasaki. In Hiroshima wurde die berühmte Aioi-Brücke inmitten eines dicht besiedelten Gewerbe- und Wohngebiets als Zielkoordinate ausgewählt. „Little Boy“ explodierte in 580 m Höhe mit einer Sprengkraft von ca. 15.000 Tonnen TNT-Äquivalent ...
Atomwaffen A-Z
Hiroshima
Zur Zeit der Bombardierung wird Hiroshimas Wohnbevölkerung auf 280.000-290.000 Menschen geschätzt, das in der Stadt verbliebene Militärpersonal auf 43.000 Menschen. Dazu kommen schätzungsweise 20.000 koreanische und chinesische Zwangsarbeiter und US-amerikanische Kriegsgefangene ...
Wikipedia de
Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki
Die US-amerikanischen Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki am 6. August und 9. August 1945 waren die bislang einzigen Einsätze von Atomwaffen in einem Krieg.
Die Atombombenexplosionen töteten insgesamt ca. 100.000 Menschen sofort – fast ausschließlich Zivilisten und von der japanischen Armee verschleppte Zwangsarbeiter. An Folgeschäden starben bis Ende 1945 weitere 130.000 Menschen. In den nächsten Jahren kamen etliche hinzu. Japan gibt die Gesamtzahl der Gestorbenen, einschließlich der Toten durch Strahlenkrankheiten und -verletzungen, bisher mit 344.306 für Hiroshima und mit 198.785 für Nagasaki an (Stand: August 2024) ...
5. August
Erneuerbare | Energiewende | Energiepolitik | Lobbyorganisation
Energiepolitik der Union
Studien nach Wunsch
Wirtschaftsministerin Reiche setzt für ihre Energiepolitik auf ein Institut, das für seine Nähe zur fossilen Energiewirtschaft berüchtigt ist.
Berlin taz | Hier stehen die Lobbyisten Schlange: Wann immer es gilt, der Politik Argumente zu liefern, damit sie sich in die gewünschte Richtung entscheidet – das Energiewirtschaftliche Institut an der Universität zu Köln (EWI) liefert dafür eine Studie. Schon 2012 untersuchte es die Entwicklung der Stromkosten durch den Ausbau der erneuerbaren Energien, Auftraggeber war die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft e. V.
Aus dem Ergebnis bastelte sich die von der Industrie finanzierte Lobbyorganisation die Kampagne „Rettet die Energiewende – stoppt das EEG!“ Tatsächlich kippte damals die Stimmung unter Wähler:innen, die Regierung kürzte die Einspeisetarife so stark, dass alle Hersteller von Solaranlagen hierzulande pleitegingen, fast 80.000 Arbeitsplätze wurden vernichtet.
Genau dieses Institut hat Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche nun damit beauftragt, ein Gutachten zu erstellen, das die Energiepolitik der kommenden Jahre bestimmen wird. Mit dem sogenannten Energie-Monitoring will sie den „zu erwartenden Strombedarf sowie den Stand der Versorgungssicherheit, des Netzausbaus, des Ausbaus der erneuerbaren Energien, der Digitalisierung und des Wasserstoffhochlaufs“ überprüfen.
Von dem Ergebnis hängt ab, wie viel und auch welche Energien die Bundesregierung fördern wird. Verfechter der Energiewende sind alarmiert. Ergebnisse des EWI könnten auf keinen Fall zur Grundlage von politischen Entscheidungen gemacht werden, warnen NGOs – aber auch die energiepolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Nina Scheer.
[...] Ausschreibung des aktuellen Gutachtens ist mysteriös
Vielleicht hat Katherina Reiche damals als Staatssekretärin im Bundesumweltministerium – das gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium federführend war – schon Erfahrungen mit dem EWI gemacht. Die Ausschreibung des aktuellen Gutachtens ist jedenfalls mysteriös, ursprünglich soll die BET Consulting GmbH aus Aachen das Gutachten anfertigen, eine Anfrage der taz blieb unbeantwortet. Zwar erklärte eine Sprecherin des EWI, sich zu aktuellen Aufträgen nicht äußern zu wollen – und das, obwohl es sich um öffentliches Steuergeld und eine steuerfinanzierte Universität handelt.
Im Beirat des EWI-Fördervereins sitzt Reiches vorheriger Arbeitgeber Westenergie
Das Wirtschaftsministerium wiederum bestätigte der taz auf Anfrage, dass das EWI Auftragnehmer ist. Im Beirat des EWI-Fördervereins sitzen etwa Vertreter:innen von Eon und Reiches vorherigem Arbeitgeber, der 100-prozentigen Eon-Tochter Westenergie.
Gemäß der Ausschreibung liegt ein erster Entwurf jetzt in Berlin vor, das Ministerium hat nun Zeit, einen Monat lang Nachbesserungen zu fordern.
*
Russland | Rosatom | UAA | Tansania
Atomdeal zwischen Russland und Tansania
Urananreicherung statt Safari-Tourismus
In der Nähe eines Nationalparks im Süden Tansanias soll eine Uranverarbeitungsanlage entstehen. Federführend dabei ist Russlands Atomgigant Rosatom.
Kampala taz | Feierlich hebt Tansanias Präsidentin Samia Suluhu Hassan das seidene Tuch, das über der goldenen Einweihungsplakette hängt. Rund um den Roten Teppich, auf dem sie mit drei russischen Delegierten steht, wird Beifall geklatscht. Im Hintergrund sieht man bereits eingezäunte Maschinen und Anlagen. Dort, im tansanischen Bezirk Namtumbo im Süden des großen Landes, soll ab nächstem Jahr eine Anlage zur Uranverarbeitung entstehen. Ab 2029 soll sie jährlich rund 3.000 Tonnen Uranerz anreichern.
„Dieses Projekt spiegelt Tansanias Engagement wider, unsere natürlichen Ressourcen verantwortungsvoll abzubauen, um eine nachhaltige Entwicklung zu erzielen“, so Präsidentin Samia bei der Eröffnung der Anlage. 4.000 Arbeitsplätze würden geschaffen. Ein „Meilenstein“, sagt die Präsidentin: „Tansania betritt erstmals die globale Urankarte mit der Fähigkeit, ein strategisches Mineral zu liefern, das für eine sichere und nachhaltige Energieerzeugung weltweit von entscheidender Bedeutung ist.“
Damit wird das gewaltige Land im Osten Afrikas, das bislang vor allem für Safari-Tourismus bekannt ist und daraus seine Devisen schöpft, zum drittgrößten Uranexporteur des Kontinents, nach Niger und Namibia. Doch das dort geschürfte und verarbeitete Uran wird nicht frei auf dem Weltmarkt zugänglich sein. Es geht exklusiv nach Russland – und soll die Welt noch weiter vom Weltmarktführer für Nuklearbrennstoffe, Rosatom, abhängig machen.
Die Anlage ist Teil der Investitionen des russischen Staatskonzerns Rosatom. Der besteht aus mehr als 400 Unternehmen, darunter auch der Komplex, der für Atomwaffen oder die Eisbrecherflotte im Nordpolarmeer zuständig ist. In 12 Ländern weltweit unterhält Rosatom 33 Atommeiler, zwei davon in Afrika: einen in Ägypten und einen zweiten ganz im Süden am Kap.
[...] Die Artenschutzorganisation WWF startete deshalb 2017 eine großangelegte Kampagne gegen die Förderung. Ein tansanischer Umweltbericht aus dem Jahr 2017, den die taz ebenfalls lesen konnte, bemängelt, dass die Laboreinrichtungen der nationalen Aufsichtsbehörden nicht ausreichend seien, um radioaktive Verseuchung überhaupt festzustellen. Und die Bevölkerung im Umkreis der Uranmine sei nicht genügend über die Risiken aufgeklärt worden.
Geholfen hat all dies wenig. Tansanias Regierung verspricht sich von dem Projekt Arbeitsplätze und ausländische Devisen. Russland geht es in Afrika in erster Linie um den Zugang zum Rohstoff, denn die weltweit erschlossenen Uranvorkommen werden knapp. Die Nachfrage hingegen steigt – vor allem aus China, wo 80 Prozent der neuen Atomreaktoren stehen. Noch hat Russlands Unternehmen Rosatom im Bereich Urananreicherung mit rund 40 Prozent den größten Anteil am Weltmarkt. Die Investitionen in Tansania können dafür sorgen, dass dies auch in Zukunft so bleibt.
*
Don Trumpl | Atomkrieg | Widerstand
Der Wahnsinn als Normalität – Und unser Leben ist keinen Pfifferling wert
Medwedew und Trump: Zwei Streithähne entscheiden, ob die Zivilisation auf diesem Globus verschwindet oder gar die Menschheit ausstirbt.
Beide sind Hitzköpfe, beiden geht es vor allem um sich selbst: süchtig nach Anerkennung ihrer Reputation ist ihr aufgeblähtes Ego der einzige Maßstab für ihr Handeln. Ein russischer Scharfmacher und ein amerikanischer Präsident, der alles umkrempeln möchte, egal, was es kostet, egal, wohin es führt. „Und warum haben wir Atombomben, wenn wir sie nicht nutzen?“, so während seiner ersten Amtszeit Donald Trump.
Solche Politikerprofile sind häufig und leider irgendwie normal. Doch ist es normal, wenn solche Typen das Schicksal der gesamten Erde in der Hand halten? Auch jetzt, da Trump (ärgerlich, weil ihn Medwedew als „Opa“ beleidigte) zur atomaren Machtdemonstrationen übergeht? Der Opa lässt Atom-U-Boote anrücken, um zu zeigen, wo sein Hammer hängt.
Der übliche Wahnsinn
Normal also? Eher extrem, extrem bis zum reinen Wahnsinn. Wird aber Extremismus zum Alltag, so gewöhnen wir uns daran. Dann kann uns auch Abschreckung – so des deutschen Verteidigungsministers abenteuerliche Einschätzung – als „Lebensversicherung“ verkauft werden. Mit der Zustimmung Deutschlands soll atomar kräftig nachgerüstet werden. Wie das Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI jüngst feststellte, befinden wir uns damit im Trend: Die Welt im atomaren Taumel; und wer noch keine Atomwaffen hat, der will sie baldmöglichst haben.
Schauen wir auf uns selbst. Vertrauensvoll bauen wir auf die Vernunft der Politiker und darauf, dass sie sich stets nur bedrohen, doch niemals mit Massenvernichtungsmitteln angreifen werden. Verbindlich wissen wir: Sie protzen nur, werden aber – selbstredend! – niemals Taten folgen lassen.
Doch selbst wenn die Vernunft der Politiker in Stein gemeißelt wäre, die eigentliche Gefahr liegt ganz woanders. Denn seit es Atomwaffen gibt, wird immer wieder vor einem Atomkrieg aus Versehen gewarnt. Mehrfach standen wir im Kalten Krieg kurz davor. Was kann nicht alles schiefgehen, betreibt man Abschreckung am Rand der Selbstauslöschung!
Atomar bestückte U-Boote, die sich zu nahekommen, der Absturz eines Flugzeugs, der als Angriff gewertet wird und insbesondere die Fehlinformation eines Frühwarnsystems. Ohne dass es jemand will, kann das Verhängnis eintreten. Dabei spielt der Spannungsfall eine besondere Rolle.
Gerade wird ein solcher absichtlich erzeugt, vor allem, weil zwei Männer Hahnenkampf spielen ...
*
Chemieindustrie | Plastikmüll | Gesundheitsprobleme
Plastikmüll-Verhandlungen
"Paris-Vertrag" für Plastik auf der Kippe
Bei UN-Verhandlungen in Genf entscheidet sich ab heute, ob ein weltweites Abkommen gegen die Verschmutzung mit Kunststoffen zustande kommt. Die Umwelt- und Gesundheitsprobleme durch Plastik nehmen zu – der Lobbydruck der Chemie- und Ölindustrie auch.
Noch einmal ein Versuch, die weltweite Plastikkrise endlich in den Griff zu bekommen: Am heutigen Dienstag beginnt in Genf unter UN-Dach das Nachsitzen zur fünften Verhandlungsrunde zum "Global Plastics Treaty".
Eigentlich war der Abschluss des Weltplastikvertrags für Ende 2024 angepeilt worden. Doch das klappte nicht. Die Verhandlungen im November im südkoreanischen Busan scheiterten – vor allem an einer Blockade durch Länder mit größer Öl- und Petrochemie-Industrie.
Nun also der Versuch, doch noch ein "Paris-Abkommen der Kunststoffe" zu beschließen, analog zum Weltklimavertrag.
Die Zeit drängt. Die damalige norwegische Entwicklungsministerin Anne Beathe Tvinnereim hatte bereits vor dem Treffen in Busan vor einem drohenden Kollaps gewarnt: Die Welt werde in zehn Jahren "nicht mehr in der Lage sein", die Menge an Plastikmüll zu bewältigen, sagte sie. Fachleute erwarten tatsächlich eine Verdopplung der Produktionsmengen bis 2040.
Ein Vertrag müsse die Plastikverschmutzung während des gesamten Lebenszyklus der Produkte berücksichtigen, mit einem klaren Schwerpunkt auf einer Absenkung der Produktion, so Tvinnereim. Genau das entpuppte sich als ein Hauptstreitpunkt bei den Verhandlungen, die bereits 2022 von der UN-Umweltversammlung Unea gestartet worden waren.
[...] Zusätzliche Dramatik verleiht den Genfer Verhandlungen eine neue Untersuchung, die in der medizinischen Fachzeitschrift The Lancet erschienen ist und die Plastikverschmutzung als globale Gesundheitskrise beschreibt. Sie beziffert die jährlichen Schäden auf 1,5 Billionen US-Dollar – verursacht etwa durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Diabetes, Atemprobleme, besonders bei Kindern, und zunehmend auch durch Rückstände wie Mikroplastik in menschlichen Organen.
Hauptautor Philip Landrigan vom Global Observatory on Planetary Health am Boston College in den USA appellierte: "An die, die sich in Genf treffen: Bitte nehmen Sie die Herausforderung an und ermöglichen Sie sinnvolle und wirksame internationale Zusammenarbeit als Antwort auf diese globale Krise." ...
*
Energiewende | Batteriespeicher | Elektrolyseure
Energie
Wie die Energiewende billiger werden könnte
Optimierte Verteilung von Elektrolyseuren und Batteriespeichern kann die Kosten senken
Auf die Verteilung kommt es an: Eine geschickte Kombination von Großbatterien und Elektrolyse-Anlagen für die Wasserstoffproduktion könnte helfen, die Energiewende voranzubringen und günstiger zu machen, wie eine Studie zeigt. Demnach sollten Elektrolyseure vor allem in Norddeutschland an Windparks installiert werden, Batterien für die kurzzeitige Stromspeicherung hingegen mit Schwerpunkt in Süddeutschland.
Das schwankende Angebot von Wind- und Sonnenenergie ist eine große Herausforderung für unser Stromnetz: Bei viel Wind und Sonne entsteht ein Stromüberschuss. In Dunkelflauten bleiben dagegen Sonne und Wind gleichzeitig aus. Um unseren Strombedarf trotzdem zu decken und das Stromnetz stabil zu halten, sind Ausgleichsmaßnahmen nötig. Weil Energiespeicher aber weitgehend fehlen, werden Windanlagen bei Stromüberschuss bisher einfach abgestellt – wertvolle Energie bleibt ungenutzt, bei Flaute herrscht Mangel.
Welche Speicher wo?
Doch es geht auch anders. Wie sich das deutsche Energiesystem in dieser Beziehung optimieren lässt, haben nun Alexander Mahner von der Leibniz Universität Hannover und seine Kollegen ermittelt. Mithilfe eines Modells untersuchten sie, wo in Deutschland Batteriespeicher und Elektrolyse-Anlagen für die Wasserstoffproduktion am sinnvollsten platziert und eingesetzt werden müssten, um Kosten zu sparen und das Abregeln von Anlagen zu vermeiden.
Die beiden Technologien – Batteriespeicher und Elektrolyseure – können zwar beide Energie speichern, haben aber unterschiedliche Funktionen: Elektrolyse-Anlagen wandeln überschüssigen Strom – beispielsweise von Windanlagen – in grünen Wasserstoff um. Dieser ermöglicht eine Energiespeicherung über längere Zeit und wird vorwiegend in der Industrie benötigt und eingesetzt.
Große Batteriespeicher sind dagegen flexibler und gut zum Ausgleichen kurzfristiger Schwankungen geeignet. Sie können beispielsweise den Tag-Nacht-Unterschied beim eingespeisten Solarstrom ausgleichen, eignen sich aber weniger für eine längerfristige Speicherung. Wo und wie viele dieser beiden Speichertechnologien in Deutschland künftig installiert werden sollten, haben Mahner und sein Team jetzt untersucht.
[...] Wichtig ist nach Ansicht von Mahner und seinen Kollegen ein zeitnaher Ausbau der Energiespeicher – sowohl der Elektrolyseure wie der Batteriespeicher. Denn ein verzögerter oder zu geringer Ausbau würde nicht nur die Kosten des Umbaus erhöhen, sondern auch dazu führen, dass Deutschland seine Klimaziele schwerer erreicht. „Wenn wir das nicht in ausreichendem Maße tun, könnten die Gesamtkosten der Energiewende um bis zu 60 Milliarden Euro steigen, weil wir mehr Importe benötigen“ sagt Mahner ...
*
Finnland | Tempolimit | Verkehrstote
Weniger Verkehrstote in Helsinki
Tempo 30 rettet Leben
In Helsinki gibt es seit einem Jahr keine Verkehrstoten. Das wundert nicht, wenn man weiß, dass in der Stadt flächendeckend ein Tempolimit gilt.
Seit über einem Jahr ist in Helsinki kein Mensch mehr im Straßenverkehr ums Leben gekommen. In einer europäischen Hauptstadt! Das ist kein Wunder: Die Stadt hat im Jahr 2004 unter anderem Tempo 30 flächendeckend eingeführt – und damit bewiesen, dass Sicherheit auf der Straße kein utopisches Ziel ist, sondern schlicht eine Frage des politischen Willens.
In Deutschland dagegen hat sich – trotz Gesetzesnovellierungen – nichts an der geistigen Grundhaltung geändert: Autoverkehr first. Wer zu Fuß geht oder Rad fährt, soll gefälligst aufpassen – an der Ampel, auf der Mittelinsel, vor dem Zebrastreifen. Dabei ist seit Langem bekannt, dass Tempo 30 Leben rettet: Nicht nur der Anhalteweg halbiert sich im Vergleich zu Tempo 50. Auch die Überlebenschance bei einem Zusammenstoß vervierfacht sich. Nebenbei sinkt der Lärmpegel, die Luft wird besser und die Straßen werden ein nutzbarer Raum für alle.
Besonders Kinder und ältere Menschen profitieren: Kinder können Geschwindigkeiten kaum einschätzen und reagieren spontan. Ältere sehen und hören schlechter, reagieren langsamer und stellen schon heute die am stärksten gefährdete Gruppe unter den getöteten Fußgänger:innen und Radfahrer:innen. Und da Senior:innen bald die größte Wählergruppe sind, besteht vielleicht Hoffnung von dieser Seite: Wenn schon keine kinderfreundliche Städte, dann wenigstens seniorengerechte? Tempo 30 hilft beiden ...
*
Vereinigte Staaten | Don Trumpl | Texas | Machtkampf
"Gerrymandering"
Warum Demokraten gerade aus Texas "fliehen"
In Texas tobt zwischen Republikanern und Demokraten ein Streit über Wahlkreisgrenzen. Die Demokraten wollen eine dafür nötige Abstimmung verhindern – und verlassen den Bundesstaat.
Ein aufsehenerregender Streit zwischen Republikanern und Demokraten im Parlament des US-Bundesstaats Texas mit potenziell nationaler Bedeutung spitzt sich zu. Eine Sitzung in der Hauptstadt Austin begann am Montagnachmittag (Ortszeit) ohne die meisten demokratischen Abgeordneten: Sie hatten am Vortag den Bundesstaat verlassen, um eine Abstimmung über Neuzuschnitte für manche Wahlkreise bei den Wahlen zum US-Repräsentantenhaus in Washington zu boykottieren.
Die Republikaner unter US-Präsident Donald Trump wollen mit zusätzlichen Mandaten aus Texas bei den Kongresswahlen im November 2026 ihre Mehrheit in der nationalen Parlamentskammer ausbauen.
Die texanischen Demokraten "flohen" deshalb in die demokratisch regierten Bundesstaaten Illinois und New York, um das nötige Quorum für die Abstimmung zu verhindern. Das gelang ihnen auch vorerst, wie der republikanische Vorsitzende des texanischen Repräsentantenhauses, Dustin Burrows, bei der Eröffnung der Sitzung in Austin beklagte. "Anstatt sich den echten Problemen der Menschen zu stellen, entziehen sich einige unserer Kollegen (...) ihrer Verantwortung", sagte Burrows.
Der Demokrat Gene Wu sprach hingegen von einem "korrupten Prozess". Es gehe keinesfalls darum, "politische Spielchen zu spielen". Er ist einer der Abgeordneten, der Texas in Richtung Illinois verlassen hat. "Wir haben es uns bei dieser Entscheidung nicht leicht gemacht, aber wir haben sie mit absoluter moralischer Klarheit getroffen", erklärte Wu.
[...] Die Kreise sollen laut Gesetzgebung annähernd gleich viele Einwohner haben. Grundlage dafür ist eigentlich der alle zehn Jahre stattfindende Zensus, der als Basis für die Festlegung der Wahlkreise dient. Das sollte parteipolitisch neutral erfolgen, was aber häufig nicht der Fall ist.
US-Präsident Donald Trump hatte einen Neuzuschnitt der Wahlkreise in Texas gefordert, der den Republikanern bei den Kongress-Zwischenwahlen im kommenden Jahr fünf zusätzliche Sitze im Repräsentantenhaus in Washington sichern könnte ...
4. August
Don Trumpl | BenJaNimm Netanjahu | Völkerrecht | Zwangsumsiedlung
Netanjahu: Entscheidung für vollständige Besetzung des Gazastreifens ist gefallen
Das Büro des Regierungschefs erklärte dem Stabschef, Generalleutnant Eyal Zamir: "Wenn Ihnen das nicht passt, sollten Sie zurücktreten."
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat an diesem Montag bestätigt, dass eine Entscheidung über die vollständige Besetzung des Gazastreifens getroffen wurde, einschließlich militärischer Operationen in Gebieten, in denen Geiseln vermutet werden.
"Wir sind entschlossen, den Gazastreifen von der Tyrannei dieser Terroristen zu befreien", sagte Netanjahu in einer auf X veröffentlichten Videoansprache.
"Viele Menschen aus Gaza kommen zu uns und sagen: 'Helft uns, frei zu sein. Helft uns, frei von der Hamas zu sein', und genau das werden wir tun."
Das Büro des Regierungschefs erklärte in einer Botschaft an den Stabschef, Generalleutnant Eyal Zamir: "Wenn Ihnen das nicht passt, sollten Sie zurücktreten."
Netanjahu und Zamir sind uneins über die Art und Weise, wie der Krieg im Gazastreifen geführt wird, und diese Spannungen haben am Montag ihren Höhepunkt erreicht", heißt es in einem Bericht des israelischen Armeeradios.
Netanjahus Ankündigung kommt nach monatelangen stockenden Gesprächen zwischen Israel und der Hamas in Katar, bei denen Vermittler darum ringen, Hürden auf beiden Seiten zu überwinden und einen Waffenstillstand und die Freilassung von Geiseln zu vereinbaren, während sich die humanitäre Lage im Gazastreifen verschlechtert.
[...] "Wir [werden] den Plan von (Präsident) Trump umsetzen, er ist ein guter Plan und macht einen Unterschied, und er bedeutet etwas sehr Einfaches, nämlich dass die Bewohner des Gazastreifens, die gehen wollen, gehen können", sagte Netanjahu und bezog sich dabei auf einen von Trump unterbreiteten Vorschlag, die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens in andere Länder umzusiedeln.
Dieser Plan wurde von den Ländern der Region und internationalen humanitären Gruppen mit Entsetzen aufgenommen, da die Zwangsumsiedlung der Bevölkerung eine Verletzung des Völkerrechts darstellen würde.
Trump erklärte, er plane, den Gazastreifen zur "Riviera des Nahen Ostens" mit gehobenen Ferienhotels und Einkaufszentren umzugestalten.
*
Batteriespeicher | Akku | Batterietechnik
Fraunhofer-Technologie bringt Batteriediagnose auf neues Niveau – längere Lebensdauer und höhere Sicherheit für Batterien
Bremen - Leistungsfähige und sichere Batterien sind ein zentraler Baustein für den Erfolg der Elektromobilität. Ein neuartiges Messverfahren ermöglicht ein optimiertes Batteriemanagement in E-Autos und hilft so, sie sicherer zu machen und ihre Lebensdauer zu verlängern. Damit könnten Batterien künftig auch für sicherheitskritische Anwendungen genutzt werden.
Ein neues Echtzeit-Messverfahren des Fraunhofer-Instituts für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (Fraunhofer IFAM) soll Batterien langlebiger gestalten, ihren Betrieb sicherer machen und neue Anwendungen ermöglichen. Mittels dynamischer Impedanzspektroskopie analysieren Forschende Batteriezellen nun direkt im Betrieb. Das Verfahren erkennt frühzeitig Defekte, senkt thermische Risiken und macht E-Akkus fit für kritische Anwendungen wie Luftfahrt. Auch bei Ladestationen für E-Autos ergeben sich Vorteile.
Dynamische Impedanzspektroskopie: Revolution im Batteriemanagement
Die Anforderungen an moderne Batteriesysteme wachsen – insbesondere in der Elektromobilität, der Energiewende und zunehmend auch in der Luftfahrt. Fraunhofer IFAM hat eine Technologie entwickelt, die das Management von Batteriezellen entscheidend verbessern kann: die dynamische Impedanzspektroskopie. Sie ermöglicht eine Zustandsanalyse der Batterie während des laufenden Betriebs – und zwar in Echtzeit.
„Die dynamische Impedanzspektroskopie eröffnet neue Möglichkeiten bei der Optimierung des Batteriemanagements und verlängert damit die Lebensdauer der Batterien. Zudem macht sie den Weg frei für den Einsatz der Batterien in sicherheitskritischen Anwendungen“, erklärt Projektleiter Dr. Hermann Pleteit. Bisher war diese hochpräzise Messmethode nur im Ruhemodus möglich – mit vergleichsweise langen Messzeiten.
[...] „Solche Systeme könnten etwa in umweltfreundlichen Elektroflugzeugen eingesetzt werden. Dieser Markt beginnt sich gerade zu entwickeln. Auch in der Schifffahrt zeigen die Hersteller Interesse“, so Pleteit. Zudem profitieren Energieversorger, die Batteriespeicher für Wind- oder Solarstrom betreiben: Sie erhalten mit der Echtzeit-Analyse eine stabile und verlässlich steuerbare Lösung.
Ein weiteres Plus: Das Verfahren ist nicht auf die derzeit gängigen Lithium-Ionen-Akkus beschränkt. Auch neue Zellchemien wie Feststoff-, Natrium-Ionen- oder Lithium-Schwefel-Batterien lassen sich mit der dynamischen Impedanzspektroskopie überwachen – ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer flexiblen, sicheren und nachhaltigen Batteriezukunft.
*
Verantwortung | Kommunikation | Zensursula von der Leyen
"Pfizergate": Wichtige SMS von Ursula von der Leyen wurden gelöscht
Die EU-Kommission hat zentrale SMS zwischen von der Leyen und Pfizer-Chef Bourla aus den Impfstoffverhandlungen gelöscht. Der Kabinettschef soll schuld sein.
Die New York Times hat zwar im Streit um die Herausgabe von SMS von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor dem Gericht der EU in Luxemburg Recht bekommen. In der Sache hat das der Zeitung und der Öffentlichkeit aber letztlich nichts gebracht: Die Kommission musste erneut über das Begehr der Times um Offenlegung des SMS-Austauschs zwischen von der Leyen und Albert Bourla, dem Chef des US-Pharmakonzerns Pfizer, zu milliardenschweren Lieferungen von Covid-19-Impfstoffen befinden. Doch die Brüsseler Regierungsinstitution mauert weiter und behauptet, zentrale Kurznachrichten seien längst gelöscht worden.
Die Kommission habe mit Schreiben vom 28. Juli mitgeteilt, die umstrittenen SMS könnten nicht mehr übermittelt werden, berichtet die New York Times. Nachdem der Journalist Alexander Fanta im Mai 2021 erstmals Zugang zu den Textnachrichten verlangt hatte, entschied von der Leyens Kabinettschef Björn Seibert demnach trotzdem, die SMS vom Handy der Kommissionspräsidentin nicht zu speichern. Seibert habe die Nachrichten im Sommer 2021 gelesen und sei zu dem Schluss gekommen, dass sie lediglich der Terminvereinbarung für Telefonate während der Corona-Pandemie dienten.
[...] Bei dem Gerichtsstreit geht es um einen Deal zwischen der Kommission und dem Impfstoff-Hersteller Biontech/Pfizer aus dem Frühjahr 2021. Die Parteien einigten sich auf die Lieferung von bis zu 1,8 Milliarden Dosen Corona-Impfstoff, das Vertragsvolumen wurde damals auf 35 Milliarden Euro geschätzt. Wie die "New York Times" berichtete, war der persönliche Kontakt zwischen von der Leyen und Pfizer-Chef Bourla für den Abschluss entscheidend. Dabei sollen sie auch per SMS kommuniziert haben.
*
Salzwasser | Atomfässer | Schachtanlage Asse
Salzwasser vs. Atomfässer: Der ungleiche Kampf in der Asse
Täglich sickern 12.000 Liter Salzwasser in das marode Bergwerk Asse. Hier lagern 126.000 Fässer mit Atommüll. Die geplante Rettung der Fässer droht zu scheitern.
Während die Narben der fossilen Energiewirtschaft in Form von Bergsenkungen und Rissen in Häuserwänden zumindest sichtbare Spuren hinterlassen, spielt sich im niedersächsischen Salzbergwerk Asse ein kaum greifbares Drama ab – tief unter der Erde, still, schleichend und potenziell katastrophal.
Täglich dringen Tausende Liter salzhaltiges Wasser in das marode Bergwerk ein, in dem über 100.000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktivem Müll lagern – Reste eines energiepolitischen Traums, der zur tickenden Zeitbombe geworden ist. Die einstige Hoffnung, den strahlenden Abfall zu bergen, droht nun zu scheitern. Und das möglicherweise still und leise – hinter verschlossenen Türen und ohne klare politische Verantwortung.
[...] Noch gibt es dazu keine öffentliche Stellungsnahme und ein einschlägiger Brief von Mitarbeitern des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) in einem Brief an Bundesumweltminister Carsten Schneider wurde nicht namentlich unterzeichnet. Die dort angesprochenen Details gelten offiziell als interne Belange, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt seien.
Zu diesen internen Belangen zählt jedoch auch eine Aussage von hoher politischer Brisanz, die die Zukunft der Schachtanlage Asse in Niedersachsen betrifft. In diese wurden bis zum Jahr 1978 Fässer mit schwach- und mittelradioaktivem Atommüll abgekippt. Bereits zehn Jahre später stellte man jedoch fest, dass Wasser in das System eindringt. Deshalb beschloss die Bundesregierung dann 2013, den nuklearen Müll wieder herauszuholen, um Umweltschäden zu vermeiden.
Jetzt besteht der Verdacht, dass die dafür zuständige Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) vor dieser Aufgabe bereits kapituliert hat. Der Abbruch der Rückholung bei der Asse scheint hinter den Kulissen vom Betreiberunternehmen BGE inzwischen aktiv vorbereitet zu werden.
[...] Bis 2031 sollte ein Standort für ein Atommüllendlager in Deutschland gefunden werden. Doch schon seit geraumer Zeit ist klar, dass das nicht einzuhalten ist. Eine von der Ampel-Regierung beauftragte Studie sprach zuletzt von einer Verzögerung bis 2074. Das betrifft wohl nur den erhofften Zeitpunkt für die Entscheidung über den Standort, für den man dann aber noch mit einem entschiedenen Widerstand der Bevölkerung in der Betroffenen Region rechnet. Optimisten erwarten, wenn sich dieser Widerstand in Grenzen hält, mit einer Inbetriebnahme eines Endlagers in wohl 100 Jahren.
Bis dann muss der Atommüll in Castoren zwischengelagert werden, die eine zugelassene Betriebsdauer von 40 Jahren besitzen. Ob der Müll dann umgepackt werden kann oder ob man einfach die erlaubte Nutzungsdauer unbürokratisch verlängert, ist derzeit noch nicht entschieden. Je weiter diese Entscheidung in die Zukunft verlegt wird, desto größer ist die Chance einer unbürokratischen Lösung, wenn es solange keine öffentlichkeitswirksamen Vorfälle mit den Castoren gegeben hat ...
*
Atommüll | Zwischenlager | Endlager | Schacht Konrad und Bergwerk Asse II
Endlager für radioaktive Abfälle
Atommüll nicht unter den Teppich kehren
Unsichere Zwischenlager, kein langfristiger Gesamtplan – ein Bündnis an Organisationen kritisiert das Atommüll-Entsorgungsprogramm der Bundesregierung als mangelhaft und fordert, Probleme wie undichte Atommüllfässer klar zu benennen und zu lösen.
Atommüll muss über Jahrhunderte eingelagert werden. In Deutschland wurde noch kein Endlager gefunden – und die Suche wird sich laut einer Regierungsstudie wohl bis 2074 ziehen. Ursprünglich war geplant, den deutschen Atommüll bis 2031 endzulagern.
Mit 1.144 Millionen Euro wurde fast die Hälfte des Budgets des Bundesministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit im vergangenen Jahr für die Zwischen- und Endlagerung radioaktiver Abfälle eingesetzt. Damit fließt mehr als doppelt so viel Geld in Atommüll wie in Umwelt-, Natur,- und Verbraucherschutz zusammen. Für die Zwischenlagerung gibt trotzdem keine akzeptable Lösung. Eine Studie des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) fand erhebliche Mängel in allen Zwischenlagern, in denen teils hochradioaktive Abfälle untergebracht sind.
Die Lagerung für radioaktive Abfälle muss endlich langfristig gelöst werden, fordert ein Bündnis von Organisationen, darunter .ausgestrahlt, die Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad und der BUND in einer gemeinsamen Stellungnahme. Darin wird kritisiert, dass das Nationale Entsorgungsprogramm (NaPro) ungelöste Fragen und vorhandene Probleme im Umgang mit den radioaktiven Abfällen weitgehend ausblende. „Lecke Atommüllfässer kommen ebenso wenig vor wie Brennelemente-Zwischenlager ohne Genehmigung“, heißt es in der Stellungnahme, die die Organisationen gemeinsam im Rahmen der bundesweiten Atommüllkonferenz erarbeitet haben.
[...] Einen Entsorgungsplan machen
Deutschland ist über die EU verpflichtet, alle 10 Jahre ein aktualisiertes Nationales Entsorgungsprogramm vorzulegen, das aufschlüsselt, wie der nationale Atommüll entsorgt werden soll. Die erste Aktualisierung steht in diesem Jahr an.
Zu diesem Anlass übergaben die Organisationen vergangene Woche die Stellungnahme, die bisher etwa 2800 Bürger:innen unterzeichnet haben, sowie mehrere hundert Einzelstellungnahmen an das Bundesministerium für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Die Endlagersuche und der Produktionsstopp nuklearen Materials in Deutschland sind die letzten Schritte auf dem Weg des Atomausstiegs.
*
4. August 2005 (INES Klass.?) Akw Indian Point, USA
Freisetzung von radioaktiver Strahlung in die Umwelt bedeutet INES 3 ...
Akw Indian Point am Hudson River setzte zwischen 1974 und 2016 unbekannte Mengen Tritium, Strontium, Cäsium, Kobald und Nickel frei.
(Kosten ca. 34,2 Millionen US$)
Nuclear Power Accidents
AtomkraftwerkePlag
Indian Point (USA)#Störfälle
... Am 1. September 2005 gab der Betreiber bekannt, dass radioaktive Flüssigkeit aus einem Leck im Abklingbecken für gebrauchte Brennelemente von Indian-Point-2 ausgetreten war. Die Flüssigkeit enthielt laut NRC-Untersuchung Tritium, Strontium-90, Kobalt-60, Cäsium-137 und Nickel-63. Das Leck konnte erst im November 2008 endgültig beseitigt werden ...
Die Freisetzungen von Radioaktivität vor 2007 werden in Wikipedia nicht mehr erwähnt.
Wikipedia de
Kernkraftwerk Indian Point
Das stillgelegte Kernkraftwerk Indian Point besteht aus drei Druckwasserreaktoren und liegt in Buchanan (New York) am Hudson River, der für die Trinkwasserversorgung New Yorks wichtig ist, 55 Kilometer nördlich des Zentrums von New York City. In einem Radius von 80 Kilometern leben 6 Prozent der US-Bevölkerung, fast 20 Millionen Menschen. Das Kernkraftwerk liegt in einem seismisch relativ aktiven Gebiet.
Der Reaktorblock 1 war von 1962 bis 1974 in Betrieb. Die Abschaltung erfolgte 1974 da das Notkühlsystem nicht mehr genehmigungsfähig war, 1976 wurden dann die letzten Brennstäbe entfernt. Die von Westinghouse gebauten Blöcke 2 und 3 waren ab 1974 bzw. 1976 im kommerziellen Betrieb. Nach einer Anfang 2017 getroffenen Vereinbarung wurde Reaktor 2 am 30. April 2020 abgeschaltet, Reaktor 3 folgte am 30. April 2021 ...
3. August
Don Trumpl droht mit Atom-U-Booten, und Wlad PutIn droht zurück mit Atomraketen
John Bolton über Donald Trump
»Er versteht nicht, wie unsere Atom-U-Boote funktionieren«
Die beiden werden keine Freunde mehr: John Bolton sagt, sein Ex-Chef Donald Trump habe keine Ahnung, wie die Schiffe der Ohio-Klasse auf den Weltmeeren im Einsatz sind. Der Grund: Die Atom-U-Boot-Drohung Richtung Russland.
»Very risky business«: John Bolton hat Donald Trump für seine Drohung, Atom-U-Boote Richtung Russland zu entsenden, kritisiert. In einem Interview mit dem US-Sender CNN sagte der ehemalige US-Sicherheitsberater, die Aussagen zeigten, dass der Commander-in-Chief offenbar nicht verstehe, »wie unsere Atom-U-Boote funktionieren«.
Die sogenannte Ohio-Klasse umfasst die 18 größten US-U-Boote mit nuklear getriebenem Antrieb. Sie haben eine hohe Zweitschlagkapazität, sind also die Rückversicherung der Vereinigten Staaten im Falle eines nuklear geführten Krieges.
»Diese Schiffe liegen nicht im Hafen«, sagte Bolton. Sie seien vielmehr »ständig und auf der Basis eines hochgeheimen Fahrplans« auf den Weltmeeren unterwegs. Diese Fahrten, im Fachjargon »erweiterte Abschreckung« genannt, finden auch aktuell statt. »Sie sind also schon da draußen«, sagte Bolton, »hoffentlich unaufspürbar«. Folglich müssen sie nicht erst auf Befehl Trumps auslaufen, wie es der US-Präsident suggeriert hat.
[...] Kremlchef Wladimir Putin verkündete seinerseits am Freitag den Beginn der Serienproduktion der atomar bestückbaren Hyperschallrakete »Oreschnik«. Nach seinen Worten könnten die Raketen gegen Jahresende in Belarus stationiert werden. Belarus ist ein enger Verbündeter Russlands und Nachbarland der Ukraine.
*
Kini Jödler | Populismus | Bürgergeld
Krieg in der Ukraine:
Markus Söder will Bürgergeld für ukrainische Geflüchtete streichen
Alle Menschen aus der Ukraine sollen nur noch niedrigere Asylbewerberleistungen erhalten, fordert der CSU-Chef. Damit geht Söder über den Koalitionsvertrag hinaus.
Anders als im Koalitionsvertrag vereinbart will CSU-Chef Markus Söder Bürgergeldzahlungen für Menschen aus der Ukraine vollständig abschaffen. Das solle für alle Geflüchteten gelten und "nicht nur für die, die in der Zukunft kommen", sagte der bayerische Ministerpräsident im Sommerinterview des ZDF.
Söder wolle das in der Koalition durchsetzen, denn es gebe "kein Land der Welt", das im Falle der Menschen aus der Ukraine so verfahre wie Deutschland beim Bürgergeld. Dies sei ein Grund, warum hierzulande "so wenige Menschen aus der Ukraine in Arbeit" seien, obwohl sie eine gute Ausbildung hätten.
Kritik an Söders Aussagen kam vom Chef des CDU-Arbeitnehmerflügels, Dennis Radtke. "Die letzten Jahre sollten doch eigentlich gezeigt haben, dass wir mit breitbeinigen und marktschreierischen Forderungen beim Thema Flucht und Asyl nichts erreichen können", sagte der Chef der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft im Focus. Er fügte hinzu: "Die Menschen erwarten zu Recht von uns als Union staatstragende und handwerklich saubere Politik, statt einfach einen herauszuhauen."
[...] Der Ökonom Marcel Fratzscher hält die Debatte über die Streichung des Bürgergelds für Geflüchtete für Populismus. Kurzfristig könnte man rund eine Milliarde Euro pro Jahr sparen, das blende jedoch die langfristigen Folgekosten aus. Studien zeigen, dass sich Sozialhilfeleistungen kaum auf die Beschäftigungsquote ukrainischer Geflüchteter auswirken.
*
Don Trumpl und das Eskalations-Spiel mit Dmitri Medwedew
Wer ist Medwedew: Der russische Provokateur, der Trump dazu brachte, 2 Atom-U-Boote zu entsenden?
Die Beziehungen zwischen den USA und Russland haben nach der öffentlichen Konfrontation zwischen Donald Trump und Dmitri Medwedew, dem derzeitigen stellvertretenden Vorsitzenden des russischen Sicherheitsrats, eine dramatische Wende genommen.
Was in den ersten Monaten von Trumps Amtszeit als Annäherung begann, hat sich zu einer diplomatischen Krise entwickelt, die zur Ankündigung der Stationierung von zwei US-Atom-U-Booten in der Nähe Russlands geführt hat.
Der Wendepunkt kam, als Medewdev Trumps Ultimatum an Präsident Wladimir Putin zur Beendigung des Konflikts in der Ukraine als "eine Drohung und einen Schritt in Richtung Krieg" bezeichnete. Im Juni, nach den US-Luftangriffen auf Atomanlagen in Moskaus Verbündetem Iran, deutete Medwedew zudem an, dass "mehrere Länder" bereit seien, Teheran Atomsprengköpfe zu liefern, was den Zorn Trumps auf sich zog, der ihm vorwarf, "beiläufig" mit einem Atomangriff zu drohen.
[...] Während seiner Präsidentschaft zwischen 2008 und 2012 galt Medwedew als liberaler Reformer, der "freundschaftliche" Beziehungen zu Europa und den USA anstrebte. Im Jahr 2010 unterzeichnete er mit Barack Obama einen Vertrag zur Reduzierung der Atomwaffen, 2011 wurde Russland nach 18 Jahren Verhandlungen in die Welthandelsorganisation aufgenommen. Medwedew verfolgte eine Außenpolitik der Nichtkonfrontation mit "keinem Land". Sein Modernisierungsprogramm wurde zwar kritisiert, weil es angeblich mehr Rhetorik als echte Taten enthielt, stand aber im Gegensatz zu den härteren Positionen des Kremls.
[...] Der Wandel fällt mit dem politischen Bedeutungsverlust von Medwedew zusammen, der durch den Aufstieg der "Silowiki" (Militär und Sicherheitsdienste) ins Abseits gedrängt und schließlich 2020 als Ministerpräsident zurücktrat. Jetzt ist er auf eine begrenzte Rolle als stellvertretender Vorsitzender des Sicherheitsrates beschränkt und versucht offenbar, durch immer radikalere Positionen, die im Gegensatz zu seiner reformorientierten Vergangenheit stehen, wieder an Bedeutung zu gewinnen.
*
Abschiebung von Jesiden, obwohl sie Opfer des Genozid der Islamisten vom islamischen Staat waren
Aufarbeitung des Genozids an den Jesiden
In der Erde und in den Gerichtssälen
Elf Jahre nach dem Völkermord an den Jesiden werden immer noch Massengräber gehoben. Das ist wichtig für die Verfolgung der Täter – auch in Deutschland.
[...] Vor elf Jahren, am 3. August 2014, fiel der Islamische Staat in der Region Sindschar im Nordirak ein und begann, die dort lebenden Jesiden als Ungläubige und vermeintliche Teufelsanbeter zu massakrieren. Männer und Jungen mit Achselhaaren wurden oft am Dorfrand erschossen, die Mädchen und Frauen im gebärfähigen Alter in die Sklaverei verkauft. Wer fliehen konnte, fand Zuflucht im Sindschargebirge, wo den Jesiden in der sengenden Hitze das Nötigste fehlte – bis kurdische Kräfte der YPG einen Fluchtkorridor nach Syrien freikämpfen konnten. Etwa 5.000 Jesiden wurden getötet, mehr als 10.000 verschleppt.
[...] Elf Jahre nach dem Völkermord leben immer noch jesidische Vertriebene in Flüchtlingslagern, vor allem in Irakisch-Kurdistan, wo sie einst Zuflucht fanden. Immer noch sind Teile von Sindschar zerstört, die Ruinen teils vermint, und wirtschaftliche Perspektiven gibt es kaum. Entscheiden sich Menschen dennoch, aus den Lagern nach Sindschar zurückzukehren, finden sie dann manchmal neue Spuren der Verbrechen, sagt Ali. Auch in Syrien könnte es noch unentdeckte Gräber geben, in denen Jesiden liegen, die der IS einst dorthin verschleppte.
[...] 2021 verurteilte das Oberlandesgericht Frankfurt das ehemalige IS-Mitglied Taha Al J., weil er eine Jesidin und ihre fünfjährige Tochter 2015 als Sklavinnen erwarb und misshandelte. Das Mädchen habe er in der prallen Sonne an ein Fenster gebunden, bis sie vor den Augen der Mutter starb.
Das Gericht verurteilte J. nicht nur wegen seiner individuellen Taten, sondern auch wegen Völkermordes an den Jesiden – der erste solche Fall weltweit. Schwarz, damals Junior-Professor für Völkerrecht in Leipzig, unterstützte die Überlebenden in der Nebenklage.
[...] An anderen Stellen aber werden die deutschen Gerichte den Anforderungen von Völkerstrafprozessen nicht gerecht. So gab es beim Verfahren gegen Taha Al J. in Frankfurt ein Verbot, mitzuschreiben, sagt Schwarz. Ferner wurde keine Übersetzung ins Arabische oder Kurdische angeboten, sodass einige Überlebende dem Prozess im Gerichtssaal nicht folgen konnten.
Für Schwarz ist das ein Manko. „Einerseits wendet man internationales Recht an, beruft sich auf die Rechtsprechung des Internationalen Strafgerichtshofs, verhandelt transnationale Prozesse und Taten, ist aber nicht willens und nicht dafür ausgestattet, die Gerichtssprache zu übersetzen“. Auch wurden Völkerstrafprozesse in Deutschland bis 2024 nicht aufgezeichnet, sagt Schwarz. Dabei sind solche Prozesse wichtig, um die Taten für die Nachwelt festzuhalten.
[...] Und: Obwohl die Sicherheitslage im Irak nach wie vor volatil ist, schiebt Deutschland immer öfter Jesiden dorthin ab. Die Strafverfolgung geht derweil weiter. Erst im Mai berichtete die taz über einen Prozess vor dem OLG München gegen ein Paar, das sich dem IS angeschlossen haben soll und zwei jesidische Mädchen versklavte. „Man muss, wenn man mit dem Völkerstrafrecht arbeitet, nicht nur einen langen Arm haben, sondern eben auch immer einen langen Atem“, sagt Alexander Schwarz. „Wir müssen davon ausgehen, dass in den nächsten 10 bis 20 Jahren es noch immer zu weiteren Prozessen kommen wird.“ ...
*
Mobilität | Verkehrswende | Straßenbau | Schienenverkehr
Elektrisierende Dienstwagen, links-grün Verzagte und die Bahnsanierungs-Show
Ein Straßenbau-Moratorium und viel mehr Investitionen für die Schiene fordert Andreas Knie, Mobilitätsforscher und Mitglied im Herausgeberrat von Klimareporter°. Bei der Bahn fehle es aber nicht nur am Geld, sondern auch an Strukturen, es sinnvoll auszugeben.
Klimareporter°: Herr Knie, die Bundesregierung hat am Mittwoch ihren Haushaltsentwurf für 2026 vorgestellt. Die geplanten Verkehrs-Investitionen steigen leicht auf 33,7 Milliarden Euro, und mit 22 Milliarden soll der Großteil davon der Schiene zugutekommen. Auch der Radverkehr darf sich auf mehr Geld freuen. Stellt Schwarz-Rot die richtigen Weichen für die Verkehrswende?
Andreas Knie: Es ist alles nur eine riesige Inszenierungsshow. Grundsätzlich wäre eine Verschiebung der Investitionsmittel von der Straße auf die Schiene wünschenswert. Angesichts der seit Jahren rückläufigen Verkehrsmengen bei Pkw und Lkw auf den Bundesfernstraßen ist ein sofortiges Moratorium beim Straßenneubau sowieso dringend geboten. Bei der Schiene beträgt der Rückstau allein bei der Instandhaltung 120 Milliarden Euro. Das Geld reicht also hinten und vorne nicht.
Dazu kommt, dass angesichts der komplizierten Gemengelage zwischen Bund, Ländern, Infra Go und Eisenbahnbundesamt sowie begrenzter Kapazitäten bei der Eisenbahnbauindustrie die Verarbeitungskapazitäten bei maximal rund acht Milliarden liegen dürften. Zudem unterliegt das bereitgestellte Geld weiterhin dem Jährlichkeitsprinzip: Was in dem Jahr nicht ausgegeben wird, bleibt in der Kasse des Finanzministers.
Es braucht also nicht einfach mehr Geld, es braucht eine Strukturreform für die gesamte Bahnbranche. Vorbild wäre die Autobahn GmbH, die alle Aktivitäten bündelt. Und es braucht einen Infrastrukturfonds, der für mindestens zehn Jahre eingerichtet wird und der die Haushaltsmittel unabhängig von buchführerischen Logiken garantiert. Von daher sind die Etatansätze das eine und der tatsächliche Mittelfluss etwas völlig anderes.
Obwohl Finanzminister Klingbeil bei der Vorstellung des Entwurfs zugab, dass ab 2027 große Lücken in der Finanzplanung bestehen, sollen die Investitionen in den Verkehr immerhin bis 2029 auf einem stabilen Niveau gehalten werden. Kann das den Investitions- und Sanierungsrückstand bei der Bahn nicht wenigstens entschärfen?
Bei der Bahn fehlt es an allem: einerseits am Geld, andererseits auch an Strukturen, dieses Geld sinnvoll auszugeben. Zur Wahrheit gehört auch, dass selbst bei gutem politischen Willen die Haushaltsmittel des Bundes nicht ausreichen werden, die Mittel den Betrieb und die Investitionen für die Bahn aufzubringen. Neben den Einnahmen aus dem Verkauf der Fahrkarten wird es nicht ohne weiteres privates Kapital gehen.
Seit der Bahnreform im Jahr 1994 ist das System Bahn auseinandergerissen worden, die politische Verantwortung zwischen Bund und Ländern aufgeteilt und eine Ausschreibungsbürokratie mit über 70 Verkehrsverbünden und Zweckverbänden geschaffen worden. Das Bahnsystem ist heute in seinen funktionalen Abläufen zertrennt: Das Netz, die Bahnhöfe sowie Fernverkehr, Regio und Cargo arbeiten auf eigene Rechnung in ganz unterschiedlichen Logiken.
Hinzu kommt, dass im Schienenpersonennahverkehr eine Reihe von Unternehmen nur noch als Lohnkutscher unterwegs sind, weil die Länderbürokratien über die Produktqualität bestimmen. Da weiß die linke Hand nicht, was die Rechte tut. Ohne eine Rück-Integration in ein einziges Unternehmen wird die Bahn nicht zu retten sein ...
| Aktuelles+ | Hintergrundwissen | Seitenanfang |
Aktuelles+
3. August 2025
Atombombe | Wasserstoffbombe | Nuklearwaffen | Hiroshima | Nagasaki
Nukleare Bedrohung
Wie wir lernten, mit der Bombe zu leben
Vor 80 Jahren fiel die Atombombe. Seither lebt die Welt mit der Drohung totaler Vernichtung. Warum die Bombe bleibt – und was das über uns verrät.
Die Menschheit ist eine dumme Spezies. Mit Atomwaffen hat sie ein Mittel geschaffen, mit dem sie sich selbst ausrotten könnte, mehrfach. Auf so eine Idee muss man erst mal kommen. Atombomben waren nie dafür gedacht, gezielt und vor allem begrenzt gegen militärische Ziele eingesetzt zu werden. Atomwaffen sind Terror. Sie drohen mit vollkommener Auslöschung jeglichen Lebens und jeglicher Infrastruktur, und das, dank des radioaktiven Fallouts, auf Jahre.
Trotz dieses Irrsinns erscheint eine Welt ohne Atomwaffen jeden Tag unrealistischer, rückt in immer weitere Ferne. Seit es die Bombe gibt, ist da auch das Gefühl, dass niemand ein solches Instrument des Massenmords in der Hand haben sollte. Aber wenn man von den früheren Sowjetstaaten Belarus, Kasachstan und der Ukraine absieht, die 1994 die auf ihrem Territorium stationierten sowjetischen Atomwaffen an Russland abgaben, hat nur eine einzige ehemalige Atommacht die Bombe wieder abgeschafft: Südafrika zerstörte 1991 die bis zu sechs eigenen Sprengköpfe, als es dem Atomwaffensperrvertrag beitrat.
US-Präsident Barack Obama kündigte in seiner berühmten Prager Rede im April 2009 an, sich für eine atomwaffenfreie Welt einsetzen zu wollen. Aber auch er, damals noch frisch ins Amt getragen mit den Schlagworten „Hope“ und „Change“, bekannte, er werde eine solche Welt vermutlich nicht mehr erleben.
Dabei gibt es zahlreiche Initiativen, die Waffen loszuwerden. Am bekanntesten ist die Organisation ICAN, die Internationale Kampagne für ein Atomwaffenverbot. Es war nicht zuletzt ihr zu verdanken, dass 2017 122 UN-Mitgliedsstaaten für einen Atomwaffenverbotsvertrag stimmten. Bis heute haben immerhin 94 Staaten den Vertrag unterzeichnet, 2021 trat er in Kraft. ICAN erhielt 2017 den Friedensnobelpreis – aber noch immer hat keine einzige Atommacht den Vertrag unterzeichnet, auch kein einziger Nato-Mitgliedsstaat, und es sieht auch nicht so aus, als ob irgendjemand das vorhabe.
Wäre es aber nicht absolut wünschenswert, ja notwendig, eine Waffe aus der Welt zu schaffen, die Zehntausende Menschen in ihrem direkten Radius verdampfen lässt, weitere Zehntausende zerfetzt und noch einmal Zehntausende qualvoll an Verstrahlung sterben lässt? Wie kann es sein, dass Abermilliarden in die Entwicklung einer Technik gesteckt wurden und werden, deren Anwendung das Ende menschlicher Zivilisation bedeutet? Was aber andersherum würde es bedeuten, wenn alle oder einige der derzeitigen Atomstaaten abrüsten, das Wissen um die Bombe aber bleibt? Wäre eine Welt ohne Atomwaffen wirklich eine friedlichere?
Eine solche atomwaffenfreie Welt gab es einmal. Sie endete am 16. Juli 1945 um 5.29 Uhr Ortszeit in der Wüste des US-Bundesstaats New Mexico. Da zündete die erste Atombombe, in jahrelanger geheimer Arbeit des sogenannten Manhattan Projects entwickelt unter Leitung des Physikers Robert J. Oppenheimer. Nur drei Wochen später ließ US-Präsident Harry Truman am 6. und 9. August 1945 Atombomben auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki abwerfen.
Die zwei Bomben töteten innerhalb kürzester Zeit mehr als 100.000 Menschen, etwa genauso viele in den Folgemonaten, und an den radioaktiven Langzeitfolgen erkrankten und starben Zehntausende noch Jahrzehnte später. Es war ein Einschnitt: Die Menschheit hatte sich nunmehr technisch in die Lage versetzt, sich selbst auszulöschen.
Präsident Truman hatte die Bomben mit der Begründung eingesetzt, damit Japan in die schnelle Kapitulation zwingen und somit viel größeres Blutvergießen vermeiden zu wollen. Das ist ziemlich sicher vorgeschoben: Nicht nur wollten die US-Atomwissenschaftler und Militärs tatsächlich wissen, wie eine solche Bombe im Einsatz über einer Stadt wirkt. Es ging außerdem darum, die Welt wissen zu lassen, dass die USA den Wettlauf um die Erstellung dieser apokalyptischen Waffe gewonnen hatte und bereit und in der Lage war, sie auch einzusetzen. Historiker jedenfalls gehen davon aus, dass Japan auch ohne die Zerstörung der beiden Städte durch Atombomben kurz vor der Kapitulation stand.
Aber die US-amerikanischen Entscheidungsträger bis hin zu Bomberpilot Paul Tibbets, der den Bomber „Enola Gay“ über Hiroshima geflogen und die Bombe abgeworfen hatte, beharrten darauf, guten Gewissens gehandelt und einen Krieg beendet zu haben. Es braucht wohl Verdrehungen, um Massenmord an vollkommen wehrlosen Menschen zu rechtfertigen.
Das ist die Macht, die Atomwaffen verleihen – wenn nur eine Seite sie hat. Zwar hat der Internationale Gerichtshof 1996 entschieden, dass ein Einsatz wie 1945 oder auch nur die Drohung damit völkerrechtswidrig sei. Aber dass Macht über Völkerrecht geht, können wir heute auch in anderen Zusammenhängen beobachten.
Die USA behielten die Alleinstellung nur kurz. Der erste Atomwaffentest der Sowjetunion folgte im August 1949. Die beiden Großmächte begannen ein atomares Wettrüsten, das bis weit in die 1980er Jahre anhielt.
Dabei ging es zunächst darum, wer die Bombe mit der tödlichsten Wirkung bauen könnte. Schon während des Manhattan-Projektes hatte Oppenheimers Rivale, der Atomphysiker Edward Teller, mit Überlegungen zu einer Wasserstoffbombe begonnen. Diese thermonukleare Waffe sollte noch eine wesentlich höhere Sprengkraft entfalten als die in Hiroshima und Nagasaki eingesetzten Bomben „Little Boy“ und „Fat Man“.
1952 testeten die USA eine erste Wasserstoffbombe, sie war gut 500-mal stärker als die Nagasaki-Bombe. Auch die Sowjetunion arbeitete an einer solchen Bombe. Sie brachte 1961 die stärkste je von Menschen verursachte Explosion zustande, die Sprengkraft war mehr als 4.000-mal stärker als die der Hiroshima-Bombe. Die Explosion erzeugte einen Feuerball mit einem Radius von 3,5 Kilometern und eine Druckwelle, die die Erde mehrmals umrundete. Der Atompilz stieg kurzzeitig in eine Höhe von 64 Kilometern.
Atomwaffen drohen mit vollkommener Auslöschung jeglichen Lebens
All das waren Machtdemonstrationen, die vor allem dazu dienten, die Drohung mit einer vollkommenen Vernichtung zu untermauern.
Andere Mächte folgten. Großbritannien testete 1952 die erste eigene Atombombe, Frankreich folgte 1960, China zog 1964 nach. Israel hat den Besitz von Atomwaffen nie offiziell eingeräumt, Experten gehen jedoch davon aus, dass der Staat spätestens seit 1967 darüber verfügt.
Die Atomtests blieben nicht ohne Konsequenzen. Überall dort, wo getestet worden war, erkrankten Menschen an den Folgen der freigesetzten Radioaktivität. 1963 wurde der Vertrag zum Verbot von Atomwaffenversuchen in der Atmosphäre, im Weltraum und unter Wasser unterzeichnet.
Unterirdisches Wettrüsten
Doch das Wettrüsten ging unterirdisch weiter. Denn nur wenn sichergestellt ist, dass ein Ersteinsatz von Atomwaffen durch die eine Seite auch deren eigene nukleare Vernichtung durch einen Gegenschlag bedeutet, kann so etwas wie Abschreckung funktionieren. Wenn Moskau zerstört wird, ist New York nicht zu retten, und umgekehrt. So soll der Atomkrieg unführbar werden. Die Drohung mit dem Ende der Zivilisation, so bis heute das Kalkül nuklearer Abschreckung, soll den Frieden bewahren. Eine riskante Wette mit existenziellem Einsatz.
Denn sobald eine Seite in der Lage wäre, mit einem Erstschlag die gegnerische Fähigkeit zum Zurückschlagen auszuschalten, bricht das Abschreckungstheorem zusammen. Und genau daran haben beide Seiten im Kalten Krieg stets gearbeitet: die eigene Fähigkeit zum Erstschlag erhöhen, die Fähigkeit zum Zweitschlag, zum Zurückschlagen erhalten.
Die Idee der Abschreckung basiert also auf der Idee der gegenseitigen Bereitschaft und Fähigkeit zum Massenmord. Wer eine Atomwaffe losschicken und den Gegner vernichten könnte, so die Theorie, tut es nur deshalb nicht, weil er zu 100 Prozent davon ausgeht, dass auf der anderen Seite jemand sitzt, der innerhalb von Minuten die Entscheidung trifft, ebenfalls Hunderttausende Menschen zu töten. Und der das vor allem auch dann tut, wenn das nichts an der Zerstörung des eigenen Landes ändert oder sogar noch weitere Gegenschläge auslöst.
Es ist eine vollkommen irrationale Entscheidung, das wirklich zu tun. Aber wer nicht glaubhaft versichern kann, genau diese wahnwitzige Entscheidung im Falle eines Falles quasi automatisiert zu treffen, der setzt die erstrebte Abschreckungswirkung seiner eigenen Atomwaffen aufs Spiel. Das ist alles so irrational, dass eine friedlichere Welt doch ohne Atomwaffen auskommen müsste.
Heute wird die Glaubwürdigkeit dieser Zweitschlagsdrohung auch an der Frage des sogenannten „nuklearen Schutzschirms“ der USA über Europa diskutiert. Das Wort ist irreführend – denn da ist kein Schirm, der Atomwaffen abhält, sondern das Versprechen der USA, mit der Zweitschlagsdrohung jeden Angreifer vor einem Atomangriff auf Europa abzuschrecken.
Aber würden die USA tatsächlich im Falle eines russischen Angriffs mit taktischen Nuklearwaffen auf Polen eigene Sprengköpfe Richtung Moskau schicken mit der Gefahr eines Gegenschlags auf US-Städte? Und wenn nicht, muss dann Europa womöglich eigene Atomwaffen in die Hand bekommen, oder sollten die französischen und britischen Bomben als „Schutzschirm“ dienen?
Die Wirklichkeit kennt viele Fragezeichen, die es in der Theorie der friedenssichernden atomaren Abschreckung nicht geben darf. Sie braucht die Drohung des unaufhaltsamen Weltuntergangs, wie sie filmisch in Stanley Kubricks Film „Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben“ 1964 genial visioniert ist.
Stanislaw Petrows Entscheidung gegen den Zweitschlag
Dabei ist es exakt das gegenteilige Verhalten, was die Welt tatsächlich vor einem Atomkrieg aus Versehen gerettet hat. Als am 26. September 1983 das sowjetische Vorwarnsystem eine ankommende, mutmaßlich nuklear bestückte US-amerikanische Interkontinentalrakete meldete, entschied der diensthabende sowjetische Offizier Stanislaw Petrow aus der in der Nähe von Moskau gelegenen Vorwarnzentrale, das für einen Fehlalarm zu halten, bis es weitere Beweise gebe.
Das war nicht, was das Prinzip der „Mutually Assured Destruction“, der wechselseitig garantierten Zerstörung, die auch die sowjetische Atomdoktrin beherrschte, eigentlich von ihm verlangt hätte. Er hätte die Warnung sofort weitergeben und Moskau hätte sofort mit dem Abschuss eigener Interkontinentalraketen auf die USA reagieren müssen. Dass er es nicht getan hat und insofern keine sowjetischen Raketen auf Europa oder die USA geschossen wurden, hat vermutlich den Atomkrieg verhindert. Der Fehlalarm des sowjetischen Frühwarnsystems blieb aufgrund der Entscheidung eines Menschen ohne Folgen. Ein Irrsinn.
Seit den 1960er Jahren waren die Menschen in Europa mit der Gewissheit aufgewachsen, dass vom europäischen Kontinent im Falle eines Atomkriegs nicht viel übrigbleiben würde. Als Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre in Westeuropa Hunderttausende auf die Straße gingen, um gegen die Gefahr eines Atomkrieges – in Deutschland konkret gegen die Stationierung neuer US-amerikanischer Mittelstreckenraketen – zu protestieren, da schwang bei vielen das Gefühl mit, dass angesichts der atomaren Überrüstung ein Atomkrieg aus Versehen oder als Unfall durchaus wahrscheinlich war.
Als die Welt zuletzt atomwaffenfrei war, starben im Zweiten Weltkrieg 60 Millionen Menschen, ganz konventionell. Eine Welt ohne Atomwaffen ist nicht zwangsläufig eine friedliche Welt. Womöglich sogar im Gegenteil
Und Unfälle gab es in der Geschichte der atomaren Bewaffnung zuhauf. Ab 1961 etwa behielten die USA permanent eine große Anzahl von schweren Bombern in der Luft unterwegs zwischen Nordamerika und Europa – bestückt mit Atom- oder Wasserstoffbomben. So sollte sichergestellt werden, dass die Flotte nicht am Boden zerstört werden konnte – und sich außerdem immer in Reichweite sowjetischen Territoriums befand. Ein Symbolbild für den Wahnsinn, der mit der Idee von nuklearer Abschreckung einhergeht. Zwischen 1950 und 2000 wurden 32 Unfälle mit diesen Atomwaffen dokumentiert – inoffizielle Quellen gehen von rund 1.000 aus.
So sehr sich die Supermächte permanent darum bemühten, sich gegenseitig zu übertrumpfen, so sehr gehörte auch die Idee der atomaren Rüstungskontrolle dazu. Oder zumindest die Vorstellung, dass nicht alle Staaten Atomwaffen haben sollten.
1968 wurde der Atomwaffensperrvertrag, initiiert von Großbritannien, den USA und der Sowjetunion, unterzeichnet. Damit wurden die fünf Staaten, die bis dahin erklärtermaßen im Besitz von Atomwaffen waren – praktischerweise die fünf Vetomächte des UN-Sicherheitsrats – als Atommächte legitimiert.
Regulierung wichtig für mehr Frieden
Sie selbst und alle anderen Unterzeichnerstaaten verpflichteten sich, jeden weiteren Besitz von Atombomben über diese bisherigen fünf Länder hinaus zu verhindern. Gleichzeitig wird allen Unterzeichnerstaaten das Recht zur zivilen Nutzung der Kernenergie zugebilligt – unter regelmäßiger Kontrolle der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA). Diese Regulierung war ein wichtiger Schritt zu einer friedlicheren Welt – und Atomwaffen spielten darin eine entscheidende Rolle.
Indien wurde 1974 Atommacht, Pakistan 1988 und Nordkorea 2006. Pakistan und Indien hatten den Atomwaffensperrvertrag nie unterzeichnet, Nordkorea war 2003 ausgetreten.
Mitte der 1980er Jahre verfügten die USA und die Sowjetunion zusammen über rund 60.000 Atomsprengköpfe – nach dem Ende des Kalten Krieges rüsteten beide Seiten massiv ab. Heute sind in den Arsenalen noch gut 12.000 Atomsprengköpfe, davon gehören Russland 5.459, den USA 5.177, China 600, Frankreich 290, Großbritannien 225, Indien 180, Pakistan 170, Israel geschätzt 90 und Nordkorea 60. Für eine mehrfache Ermordung der gesamten Weltbevölkerung reicht das noch immer.
Abschreckung kann versagen
Und von Abrüstung ist derzeit nicht die Rede. Fast alle atomaren Rüstungskontrollverträge zwischen den USA und Russland sind ausgelaufen oder gekündigt. Spätestens seit 2017 modernisieren alle bekannten Atommächte ihre Arsenale, die Zahl einsatzbereiter Sprengköpfe steigt. Außerdem entwickeln die Atommächte neue Raketentypen, die schwerer abzuwehren sind.
Und selbst wenn es – wofür derzeit nichts spricht – gelingen sollte, alle Atomwaffenstaaten zur Abrüstung bis auf null zu bewegen: Das Wissen um die Technik ist aus der Welt nicht mehr zu löschen. Wenn es aber da ist, kann es auch in die Hände terroristischer Organisationen geraten, welcher Couleur auch immer. Die Gefahr der atomaren Apokalypse bestimmt heute nicht mehr das Denken und Fühlen – dabei erscheint die Gefahr einer nuklearen Eskalation angesichts der diversen Akteure heute nicht weniger real als zu Hochzeiten des Kalten Krieges.
Die Bedrohung allen Lebens auf der Erde und der menschlichen Zivilisation durch nukleare Selbstzerstörung ist eigentlich unvorstellbar, aber die Menschheit ist eben eine dumme Spezies. Dem gegenüber steht, dass vermutlich die gegenseitige nukleare Bedrohung dafür gesorgt hat, den Systemkonflikt des Kalten Krieges nicht zu einem dritten Weltkrieg ausufern zu lassen. Die Anti-Atomwaffen-Kampagne ICAN schreibt: „Der Fakt, dass nukleare Abschreckung versagen kann, ist unbestreitbar. Und solange die Wahrscheinlichkeit eines Versagens größer als null ist, steht alles auf dem Spiel.“
Ja, diese Waffen müssten verschwinden. Im vergangenen Jahr erhielt Nihon Hidankyo, die Japanische Konföderation der Atombomben- und Wasserstoffbombenopfer, die sich vehement für eine vollständige Abschaffung von Atomwaffen einsetzen, den Friedensnobelpreis. Verändert hat das nichts.
Als die Welt zuletzt atomwaffenfrei war, starben im Zweiten Weltkrieg 60 Millionen Menschen, ganz konventionell. Eine Welt ohne Atomwaffen ist nicht zwangsläufig eine friedliche Welt. Womöglich sogar im Gegenteil. Aber können wir es uns leisten, die Friedenshoffnung nur um den Preis der totalen Vernichtungsdrohung zu erhalten? Das bleibt ein Spiel mit dem Feuer. Ob es noch einmal 80 Jahre gut geht, dass diese Waffen existieren, ohne dass sie jemand einsetzt, scheint mehr als fraglich.
Es ist also gar nicht unbedingt die Frage nach der Existenz von Atomwaffen, die man sich für eine Utopie stellen muss, sondern vielmehr die Frage, wie man eine friedliche Welt erreichen kann. Eigentlich bräuchte es dafür neue Abrüstungsverträge, im atomaren und konventionellen Sektor. Bis das passieren kann, ist sind die Voraussetzungen für eine Welt ohne Atomkrieg zumindest bilaterale Kontrollabkommen und rote Telefone, um notfalls eine Eskalation zu verhindern.
| Aktuelles+ | Hintergrundwissen | Seitenanfang |
Hintergrundwissen
Die Karte der nuklearen Welt
**
Die "Interne Suche"
Atombombe | Wasserstoffbombe | Nuklearwaffen
21. Juni 2025 - Der Atomwaffen-Irrsinn in Zahlen
8. März 2025 - Fukushima: Was lernen wir aus Katastrophen?
29. Juni 2023 - Erlebt die Atomkraft eine Renaissance? Dahinter stehen auch militärische Interessen
21. Februar 2025 - Merz will mit europäischen Atommächten über Nuklearschirm sprechen
17. März 2019 - Tödlicher Staub - Uranmunition-Einsatz und die Folgen
Dezember 2004 - THTR Rundbrief Nr. 95 - Leukämie in Geesthacht
**
Die Suchmaschine Ecosia pflanzt Bäume!
https://www.ecosia.org/search?q=Atombombe
https://www.ecosia.org/search?q=Wasserstoffbombe
https://www.ecosia.org/search?q=Nuklearwaffen
Bundeszentrale für politische Bildung
Vor 80 Jahren: Die erste Zündung einer Atombombe
Am 16. Juli 1945 testete das US-Militär erstmals erfolgreich eine Atombombe. Wenige Wochen später, beim Angriff auf das japanische Hiroshima am 6. August, kam sie zum Einsatz.
[...] Bomben auf japanische Städte töten Zehntausende
Auf der Konferenz von Potsdam forderten die Alliierten Japan im Juli 1945 auf, umgehend bedingungslos zu kapitulieren. Doch das Kaiserreich weigerte sich. Nachdem die US-Regierung wusste, dass die Atombomben funktionieren, war sie entschlossen, sie auf japanische Städte abzuwerfen. So wollte man nach offizieller Darstellung das Leben zehntausender amerikanischer Soldaten schonen. Zwar war es den US-Truppen bis Juni 1945 bereits gelungen, auf japanisches Staatsgebiet vorzudringen. Dennoch war nicht abzusehen, ob das Kaiserreich seinen Widerstand aufgeben würde. Am 6. und 9. August 1945 warfen die USA über den japanischen Städten Hiroshima und Nagasaki zwei Atombomben ab. In der 300.000-Einwohner-Stadt Hiroshima tötete die Bombe mit dem Codenamen „Little Boy“ zwischen 90.000 und 120.000 Menschen, die entweder sofort starben oder in den Folgemonaten ihren Verletzungen erlagen. Etwa 90 Prozent der Häuser wurden zerstört oder stark beschädigt. In Nagasaki starben ebenfalls zehntausende Menschen. Am 2. September kapitulierte Japan bedingungslos, der Zweite Weltkrieg war zu Ende.
Kalter Krieg: Sowjets intensivieren Atomforschung
Nach den Atombombenabwürfen 1945 mit weit höheren als den zuvor berechneten Opferzahlen, warnten viele der am Manhattan-Projekt beteiligten Wissenschaftler vor deren Einsatz und einem atomaren Wettrüsten. Bomben-Erfinder Oppenheimer sprach von einer „furchtbaren Superwaffe“. Bereits nach dem Trinity-Test intensivierte die Sowjetunion ihre Atomwaffenforschung. Der Kalte Krieg zeichnete sich ab. Nach der Zwangsevakuierung der einheimischen Bevölkerung führten die USA zwischen 1946 und 1958 auf den Atollen Bikini und Eniwetok weitere 67 Atomwaffentests durch. Nachdem die Sowjets ebenfalls eine Atombombe entwickelten und 1949 erstmals auf einem Testgelände zündeten, begann weltweit ein massives nukleares Aufrüsten. In den folgenden Jahrzehnten bauten auch mehrere andere Staaten Nuklearstreitkräfte auf ...
*
Wikipedia de
Kernwaffentechnik
Die Kernwaffentechnik beschäftigt sich mit Waffen, welche die Energie für eine Explosion aus Kernreaktionen – Kernspaltungen oder -verschmelzungen – beziehen. Die technische Entwicklung der Kernwaffen seit 1940 hat eine große Vielfalt unterschiedlicher Varianten hervorgebracht ...
Wirkungsweise
Während konventionelle Explosivstoffe ihre Energie aus der chemischen Umsetzung des Explosivstoffes beziehen, setzen Kernwaffen große Energiemengen in kürzerer Zeit aus Kernprozessen frei, die Temperaturen im Millionen-Kelvin-Bereich erreichen. Dadurch wird jeder Feststoff in unmittelbarer Nähe zu einem heißen Gas verdampft. Durch die Erwärmung der umgebenden Luft und durch die verdampfenden Feststoffe kommt es zu einer schlagartigen Volumenexpansion, was neben der abgegebenen Hitzestrahlung zu einer starken Druckwelle führt ...
Spaltungs-(Fissions-)Bombe
Eine klassische Kernspaltungsbombe (Atombombe) wird so konstruiert, dass zum beabsichtigten Zeitpunkt mehrere Teile des spaltbaren Materials, jeder für sich allein unterhalb der kritischen Masse, zusammengebracht werden und so die kritische Masse überschreiten. Gleichzeitig mit dem Erreichen der kritischen Masse beginnt eine Neutronenquelle Neutronen zu emittieren, welche die Spaltungskettenreaktion auslösen. Die Anzahl der durch Kernspaltungen (Kernfission) neu erzeugten Neutronen ist in Folge in jeder Spaltungsgeneration größer als die Anzahl der aus dem Material entkommenen und im Material ohne Spaltung absorbierten Neutronen, sodass die Kernreaktionsrate schnell ansteigt. Die kritische Masse kann durch Verwendung eines Neutronenreflektors verringert werden.
Die in Form sehr schneller Erhitzung freiwerdende Energie treibt den nuklearen Sprengstoff auseinander. Deshalb muss die zugrundeliegende Kettenreaktion sehr schnell möglichst das gesamte Spaltmaterial erfassen, da andernfalls nur ein kleiner Teil der möglichen Energie freigesetzt wird. Deshalb werden für Kernspaltungswaffen – anders als für Kernreaktoren zur zivilen Energiegewinnung – möglichst reine, leicht spaltbare Nuklide wie hoch angereichertes Uran oder fast reines 239Plutonium verwendet und bei der Konstruktion der rasche Eintritt der prompten Überkritikalität angestrebt ...
Wasserstoffbombe
Bei Kernfusionswaffen (Wasserstoffbomben) dient ein herkömmlicher Atomsprengsatz (Fissionssprengsatz) dazu, die Kernverschmelzung der Wasserstoffisotope Deuterium und Tritium herbeizuführen.
Erneuerbare Energiequellen gelten, neben der effizienten Nutzung von Energie, als wichtigste Säule einer nachhaltigen Energiepolitik (englisch sustainable energy policy) und der Energiewende. Zu ihnen zählen Bioenergie (Biomassepotenzial), Geothermie, Wasserkraft, Meeresenergie, Sonnenenergie und Windenergie. Ihre Energie beziehen sie von der Kernfusion der Sonne, die bei weitem die wichtigste Energiequelle ist, aus der kinetischen Energie der Erddrehung und der Planetenbewegung sowie aus der erdinneren Wärme.
Der Ausbau der erneuerbaren Energien wird in vielen Staaten weltweit vorangetrieben ...
Teller-Ulam-Design
Beim Teller-Ulam-Design, benannt nach Edward Teller und Stanisław Ulam, werden die Schwierigkeiten der Classical Super gelöst. Die Lösung, auf sowjetischer Seite von Andrei Dmitrijewitsch Sacharow gefunden, wurde auch als „Sacharows dritte Idee“ bekannt. Bei der unabhängigen Entwicklung in Frankreich wird Michel Carayol die Idee zugeschrieben, für Großbritannien ist die Frage der Urheber weniger klar (siehe John Clive Ward) ...
Kernwaffen mit spezieller Wirkung
Neutronenwaffe
Eine Neutronenwaffe (enhanced radiation weapon) ist eine Wasserstoffbombe mit Deuterium-Tritium-Brennstoff, deren Bauweise im Wesentlichen dem Teller-Ulam-Design ähnelt. Die Bauart der Waffe ist auf eine maximale Neutronenausstrahlung und einen vergleichsweise geringen Fallout optimiert. Der Amerikaner Samuel T. Cohen entwickelte diese Waffe bereits 1958 und setzte sich massiv für deren Herstellung ein. Damit konnte er sich erst 1981 unter Präsident Ronald Reagan durchsetzen. Insgesamt 700 Neutronensprengköpfe wurden gebaut. Im Juni 1980 stellte auch der französische Staatspräsident Giscard d’Estaing die Entwicklung einer Neutronenbombe durch Frankreich in Aussicht, am 21. Juni wurde die erste Waffe auf dem Mururoa-Atoll getestet. 1988 testete die Volksrepublik China ihre erste Neutronenwaffe mit 1–5 kT Sprengkraft ...
Die Neutronenwaffe gilt als taktische Waffe, die Menschen und andere Lebewesen durch Strahlung töten, aber Gebäude weitgehend intakt lassen soll. Die höhere Tödlichkeit bei geringeren strukturellen Schäden ist aber nur relativ zu anderen Kernwaffen zu verstehen. So werden auch bei einer Neutronenbombe noch rund 30 Prozent der Energie als Druckwelle und weitere 20 Prozent als thermische Strahlung abgegeben (bei Atomwaffen herkömmlicher Bauart liegen diese Werte bei etwa 50 Prozent und 35 Prozent). Eine Neutronenwaffe wäre etwa mit der Sprengkraft der Bombe von Hiroshima oder Nagasaki denkbar, allerdings mit weit erhöhten Strahlungsdosen. Die biologische Wirkung von starker Neutronenstrahlung ist weiterhin kaum erforscht.
Bei den taktischen Neutronenwaffen mit für gewöhnlich geringer Sprengkraft ist davon auszugehen, dass im Bereich der tödlichen Strahlung die meisten zivilen (nicht verstärkten) Gebäude zerstört werden. Die Effektivität größerer Neutronenwaffen ist umstritten, da die Neutronenstrahlung (vor allem in feuchtem Klima) durch den in der Luft enthaltenen Wasserdampf stark gedämpft wird ...
**
YouTube
https://www.youtube.com/results?search_query=Atombombe
https://www.youtube.com/results?search_query=Wasserstoffbombe
https://www.youtube.com/results?search_query=Nuklearwaffen
Playlist - Radioaktivität weltweit ...
In dieser Playlist finden sich über 150 Videos zum Thema Atom*
Zurück zu:
Newsletter XXXI 2025 - 27. Juli bis 2. August
Für die Arbeit an 'THTR Rundbrief', 'reaktorpleite.de' und 'Karte der nuklearen Welt' braucht es aktuelle Informationen, tatkräftige, frische Mitstreiter und Spenden. Wer helfen kann, sende bitte eine Nachricht an: info@reaktorpleite.de
Spendenaufruf
- Der THTR-Rundbrief wird von der 'BI Umweltschutz Hamm' herausgegeben und finanziert sich aus Spenden.
- Der THTR-Rundbrief ist inzwischen zu einem vielbeachteten Informationsmedium geworden. Durch den Ausbau des Internetauftrittes und durch den Druck zusätzlicher Infoblätter entstehen jedoch laufend Kosten.
- Der THTR-Rundbrief recherchiert und berichtet ausführlich. Damit wir das tun können, sind wir auf Spenden angewiesen. Wir freuen uns über jede Spende!
Spendenkonto: BI Umweltschutz Hamm
Verwendungszweck: THTR Rundbrief
IBAN: DE31 4105 0095 0000 0394 79
BIC: WELADED1HAM
| Aktuelles+ | Hintergrundwissen | Seitenanfang |
***
