THTR-Rundbrief

Newsletter XXIII 2025

1. bis 7. Juni

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Aktuelles+ Hintergrundwissen

Radioaktivität kumuliert; das bedeutet, radioaktive Partikel reichern sich im lebenden Organismus immer weiter an und mit der Zeit können ähnliche Schäden auftreten, wie bei einer kurzzeitig einwirkenden, massiven Strahlenbelastung ...

Die PDF-Datei "Nuclear Power Accidents" enthält eine Reihe weiterer Vorfälle aus verschiedenen Bereichen der Atomindustrie. Einige der Ereignisse wurden nie über offizielle Kanäle veröffentlicht, so dass diese Informationen der Öffentlichkeit nur auf Umwegen zugänglich gemacht werden konnten. Die Liste der Zwischenfälle in der PDF-Datei ist daher nicht zu 100% identisch mit "INES und die Störungen in kerntechnischen Anlagen", sondern stellt eine Ergänzung dar.

 

4. Juni 2008 (INES 0 Klass.?) Akw Krsko, SVN

6. Juni 2008 (INES 1) Akw Philippsburg, DEU

8. Juni 1970 (INES 4 NAMS 3,6) Atomfabrik LLNL, USA

9. Juni 1985 (INES 4) Akw Davis Besse, USA

10. Juni 2009 (INES 2) Atomfabrik Cadarache, FRA

10. Juni 1977 (INES Klass.?) Akw Millstone, USA

13. Juni 1984 (INES Klass.?) Akw Fort St. Vrain, USA

14. Juni 1985 (INES Klass.?) Forschungsreaktor Constituyentes, ARG

16. Juni 2005 (INES Klass.?) Akw Braidwood, USA

17. Juni 1997 (INES Klass.?) Atomfabrik Arsamas-16, RUS

17. Juni 1967 (Chinas 6. NukleartestLop Nor, Xinjiang, CHN

18. Juni 1999 (INES 2) Akw Shika, JPN

18. Juni 1988 (INES Klass.?) Akw Tihange, BEL

18. Juni 1982 (INES Klass.?) Akw Oconee, USA

18. Juni 1978 (INES Klass.?) Akw Brunsbüttel, DEU

19. Juni 1961 (INES 3 NAMS 4) Atomfabrik Windscale/Sellafield, GBR

21. Juni 2013 (INES Klass.?) Akw Kuosheng, TWN

23. Juni 2012 (INES 1 Klass.?) Akw Rajasthan, IND

26. Juni 2000 (INES 1 Klass.?) Akw Grafenrheinfeld, DEU

28. Juni 2007 (INES 0 Klass.?) Akw Brunsbüttel, DEU

28. Juni 2007 (INES 0 Klass.?) Akw Krümmel, DEU

28. Juni 1992 (INES 2) Akw Barsebäck, SWE

29. Juni 2005 (INES Klass.?) Akw Forsmark, SWE

30. Juni 1983 (INES Klass.?) Akw Embalse, ARG

 

Wir sind immer auf der Suche nach aktuellen Informationen. Wer helfen kann, sende bitte eine Nachricht an:
nukleare-welt@reaktorpleite.de

 


7. Juni


 

Vereinigte Staaten | Don Trumpl | Elon Muskulus | Jeffrey Epstein

Fehde mit US-Präsident Trump

Musk löscht Post zu Epstein-Akten

Tech-Milliardär Musk bemüht sich im Streit mit US-Präsident Trump offenbar um eine Entschärfung. Einen Post, der eine Verstrickung Trumps in einen Missbrauchsskandal nahelegte, löschte er. Trump selbst drohte seinem früheren Berater.

In der öffentlich ausgetragenen Schlammschlacht mit US-Präsident Donald Trump scheint der Tech-Milliardär Elon Musk um Entschärfung bemüht. Am Morgen waren Posts auf seinem Onlinedienst X verschwunden, in denen Musk behauptet hatte, Trump komme in unter Verschluss gehaltenen Akten um den US-Milliardär Jeffrey Epstein vor.

Damit hatte sich Musk auf den Missbrauchsskandal um Epstein bezogen. Dem Investmentbanker war sexuelle Gewalt an zahlreichen Mädchen und jungen Frauen vorgeworfen worden, die er auch Prominenten wie dem britischen Prinzen Andrew zugeführt haben soll. 2008 wurde er wegen Zwangsprostitution einer Minderjährigen verurteilt. Nach einer Verhaftung wegen neuer Vorwürfe starb er 2019 in einer New Yorker Gefängniszelle.

Epstein war ein früherer Nachbar Trumps in Florida. In freigegebenen Dokumenten zur Epstein-Affäre tauchte auch der Name Trump auf, ein Fehlverhalten wurde dem amtierenden Präsidenten allerdings nicht vorgeworfen. Trump hatte sich im Wahlkampf offen für die Freigabe weiterer Akten gezeigt, bisher geschah jedoch nichts. Musk behauptete nun, der wahre Grund für die fehlende Freigabe sei, dass Trump darin vorkomme - erklärte aber weder, auf welche Dokumente genau er sich bezog, noch legte er Beweise für seine Behauptungen vor.

[...] Trump hat kein Interesse an Gespräch - und warnt Musk

Aus Trumps Umfeld verlautete, Musk wolle mit Trump reden, doch der Republikaner wolle das erst einmal nicht. Dem Sender ABC sagte Trump, er habe kein Interesse an einem Gespräch mit Musk und nannte ihn "den Mann, der seinen Verstand verloren hat" ...

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Vereinigte Staaten | Proteste in Kalifornien

Proteste in Los Angeles:

US-Polizei setzt Schlagstöcke und Tränengas gegen Demonstranten ein

Die US-Einwanderungsbehörde hat in Los Angeles Dutzende Menschen inhaftiert. Hunderte protestierten dagegen, manche mit Gewalt. Die Polizei setzte Blendgranaten ein.

Teils maskierte und bewaffnete US-Beamte haben zahlreiche Einwanderer in Los Angeles festgenommen und mit Handschellen in nicht gekennzeichnete Fahrzeuge gezwungen. Gegen die Razzien protestierten Hunderte Menschen in der kalifornischen Stadt. Es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen den Demonstranten und der Polizei an mehreren Stellen.

Als die Einwanderungsbehörde Menschen aus einem Bekleidungsgeschäft holte, versuchten Protestteilnehmer Medienberichten zufolge, Fahrzeuge mit inhaftierten Personen am Wegfahren zu hindern. Einige Demonstranten warfen offenbar Eier und andere Gegenstände auf die Autos. Polizisten sollen Blendgranaten auf Menschen geworfen haben, die dem Konvoi hinterherliefen. Die New York Times schrieb von "militärähnlicher Gewalt".

[...] Bürgermeisterin verurteilt das Vorgehen der Behörden gegen Einwanderer

US-Präsident Donald Trump hat seinen Wählerinnen und Wählern ein konsequentes Vorgehen gegen illegale Einwanderung versprochen. Er sprach wiederholt von einer "Invasion" der USA durch "Kriminelle aus dem Ausland". Zuletzt gingen die US-Behörden deshalb verschärft gegen irregulär eingereiste Einwanderinnen und Einwanderer vor, es gab Razzien in verschiedenen Städten. Trumps stellvertretender Stabschef Stephen Miller sagte kürzlich, die Einwanderungsbehörde wolle mindestens 3.000 Inhaftierungen am Tag erreichen.

[...] Los Angeles' Bürgermeisterin Karen Bass verurteilte das harte Vorgehen der Behörden scharf. "Als Bürgermeisterin einer stolzen Stadt mit vielen Einwanderern, die auf so vielfältige Weise zu unserer Stadt beitragen, bin ich zutiefst verärgert über die Geschehnisse", sagte sie. "Dieses Vorgehen sät Terror in unseren Gemeinden und zerstört die grundlegende Sicherheit unserer Stadt."

Trumps Vizestabschef Stephen Miller sprach Bass daraufhin jedes Mitspracherecht in der Sache ab. "Das Bundesrecht hat Vorrang und wird durchgesetzt", schrieb er auf X.

Auch in New York wurden Einwanderer festgenommen: Eine AFP-Reporterin berichtete, wie zwei Einwanderer in einem Gerichtsgebäude von US-Beamten in Zivil dazu gezwungen wurden, sich mit dem Gesicht nach unten auf den Boden zu legen und schließlich mit Handschellen abgeführt wurden.

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Italien | Protest | Grundrechte | Ducenea Meloni

Senatoren protestieren

Meloni macht Ernst mit Law and Order - geht sie zu weit?

Ein neues Gesetz in Italien könnte mehrere Grundrechte beschneiden, allen voran das Demonstrationsrecht. Nicht nur die Opposition macht sich Sorgen, sondern auch Juristen und Akademiker.

Wird es in Italien riskanter, zu protestieren? Die Frage stellen sich viele, nachdem die amtierende Rechts-Mitte-Regierung am Mittwoch ein neues Gesetz verabschiedet hat. Das lässt 14 neue Straftatbestände entstehen und führt zu neun Strafverschärfungen. Dabei stehen vor allem Protestaktionen im Fokus: zum Beispiel gegen Großprojekte wie den Bau der Brücke über der Meeresenge von Messina. Es geht um Straßen- und Schienenblockaden, die künftig mit Geldstrafen oder bis zu zwei Jahren Haft bestraft werden können. Auch Aktionen gegen Kunstgemälde wie die von Ökoaktivisten werden härter bestraft.

Es geht aber auch um Protestaktionen, bei denen es zu Gewalttaten oder Drohungen kommt. In solchen Fällen ist eine Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren vorgesehen und eine Geldstrafe bis zu 15.000 Euro - zusätzlich.

Strafrechtlich verfolgt wird künftig außerdem selbst passiver Widerstand in Gefängnissen, Protest von Migranten in Abschiebungslagern, illegale Haus- und Wohnungsbesetzungen, das Beschmieren öffentlicher Gebäude, Betrug älterer Leute sowie das Herstellen und Verkaufen jeglicher Art von Cannabis. Zudem sollen erstmals schwangere Frauen und Mütter mit unter dreijährigen Kindern inhaftiert werden können.

[...] Der Verband Antigone, der sich für die Rechte der Häftlinge einsetzt, hat sie vor ein paar Tagen in Zahlen gefasst. Derzeit sitzen 62.000 Menschen in italienischen Gefängnissen - bei 47.000 Plätzen. Die meisten Aufstände sind die Folge von unwürdigen Lebensbedingungen.

Oppositionspolitikerin Schlein warf der Regierung vor, mit diesem Gesetz Italiens Rechtswesen zurück in das Jahr 1930 zu katapultieren - damals galt das faschistische Strafrechtsgesetzbuch, der berüchtigte Codice Rocco.

Auch Professor Gatta bemüht diesen Vergleich. Ihm geht es aber vor allem um diese Norm. "Nicht einmal unter dem Faschismus musste eine schwangere Frau ins Gefängnis. Jetzt schon." Genauer gesagt, liegt es im Ermessen des Richters. Wie der Professor erklärt, zielt die Norm vor allem auf Roma-Frauen, die selten ins Gefängnis kommen würden, weil sie überdurchschnittlich oft schwanger seien. In Italien haben die Roma häufig mit Diskriminierung zu kämpfen und werden ausgegrenzt.

[...] Als besonders harte Maßnahme bezeichnet der Professor auch die Strafe für die Besetzung eines Hauses oder einer Wohnung. "Freilich darf die illegale Besetzung nicht geduldet werden", pflichtet Gatta bei, "aber es kann nicht sein, dass die Strafe hierfür genauso hoch ausfällt, wie die für einen Arbeitgeber, der den Tod von einem seiner Arbeiter verantworten muss. In beiden Fällen sind bis zu sieben Jahre Haft vorgesehen." ...

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Uruguay | Erneuerbare | Unabhängig

Uruguay: Energiewende als nationales Erfolgsmodell

Der südamerikanische Staat Uruguay hat seine Stromversorgung in wenigen Jahren auf Wind-, Wasser- und Sonnenenergie umgestellt.

Uruguay hat in nur zehn Jahren geschafft, was viele Länder erfolglos versuchen: Rund 98 Prozent des Stroms im Land stammen aus erneuerbaren Quellen wie Wind, Wasser, Sonne und Biomasse. Damit gilt das kleine südamerikanische Land mit 3,4 Millionen Einwohnern als globaler Vorreiter in Sachen Energiewende.

Der Wandel begann 2008, ausgelöst durch eine Energiekrise. Uruguay war fast vollständig von importierten fossilen Rohstoffen abhängig. Dann kam Ramón Méndez Galain. Der Physiker gilt heute als Vater von Uruguays Energiewende.

Von der Energiekrise in die Nachhaltigkeit in wenigen Jahren

Als nationaler Energiedirektor führte Méndez das Land in nur wenigen Jahren aus der Abhängigkeit von den fossilen Rohstoffen in die Nachhaltigkeit. Dazu nutzte er die in Uruguay reichlich vorhandenen Ressourcen Wasser, Sonne und Wind.

Atomkraft schloss das Land aus, da es keine Uranvorkommen gibt und man Importabhängigkeiten vermeiden wollte. Unterstützung gab es von der UN und der Weltbank. Uruguay ist kein reiches Land. Aber man kann, wenn man wirklich will, so Méndez’ Fazit.

Der Aufwand war gewaltig: Zwischen 2010 und 2020 investierten Staat und Private rund sieben Milliarden Dollar in erneuerbare Energien, was etwa 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) entspricht. Zum Vergleich: Deutschland gibt laut dem «Spiegel» etwa zwei Prozent des BIP für den gesamten Umweltbereich aus.

[...] Wirtschaftlich und sozial hat Uruguay von der Energiewende profitiert. Der Umbau schuf rund 50’000 neue Arbeitsplätze, viele davon in strukturschwachen Regionen. Die Energieversorgung ist stabil, über 99,9 Prozent der Haushalte sind ans Netz angeschlossen.

Unabhängiger dank nachhaltiger Energien

Dazu ist Uruguay unabhängig von Weltmärkten und geopolitischen Krisen. «Fragen Sie mich, welche Auswirkungen dieser tragische Krieg in Europa auf den Elektrizitätssektor in Uruguay hatte – null», sagte Méndez zum ZDF.

Die CO₂-Emissionen in der Stromproduktion sind laut dem «Spiegel» im Vergleich zu 1990 um 98 Prozent gesunken ...

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Photovoltaik | Biodiversität | Artenschutz

Erneuerbare Energien

Feldlerchen gewöhnen sich auch an Solarparks

Große Freiflächenanlagen für Photovoltaik werden oft als Energie-Monokulturen kritisiert. Im brandenburgischen Werneuchen zeigt ein Solarpark, wie Artenschutz und Erneuerbare zusammengehen können.

Weite Horizonte, flaches Land, endlose Felder – offene Landschaften prägen Brandenburg. Die Böden gelten vielerorts als wenig ertragreich, große Teile des Bundeslandes sind von sandigen Äckern und Wiesen durchzogen. Was früher oft als Nachteil galt, wird heute zum Standortvorteil: Brandenburg ist zum Hotspot der Energiewende geworden.

Einer der größten Solarparks liegt zwischen Weesow und Willmersdorf nahe dem Städtchen Werneuchen, rund 25 Kilometer nordöstlich von Berlin. Reihe an Reihe und Modul für Modul zieht sich ein riesiges Raster wie ein technisches Feld über die Landschaft. Doch nicht nur die 187 Megawatt installierter Leistung und die entsprechend beachtliche Ausdehnung machen diese Anlage so besonders.

Mit dem Solarpark entstand vor knapp fünf Jahren auch ein neuer Lebensraum für die Feldlerche – eine Vogelart, die auf der Roten Liste steht und nicht nur in Brandenburg, sondern bundesweit gefährdet ist.

[...] Gutes Mikroklima für Insekten

Dennoch werden Solarparks nicht immer mit offenen Armen empfangen. Häufig wird kritisiert, Solaranlagen würden die Landschaft verschandeln – eine Kritik, die Biologin Katharina Blume von EnBW nicht teilt. "Im Gegenteil", sagt sie, "man schafft ein Mikroklima für Organismen, in dem sich kleine Biotope entwickeln." Das sei gut für Insekten – und vor allem für die Feldlerche, die hier ideale Bedingungen für Nahrung und Brut finde.

[...] "Feldlerchen ziehen Solarflächen vor"

Charakteristisch sei jedoch die extensive Nutzung – also eine Flächenbewirtschaftung mit wenig menschlichen Eingriffen. In Werneuchen bedeutet das: Grünflächenbewirtschaftung und die Feldlerche im Vordergrund. Von März bis Oktober halten Schafe das Gras kurz – ein idealer Zustand für die Feldlerche.

Das bestätigt auch ein Monitoringbericht für den Solarpark aus dem Jahr 2023. Unter allen Arten trat demnach die Feldlerche am häufigsten auf. Sie habe alle Referenzflächen in außergewöhnlich hohen Dichten besiedelt, heißt es in dem Bericht eines privaten Gutachterbüros.

Diese Population sei in dem Solarpark drei- bis viermal so groß wie auf herkömmlich bewirtschafteten Feldern, betont der Biologe Matthias Stoefer. Der Gutachter war unter anderem für die Artenkartierung auf der Anlage verantwortlich und lieferte die Daten für den Monitoringbericht ...

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Vereinigte Staaten | Don Trumpl | DOGE | Datenschutz

Trump-Regierung:

Supreme Court erlaubt DOGE vorerst Zugriff auf Bürgerdaten

Die US-Regierung will sich Zugang zu Privatinformationen über Einwohner verschaffen. Eine richterliche Anordnung hatte den Zugriff auf Datensysteme zunächst unterbunden.

Die früher von Elon Musk geleitete externe US-Behörde DOGE darf vorerst auf die persönlichen Daten von Millionen Menschen in den USA zugreifen. Das hat der Oberste Gerichtshof entschieden. Zuvor hatte die Regierung von US-Präsident Donald Trump gegen eine gegenteilige einstweilige Verfügung Berufung eingelegt und das oberste Gericht zum Eingreifen aufgefordert.

Eine Richterin im US-Bundesstaat Maryland hatte DOGE den Zugang zu Datensystemen der Sozialversicherungsbehörde Social Security Administration (SSA) beschränkt und sich dabei auf Gesetze zur Privatsphäre berufen. Diese einstweilige Verfügung ist nun aufgehoben. Auf niedriger Instanz soll der Rechtsstreit aber weiterlaufen, während DOGE-Mitarbeiter bereits Zugriff auf Bürgerdaten haben.

[...] Bei der Eilentscheidung setzten sich die sechs konservativen Richter am Supreme Court durch. Drei liberale Richterinnen stimmten dagegen. In ihrer abweichenden Meinung kritisierten die Richterinnen Ketanji Brown Jackson und Sonia Sotomayor, dass DOGE-Mitarbeiter sofort Zugriff auf "höchst sensible Daten" bekämen, obwohl der Rechtsstreit in der Sache noch andauere. Dies gefährde die Privatsphäre von Millionen US-Amerikanern.

 


6. Juni


 

THTR | Kosten | Rückbau | Endlagerung | THTR 300, Hamm | Akw Rückbaukosten

Atomkraft

Streit um Atom-Abrisskosten: Klage erneut abgewiesen

Düsseldorf · Müssen Bund und Land NRW den Abriss eines schon lange stillgelegten Atomkraftwerks bezahlen? Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat über eine Klage der Betreibergesellschaft entschieden.

Im Streit um die Kosten für Stilllegung und Abriss des Atomkraftwerks in Hamm-Uentrop ist die Betreibergesellschaft mit ihrer Klage gegen Bund und Land auch in der Berufungsinstanz gescheitert. Eine Verpflichtung zur Erstattung der Kosten für die Fortführung des Stilllegungsbetriebs und des eventuellen Rückbaus des Kraftwerks bestehe nicht, teilte das Oberlandesgericht Düsseldorf mit. Es bestätigte damit eine Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf vom August 2024. Eine Revision wurde nicht zugelassen. Die Betreibergesellschaft kann jedoch eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einreichen.

Anlass der Auseinandersetzung war eine sogenannte Feststellungsklage der Betreibergesellschaft Hochtemperatur-Kernkraftwerk GmbH (HKG). Die Gesellschaft, hinter der der Energiekonzern RWE und einige Stadtwerke stehen, fordert von Bund und Land unter anderem die Übernahme der Kosten für den Abbau der Anlage sowie von Entsorgung und Endlagerung des strahlenden Materials. Die HKG berief sich dabei auf eine Klausel in einem 1989 mit Bund und Land geschlossenen Rahmenvertrag.

Der Hochtemperaturreaktor THTR sollte die Zukunft der atomaren Energieversorgung werden. Nach 15 Jahren Bauzeit war das Atomkraftwerk 1983 eingeweiht und nach zahlreichen Problemen sechs Jahre später stillgelegt worden. Ursprünglich waren für den Rückbau des Kugelhaufenreaktors 350 Millionen Euro eingeplant. Vor vier Jahren nannte die NRW-Landesregierung auf Anfrage der Grünen Gesamtkosten von über 750 Millionen Euro.

[...] Die Finanzierung der Restabwicklung des einst von Bund und Land NRW initiierten Forschungsprojekts sei mit der OLG-Entscheidung weiter ungeklärt, teilte die HKG mit. Die Gesellschafter seien über die bereits geleisteten Beiträge hinaus nicht zu weiteren Zahlungen verpflichtet, betonte das Unternehmen.

Man habe auch noch während des Berufungsverfahrens alle Anstrengungen unternommen, um auf dem Verhandlungsweg eine Lösung zu finden. „Die Bereitschaft dafür war jedoch auf Seiten der öffentlichen Hand leider nach wie vor nicht gegeben.“ Die HKG erwarte jedoch weiter, dass Bund und Land NRW zu ihrer historischen Verantwortung für die Restabwicklung des THTR stehen ...

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Japan | Tepco | Schadenersatz

Japanisches Gericht hebt Schadensersatz-Urteil gegen Tepco-Manager auf

Ein Gericht in Japan hat ein Urteil über eine Schadenersatzzahlung in Höhe von 13,3 Billionen Yen (mehr als 80 Milliarden Euro) gegen vier ehemalige Manager der Betreiberfirma des havarierten Atomkraftwerks Fukushima aufgehoben. Das Obergericht in Tokio machte das Urteil am Freitag rückgängig, wie eine Gerichtssprecherin der Nachrichtenagentur AFP mitteilte.

Im Jahr 2022 waren in einem von Aktionären angestrengten Zivilverfahren infolge der Atomkatastrophe von 2011 vier ehemalige Führungskräfte des Akw-Betreibers Tepco zur Zahlung dieser Summe verurteilt worden. Nach Angaben von Experten handelte es sich dabei um den höchsten Schadensersatz, der jemals in einem Zivilprozess in Japan festgesetzt wurde. Das Geld sollte für den Abbau der Reaktoren, die Beseitigung des radioaktiven Materials und für die Entschädigung der Anwohner genutzt werden.

Die Aktionäre hatten argumentiert, die Katastrophe hätte verhindert werden können, wenn die Tepco-Manager auf Forschungsergebnisse gehört und vorbeugende Maßnahmen wie etwa die Einrichtung einer Notstromversorgung ergriffen hätten. Die Angeklagten hielten dem jedoch entgegen, die Studien seien nicht glaubwürdig und die Risiken nicht vorhersehbar gewesen.

Das Gericht kam nun zu der Einschätzung, dass die Angeklagten die Gefahr vor der Erdbeben- und Tsunami-Katastrophe nicht vorhersehen konnten. Nach Angaben der Gerichtssprecherin wurden Forderungen der Aktionäre nach einer noch höheren Schadenersatzsumme abgelehnt.

[...] Infolge des Tsunamis starben etwa 18.500 Menschen.

Durch die Atomkatastrophe selbst kam am Tag des Unglücks niemand ums Leben. Indirekt ist sie nach Ansicht der japanischen Behörden jedoch für tausende Todesfälle verantwortlich. Diese sind demnach auf die Verschlechterung der Lebensbedingungen der vielen umgesiedelten Menschen zurückzuführen. Durch das Atomunglück wurden Teile der Umgebung des Kraftwerks unbewohnbar, der Rückbau der Reaktoren wird laut Schätzungen bis zu 40 Jahre dauern.

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Banken | Whistleblower | Geldwäsche

Moneyland

Die dunklen Geschäfte der Finanzindustrie

"Moneyland" taucht tief ein in die Welt der Banken und beleuchtet die Schattenseiten der internationalen Finanzindustrie. Ehemalige Banker, Whistleblower und Finanzexperten berichten über Finanzskandale, zum Beispiel bei der Deutschen Bank. Ein aufrüttelnder Film über die dunkle Seite der Finanzindustrie und die Frage nach persönlicher Verantwortung in der Chefetage.

In der schillernden Welt von ʺMoneylandʺ verwandelt sich schmutziges Geld auf Knopfdruck in sauberes. Regisseur Marc Wiese taucht tief ein in die Welt der Banken und beleuchtet die Schattenseiten der internationalen Finanzindustrie. Er spricht mit ehemaligen Bankern und Finanzexperten über die Finanzskandale rund um die Deutsche Bank.

Zinsmanipulationen, Geldwäsche und risikoreiche Derivate – Wetten auf Kreditausfälle – nennt der Film als Beispiele für ein System, in dem der Profit moralische Fragen in den Hintergrund drängt. So unterhielt die Deutsche Bank jahrelang Geschäftsbeziehungen zum verurteilten Sexualstraftäter Jeffrey Epstein – selbst nachdem die Bank JPMorgan Chase, bei der Epstein zuvor Kunde war, die Zusammenarbeit beendet hatte.

Seit der Finanzkrise von 2008 gelten strengere Regeln für die Branche. Doch reichen diese aus? Wer trägt die Verantwortung, wenn Vorschriften gebrochen oder umgangen werden? Regisseur Wiese will mit seinem Film auf die dunklen Seiten der Finanzwelt aufmerksam machen – und stellt dabei die Frage nach der persönlichen Verantwortung in den Chefetagen der Banken.

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Arbeitsplätze | Künstliche Intelligenz | Automatisierung

Künstliche Intelligenz ersetzt Ingenieur

System aus KI-Agenten kann komplexe Simulationen planen, durchführen und darüber schreiben

Mensch bald überflüssig? In Stuttgart haben Forscher den weltweit ersten KI-Ingenieur geschaffen. Die künstliche Intelligenz besteht aus vier KI-Agenten, die gemeinsam komplexe Aufgaben aus der Strömungsmechanik erforschen und lösen können. Der KI-Ingenieur stellt Hypothesen auf, plant Versuche und liefert korrekte, reproduzierbare Ergebnisse – und kann dann darüber sogar eine wissenschaftliche Publikation schreiben. In ersten Tests löste das System Probleme zu Wasserströmungen, zur Drainage von Erdöl oder zur Aerodynamik eines Motorrads.

In der künstlichen Intelligenz geht der Trend immer mehr zu KI-Agenten: digitalen Helfern, die selbstständig auch komplexe, länger dauernde Aufgaben erledigen können. Dafür erhalten diese KI-Systeme die Fähigkeit, Informationen von Kameras, Mikrophonen oder Sensoren zu verarbeiten und auch im Internet mit Websites zu interagieren. Meist werden dafür mehrere, auf verschiedenen Fähigkeiten spezialisierte KI-Modelle miteinander verknüpft.

Ein solches Multi-Agenten-System haben nun Forscher der Universität Stuttgart genutzt, um den weltweit ersten KI-Ingenieur zu erschaffen. Dieser ist darauf spezialisiert, in einem besonders anspruchsvollen, aber für viele Anwendungen wichtigen Gebiet zu arbeiten: der Strömungsmechanik. Sie wird in Fachgebieten wie Maschinenbau und Chemie über Luftfahrt, Wasser- und Energiewirtschaft bis hin zur Meteorologie gebraucht. Gleichzeitig sind viele strömungsmechanische Probleme noch ungelöst.

System aus vier zusammenarbeitenden KI-Agenten

Deshalb haben Xu Chu und sein Team die künstliche Intelligenz OpenFOAMGPT entwickelt, die wie ein Ingenieur selbstständig Aufgaben aus diesem Fachgebiet lösen kann. Der KI-Ingenieur besteht aus vier KI-Agenten, die zusammenarbeiten und sich ergänzen: Der Vorarbeiter (Preprocessing Agent) analysiert die Anfragen des Nutzers und leitet komplexe Aufgaben an den Prompt Generate Agent weiter. Dieser zerlegt die gestellte Aufgabe in einzelne Schritte und formuliert konkrete Anweisungen, die er in einen Prompt-Pool gibt.

Der dritte KI-Agent, OpenFOAMGPT, ist der eigentlich Ausführende: Auf Basis der Simulations-Software OpenFOAM entwickelt dieser KI-Agent die für die Fragestellung passende Simulation mit den nötigen Rahmenbedingungen und startet sie. Der vierte KI-Agent dient dem Postprocessing: Er analysiert die Simulationsergebnisse, erstellt Vergleichsdiagramme und visualisiert die Resultate in Schaubildern ...

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Vereinigte Staaten | Don Trumpl | Sanktionen | IStGH

Internationaler Strafgerichtshof

USA belegen IStGH-Richterinnen mit Sanktionen

Don Trumpl sagt heute dies und morgen das Gegenteil, und er tut alles, um die Situation für alle anderen zu verschlimmern ...Die USA gehen mit Sanktionen gegen vier Richterinnen des Internationalen Strafgerichtshofes vor. Hintergrund ist eine Untersuchung gegen US-Soldaten in Afghanistan und die wegen des Gaza-Kriegs ausgestellten Haftbefehle.

Die US-Regierung hat vier Richterinnen des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) mit Sanktionen belegt. Das grundlose und gezielte Vorgehen des Gerichts gegen die USA und Israel müsse aufhören, forderte Außenminister Marco Rubio.

US-Präsident Donald Trump hatte im Februar mit einem Dekret den Weg für solche Sanktionen geebnet. Er wirft dem Gericht mit Sitz in Den Haag Machtmissbrauch vor.

[...] Zwei sanktionierten Richterinnen legt Washington zur Last, eine Untersuchung gegen US-Soldaten in Afghanistan genehmigt zu haben, wie das Außenministerium mitteilte. Den zwei anderen Richterinnen werfen die USA vor, dass sie im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg Haftbefehle gegen den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu und den früheren Verteidigungsminister Joav Gallant ermöglicht haben.

Aufgrund der Sanktionen wird etwaiger Besitz der Richterinnen in den USA eingefroren. Zudem dürfen US-Firmen und US-Bürger keine Geschäfte mehr mit ihnen machen. Ein Einreiseverbot erließ die US-Regierung hingegen nicht.

[...] Bereits Sanktionen während Trumps erster Amtszeit

Der Internationale Strafgerichtshof verfolgt seit 2002 besonders Verbrechen, wie Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Alle EU-Staaten gehören ihm an; die USA, Israel und auch Russland hingegen sind keine Vertragsstaaten.

Der IStGH kann Haftbefehle erlassen, die in allen mehr als 120 Unterzeichnerstaaten des Römischen Statuts gültig sind. Die Mitgliedstaaten müssten also etwa Netanjahu festnehmen, sobald er ihr Territorium betritt.

Trump hatte bereits in seiner ersten Amtszeit als US-Präsident (2017–2021) Sanktionen angeordnet, als das Gericht mutmaßliche Kriegsverbrechen von US-Soldaten in Afghanistan untersucht hatte. Diese machte sein Nachfolger Biden wieder rückgängig.

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6. Juni 2008 (INES 1) Akw INES Kategorie 1 "Störung" Philippsburg, DEU

Wikipedia de

Liste von Ereignissen

Laut dem baden-württembergischen Umweltministerium wurde in der Nacht zum Freitag, den 6. Juni 2008 im Sicherheitsbehälter des Block I ein Druckabfall festgestellt, der die zulässigen Werte übersteigt. Der Behälter, der wichtige Teile des Reaktors einschließt, hat im normalen Betrieb einen leichten Überdruck von 20 Millibar. Der ermittelte Druckabfall betrug laut Ministerium 1 Millibar pro Stunde und war auf eine undichte Stelle zurückzuführen. Das Leck sei beim Anfahren der Anlage nach der Revision und unmittelbar nach dem Fluten des Behälters mit Stickstoff aufgetreten. Auf der Internationalen Bewertungsskala „INES“ gehört es zur Klasse 1 („Störung“).

Kkw Philippsburg#Betriebsstörungen und Störfälle
 

AtomkraftwerkePlag

Philippsburg (Baden-Württemberg)

Mit defektem Notkühlsystem wurde Philippsburg II im August 2001 hochgefahren. Obwohl man den Defekt zwei Wochen später entdeckte, blieb der Reaktor rechtswidrig in Betrieb. Später wurde festgestellt, dass das Notkühlsystem Jahre lang nicht ausreichend befüllt worden war. Hinzuzufügen bleibt, dass der Betreiber diesen Vorfall von 2001 der Aufsichtsbehörde nicht gemeldet hatte. Im November 2001 wurde durch das Stuttgarter Umweltministerium gemeldet, dass wegen des Defekts einer Armatur zur Betriebsentwässerung kontaminiertes Wasser aus Philippsburg I ausgetreten war.

Da in Reaktor I "eine Pumpe bei der jährlichen Überprüfung am Schnellabschaltsystem nicht abgestellt wurde", flossen im April 2004 30.000 Liter radioaktives Wasser in den Rhein. EnBW meldete den Störfall einen Tag später der Atomaufsicht ...

 


5. Juni


 

Israel | Gaza | BenJaNimm Netanjahu | Waffenlieferungen

Anschuldigungen der Opposition

Israel bewaffnet offenbar Dschihadistengruppe im Gazastreifen

Die Opposition wirft Israels Premierminister Netanyahu vor, eine kriminelle Gruppe im Gazastreifen mit Kalaschnikow-Gewehren zu versorgen. Ohne Zustimmung des Sicherheitskabinetts.

Israel hat offenbar eine kriminelle Dschihadistengruppe im Gazastreifen bewaffnet, um die islamistische Hamas zu bekämpfen. Das sagte der ehemalige Verteidigungsminister Avigdor Liberman Medienberichten zufolge. Verteidigungskreise bestätigten die Waffenlieferungen laut »Times of Israel«.

Das Büro von Premierminister Benjamin Netanyahu dementierte die Berichte nicht. Man arbeite daran, die Hamas »mit verschiedenen Mitteln zu besiegen, basierend auf den Empfehlungen aller Leiter der Sicherheitsbehörden«, teilte das Büro Berichten zufolge mit.

Vorwürfe gegen Netanyahu

Liberman, Vorsitzender der oppositionellen Partei Israel Beitenu, sagte Berichten zufolge, Netanyahu habe eigenmächtig die Lieferung von Waffen an den Abu-Shabab-Clan genehmigt. Der Clan sei eine bewaffnete Bande oder Miliz, die sich gegen die Herrschaft der Hamas im Gazastreifen stelle.

»Die israelische Regierung gibt auf Anweisung des Premierministers Waffen an eine Gruppe von Kriminellen und Schwerverbrechern, die mit dem ›Islamischen Staat‹ in Verbindung stehen«, sagte Liberman: »Meines Wissens wurde dies nicht vom Kabinett genehmigt.« Der »Islamische Staat« ist eine radikal-islamistische Terrororganisation ...

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Klimawandel | Klimakrise | Klimakollaps

Solidarisches Preppen: Zusammenbruch und Zusammenhalt

Die Klimabewegung sucht neue Strategien und orientiert sich an solidarischen Kollapspolitiken. Wie können diese aussehen?

Die Klimabewegungen sind geschwächt, die Aktivist*innen oft desillusioniert und erschöpft, wobei viele von ihnen mit zunehmender Härte juristisch verfolgt und zu teils langen Gefängnisstrafen verurteilt werden. Währenddessen beschleunigt sich die Erderwärmung und die Prognosen laufen auf eine Erhöhung um zwei Grad schon bis 2050 zu, was die Lebensgrundlagen von Milliarden von Menschen bedroht. Vor diesem Hintergrund wurden in den letzten Jahren Strategiedebatten in den und um die Klimabewegungen geführt: Solidarische Kollapspolitiken wurden dabei als Antwort auf die Ohnmacht der Klimabewegungen, den globalen Aufstieg der (extremen) Rechten und die sich dadurch einschränkenden Handlungsspielräume für demokratische Klimagerechtigkeitspolitik vorgeschlagen, um die Reste der Klimabewegungen einzusammeln, neu zu organisieren und einen neuen Bewegungszyklus einzuleiten.

Kippen in den Kollaps

Die Beschäftigung mit dem Kollaps hat durch die multiplen Krisen der letzten Jahrzehnte, vor allem aber durch die Klimakrise an Fahrt aufgenommen. Ein Großteil der planetaren Grenzen ist bereits überschritten und entscheidende Kipppunkte des Klimasystems wurden schon erreicht oder werden wohl in den kommenden Jahren fallen. 2024 war das erste Jahr, das oberhalb der Grenze von 1,5 Grad Erwärmung lag. Es mehren sich die Anzeichen, dass die Klimakrise außer Kontrolle ist, sich die Erwärmung beschleunigt und der sichere Handlungsraum der Menschheit verlassen wurde. Die Klimakrise kippt in den Klimakollaps. Der Krisenbegriff wird als Übergang gedacht, als Ausnahme von der Normalität, also als zeitlich beschränkter und politisch dringlicher Zeitraum. Der Kollaps interpretiert die Krise nicht mehr als zeitlich beschränkten Übergang und als Ausnahmesituation, sondern als Normalität. Wie genau Kollaps definiert werden kann, ist in der Forschung umstritten, da der Begriff für äußerst unterschiedliche Systeme und Zusammenhänge verwendet wird. Er lässt sich aber durch vier Parameter bestimmen: Er ist schnell, langandauernd, geht mit einem substanziellen Verlust an sozio-ökologischem Kapital einher und erzeugt einen Identitätsverlust ...

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Atomkraft | Blackout | Akw River Bend | Akw Waterford

Warum dir Rechte DIESEN Blackout verschweigen!

In Louisiana gab es letzte Woche einen massiven Stromausfall – aber die Blackout-Panikmacher vom rechten Rand verloren darüber kein Wort. Unbequeme Wahrheiten für Rechte.

100.000 ohne Strom in Louisiana

In St. Francisville im US-Bundesstaat Louisiana kam es vor etwas mehr als einer Woche zu einem massiven Stromausfall, von dem über 100.000 Menschen betroffen waren. In der Folge ordnete der Netzbetreiber kontrollierte Lastabschaltungen an, um einen größeren Kollaps zu verhindern. Über 100.000 Haushalte in Süd-Louisiana verloren zeitweise den Strom, davon allein 52.000 im Stadtgebiet von New Orleans. Erst am nächsten Morgen war die Versorgung in allen betroffenen Gebieten wiederhergestellt. Du hast vermutlich nichts davon gehört.

Man sollte meinen, dass dieser Vorfall – ein Blackout in einer Großstadt – Wasser auf die Mühlen jener wäre, die seit Jahren vor angeblich bevorstehenden Stromausfällen warnen. Doch ausgerechnet die Medien und Politiker am rechten Rand, die sonst jedes Szenario eines „Blackouts“ lautstark heraufbeschwören, blieben in diesem Fall auffällig still. Weder trendete das Thema in ihren Netzwerken, noch wurde Panik geschürt wie sonst. Wie kann es sein, dass ein realer Blackout mit zehntausenden Betroffenen von ebendiesen Alarmisten ignoriert wird?

Weil an diesem „Blackout“ Atomkraftwerke Mitschuld hatten

Am Sonntagabend fiel im Kernkraftwerk River Bend bei St. Francisville unerwartet ein Reaktor aus – just in dem Moment, als das zweite große Atomkraftwerk der Region (Waterford 3 in Killona) planmäßig für Wartungsarbeiten vom Netz genommen war. Beide Kraftwerke fielen also gleichzeitig aus, wodurch nicht mehr genug Leistung für die Region zur Verfügung stand.

Das passt so gar nicht in das Narrativ rechter Blackout-Panikmache. Schließlich propagieren rechtskonservative Kreise seit jeher, Atomkraft sei der einzige Garant für eine stabile Stromversorgung und einzig erneuerbare Energien würden das Netz unsicher machen ...

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Bergbau | Schwermetall | Vergiftung | Bleikonzentration

Studie über Blei im Blut von Kindern

Bergbau kontaminiert Harzer Kinder

Bei über der Hälfte der Kinder im Vorschulalter im Kreis Goslar liegt die Bleikonzentration über dem Referenzwert. Schuld daran sei der Bergbau.

Göttingen taz | Mehr als die Hälfte der Kinder im Kreis Goslar hat zu viel Blei im Blut. Darauf deuten die Ergebnisse einer aktuellen Studie hin. Demnach wird der sogenannte Referenzwert für die Bleikonzentration im Blut bei 51 Prozent der Mädchen und Jungen im Vorschulalter überschritten. Bundesweit ist das bei etwa fünf Prozent aller Kinder der Fall.

Dieser Referenzwert ist ein Vergleichswert. Er beträgt für Drei- bis Elfjährige 19 Mikrogramm pro Liter, für Jungen liegt er bei 22 Mikrogramm pro Liter. In Goslar liegt die Bleikonzentration für alle Kinder bei durchschnittlich 22,7 Mikro­gramm pro Liter.

Für die Studie hatten sich 310 Kinder aus dem Landkreis freiwillig und mit Einverständnis der Eltern bei der Schuleingangsuntersuchung zwischen September 2023 und Juni 2024 testen lassen. Wissenschaftler der Ludwig-Maximilians-Universität München nahmen von den Fünf- bis Siebenjährigen unter anderem Blutproben. Insgesamt waren rund 1.200 angehende Grundschüler und -schülerinnen zur Test-Teilnahme eingeladen.

[...] Eine hohe Belastung mit Blei kann unter anderem das Krebsrisiko erhöhen, auf das Nervensystem schlagen oder Nierenschäden verursachen. Grundsätzlich gebe es für Kinder keinen unbedenklichen Blut-Bleiwert, hieß es schon damals. Bei gesund lebenden Menschen sei das gesundheitliche Risiko aber verhältnismäßig gering.

Es sei bekannt, dass erhöhte Bleibelastungen insbesondere bei Kindern mit gesundheitlichen Risiken verbunden seien, sagte Dennis Nowak, Direktor des Instituts und der Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Uni München, bei der Vorstellung der neuen Studie. Aussagen zu individuellen gesundheitlichen Auswirkungen seien im Rahmen der Untersuchung jedoch nicht möglich gewesen, da die Fallzahl begrenzt war.

Als Hauptursache für die hohen Bleikonzentrationen im Kinderblut gelten Schwermetallbelastungen in den Böden infolge des im Mittelalter betriebenen Bergbaus im Harz. Unter Verdacht stehen aber auch Industriebetriebe, die bis vor wenigen Jahrzehnten produzierten wie die Zinkhütte Harlingerode oder die Zinkoxydhütte und die Bleihütte Oker. In der Region sind weitere Fabriken und Müllverbrennungsanlagen ansässig, die mit gesundheitsschädlichen Substanzen hantieren ...

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Brennelemente | Rosatom | Framatome | Westinghouse

Urangeschäfte mit nuklearem Brennstoff – Geopolitik: USA, Frankreich, Russland …

Gerade hat Westinghouse erstmals neue Brennelemente für das AKW Temelin in der Tschechischen Republik geliefert. Das Unternehmen mit seiner Produktionsanlage in Schweden will damit osteuropäische AKW russischer Bauweise von Lieferungen des Staatskonzerns Rosatom unabhängig machen. Im Schatten des Krieges in der Ukraine ist eine globale geostrategische Neuordnung der Uranmärkte unterwegs. Mit Atomausstieg hat das allerdings nichts zu tun. Beispiel Deutschland: Zuletzt am 13. März hat die in Lingen ansässige Uranfabrik Uranbrennstoff zur weiteren Verarbeitung aus Russland erhalten. Und eben in dieser Anlage will der französische Atomkonzern Framatome künftig mit Unterstützung Russlands Westinghouse Konkurrenz machen. Ukraine-Krieg hin oder her: es geht um Geschäfte. Trotz Russlands Krieg in der Ukraine sind die Urangeschäfte mit der EU weiterhin von Sanktionen nicht betroffen. In Lingen will Frankreich für seine Urandeals eine weitere Kooperation mit Russland genehmigen lassen. Brennelemente für den Einsatz in Atomkraftwerken russischer Bauart zu ermöglichen. Ein Kunde soll künftig auch Temelin sein, wenn die deutschen Atombehörden den Deal zulassen. Dazu haben die Grünen grad einen Antrag in den Bundestag eingebracht.

[...] Die Ursprünge der Zusammenarbeit, zu der auch Verträge mit Framatome gehören, gehen auf das Jahr 2018 zurück, also noch vor dem Ukraine-Krieg. Framatome will derartige Brennelemente für Reaktoren des russischen Typs VVER künftig in Lingen in Niedersachsen herstellen. Ein entsprechender Ausbau-Antrag liegt der Atombehörde in Hannover zur Genehmigung vor ...

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Vereinigte Staaten | Einreiseverbot | Terrorgefahr

Auch Iran steht auf der Liste

Trump stoppt Einreisen aus zwölf Ländern

Seit seiner Wiederwahl treibt Trump Abschiebungen und freiwillige Ausreisen von Migranten voran. Nun verschärft der US-Präsident seinen Kurs mit Einreisesperren: Bürger aus zwölf Ländern dürfen ab dem 9. Juni gar nicht mehr in die USA kommen. Sieben weitere Länder werden teilweise beschränkt.

US-Präsident Donald Trump hat Bürgern aus zwölf Ländern die Einreise in die USA untersagt. Mit der Unterzeichnung der Einreiseverbote schütze der Präsident die US-Bürger vor "ausländischen Terroristen", hieß es in dem vom Weißen Haus veröffentlichten Dokument. Das Einreiseverbot tritt demnach ab dem 9. Juni in Kraft und betrifft Staatsangehörige aus Afghanistan, Myanmar, Tschad, der Republik Kongo, Äquatorialguinea, Eritrea, Haiti, Iran, Libyen, Somalia, Sudan und Jemen.

[...] Trump begründete den Schritt unter anderem damit, dass den USA über Staatsangehörige dieser Länder nicht genug Informationen vorlägen, um die von ihnen ausgehenden Risiken für die Vereinigten Staaten zu beurteilen. Viele der Länder hätten die USA zudem ausgenutzt, indem sie etwa ausreisepflichtige Staatsangehörige nicht zurückgenommen hätten. Der Schritt sei vor dem Hintergrund des brutalen Angriffs auf jüdische Demonstranten im Bundesstaat Colorado mit zwölf Verletzten erfolgt, sagte Trump in einer im Onlinedienst X veröffentlichten Videobotschaft im Weißen Haus. "Der jüngste Terroranschlag in Boulder, Colorado, hat die extremen Gefahren unterstrichen, die unserem Land durch die Einreise von Ausländern drohen, die nicht ordnungsgemäß überprüft worden sind", sagte der US-Präsident. "Wir wollen sie nicht." ...

 


4. Juni


 

Vereinigte Staaten | Sicherheitsrat | Vetorecht

Uno-Sicherheitsrat

USA verhindern Gaza-Resolution mit Veto

Die humanitäre Lage im Gazastreifen wird immer prekärer. Doch der Uno-Sicherheitsrat bleibt gelähmt. Die USA haben erneut eine Resolution mit ihrem Veto blockiert.

Die USA haben eine Resolution zur Beruhigung des Gaza-Krieges mit einem Veto im Uno-Sicherheitsrat verhindert. Die amtierende amerikanische Uno-Botschafterin Dorothy Shea blockierte damit einen völkerrechtlich bindenden Beschluss des mächtigsten Uno-Gremiums. Alle anderen 14 Mitgliedsstaaten des Rates stimmten für den Beschluss.

Der von den zehn nicht-ständigen Mitgliedern des Rates eingebrachte Text hätte völkerrechtlich verbindlich unter anderem eine sofortige Waffenruhe, die Freilassung aller israelischen Geiseln sowie die Aufhebung der Beschränkungen von humanitärer Hilfe für die 2,1 Millionen Notleidenden in dem Küstenstreifen verlangt.

Die USA begründeten ihre Position mit einer ungewöhnlich scharfen Stellungnahme: »Dies ist eine unseriöse Resolution – beschämend in einer Zeit, in der ernsthafte Fragen zum Nutzen der Uno, ihrer Finanzierung und Ressourcennutzung aufgeworfen werden. Der Sicherheitsrat sollte sich selbst höhere Standards setzen.«

[...] Der Uno-Sicherheitsrat besteht aus 15 Mitgliedern. Fünf von ihnen sind dauerhaft vertreten und haben ein Vetorecht: die USA, China, Russland, Frankreich und Großbritannien. Das Gremium diskutiert immer wieder den Gaza-Krieg, die USA haben vorgelegte Resolutionen für ein Ende der Kampfhandlungen und eine Ausweitung der von Israel beschränkten humanitären Hilfe dabei immer wieder mit ihrem Veto blockiert. Washington gilt bei dem Konflikt im Sicherheitsrat als isoliert.

Diplomaten im Sicherheitsrat hatten in den vergangenen Monaten immer wieder Frust über die Position der Vereinigten Staaten ausgedrückt, vor allem seit die humanitäre Situation in Gaza sich aufgrund der zurückgehaltenen Hilfsgüter zuletzt immer weiter verschlechtert hatte.

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Israel | Gaza | Waffenlieferungen

ARD-DeutschlandTrend

Kritik an Israels Militäreinsatz wächst

In Deutschland wird Israels Einsatz im Gazastreifen immer kritischer gesehen - das zeigt der ARD-DeutschlandTrend. Eine große Mehrheit ist dafür, die Waffenexporte zu begrenzen. Der Kanzler legt an Vertrauen zu.

Fast 20 Monate ist der Überfall nun her, bei dem die islamistische Terrororganisation Hamas in Israel etwa 1.200 Menschen tötete und 250 Geiseln nahm. Je länger die militärische Reaktion Israels im Gazastreifen andauert, umso kritischer wird der Blick der Deutschen.

Mittlerweile sagen fast zwei Drittel (63 Prozent), die militärische Reaktion Israels gehe zu weit. Und fast drei Viertel (73 Prozent) halten es für nicht gerechtfertigt, wenn von den militärischen Aktionen Israels gegen die Hamas auch die palästinensische Zivilbevölkerung betroffen ist. Beides sind Höchstwerte im ARD-DeutschlandTrend, für den das Meinungsforschungsinstitut infratest dimap am Montag und Dienstag eine repräsentative Befragung unter 1.292 Wahlberechtigten in Deutschland durchgeführt hat.

[...] Drei Viertel finden Kritik der Bundesregierung richtig

Seit einer guten Woche hat sich auch der Ton der Bundesregierung im Gaza-Krieg verändert. So sagte Kanzler Friedrich Merz (CDU) beim WDR Europaforum mit Blick auf den israelischen Militäreinsatz im Gazastreifen: "Die Zivilbevölkerung derart in Mitleidenschaft zu nehmen, wie das in den letzten Tagen immer mehr der Fall gewesen ist, lässt sich nicht mehr mit einem Kampf gegen den Terrorismus der Hamas begründen."

Dafür gibt es in Deutschland mehrheitlichen Zuspruch - in allen Altersgruppen und unter Anhängern aller im Bundestag vertretenen Parteien. Insgesamt finden die Kanzler-Kritik am militärischen Vorgehen Israels im Gazastreifen drei von vier Deutschen richtig ...

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Greenpeace | EU-Richtlinie | SLAPP

SLAPP-Klagen: Greenpeace-Gutachten zeigt rechtliche Wege

Weltweit setzen große Ölkonzerne und andere Umweltverschmutzer zunehmend auf SLAPP-Klagen, um Kritiker:innen zum Schweigen zu bringen. Diese „Strategic Lawsuits Against Public Participation“ (Strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung) sollen engagierte Menschen und Organisationen einschüchtern, ihr Recht auf freie Meinungsäußerung einschränken und ihr Engagement unterdrücken.

So wurden Greenpeace USA und Greenpeace International in einer von Energy Transfer angestrengten SLAPP-Klage in den USA von einer Jury in erster Instanz vorerst zu 660 Millionen US-Dollar Schadenersatz verurteilt. Die Klage von ET gegen Greenpeace stand in Zusammenhang mit den im Jahr 2016 von Indigenen geführten Protesten gegen die geplante Pipeline in Standing Rock. Das Urteil muss richterlich noch bestätigt werden.

Anti-SLAPP-Richtlinie: EU wehrt sich

Um Journalist:innen, Menschenrechtsaktivist:innen und ihre Organisationen künftig besser vor missbräuchlichen Klagen zu schützen, hat die Europäische Union im April 2024 die Anti-SLAPP-Richtlinie beschlossen. So soll verhindert werden, dass Unternehmen Gerichte dazu missbrauchen, diejenigen zum Schweigen zu bringen, die sich kritisch äußern. Somit gibt die Richtlinie den in der EU ansässigen Opfern von SLAPP-Klagen die Möglichkeit, sich zu wehren. Eine starke Koalition der Zivilgesellschaft hat die EU dahingehend zum Handeln bewegt.

Beklagte können aufgrund der EU-Richtlinie eine frühestmögliche Abweisung offensichtlich unbegründeter Klagen und weitere Maßnahmen beantragen. Ein Bericht der Coalition Against SLAPPs in Europe (CASE) dokumentierte 820 SLAPP-Klagen in Europa (Stand: August 2023), wobei 161 Klagen im Jahr 2022 eingereicht wurden, ein deutlicher Anstieg gegenüber den 135 Fällen, die 2021 eingereicht wurden ...

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Erneuerbare | Stromnetz | Entschädigungen

Entschädigungen für Betreiber

Ungenutzter Ökostrom kostet Steuerzahler halbe Milliarde Euro

2024 zahlte der Staat erneut Hunderte Millionen Euro Entschädigungen an Betreiber von Wind- und Solaranlagen. Diese mussten immer wieder wegen Netzengpässen abgeschaltet werden. Immerhin sind die Ausgleichszahlungen in den vergangenen Jahren gesunken.

Engpässe im Stromnetz kosten die Steuerzahler jährlich Hunderte Millionen Euro. Erzeuger erneuerbarer Energien haben im vergangenen Jahr vom Bund Entschädigungszahlungen von 553,94 Millionen Euro für nicht genutzten Strom erhalten, wenn sie ihre Anlagen abschalten mussten und ihr Strom wegen Netzengpässen nicht eingespeist werden konnte. Das geht aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums an den Linken-Abgeordneten Dietmar Bartsch hervor.

Betreiber von Windrädern und Solaranlagen profitieren von einem staatlich garantierten Mindest-Abnahmepreis für ihren Strom. Der Bund zahlt die Differenz, falls der Marktpreis unter diesem garantierten Wert liegt. Das soll Planungssicherheit schaffen und den Ausbau erneuerbarer Energien vorantreiben.

[...] 2021 waren es noch über 800 Millionen Euro

Die Zahlen zeigen: Die Ausgleichszahlungen sind im Verlauf der vergangenen Jahre gesunken, was auf Fortschritte beim Netzausbau hinweist. Während 2021 noch 807,10 Millionen Euro an Entschädigungszahlungen flossen, waren es 2023 insgesamt 580,32 Millionen - im vergangenen Jahr wieder etwas weniger.

Ausreißer war das Jahr 2022 mit 186,14 Millionen Euro. Damals waren allerdings durch die Energiekrise die Strompreise sehr hoch. Eine Erklärung: Die Betreiber konnten also schon zu Marktpreisen gut verdienen und erhielten wenig Fördergeld.

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Atomstrom | Künstliche Intelligenz | Energiebedarf

Wegen energieintensiver KI

Facebook-Mutterkonzern bindet sich 20 Jahre an Atomstrom

Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz wächst der Energiebedarf der Techkonzerne drastisch. Meta will den nun mit Kernkraft decken.

Frankfurt/Washington rtr/ap | Erstmals in der Firmengeschichte hat sich Meta in einem langfristigen Vertrag Atomstrom für den Betrieb von Rechenzentren gesichert. Die Facebook-Mutter gab am Dienstag die Unterzeichnung einer entsprechenden Vereinbarung mit Constellation Energy bekannt.

Der US-Versorger soll 20 Jahre lang Strom aus dem Atomkraftwerk Clinton im US-Bundesstaat Illinois liefern. Der Deal sieht auch vor, dass die Leistung der Anlage hochgefahren wird. Finanzielle Details des Vertrages blieben zunächst unter Verschluss.

[...] Einer Prognose der Internationalen Energieagentur IEA zufolge wird sich der Verbrauch von KI-Rechenzentren bis 2030 auf 945 Terawattstunden mehr als verdoppeln. Dies entspricht in etwa dem heutigen Jahres-Energiebedarf Japans.

Daher feiert Atomstrom auch bei anderen Technologiekonzernen ein Comeback. Erst im September 2024 kündigte das Unternehmen an, den stillgelegten Atomreaktor Three Mile Island im Staat Pennsylvania wieder ans Netz zu bringen, damit Microsoft seine Rechenzentren mit Energie versorgen kann. In dem Kernkraftwerk hatte sich 1979 der schwerste Unfall in der Geschichte der kommerziellen Atomkraft in den USA ereignet. Der weltgrößte Cloud-Anbieter Amazon Web Services (AWS) und der Internet-Konzern Google setzen auf neuartige Mini-Akw.

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Rosatom | Framatome | Urananreicherunganlage Gronau | Brennelementefabrik Lingen

Kanzler Merz soll Atomgeschäfte mit Russland beenden

Umweltverbände und Anti-Atomkraft-Organisationen fordern:

Ukraine-Hilfe: Merz muss Sanktionslücken schließen

„Atomgeschäfte mit Kreml in Lingen und Gronau beenden“

Angesichts der anhaltend großen Einflussnahme des Kreml auf die hiesige Atomwirtschaft fordern mehrere Umweltverbände und Anti-Atomkraft-Organisationen von Bundeskanzler Friedrich Merz, umgehend die immer noch umfangreichen Atomgeschäfte der russischen Regierung in Deutschland zu beenden und aus der gesamten Uranverarbeitung auszusteigen. Sowohl Merz wie auch die EU haben als Reaktion auf die fortgesetzten militärischen Angriffe der russischen Truppen in der Ukraine auch im Energiebereich verstärkte Sanktionen angekündigt. Der brisante Atomsektor war davon bislang aber komplett ausgeklammert. Durch die ungehinderte Verarbeitung von russischem Uran in der Brennelementefabrik Lingen (Emsland) und in der Urananreicherunganlage Gronau (Westfalen) füllt sich Putins Kriegskasse weiterhin in beträchtlichem Umfang.

Zudem liegt der Antrag des staatlich-französischen Betreibers der Brennelementfabrik Lingen, Framatome, ein atomares Joint-Venture mit dem Atomkonzern des Kreml, Rosatom, einzugehen, noch immer beim Niedersächsischen Umweltministerium zur Begutachtung. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die endgültige Entscheidung letztlich im Kanzleramt gefällt wird.

[...] Zu Pfingsten für Lingen neue Uranlieferungen per Schiff aus Russland?

Eine nicht zu unterschätzende zusätzliche Gefahr sind zudem die beiden russischen Atomschiffe „Mikhail Dudin“ und „Baltiyskiy 202“, die regelmäßig das russische Uran von St. Petersburg aus nach Westeuropa liefern. Just heute wird die „Mikhail Dudin“ laut der Marine-Website „Vesselfinder“ im französischen Dünkirchen erwartet, während die „Baltiyskiy 202“ am Pfingstsonntag, 8. Juni, in Rotterdam angekündigt ist. Über den Hafen von Rotterdam wickelt die Brennelementefabrik Lingen ihre Urangeschäfte mit Russland ab, sodass eine neue Uranlieferung für die Uranfabrik im Emsland zu erwarten ist. Erstmals sind beide russischen Atomschiffe gleichzeitig unterwegs nach Westeuropa.

[...] Wenn Kanzler Merz es mit seiner harten Haltung ernst meint, muss er jetzt handeln“, ergänzte Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen.

„Wir sehen mit großer Sorge, dass sich der geopolitische Einfluss der russischen Regierung auf die Atomwirtschaft in Deutschland und Westeuropa trotz des Angriffs auf die Ukraine weiter erhöhen könnte. Die geplante Atomkooperation zwischen Framatome und Rosatom würde dem Kreml extrem brisante neue Türen in Deutschland öffnen. Atomkraft ist keine Energie wie jede andere, sondern ist sowohl in Frankreich als auch in Russland ein zentraler Baustein zur Aufrechterhaltung der Einsatzfähigkeit nuklearer Massenvernichtungswaffen“, so Angelika Claußen von den Internationalen Ärzt*innen zur Verhütung des Atomkriegs (IPPNW).

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4. Juni 2008 (INES 0 Klass.?)INES Kategorie 0 "Meldepflichtiges Ereigniss" Akw Krsko, SVN

Die Aufsichtsbehörden schalteten das Kernkraftwerk Krsko ab, nachdem das primäre Kühlsystem versagt hatte und Kühlmittel in das Reaktor-Containment gelangte.
(Kosten ca. 12 Millionen US$)

Nuclear Power Accidents
 

Abweichung von den zulässigen Bereichen für den sicheren Betrieb der Anlage bedeutet INES 1 ...

Wikipedia de

Kernkraftwerk Krško#Zwischenfälle

Am 4. Juni 2008 um 15:07 Uhr kam es zu einem Kühlmittelverluststörfall. Im Hauptkühlsystem (Primärkreislauf) war Kühlflüssigkeit ausgetreten und die Reaktorleistung daraufhin gedrosselt worden. Der Reaktor wurde heruntergefahren und um 20:10 Uhr komplett abgeschaltet ...
 

AtomkraftwerkePlag

Krško (Slowenien)#Risiken und Störfälle

Schon bei der Lieferung 1981 kam es zu Problemen: Als der 322 Tonnen schwere Dampfgenerator von Rijeka nach Krško transportiert wurde, prallte er auf die Autobahn. In den ersten acht Jahren wurde der Betrieb der zwei Mrd. Dollar teuren Anlage 70mal unterbrochen ...

 


3. Juni


 

Militärisch-industrielle Komplex | Pentagon | Migrationspolitik | Silicon Valley

Wie Silicon Valley und Pentagon zur Supermacht verschmelzen

Don Trumpl sagt heute dies und morgen das Gegenteil, und er tut alles, um die Situation für alle anderen zu verschlimmern ...Silicon Valley und das Pentagon gehen eine historische Allianz ein. Die Tech-Giganten liefern KI-Expertise, Washington bietet Geld und Macht. Doch zu welchem Preis?

Die US-Regierung und der militärisch-industrielle Komplex verschmelzen mit den Technologiegiganten "einer wechselseitig abhängigen Superstruktur", wie Axios es beschreibt. Dabei geht es darum, auch die nächsten Generationen von KI sowie Raumfahrt- und Rüstungstechnologien weltweit zu dominieren.

Diese Verschmelzung von Washington und Silicon Valley mit dem militärisch-industriellen Komplex ist von offensichtlich dringenden Bedürfnissen motiviert.

Die US-Regierung benötigt KI-Expertise, um China in der nächsten großen technologischen und geopolitischen Veränderung dauerhaft zu dominieren oder wenigstens Paroli bieten zu können. Das kann Washington jedoch keinesfalls ohne die Hilfe von Microsoft, Google, OpenAI, Nvidia und all der anderen bewerkstelligen.

Washington vom Silicon Valley abhängig

Diese Unternehmen können ihrerseits Künstliche Intelligenz nur skalieren und gewaltiges Geld verdienen, wenn die Regierung ihnen den Weg mit mehr Energie, mehr Daten, mehr Chips und mehr wertvollen Mineralien ebnet.

Das Weiße Haus hat eine enge Beziehung zu Amerikas KI-Giganten aufgebaut. Kern der Zusammenarbeit ist das – nach der gleichnamigen Fernsehserie benannte – 500 Mrd. US-Dollar schwere Stargate-Infrastrukturprojekt. Beteiligt sind unter anderem OpenAI, Oracle, Japans SoftBank und der VAE MGX.

US-Präsident Donald Trump strebt darüber eine Hochzeit der US-Technikambitionen mit den potenten Staatsfonds der Golfstaaten an und kündigte eine Reihe von Geschäften an, um hochmoderne Chips und Datenzentren nach Saudi-Arabien und die VAE zu bringen. Dafür wurde Trump während seiner Blitzreise durch den Nahen Osten von führenden KI-Managern – darunter Sam Altman von OpenAI, Jensen Huang von Nvidia, Andy Jassy von Amazon und Alex Karp von Palantir – begleitet.

[...] Hatte Silicon Valley noch gejubelt, als Trump "automatische Green Cards" für ausländische Studenten vorschlug, die an US-Colleges graduieren. Doch jetzt, wo die Trump Administration ihre Agenda in der Migrationspolitik ohne Rücksicht auf Verluste durchzieht, und droht, ausländische Studenten auszuweisen, halten sich alle bedeckt.

Dabei ist völlig offensichtlich, dass die USA in einen neuen Wettlauf auch um KI-Fachleute und Forscher eingetreten sind.

Wired weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass im akademischen Jahr 2023 / 2024 mehr als 880.000 internationale Studierende hauptsächlich aus Indien und China in den USA immatrikuliert waren. Besonders hoch sei der Anteil der Ausländer bei Mathematik sowie in den Natur-, Computer- und Ingenieurswissenschaften: Im akademischen Jahr 2021–2022 gingen über 36 Prozent der MINT-Masterabschlüsse und 46 Prozent der MINT-Promotionen in den USA an internationale Studierende.

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Cum-Ex | Steuerhinterziehung | Bewährungsstrafe

Steuerbetrug vor Gericht

Cum-Ex-Kronzeuge Steck zu Bewährungsstrafe verurteilt

Als Kronzeuge hat Kai-Uwe Steck maßgeblich zur Aufklärung des Cum-Ex-Skandals beigetragen. Jetzt hat das Landgericht Bonn eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten gegen ihn verhängt, ausgesetzt zur Bewährung.

Bei der Aufarbeitung des Cum-Ex-Steuerbetrugs hat das Bonner Landgericht einen der zentralen Akteure verurteilt. Gegen den Rechtsanwalt Kai-Uwe Steck wurde wegen des besonders schweren Steuerbetrugs in fünf Fällen eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verhängt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Außerdem ordnete das Gericht die Einziehung von rund 24 Millionen Euro an.

Das Landgericht Bonn hatte ihm fünf Fälle besonders schwerer Steuerhinterziehung in den Jahren ab 2008 vorgeworfen. Der damit verbundene Steuerschaden soll bei 428 Millionen Euro gelegen haben (Aktenzeichen 62 KLS 1/24).

Die Staatsanwaltschaft hatte auf eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten plädiert, die Verteidigung eine Verfahrenseinstellung gefordert.

Kooperation mit der Staatsanwaltschaft

Steck war früher Kanzleipartner des sogenannten Cum-Ex-Architekten Hanno Berger. Während Berger bis zuletzt laut eigenen Aussagen von der Rechtmäßigkeit seines Handelns überzeugt war, gab sich Steck geläutert, kooperierte mit der Staatsanwaltschaft und fungierte als Kronzeuge.

Sicher ist: Der vielleicht größte Steuerskandal der deutschen Geschichte wäre ohne Stecks Geständnis wohl nicht so detailliert aufgeschlüsselt worden ...

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Ungarn | Vik Uranwahns Weg von der Demokratie zur Autokratie - Blaupause für Don Trumpl

Ungarn als Vorbild der US-Regierung

Trumps Lieblingseuropäer

Viktor Orbán hat in Ungarn gezeigt, wie man eine Demokratie Schritt für Schritt zerlegt. Donald Trump hat genau hingesehen.

Donald Trump macht keinen Hehl daraus, dass Ungarns autoritärer Machthaber Viktor Orbán sein liebster Kollege im Ausland ist. Trumps Bewunderung für den „fantastischen“ ungarischen Premierminister rührt von Orbáns unverblümtem Stil und seinen erzkonservativen Erfolgen her. Trump bewundert, wie Orbán und seine Fidesz-Partei die Einwanderung nach Ungarn eindämmen, der EU und der Nato trotzen, erneuerbare Energien ablehnen und traditionelle Werte in der ungarischen Gesetzgebung und Kultur festschreiben.

Um den Weg zu verstehen, den Trump einschlagen könnte, sollten wir uns ansehen, wie Orbán eine unvollkommene Demokratie in eine „embedded autocracy“ verwandelt hat. Also in ein Regime mit demokratischer Fassade, das seine Macht durch Wahlmanipulation und institutionelle Kontrolle sichert. Fidesz verkündet zwar demokratische Merkmale wie Wahlen und Meinungsfreiheit – doch das Ergebnis ist programmiert.

Während der ersten Amtszeit der Fidesz-Partei in den Jahren 1998 bis 2002 wurde Orbán noch durch die Gesetze der jungen postkommunistischen Demokratie, die Kontrollmechanismen des Systems und eine entschlossene Opposition gebremst. Bei seiner zweiten Regierungsübernahme begann er sofort, all das Stück für Stück abzubauen. Im Mittelpunkt stand für Orbán die Lehre, dass Personalien uneingeschränkte Ergebenheit zeigen müssen, dass Feinde von Anfang an beseitigt und loyale Geldgeber „entschädigt“ werden müssen. Bei seinem zweiten Anlauf umgab sich Orbán mit einem immer größer werdenden Kreis von Gefolgsleuten, die er teils zu mil­liardenschweren Oligarchen machte.

Orbán baute sofort alle Hürden ab, die ihm während seiner ersten Amtszeit noch im Wege standen

Trumps kriecherische Kabinettsmitglieder und Oligarchenfreunde sind aus demselben Holz geschnitzt, und seine Entlassung von einem Dutzend Generalinspektoren sowie die Aushöhlung von Aufsichtsbehörden öffnet das Land für Korruption und die Schaffung eines klientelistischen Netzwerks – ein Sinnbild für Orbáns Regime, das sich vom kleinsten Dorfbürgermeister bis zum obersten Parteisoldaten der Fidesz spannt.

[...] Bei Orbáns triumphaler Rückkehr im Jahr 2010 dachte niemand, dass er die Demokratie tatsächlich abschaffen würde. Doch er tat genau das, indem er die Fidesz in jeden Winkel des Staates und der Volkskultur einbettete. Aber er tat es Schritt für Schritt, während eine zersplitterte, gelähmte demokratische Opposition ungläubig zusah.

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Rüstung | Völkerrecht | Waffenexport

Rüstungsexporte:

Deutschland genehmigte Waffenexporte an Israel für 485 Millionen Euro

Seit dem 7. Oktober 2023 hat die Bundesregierung Israel Rüstung im Wert von fast 500 Millionen Euro zugesagt. Ob es weitere Zusagen gibt, lässt der Außenminister prüfen.

Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel vor fast 20 Monaten hat die Bundesregierung Rüstungsexporte für fast eine halbe Milliarde Euro für das Land genehmigt. Vom 7. Oktober 2023 bis zum 13. Mai 2025 wurde die Lieferung von Waffen und militärischer Ausrüstung im Wert von 485,1 Millionen Euro an Israel erlaubt, wie die Nachrichtenagentur dpa aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag berichtete.

Ob auch die neue Regierung von Union und SPD nach ihrem Amtsantritt am 6. Mai Exportgenehmigungen erteilt hat, geht aus dem Schreiben des Staatssekretärs Bernhard Kluttig nicht hervor. Außenminister Johann Wadephul (CDU) hatte zuletzt weitere Genehmigungen infrage gestellt. Es werde geprüft, "ob das, was im Gazastreifen geschieht, mit dem humanitären Völkerrecht in Einklang zu bringen ist", sagte er der Süddeutschen Zeitung. "An dieser Prüfung ausgerichtet, werden wir gegebenenfalls weitere Waffenlieferungen genehmigen." Auf die Frage, ob dies auch dazu führen könne, dass Waffenlieferungen nicht genehmigt würden, bekräftigte Wadephul: "Das sagt ja die Formulierung."

[...] Der Linkenverteidigungspolitiker Ulrich Thoden forderte eine sofortige Einstellung aller Waffenlieferungen an Israel. "Anderenfalls könnte sie sich der Beihilfe zu Völkerrechtsverbrechen schuldig machen", sagte er.

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Demokratie | MiK | Pentagon | Künstliche Intelligenz

Moderner Krieg

Wie Tech-Ideologen die Revolution des Krieges herbeisehnen

Anduril, Palantir, Scale AI und Co dominieren immer mehr den modernen Alltag des Krieges. Doch wer steckt hinter dieser Revolution der Rüstungsmaschinerie?

Im Schatten des Pentagon formiert sich eine neue technologische Revolution: Start-up-Gründer mit milliardenschweren Verträgen, Tech-Visionäre mit Zugang zu den sensibelsten Waffensystemen und Investoren mit geopolitischer Agenda. Peter Thiel (Palantir), Palmer Luckey (Anduril) und Alexandr Wang (Scale AI) sind einige der relevantesten Protagonisten dieses Wandels und werden immer mehr zu unabdingbaren Marken der zuletzt stark wachsenden Rüstungsindustrie. Es sind deren Start-ups, die an dieser technologischen Revolution des Krieges bereits jetzt partizipieren.

Doch was bedeutet es für die Demokratie, wenn Krieg zur Geschäftschance und Verteidigung zur Softwarelösung wird? Ein Netz an neuen Unternehmen und innovativen Köpfen schmiegt sich an die heutige US-Regierung im Unterfangen, die weltweite Vormachtstellung der USA in diesem Bereich zu zementieren. Ein Zeichen des grenzenlosen Patriotismus oder doch der eigenen Gewinnmaximierung?

Die Transformation des Krieges

Militaristisch ausgerichtete Start-ups wie Palantir, Anduril oder Scale AI werden in der Welt des Krieges immer wichtiger, nahezu unabdingbar. Auch die Rüstungsindustrie muss moderner, schneller, besser und technologischer werden. Doch was ist gerade der Status quo?

Seit der Invasion Russlands in der Ukraine haben wir einen Krieg ungewohnt nahe vor der Tür. Das Thema des "Aufrüstens" und die Diskussion, wie wir unser Land verteidigen können, hat uns schon lange nicht mehr so stark beschäftigt wie derzeit. Dabei ist auch eines klar: Krieg bedeutet heute nicht mehr nur die Produktion von Panzern und Artillerie, sondern geht zunehmend in eine ganz neue Richtung – mit einem digitalen Nervensystem ausgestattete Drohnen (Anduril), sekundenschnelle Datenaufbereitung von Satelliten- und Drohnenaufnahmen (Scale AI) und präzise Einschätzungen von versteckten Sprengladungen (Palantir).

[...] Wenn private Unternehmen auf Bürokratie und Wettbewerb verzichten wollen, nicht zugunsten der "westlichen" Werte, sondern zugunsten der eigenen Gewinnmaximierung, verschiebt sich das Machtzentrum vom Staat zum Start-up. Es ist der Beginn einer Ära, in der Software bestimmt, wer als Ziel gilt – und in der Demokratie zum störenden Beiwerk der Kriegsökonomie zu werden droht.

Aggressoren wie Russland muss sich der Westen stellen – das ist keine Frage. Das Schaffen eines technologischen Fortschritts durch Innovation und Effizienz: ein Schlüssel zur erfolgreichen Verteidigung. Der Preis solch einer Effizienz könnte jedoch sehr hoch sein. Nicht nur für die Zukunft des Krieges, sondern für die Zukunft der Demokratie selbst.

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Aufrüstung | Waffenlieferungen | Friedensforschung | Friedensgutachten

Friedensgutachten 2025

Handreichung für Kriegskurs

Vier »führende« Institute der Friedensforschung legen jährlichen Bericht vor. Russland und USA dienen als Vorwand, um für Aufrüstung zu plädieren

Vom Etikett soll man sich nicht täuschen lassen. Unter dem alarmierenden Titel »Frieden retten!« sprechen sich deutsche Friedensforschungsinstitute für Aufrüstung und militärisches Lückenstopfen aus. Vier dieser rein dem Namen nach an weniger Kriegstaumel interessierten Institute haben am Montag in Berlin ihr aktuelles »Friedensgutachten« vorgestellt. Christopher Daase vom Leibniz-Institut für Friedens- und Konfliktforschung in Frankfurt am Main warb in der Bundespressekonferenz entschieden für eine »operative Stärkung der europäischen Verteidigung«. »Tatsächliche Verteidigungslücken« müssten geschlossen, die »europäische« Rüstungskooperation »vorangetrieben werden«. Die vier für das Gutachten verantwortlichen Institute sprächen sich für die »vorübergehende Aufnahme von Schulden« aus, um dieses Ziel zu erreichen, sagte Daase.

Zur Begründung der Forderung verwies der Politologe zum einen auf die »Bedrohung durch Russland«, zum anderen auf die Entwicklung in den USA, die ein Schwerpunkt des diesjährigen Friedensgutachtens sei. In dem Papier werde erläutert, wie es dem US-Präsidenten Donald Trump gelungen sei, »in kürzester Zeit und ohne viel Widerstand die älteste Demokratie der Welt in ein autoritäres System zu verwandeln«. Deutschland und »Europa« seien durch diesen autoritären Staatsumbau »direkt bedroht«, die »transatlantische Partnerschaft« sei laut Daase am Ende.

[...] Gegen Waffenlieferungen an die Ukraine hätten die vier am Gutachten beteiligten Institute nichts einzuwenden. Dagegen fordere das Friedensgutachten, wie schon im Vorjahr, dass Deutschland Waffenlieferungen an Israel stoppt. Dies sei angesichts der »anhalten Kriegführung in Gaza dringender denn je« und solle »auf alle Rüstungsgüter ausgeweitet werden«. Daase begrüße »die Klarheit«, mit der Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) Israel kritisiert habe – der dem jedoch keinerlei materielle Konsequenzen folgen lässt.

Das »Friedensgutachten« 2025 bilanziert, dass sich das weltweite Konfliktgeschehen in den vergangenen Jahren weiter verschärft hat. Im Jahr 2024 seien mehr als 122 Millionen Menschen auf der Flucht vor Krieg und Gewalt gewesen. Die Militäroffensiven Israels gegen die Palästinenser in Gaza haben demnach mehr als 53.000 Menschen das Leben gekostet und das Gebiet weitgehend zerstört. Im Sudan herrsche aufgrund der seit April 2023 anhaltenden kriegerischen Auseinandersetzungen die »weltweit größte humanitäre Katastrophe« ...

 


2. Juni


 

PFAS | Pestizide | Reproduktionstoxisch | TFA

Grüne für Verbot

29 zugelassene Pestizidwirkstoffe bilden gefährliche Säure

Deutsche Behörden stufen Trifluoressigsäure als fortpflanzungsgefährdend ein. Als Konsequenz verlangen die Grünen, mehrere Pestizide zu verbieten.

Berlin taz | Die Grünen fordern, sämtliche Ackergifte zu verbieten, aus denen sich die laut deutschen Behörden fortpflanzungsgefährdende Trifluoressigsäure (TFA) bildet. „Alle Pestizide, die zu TFA zerfallen, müssen ihre Zulassung verlieren“, sagte der Bundestagsabgeordnete und Pflanzenschutzmittelexperte Karl Bär der taz. Auch Industrie­unternehmen müssten TFA aus ihrer Produktion streichen. „Neue Studien zeigen, dass sie bereits in sehr geringen Mengen die Entwicklung ungeborener Kinder schädigen kann“, so der Grünen-Politiker. „Trotzdem sind in Deutschland 29 Pestizidwirkstoffe im Einsatz, die zu TFA zerfallen.“

Die Säure wurde 2016 in Trinkwasser der Neckarregion nachgewiesen, wie das Umweltbundesamt und andere Behörden Ende Mai mitteilten. TFA-Vorsubstanzen stammen aus großen Industrieanlagen und Produkten wie Pappbechern, Pizzakartons, Backpapier, anti­haftbeschichteten Pfannen, Outdoorkleidung, Teppichen, aber auch aus dem Kältemittel R1234yf. Dieses wird laut Deutscher Umwelthilfe in fast jeder Autoklimaanlage genutzt. Mengenangaben für die Emissionen aus Industrieanlagen liegen nicht vor.

2016 und 2017 wurde klar, dass die Säure auch beim Abbau verschiedener Pestizidwirkstoffe entsteht. „Mit circa 434 Tonnen/Jahr potenzieller TFA-Emissionen tra­gen die in der Landwirtschaft eingesetzten Pflanzenschutzmittel vermutlich einen bedeutenden Teil der TFA-Einträge bei“, so das Umweltbundesamt. Insgesamt stellen die Behörden fest: „In deutschen Gewässern wird TFA seit Jahren detektiert – Tendenz steigend.“

Sie raten nun in einem aktuellen Gutachten für die EU, TFA als wahrscheinlich reproduktionstoxisch einzustufen. Sie empfehlen eine Warnung: „Kann das Kind im Mutterleib schädigen. Kann vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen.“ Allerdings seien solche Schäden „erst bei TFA-Konzentrationen nachgewiesen, die deutlich oberhalb der Gehalte in der Umwelt liegen“, schreibt das an dem Gutachten beteiligte Bundes­institut für Risikobewertung. „Derzeit sind gesundheitliche Beeinträchtigungen deshalb nicht zu erwarten, wenn mit TFA belastetes Wasser oder Nahrungsmittel verzehrt werden.“ Die vorgeschlagene Einstufung der Chemikalie würde Maßnahmen ermöglichen, dass dies auch so bleibt ...

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Frankreich | Russland | Greenpeace

Aus Notausgang geschmuggelt:

Greenpeace protestiert mit gestohlener Macron-Wachsfigur gegen Russlandgeschäfte

In eine Decke gehüllt schmuggelten drei Greenpeace-Aktivisten die Figur Macrons aus dem Wachsfigurenkabinett. „Die Ukraine brennt und die Geschäfte laufen weiter“, kritisieren die Umweltschützer.

Die Umweltorganisation Greenpeace hat mit einer im Pariser Wachsfigurenkabinett gestohlenen Figur des französischen Präsidenten Emmanuel Macron gegen den Import von Gas und Dünger aus Russland protestiert.

„Die Ukraine brennt und die Geschäfte laufen weiter“, heißt es auf einem Transparent, das die Organisation am Montag neben der Macron-Statue vor der russischen Botschaft in Paris enthüllte.

[...] Macron hatte zu Beginn seiner Amtszeit eine entschiedene Umwelt- und Klimapolitik vertreten, war dann aber immer weiter davon abgerückt. Greenpeace prangert mit seiner Aktion vor allem die weiter laufenden Geschäfte Frankreichs mit Russland an, unter anderem den Import von Düngemitteln.

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Wasserstoff | Ökostrom | Importe

Hohe Risiken und lange Transporte

Dämpfer für afrikanische Wasserstoff-Versprechen

Deutschland benötigt große Mengen Ökowasserstoff, um Erdgas zu ersetzen. Bisher setzten Unternehmen auch auf Importe aus Afrika. Diese Versprechen sind kostspielig und risikoreich, haben Forscher errechnet.

Mit Ökostrom produzierter Wasserstoff aus afrikanischen Ländern könnte teurer werden als bisher angenommen. Das haben Forschende der TU-München (TUM), der University of Oxford und der ETH Zürich in einer am Montag veröffentlichten Studie berechnet. Bisher seien die Prognosen zu optimistisch gewesen. »Grünen Wasserstoff in Afrika für den Export nach Europa zu produzieren, ist deutlich teurer als angenommen«, sagt Stephanie Hirmer, Professorin für Climate Compatible Growth an der University of Oxford. »Die soziopolitischen Risiken wurden bislang nicht ausreichend in die Kalkulationen einbezogen.«

Die Ampelregierung beschloss vergangenes Jahr eine Wasserstoff-Import-Strategie. Laut dieser hat Deutschland allein bis 2030 einen Bedarf von bis zu 130 Terawattstunden an grünem Wasserstoff. »Dabei müssen voraussichtlich rund 50 bis 70 Prozent aus dem Ausland importiert werden«, heißt es dort. Es sei davon auszugehen, dass es nach 2030 noch mehr werde. Der Bedarf ist riesig, doch woher die Mengen kommen sollen, ist weiterhin unklar.

Laut der Studie sind nur zwei Prozent von rund zehntausend untersuchten Standorten in Afrika wettbewerbsfähig. Das Problem: Nur, wenn sich die Importeure auf feste Mengen und Preise einließen, rechne sich laut Studie der afrikanische Wasserstoff.

[...] Zudem bemängeln die Forschenden die fehlende Rücksicht auf die Bevölkerung: »Wenn der momentane Hype nicht mit sinnvollen politischen Maßnahmen unterfüttert wird, riskieren wir Projekte, die am Schluss weder kostengünstig sind noch einen Mehrwert für die Bevölkerung vor Ort schaffen«, so Studienautorin Hirmer.

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Polen | Präsidentenwahl | Rechtsnationalist

Wahl in Polen

Rechtsnationalist Karol Nawrocki wird polnischer Präsident

Die Wahl in Polen über den neuen Staatschef ist entschieden: Die Rechte siegt, die Liberalen verlieren. Für Deutschland könnte es schwieriger mit dem Nachbarn werden.

Die Stichwahl um das Präsidentenamt in Polen hat offiziellen Ergebnissen zufolge knapp der rechtsnationale Kandidat Karol Nawrocki knapp gewonnen.

Der EU-kritische Nawrocki kam bei der Wahl am Sonntag auf 50,89 Prozent der Stimmen, wie die Wahlkommission am Montag mitteilte. Auf den proeuropäischen Regierungskandidaten, den liberalen Warschauer Bürgermeister Rafal Trzaskowski, entfielen demnach 49,11 Prozent. Zuvor hatten die polnischen Zeitungen Rzeczpospolita und Onet über die Zahlen berichtet. Die Wahl gilt als richtungsweisend für Polen.
Erfolgreiche Revanche der PiS

Nawrocki ist offiziell parteilos, trat aber als Kandidat der rechtskonservativen PiS an, Polens größter Oppositionspartei. Die PiS regierte das Land von 2015 bis 2023. Sie legte die Justiz an die Kandare der Politik und lag wegen dieses Eingriffs in die Gewaltenteilung im Dauerclinch mit Brüssel.

[...] Für Aufsehen - und Sympathien bei manchen Wählern - sorgte immer wieder seine Vergangenheit als Amateurboxer in jungen Jahren und als Türsteher während des Studiums in einem Luxushotel mit möglichen Kontakten ins Rotlichtmilieu. Doch schon im ersten Wahlgang vor zwei Wochen hatten Nawrocki und noch weiter rechts stehende Kandidaten zusammen eine deutliche Mehrheit erhalten.

In Polen amtiert der Präsident fünf Jahre. Das Staatsoberhaupt hat mehr Befugnisse als der Bundespräsident in Deutschland und repräsentiert das Land nicht nur nach außen. Der Präsident hat auch Einfluss auf die Außenpolitik, er ernennt den Regierungschef sowie das Kabinett und ist im Kriegsfall Oberkommandierender der polnischen Streitkräfte. Vor allem aber kann er der Regierung mit seinem Vetorecht das Leben schwer machen.

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Klimawandel | Erderwärmung | Gletscherschmelze

Gletscher: 40 Prozent sind schon jetzt verloren

Bleibt der Kurs auf 2,7 Grad Erwärmung, werden 76 Prozent der Gletscher verschwinden

Irreversibel: Selbst wenn die globale Erwärmung auf heutigem Stand stoppt, werden 39 Prozent aller nicht-polaren Gletscher weltweit verschwinden – das ist nicht mehr zu verhindern. Zusätzliche elf Zentimeter Meeresspiegelanstieg sind damit schon jetzt sicher, wie Forschende in „Science“ berichten. Verstärkt sich der Klimawandel jedoch wie prognostiziert auf 2,7 Grad Erwärmung, wären 76 Prozent der Gletscher verloren. Es lohnt sich daher noch immer, wenigstens das 1,5-Grad-Ziel anzustreben, so das Team.

Ob in den Alpen, im Himalaya oder in Alaska: Der Klimawandel lässt Gletscher weltweit schmelzen. Schon jetzt sind die ersten Gletscher verschwunden, das sich sammelnde Schmelzwasser bedroht Gebirgsorte und auch Felsstürze werden durch den fehlende Eiskitt häufiger. Hinzu kommt, dass mit den schrumpfenden Eismassen auch die Wasservorräte vieler Regionen schwinden. Parallel dazu steigt durch das Schmelzwasser der Meeresspiegel.

Wie viel Eisschwund steht jetzt schon fest?

Das Tückische jedoch: Die Gletscher reagieren nur mit großer Verzögerung auf den Klimawandel. Bis wir die Auswirkungen der aktuellen Erwärmung auf die Eismassen sehen, dauert es Jahrzehnte bis Jahrhunderte. Das bedeutet: Ein großer Teil des heute noch scheinbar intakten Eises ist bereits verloren. „Die derzeitige Größe der Gletscher zeigt bei weitem nicht das Ausmaß des bereits eingetretenen Klimawandels. Ihre Situation ist in Wirklichkeit viel schlechter, als heute in den Bergen sichtbar ist“, sagt Koautorin Lilian Schuster von der Universität Innsbruck.

Aber was heißt dies konkret? Wie viel Gletschereis ist schon heute nicht mehr zu retten? Das hat ein internationales Team um Schuster und Harry Zekollari von der Freien Universität Brüssel nun genauer ermittelt. Mithilfe von acht verschiedenen Modellen berechneten sie dafür den langfristigen Eisverlust der mehr als 200.000 Gletscher außerhalb Grönlands und der Antarktis. Die Szenarien umfassten einen sofortigen Stopp des Klimawandels, aber auch eine Erwärmung um 1,5 Grad und 2,7 Grad. Letztere werden eintreten, wenn die aktuellen Klimaschutzmaßnahmen nicht verstärkt werden ...

 


1. Juni


 

Israel | Gaza | Hilfslieferungen

Israels Kriegsführung in Gaza

Echte Hungerhilfe geht anders

Die Palästinenser sind zu hundert Prozent von akutem Hunger bedroht. Israel nutzt minimalistische Hilfe indes als Machtinstrument.

Hilfe für hungernde Zivilpersonen in einer Kampfzone ist enorm schwierig, aber die weltweit entwickelten Grundsätze dafür sind keine Zauberei. Hungerhilfe muss Bedürftige direkt erreichen, ihre Verteilung muss neutral bleiben und darf keiner Willkür unterliegen, sie muss unabhängig von den Kriegsparteien und ohne Militarisierung geleistet werden.

Was Israel im Gazastreifen veranstaltet, spricht all diesen Prinzipien Hohn. Seit drei Monaten sind die Grenzen des Gebietes komplett geschlossen. Es kommt für die rund noch 2,1 Millionen Bewohner – es waren einmal 2,3 Millionen – nichts mehr zu essen hinein; was vorhanden war, wurde immer rarer und diente Israel, Hamas und kriminellen Banden zunehmend als Instrument der Begünstigung.

Mitte Mai erreichte der Anteil der Bevölkerung unter akutem Hunger nach UN-Erhebungen 100 Prozent. Da hob Israel ein neues System aus dem Boden: Eine private Stiftung sollte in den Worten von Israels Ministerpräsident Netanyahu „minimale“ Hilfe leisten, also gerade mal so viel, dass die Leute nicht alle verhungern.

Es funktioniert nicht, und wahrscheinlich soll es auch gar nicht funktionieren. Die Hilfe kommt nicht zu den Menschen, sondern Menschen sollen zu Sammelstellen kommen. Wenn sie sich zu Tausenden drängeln, kommt es unweigerlich zu Tumult, Israels Armee eröffnet das Feuer, inzwischen werden regelrechte Massaker gemeldet.

[...] Direkt an der Grenze, unter israelischer Kontrolle, wartet eine komplette UN-Infrastruktur mit fähigen Helfern. Sie wissen genau, wie man Bedarfe ermittelt und wie man Bedürftige erreicht, ohne dass eine Kriegspartei profitiert.

Dass sie das nicht dürfen, ist eine politische Entscheidung, für die es nur zwei denkbare Gründe gibt. Entweder Israel ist die unfähigste Nation der Welt – dann sollte das dringend jemand anderes machen. Oder Israel macht das bewusst – dann bleibt nur der Schluss, dass das Überleben der palästinensischen Bevölkerung gar nicht gewollt ist.

Dummheit oder Völkermord? Man kann nur hoffen, dass es in Israel noch Augenmaß für einen dritten, menschlichen Weg gibt.
 

Gazastreifen

Israel dementiert Schüsse auf Zivilisten an Hilfszentrum

Israel dementiert, dass die Armee abermals ein Verteilzentrum für Hilfsgüter im Gazastreifen angegriffen habe. Die palästinensische Seite hatte von Schüssen berichtet und viele Tote und Verletzte gemeldet.

Die israelische Armee hat Berichte zurückgewiesen, wonach Soldaten in der Nähe eines Verteilzentrums für Hilfsgüter im Gazastreifen auf Zivilisten geschossen hätten.

Eine vorläufige Untersuchung habe ergeben, dass das Militär "nicht auf Zivilisten geschossen hat, während diese sich in der Nähe oder innerhalb des Verteilungszentrums für humanitäre Hilfe aufhielten, und dass die Berichte entsprechend falsch sind", hieß es.

Auch die Gaza Humanitarian Foundation (GHF), die über die Zentren Mahlzeiten verteilt, hatte davor die Berichte dementiert. "Unsere Hilfe wurde heute ohne Zwischenfall verteilt", hieß es in einer Mitteilung.

[...] Zum Rotkreuz-Feldhospital in Rafah wurden nach Angaben des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) am frühen Sonntagmorgen 179 Menschen gebracht, die meisten mit Schuss- und Splitterwunden. 21 seien bei der Ankunft tot gewesen.

Alle noch Lebenden hätten gesagt, sie seien verletzt worden, als sie versuchten, eine Ausgabestelle für Hilfsgüter zu erreichen. Nie seit Aufbau des Feldhospitals vor mehr als einem Jahr seien so viele Schussverletzte auf einmal gekommen, berichtete das IKRK ...

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Russland | Atommacht | Drohnen

Selenskyj entmachtet Russlands Nuklearstreitkräfte

Ukrainische Drohnen zerstören Dutzende russische Atombomber. Die nukleare Abschreckung Moskaus ist auf Jahrzehnte geschwächt.

Dicke schwarze Rauchwolken steigen über dem russischen Luftwaffenstützpunkt auf, während Flammen an den Rümpfen strategischer Tu-95-Bomber lecken. Videoaufnahmen zeigen eine FPV-Drohne, die über eine bereits brennende Tupolew Tu-95 hinwegfliegt, um sich dann gezielt auf die nächste geparkte Maschine zu stürzen – gefolgt von einem gewaltigen Feuerball. Auf einem weiteren Video sind vier brennende Tu-95-Langstreckenbomber zu sehen, aus denen dichte Rauchsäulen in den Himmel aufsteigen.

Diese dramatischen Bilder vom 1. Juni dokumentieren nicht nur die Zerstörung von Millionen-Dollar-Flugzeugen, sondern einen beispiellosen Angriff auf das Herzstück der russischen Nuklearstrategie: die nukleare Triade.

Diese Triade – bestehend aus landgestützten Interkontinentalraketen, strategischen U-Boot-Raketen und schweren Bombern – bildet seit dem Kalten Krieg das Fundament nuklearer Abschreckung. Das Konzept beruht auf Redundanz: Selbst, wenn ein Erstschlag zwei der drei Komponenten ausschalten sollte, bleibt die dritte für einen vernichtenden Vergeltungsschlag erhalten. Die strategischen Bomber gelten dabei als flexibelste Komponente – sie können zurückgerufen werden, verschiedene Ziele angreifen und sowohl nukleare als auch konventionelle Waffen tragen.

Mit der ukrainischen Operation "Spinnennetz" wird nun zum ersten Mal in der Geschichte gezielt eine Komponente der nuklearen Triade einer Atommacht angegriffen. 41 russische strategische Bomber sollen dabei zerstört oder beschädigt worden sein – ein Schlag, der Russlands nukleare Abschreckung für Jahrzehnte schwächen könnte.

[...] Diese systematische Schwächung der nuklearen Triade – Frühwarnradare plus Bomberflotte – könnte aus russischer Sicht als gezielte Entnuklearisierung interpretiert werden. Während die verbleibenden landgestützten Interkontinentalraketen und strategischen U-Boote noch immer eine erhebliche Zweitschlagfähigkeit gewährleisten, ist die nukleare Abschreckung Russlands nachhaltig geschwächt worden. Der Verlust der flexibelsten Komponente der Triade – der rückrufbaren Bomber – reduziert Moskaus strategische Optionen erheblich.

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Autokonzerne | Autolobby | Flottengrenzwerte

Der gute Wille

Weg vom Gaspedal

Die Autolobby war mal wieder erfolgreich, die "Strafen" sind weg. Dabei hätte die Politik nicht einknicken müssen, die ursprünglichen Vorgaben der EU wären erfüllbar gewesen.

Sie haben es wieder geschafft. Die Autokonzerne müssen in diesem Jahr keine sogenannten Strafzahlungen von der EU wegen Überschreitung der CO2-Flottengrenzwerte mehr fürchten.

Die Gefahr für VW, Mercedes-Benz und Co, mehrere Milliarden Euro nach Brüssel überweisen zu müssen, ist seit dieser Woche endgültig vom Tisch.

Denn nach dem EU-Parlament hat auch der Ministerrat, die Vertretung der 27 EU-Regierungen, der Streckung der Werte über drei Jahre zugestimmt. Die Konzerne müssen die Limits erst im Schnitt von 2025 bis 2027 einhalten, nicht schon in diesem Jahr.

Dabei hatten die Autobauer eigentlich seit 2019 Zeit, sich auf den nötigen Hochlauf der E‑Mobilität einzustellen.

Es ist das immergleiche Drama, wie man es schon seit den 1980er Jahren kennt, als der Katalysator eingeführt werden sollte. Technisch nicht ausgereift, viel zu teuer, bevorteilt die Konkurrenz, gefährdet Jobs. Das waren die Argumente der Autokonzerne, und sie waren allesamt falsch.

Das Machtspiel wiederholte sich später bei den Partikelfiltern für das Dieselabgas. Solche Erfahrungen hätten die Politik lehren müssen, mehr Rückgrat zu zeigen. Doch die EU knickte, erwartungsgemäß, wieder ein.

[...] Das Hü und Hott bei der E‑Auto-Förderung unter dem FDP-Spardiktat während der Ampel-Regierung hat die Begeisterung für den Umstieg in Europas wichtigstem Markt nicht gerade gestärkt.

Um so wichtiger wäre es, dass die Merz-Regierung schnell Klarheit über die von ihr angekündigte Nachfolgeregelung schafft, die diesmal gerade auch ärmeren Haushalten zugutekommen sollte – durch ein "Social Leasing", wie Frankreich es vorgemacht hat.

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China | Erneuerbare | Batteriespeicher | Elektrifizierung | Solarboom

„Wir diskutieren immer noch über neue Gaskraftwerke“

Die Wettbewerbsfähigkeit von Fotovoltaik in Zusammenspiel mit Batteriespeichern wächst. Warum China ein Vorbild bei der Elektrifizierung ist. Eine Kolumne.

Es war ein eindrucksvoller Auftritt der im Geschäft mit dem Stopp des Klimawandels erfolgreichen Unternehmen auf der Intersolar Europe 2025 in München: Solar, Batterie-Speicher, E-Autos – das exponentielle Wachstum aller drei Branchen weltweit war spürbar. Ein Drittel der weltweiten Stromproduktion stammte 2024 erstmals aus erneuerbaren Energieträgern, 47 Prozent sind es bereits in Europa. Die weltweite Solaranlagen-Produktion verdoppelt sich derzeit etwa alle drei Jahre, ebenso die Herstellung von Batteriezellen für Speicher und E-Autos. Die Windanlagen- und Elektroauto-Produktion entwickelt sich etwas langsamer.

Die Solarindustrie wächst weltweit exponentiell und das weitgehend ohne Subventionen. Durch riesige Produktionsmengen für den chinesischen Markt und intensiven Wettbewerb ist sie sehr wettbewerbsfähig geworden.

Weltweit erfolgt der Zubau neuer Anlagen zur Stromerzeugung mittlerweile zu über achtzig Prozent mit Solaranlagen. Siebzig Prozent der im Jahr 2024 neu installierten rund 600 Gigawatt Leistung wurden dabei in Asien installiert. Europa ist mit rund 80 Gigawatt Zubau im letzten Jahr nur um fünfzehn Prozent gewachsen.

Mindestens ebenso schnell nimmt der Zubau stationärer Energiespeicher zu. Der Preisverfall ist hier noch schneller. Häufig wird bereits in Kombination in Fotovoltaik und Speicher investiert. Um den Strom tagsüber praktisch nicht zu verschenken, wird die Energie direkt auf dem Solarfeld in Batteriecontainern gespeichert und nach Sonnenuntergang zu höheren Preisen eingespeist.

Auch hier fällt Europa im Wettbewerb um günstigen erneuerbaren Strom – und damit Ausblick auf niedrige Energiekosten für Industrie und Verbraucher – im internationalen Vergleich eher zurück. Wir diskutieren hier immer noch über neue Gaskraftwerke. Wahrscheinlich ist aber fossile Stromerzeugung nicht einmal mehr mit staatlichen Subventionen wettbewerbsfähig gegen die mittlerweile extrem wettbewerbsfähige Kombination aus Solar und Batteriespeicher ...

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Arbeitsplätze | Künstliche Intelligenz | Automatisierung

Chefin macht klar, welcher Typ Mensch auf dem Arbeitsmarkt ein „echtes Problem“ haben wird

Immer mehr Menschen fürchten um ihren Arbeitsplatz. Eine Unternehmerin hat eine kontroverse Warnung für Angestellte.

„Ich habe ein Problem mit dem Angestellten-Mindset“, schreibt die Unternehmerin und KI-Expertin Laura Lewandowski in einem Beitrag auf LinkedIn. Das „Mindset“, also die innere Einstellung oder Arbeitshaltung, fasst sie wie folgt zusammen: „Dieses: ‚Sag mir, was ich tun soll.‘ Dieses: ‚Ich erfülle, was andere erwarten – nicht, was ich mir selbst zutraue.‘“ Sich wie ein Angestellter zu verhalten bedeute, wenig selbstständig zu handeln und sich vor allem auf Anweisungen zu verlassen. „Solche Menschen werden in Zukunft ein echtes Problem haben“, schreibt die Unternehmerin.

Den Grund dafür sieht sie in der nehmenden Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI), welche die Arbeit von „Millionen Menschen“ betreffen werde. Wenn viele Prozesse durch KI automatisiert würden, sei es umso wichtiger, Verantwortung zu übernehmen und sich „proaktiv“ zu verhalten, sagt Lewandowski. Wird eine Änderung der Arbeitseinstellung Menschen davor bewahren, von KI ersetzt zu werden?

Expertin: Besonders Hochqualifizierte von KI ersetzbar

Fakt ist: Viele Tätigkeiten können bereits heute von KI erledigt werden. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat den Job-Futuromat veröffentlicht: Dort wird bewertet, welche Kerntätigkeiten eines Berufs von Robotern oder KI automatisierbar sind. Im Beruf des Steuerberaters sind zum Beispiel 62 Prozent der Kerntätigkeit automatisierbar, bei einem Lehrer sind es 15 Prozent und bei einem Maler und Lackierer 25 Prozent.

[...] Besonders in den Bereichen Büro, Verwaltung, Buchhaltung und Software-Entwicklung gebe es Jobs, die von KI ersetzbar sind. Das zeigt eine aktuelle Studie der International Labour Organization (ILO), der internationalen Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen, die im Mai 2025 veröffentlicht wurde. Die ILO kommt zu dem Ergebnis, dass rund ein Viertel aller Jobs weltweit vom Einsatz generativer KI betroffen sind. In Industrienationen liegt der Anteil sogar bei 34 Prozent. Eine Gruppe ist innerhalb der ersetzbaren Stellen besonders gefährdet: Frauen. Sie sind fast doppelt so häufig wie Männer in stark automatisierbaren Berufen wie Administration tätig ...

 


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1. Juni 2025

Krieg | Frieden | MiKZeitenwende

„Mein ‚Kosmopolitismus‘ ist in meiner Eigenschaft als Jude begründet“

Erich Mühsam (1878-1934) als Streiter wider Militarismus und Krieg.

Die Losungsworte des deutschen Militarismus sind nie neu oder originell, sondern wiederholen sich stets (wie auch ihre bitteren Folgen). Schon vor 110 Jahren schrieb der Schriftsteller und Anarchist Erich Mühsam: „Zeitwende! Das Wort führt jetzt jeder Esel im Munde, dem die Zeit noch niemals etwas gewendet hat. Das Schicksalsjahr 1915! Voll Stolz und Selbstgefühl wird dieser 1. Januar begrüßt. Dass er bestimmt ist, eine Epoche fortzusetzen, die die Vernichtung von Millionen Schicksalen bedeutet, fällt den Hanswürsten nicht ein“ (Tagebucheintrag, 1. Januar 1915).

Erich Mühsam, am 6. April 1878 in Berlin geboren und als Apothekersohn in Lübeck aufgewachsen, hat seinen Kampf gegen den Kriegerwahn auch mit seinem Herkommen in Verbindung gebracht: „Mein ‚Kosmopolitismus‘ ist höchst verächtlich, aber in meiner Eigenschaft als Jude begründet. Ich erklärte, dass ich diese Eigenschaft für die beste der Juden halte und nur wünschte, meine Stammesgenossen hätten darin nicht auch umgelernt“ (Tagebucheintrag, 7. Januar 1916). Den deutschen Faschisten galt der Verfasser dieses Selbstbekenntnisses schon früh als Erzfeind; sie werden ihn am 10. Juli 1934 im KZ Oranienburg ermorden.

Mühsams Texte wider den Krieg aus unterschiedlichen Genres sind jetzt zusammengefasst in einem neuen Band der Schalom-Reihe über „Pazifisten & Antimilitaristinnen aus jüdischen Familien“. Die Lektüre ermutigt zur Streitbarkeit in einer Zeit, in der zu viele staatstragende „Friedenstauben“ sich noch immer – ganz handzahm und lieb – als Bittsteller gegenüber den Vorbereitern eines dritten Weltkrieges gefallen.

Absage an alles Autoritäre – Kampf gegen Militarismus

In einer autobiographischen Skizze schreibt der Schriftsteller 1919: „Die Bekämpfung des Staates in seinen wesentlichen Erscheinungsformen, Kapitalismus, Imperialismus, Militarismus, Klassenherrschaft, Zweckjustiz und Unterdrückung in jeder Gestalt, war und ist der Impuls meines öffentlichen Wirkens.“ (Die Sachwalter des alten Herrschaftssystems haben ihn wegen seiner Beteiligung an der Münchener Räterepublik inhaftiert und dann fünf Jahre lang der Freiheit beraubt.)

Die Biographie zeichnet sich gleichermaßen aus durch das bis in die Kindheit zurückreichende Ringen um das „Eigene“ und den Einsatz für andere, vorrangig für die auch von der gesitteten Arbeiterbewegung verachteten Menschen aus dem ‚Lumpenproletariat‘: „Mühsam, in leidenschaftlicher Abwendung von der Genussgier der Ästheten, entschied sich für eine radikalaktive Hingabe an Erniedrigte und Beleidigte. Auf allen Stationen seines Passionsweges ist er dieser Aufopferung treu geblieben“ (Ferdinand Hardekopf, 1919).

Als Anarchist folgt er der Fährte eines freiheitlichen Sozialismus. Unter solchem Vorzeichen lassen sich der Freiheitsdrang des Einzelnen, der nicht beherrscht sein (und selbst nicht herrschen) will, und die Befreiung der beherrschten Massen nicht gegeneinander ausspielen. Solange Knechtschaft für die vielen fortdauert, kann eine Selbstbefreiung des bedrängten Individuums nicht gelingen. Andererseits gilt die Wegweisung: Wer befreit ist (zuvorderst vom unseligen Zwang zu beherrschen), kann befreien …

Mühsams Absage an alles Autoritäre geht schon in den ersten Jahren seines Schriftstellerdaseins einher mit dem besonderen Kampf gegen Militarismus und Kriegsapparatur. Bereits im Jahr 1903 will er zusammen mit Paul Scheerbart (1863-1915) eine antimilitaristische Tageszeitung unter dem Titel „Das Vaterland“ gründen. Das Vorhaben kann nicht umgesetzt werden, denn der anvisierte Verleger kauft lieber zwei ‚militärische Blätter‘ für sein Sortiment ein.

Gedichte gegen Krieg und Knechtung

In jener Zeit lenkt Mühsam in politisch-satirischen Versen für den ‚Wahren Jakob‘ unseren Blick auf Militarismus, Kolonialverbrechen und Kriegstreiberei: „Soldat sein heißt: Zu jeder Zeit … / an Sitte und Gehorsamkeit / der Welt ein gutes Beispiel geben“ (O welche Lust, Soldat zu sein, 1903). Die Regierung mimt Frieden. „Doch – wenn die Hereros wollen / nicht gehorchen bis aufs Jota, / sie die Frechheit büßen sollen, / und man schickt den Herrn von Trotha!“ (Der friedliche Michel, 1904). „In Afrika bringen die Weißen Kultur / Mit Feuer und Schwert dem Herero, … / Die ganze Welt erbebt in Not / Und Angst vor Kruppschen Kanonen“ (Weihnachtsbetrachtung, 1904). Das kommende Jahr zieht mit „Waffenklirren“ herauf, und die Menschen zählen nur als Kanonenfutter: „Der Feind wohnt nicht im Nachbarlande; / der Feind heißt Ausbeutung und Not! / Krieg gilt es gegen Knechtschaftsbande, / Krieg gilt für Freiheit es und Brot!“ (Zum neuen Jahre ! 1905).

Am Vorabend des großen Menschenschlachthauses erreicht die Satire schon ein Höchstmaß an Bitterkeit: „Sauft, Soldaten! / dass das Blut / heißer durch die Adern rinnt! … Wenn ihr über Leichen tretet, / dankt dem Herrn, zu dem ihr flehtet, / dass er euch zu Mördern schuf“ (An die Soldaten, 1912).

Zu Beginn seiner ‚Antikriegslyrik‘, so Rolf Kauffeldt, kommt Mühsam in Tuchfühlung mit dem Expressionismus: „Die Erde brennt. / Entmenschte Gebete flehn Gott in den Kot“ (Wehe der Erde, 1915). „Viel Hunderttausende liegen tot, / tief ins geschändete Ackerland / vom Eisengeziefer niedergestreckt“ (Hungersnot, 1916). Doch dann tritt das Konkrete an die Stelle der Metapher: „Sengen, brennen, schießen, stechen, / Schädel spalten, Rippen brechen, […] // Aus dem Bett von Lehm und Jauche / zur Attacke auf dem Bauche! / Trommelfeuer – Handgranaten – / Wunden – Leichen – Heldentaten“ (Kriegslied, 1917).

Die Zeit subjektiver Selbstgefälligkeiten ist an ein Ende gekommen: „Wir Dichter haben viel zu lang / mit kleinem Schicksal uns gebrüstet […] Genug geschwärmt! Genug geträumt! […] Nicht Sternenwandler, – Menschen seid! / Und eure Lieder singt dem Frieden!“ (An die Dichter, 1916). Das „Soldatenlied“ vom Oktober 1916 weist bereits den Weg eines ‚revolutionären Pazifismus‘, der die Gewaltfrage nicht mehr nach dem Vorbild Leo Tolstois beantwortet:

„… Und wenn sich einst die Waffe kehrt
auf die, die uns den Kampf gelehrt,
sie werden uns nicht feige sehn.
Ihr Unterricht war gut.

Wir töten, wie man uns befahl,
mit Blei und Dynamit,
für Vaterland und Kapital,
für Kaiser und Profit.
Doch wenn erfüllt die Tage sind,
dann stehn wir auf für Weib und Kind
und kämpfen, bis durch Dunst und Qual
die lichte Sonne sieht.

… Sieg allen in der Heimatschlacht!
Dann sinken Grenzen, stürzt die Macht,
und alle Welt ist Vaterland,
und alle Welt ist frei!“

Dem Verfasser dieser Zeilen ist es in späteren Jahren verwehrt, sich auf jenen willkommenen Tod einzulassen, der Ruhe von aller Pflicht verspricht: „Stirbt denn mit mir / der Krieg, das Unrecht und die Not? / Des Armen Sucht, des Reichen Gier – / sind sie mit meinem Ende tot?“ (Die Pflicht, 1924). Nicht zuletzt bleibt die Aufgabe, das Geschick der Kriegskrüppel mit Leierkasten und die Kriegsschuld der Dichter zur Sprache zu bringen (Der Dank des Vaterlandes, 1926; Poeta Laureatus, 1926).

Die Zeitschrift „Kain“ am Vorabend des 1. Weltkrieges (1911-1914)

Ab April 1911 gab Erich Mühsam, der seit 1909 in München lebte, das anarchistische Periodikum „Kain – Zeitschrift für Menschlichkeit“ heraus. Der Herausgeber war zugleich der einzige Autor des Blattes („Mitarbeiter dankend verbeten“).

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Krieg | Frieden | MiKZeitenwende

21. April 2025 - Für Frieden und Abrüstung: Erneut Tausende bei Ostermärschen

6. März 2025 - Überfallartig wollen Union und SPD Deutschland kriegstüchtig machen

26. Januar 2025 - Gestern noch Dichter und Denker – morgen schon wieder Richter und Henker

26. Januar 2025 - Lage im Nahen Osten - Trump für Räumung des Gazastreifens

4. Januar 2025 - Gaza: Die Katastrophe endet nicht

8. September 2024 - KI-Revolution in der Wehrtechnik: Kommt Skynet?

14. November 2023 - Warum der militärisch-industrielle Komplex in Feierlaune ist

15. Juli 2023 - Ich möchte nicht mein Enkel sein
 

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Erich Mühsam

Erich Kurt Mühsam (geboren am 6. April 1878 in Berlin; gestorben am 10. Juli 1934 im KZ Oranienburg) war ein anarchistischer deutscher Schriftsteller, Publizist und Antimilitarist. Als politischer Aktivist war er 1919 maßgeblich an der Ausrufung der Münchner Räterepublik beteiligt, wofür er zu 15 Jahren Festungshaft verurteilt wurde, aus der er nach 5 Jahren im Rahmen einer Amnestie freikam. In der Weimarer Republik setzte er sich vorübergehend in der Roten Hilfe für die Freilassung politischer Gefangener ein. Seine politische Heimat fand er seit Mitte der 1920er Jahre in der „Anarchistischen Vereinigung“.

In der Nacht des Reichstagsbrandes wurde er von Nationalsozialisten verhaftet, und am 10. Juli 1934 wurde er von der SS-Wachmannschaft des KZ Oranienburg ermordet ...
 

Krieg

Als Krieg wird ein organisierter und unter Einsatz erheblicher Mittel mit Waffen und Gewalt ausgetragener Konflikt bezeichnet, an dem planmäßig vorgehende Kollektive beteiligt sind. Ziel der beteiligten Kollektive ist es, ihre Interessen durchzusetzen. Der Konflikt soll durch Kampf und Erreichen einer Überlegenheit gelöst werden. Die dazu stattfindenden Gewalthandlungen greifen gezielt die körperliche Unversehrtheit gegnerischer Individuen an und führen so zu Tod und Verletzung. Neben Schäden an den aktiv Beteiligten eines Krieges entstehen auch immer Schäden, die entweder nicht direkt beabsichtigt sind oder Kriegstaktik („Verbrannte Erde“) sein können. Erstere werden heute euphemistisch als Kollateralschäden bzw. Begleitschäden bezeichnet. Krieg beschädigt oder zerstört auch Infrastruktur und die Lebensgrundlagen der Kollektive. Eine einheitlich akzeptierte Definition des Krieges und seiner Abgrenzung zu anderen Formen bewaffneter Konflikte existiert nicht ...
 

Frieden

Friede oder Frieden (von althochdeutsch fridu „Schonung“, „Freundschaft“) ist allgemein definiert als ein heilsamer Zustand der Stille oder Ruhe, als die Abwesenheit von Störung oder Beunruhigung und besonders von Krieg. Frieden ist das Ergebnis der Tugend der „Friedfertigkeit“ und damit verbundener Friedensbemühungen.

Friede ist im heutigen Sprachgebrauch der allgemeine Zustand zwischen Menschen, sozialen Gruppen oder Staaten, in dem bestehende Konflikte in rechtlich festgelegten Normen ohne Gewalt ausgetragen werden. Der Begriff bezeichnet einen Zustand in der Beziehung zwischen Völkern und Staaten, der den Krieg zur Durchsetzung von Politik ausschließt.

In der Sprache deutschsprachiger Juristen ist von Frieden auch im Zusammenhang mit innenpolitischen Auseinandersetzungen (Straftatbestand des Landfriedensbruchs), mit dem Arbeitsleben (Störung des Betriebsfriedens als Kategorie des Betriebsverfassungsgesetzes) und mit dem Schutz des Privateigentums (Straftatbestand des Hausfriedensbruchs) die Rede. Zur Kennzeichnung von Grundstücken, die gegen Hausfriedensbrüche geschützt werden sollen, werden diese oft eingefriedet.

In der Sprache der Psychologie und der Theologie gibt es den Begriff Seelenfrieden (vgl. den englischen Begriff „peace of mind“ oder „inner peace“); diesen sollen Lebende anstreben und Verstorbene auf dem Friedhof bzw. im Jenseits finden ...
 

Militärisch-industrieller Komplex

Der Begriff militärisch-industrieller Komplex (MIK) wird in gesellschaftskritischen Analysen zur Beschreibung der engen Zusammenarbeit und der gegenseitigen Beziehungen zwischen Politikern, Vertretern des Militärs sowie Vertretern der Rüstungsindustrie verwendet. In den USA gelten Denkfabriken, wie zum Beispiel PNAC, als mögliche weitere involvierte Interessengruppe.

Prägung des Begriffs

Das Konzept eines militärisch-industriellen Komplexes wurde 1956 durch den amerikanischen Soziologen Charles Wright Mills unter dem Titel The Power Elite (deutsch: „Die amerikanische Elite: Gesellschaft und Macht in den Vereinigten Staaten“) geprägt. Mills stellt die engen Interessenverbindungen zwischen Militär, Wirtschaft und politischen Eliten im Amerika nach dem Zweiten Weltkrieg dar. Einschlägig ist dabei vor allem das 9. Kapitel „The Military Ascendancy“ (deutsch: „Der Aufstieg des Militärs“). Der Terminus „militärisch-industrieller Komplex“ kommt bei Mills nicht vor. Er spricht vom „military establishment“. Mills sah darin eine ernsthafte Bedrohung für den demokratischen Staatsaufbau und ein Risiko für militärische Auseinandersetzungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion. In der Kritik der Einflussnahme des Militärs auf Wissenschaft und Forschung nennt Mills unter anderem als Beispiel, dass Eisenhower als Ex-General Leiter der Universität von Columbia war. Ein weiterer Vorläufer war Harold D. Lasswells Konzept des Garnisonsstaates. Ausgerechnet Eisenhower griff später die Kritik von Mills auf und prägte den Begriff des militärisch-industriellen Komplexes: 

Popularität erlangte der Begriff durch den US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower, der in seiner Abschiedsrede vom 17. Januar 1961 ausdrücklich vor den Verflechtungen und Einflüssen des militärisch-industriellen Komplexes in den USA warnte. Eisenhower, der selbst einst Generalstabschef der Armee gewesen war, sah wie Mills den militärisch-industriellen Komplex als eine Gefahr für die demokratischen Institutionen und die Demokratie an. Durch die Einwirkung dieses Komplexes auf Arbeitsplätze und Wirtschaftskraft könne die politische Führung veranlasst werden, Konflikte eher militärisch als politisch lösen zu wollen und damit als verlängerter Arm der Lobby der Rüstungsindustrie agieren: 

„Wir in den Institutionen der Regierung müssen uns vor unbefugtem Einfluss – beabsichtigt oder unbeabsichtigt – durch den militärisch-industriellen Komplex schützen. Das Potenzial für die katastrophale Zunahme fehlgeleiteter Kräfte ist vorhanden und wird weiterhin bestehen. Wir dürfen es nie zulassen, dass die Macht dieser Kombination unsere Freiheiten oder unsere demokratischen Prozesse gefährdet. Wir sollten nichts als gegeben hinnehmen. Nur wachsame und informierte Bürger können das angemessene Vernetzen der gigantischen industriellen und militärischen Verteidigungsmaschinerie mit unseren friedlichen Methoden und Zielen erzwingen, so dass Sicherheit und Freiheit zusammen wachsen und gedeihen können.“
 

Zeitenwende-Rede

Die Zeitenwende-Rede am 27. Februar 2022 war eine Regierungserklärung des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz vor dem zu einer Sondersitzung zusammengekommenen Deutschen Bundestag anlässlich des drei Tage zuvor begonnenen russischen Überfalls auf die Ukraine.

Hintergrund

In den 1960er und 1970er Jahren betrugen die Verteidigungsausgaben der Bundesrepublik Deutschland noch deutlich über 20 Prozent des Gesamthaushaltes und gingen ab diesem Zeitpunkt stetig zurück. Im Jahr 2011 wurden nach der Finanzkrise die Verteidigungsausgaben unter Bundeskanzlerin Angela Merkel um sechs Prozent gekürzt. Als Folge der Sparmaßnahmen wurden Truppengattungen wie die Heeresflugabwehrtruppe aufgelöst und Ersatzteile teilweise nicht mehr nachbestellt. Im Jahr 2014 erreichte der Verteidigungshaushalt mit 32,4 Milliarden Euro einen Tiefstand. Auf dem Gipfel in Wales im September 2014 beschloss die NATO als Reaktion auf die Annexion der Krim 2014 durch Russland, dass die Mitgliedsstaaten bis zum Jahr 2025 zwei Prozent ihres Bruttoinlandproduktes für Verteidigung ausgeben werden. Der Verteidigungshaushalt wurde im Anschluss langsam gesteigert und lag Anfang 2022 bei knapp unter 1,5 Prozent ... 
 

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